Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Philosophisches zum Nachdenken
Anton B.
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#41 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Anton B. » Mi 26. Aug 2015, 21:05

Savonlinna hat geschrieben:Der Austausch, den ich zitiert habe, zeigt doch ausreichend, in welcher Weise ihr aneinander vorbeigeredet habt.
closs sprach von "Texten", die Grundlage der HKM seien, und die sprachst vom historischen Jesus.
Nein, nicht vorbei geredet: Ich sprach ganz explizit vom "historischen Jesus" als "historische" Rekonstruktion". Also nicht nur als Gestalt der Vergangenheit, sondern mit Methoden der historischen Wissenschaften als Modell erschaffen, Und in der Diskussion verneinte closs mehrfach die Möglichkeit einer "historischen Rekonstruktion".
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Anton B.
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#42 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Anton B. » Mi 26. Aug 2015, 21:17

Halman hat geschrieben:Was meinst Du dazu?
Ich meine, dass wäre hier irrelevant. Weil es nicht um Textdeutung, sondern um den "historischen Jesus" geht. Eher müsste man sich da mit der "historischen Methode" befassen.

Und dazu gibt es im Mittelstraß unter dem Lemma "Methode, historische" ein interessantes Kapitelchen, welches die "historische Hermeneutik" versus das "Gesetzesverständnis" der Naturwissenschaftler thematisiert. Es bleibt dabei, dass auch die historische Wissenschaft, wenn sie Wissenschaft bleiben will, nicht von der Hermeneutik alleine leben kann.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#43 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von closs » Mi 26. Aug 2015, 21:36

Anton B. hat geschrieben:Closs bestritt dies mit seiner Behauptung, die Ergebnisse wären nicht falsifizierbar.
Stimmt.

Anton B. hat geschrieben: Dass ein Modell ein Modell ist, dass Beobachtungen auch wenn sie indirekt 4mal um die Ecke gehen, trotzdem zur Falsifikation nutzbar sind, hatte er nicht verstanden.
Natürlich kann man INNERHALB eines Modells falsifizieren - und ich glaube, das meinst Du auch.

Moment - differenzieren wir einmal:

A:
Natürlich kann man auch im historisch-kritischen Bereich falsifizieren, wenn es um objektive Beobachtungen geht - als solche würde ich bspw. bezeichnen, dass meinetwegen eine C14-Analyse zeigt, dass die Quelle x frühestens im Jahr 100 n.Chr. entstanden ist. - Oder eine sprachliche Analyse zeigt, dass der Begriff x, der in dieser Quelle vorkommt, erst seit dem Jahr 100 n.Chr. im Umlauf war (so wie ein Text nicht aus den 1950ern sein kann, in dem das Wort "googeln" vorkommt). - Hätte nun jemand aus "frommen" Gründen behauptet, diese Text-Quelle sei Autograph eines Evangelisten, wäre diese Behauptung damit eindeutig falsifiziert. - Wenn Du das meinst, gebe ich Dir ausdrücklich recht.

B:
In dieser langen Diskussion wurde aber in verschiedenen Threads der Eindruck erweckt, (weltanschauliche) Interpretationen seien falsifizierbar. - Als sei bspw. falsifizierbar, dass Jesus eine Naherwartung hatte (bitte hier keine neue Diskussion darüber), weil man mit Bezug auf die HKM anders interpretiere - und diese eigene Interpretation "wissenschaftlich" nennen dürfe, weil HKM eine wissenschaftliche Methodik sei. - Wenn Du das gemeint hast, muss ich ausdrücklich widersprechen.

Nochmal:
Der grundlegende Defekt all dieser Diskussionen besteht darin, dass nicht deutlich zwischen wissenschaftlicher Beobachtung und weltanschaulicher Interpretation unterschieden wird. - Anscheinend meint man, die eigene Interpretation sei ein wissenschaftliches Gebilde, nur weil man wissenschaftliche Ergebnisse interpretiert. - Man übersieht dabei, dass weder die historisch-kritische noch die kanonische Hermeneutik im Widerspruch zu wissenschaftlichen Ergebnissen der HKM steht, aber diese Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Modelle anders interpretiert - dass diese Modelle weltanschauungs-bedingt sind, versteht sich von selbst.

Wenn ich micht recht erinnere, verstanden wir zu meiner Studienzeit (zu Recht oder zu Unrecht) unter HKM ausschließlich das, was man streng wissenschaftlich erreichen konnte (C14-Analyse/Archäologie/Sprach-Untersuchungen/etc.). - Die Art der Hermeneutik war insofern unabhängig davon, dass jede Hermeneutik diese harten Fakten einbeziehen musste.

"Hermeneutik" hieß also für uns:
a) Wie interpretiert der Rabbiner auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse der HKM?
b) Wie interpretiert der Islam auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse der HKM?
c) Wie interpretiert der Katholik auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse der HKM?
d) Wie interpretiert der Zeuge Jehovas auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse der HKM?
e) Wie interpretiert der Atheist auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse der HKM?

Die wissenschaftlichen HKM-Ergebnisse waren immer die selben und lediglich Ausgangsbasis (wiewohl sie die meiste Arbeit gemacht haben). - Heute wird so getan, dass nur Variante e) wissenschaftlich "redlich" sei. - Deshalb mein Kopfkratzen, ob sich in den letzten 30 Jahren in Sachen HKM-Begrifflichkeit unbemerkt für mich was wesentliches verändert hat.

Anton B. hat geschrieben:in der Diskussion verneinte closs mehrfach die Möglichkeit einer "historischen Rekonstruktion".
Wenn mit "historisch" "wirklich" gemeint ist, verneine ich das auch jetzt noch. - Wenn mit "historisch" "im Sinne der historisch-kritischen Methode" gemeint ist, geht das natürlich - aber das muss überhaupt nichts mit "wirklich" zu tun haben.

Das Problem: Wenn man "historischer Jesus" sagt, verstehen 99 von 100 Leuten nicht "HKM-Jesus", sondern "wirklicher Jesus". - Man darf nicht so tun, als sei dies gemeint.

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Savonlinna
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#44 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Savonlinna » Mi 26. Aug 2015, 21:37

Anton B. hat geschrieben:Und in der Diskussion verneinte closs mehrfach die Möglichkeit einer "historischen Rekonstruktion".
Ja, und das ist ja wissenschaftlich auch korrekt.

Noch einmal das, was in einer Vorlesung über die Methodik der Geschichtswissenschaft gesagt wurde ->
• Geschichte liegt nur als Erzählung vor (Narrativität)
• Geschichte ist vom erkennenden Subjekt geprägt
(Subjektivität / erkenntnisleitendes Interesse)
• = Standort und Perspektive
http://www.phil.uni-greifswald.de/filea ... S07-08.pdf
Ich wünschte mir auch, man könnte die Methodenproblematik mal sorgfältig erörtern, ganz ohne beleidigende Anschuldigungen, und mit Belegen.
Vielleicht geht das ja demnächst.
Halman hat das ja schon gestartet. Ich habe mir inzwischen dazu auch einiges Buch-Material eingekauft.

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#45 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Halman » Mi 26. Aug 2015, 22:25

Anton B. hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was meinst Du dazu?
Ich meine, dass wäre hier irrelevant. Weil es nicht um Textdeutung, sondern um den "historischen Jesus" geht. Eher müsste man sich da mit der "historischen Methode" befassen.
Der "historische Jesus" ist eine Rekonstruktion, die sehr stark auf Exegese (Textauslegung) basiert. Primärer Foschungsgegenstand sind die biblischen Evangelien, unter Berücksichtigung historischer Erkenntisse.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#46 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Anton B. » Mi 26. Aug 2015, 22:34

Savonlinna hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Und in der Diskussion verneinte closs mehrfach die Möglichkeit einer "historischen Rekonstruktion".
Ja, und das ist ja wissenschaftlich auch korrekt.

Noch einmal das, was in einer Vorlesung über die Methodik der Geschichtswissenschaft gesagt wurde ->
• Geschichte liegt nur als Erzählung vor (Narrativität)
• Geschichte ist vom erkennenden Subjekt geprägt
(Subjektivität / erkenntnisleitendes Interesse)
• = Standort und Perspektive
http://www.phil.uni-greifswald.de/filea ... S07-08.pdf
Dann lese Dir Deine Referenz nochmal genau durch und achte auf die Schlüsselausdrücke "Konstruktion" und "intersubjektive Überprüfbarkeit".
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#47 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Anton B. » Mi 26. Aug 2015, 22:41

Halman hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was meinst Du dazu?
Ich meine, dass wäre hier irrelevant. Weil es nicht um Textdeutung, sondern um den "historischen Jesus" geht. Eher müsste man sich da mit der "historischen Methode" befassen.
Der "historische Jesus" ist eine Rekonstruktion, die sehr stark auf Exegese (Textauslegung) basiert. Primärer Foschungsgegenstand sind die biblischen Evangelien, unter Berücksichtigung historischer Erkenntisse.
In Theissen & Merz sind die Beobachtungen aufgeführt, auf deren Basis der "historische Jesus" rekonstruiert wurde. Und wenn "primärer Forschungsgegenstand die biblischen Evangelien" sind: Hast Du schon mal darüber nachgedacht, warum der "historische Jesus" keine "echten" Wunder bewirkt hat? Es gibt doch auch keine direkten "historischen Erkenntnisse", die dagegegen sprechen.
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Savonlinna
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#48 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Savonlinna » Do 27. Aug 2015, 01:13

Anton B. hat geschrieben: Dann lese Dir Deine Referenz nochmal genau durch und achte auf die Schlüsselausdrücke "Konstruktion" und "intersubjektive Überprüfbarkeit".
Ich weiß jetzt nicht so genau, womit Du da konkret ein Problem hast.

Mach es doch öffentlich: Zitiere, was Dir ein Problem ist, stell es in den dort vorhandenen Kontext, und zwar so, dass alle es nachvollziehen können.
Dann kann es darüber eine Diskussion geben, wo jeder die Aussagen insgesamt betrachten kann.

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#49 Re: Analyttische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Münek » Do 27. Aug 2015, 01:43

closs hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben: jung und dann auch noch weiblich
Denke ja nicht, dass diese Kombination schlecht ist. :geek:

:lol: :lol: :lol: Das war typisch Kurt. :thumbup:

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#50 Re: Können wir den Evangelien vertrauen oder sollten wir ihnen misstrauen?

Beitrag von Münek » Do 27. Aug 2015, 02:24

Savonlinna hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:

no comment.

Ach - und den Rest meiner Erläuterungen, in denen ich auf Halmans Frage antworte, lässt Du einfach weg.

Du bist ja eine ganz falsche Schlange, eine linke Bazille! :thumbdown:
Ach guck. Ich weiß bereits, wie manche reagieren, wenn man ihr Diskussionsverhalten einfach nur mal transparent macht.
Ich lasse notgedrungen weg; alles zu zitieren, ist menschenunmöglich. Man kann es leicht nachlesen, es steht hier ja im Forum.
Ich versuchte in dem Fall nur eine Struktur nachzuzeichnen.

Wenn ich wirklich mal etwas falsch verstanden haben sollte, dann werde ich mich auch korrigieren und um Entschuldigung bitten.
In dem Fall hast Du aber eine Anschuldigung gemacht und anschließend, als Halman sie belegt haben wollte, gesagt, dass Du sie nicht belegen kannst.

Ich habe auf Halmans Frage nach Wissenschaftlern hier im Forum geschrieben, dass ich "eigentlich" überfragt sei - habe aber dennoch weitere Erläuterungen folgen lassen. Und die hast Du auch mit Sicherheit gelesen.

Dennoch hast Du diese Erläuterungen - und damit meine vollständige Antwort auf Halmans Frage - bewusst nicht zitiert, stattdessen wider besseren Wissens Begriffe wie "falsche Aussage" und "falsches Spiel" indirekt bezogen auf meine Person ins Spiel gebracht.

Beides: Das bewusst unvollständige Zitat und das Einwerfen der Begriffe "falsche Aussage" und "falsches Spiel" ist miesester Stil.

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