Jenseits von Gut und Böse?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#301 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Di 4. Apr 2017, 14:41

Pluto hat geschrieben:Was denn sonst? Das ist der Stand der Erkenntnis.
Das ist der Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnis, die natur-bedingt "Geist" vom Ausgangspunkt "Natur"/"Materie" ausgehen MUSS. - Es handelt sich also um eine Erkenntnis, die die Frage stellen kann: "Was ist Geist aus Sicht der Materie".

Diese Fragestellung ist alles andere als ehrenrührig und zudem hochinteressant. - Aber sie klärt nicht die Frage, ob "Geist" genuin aus Materie ist oder umgekehrt.

Pluto hat geschrieben:Wäre interessant, wenn der eine Geist in den Himmel kommt, und der andere nicht.
Der Unterschied ist ein anderer: Wann ist "Geist" aus "dem Himmel" an Materie gebunden und wann nicht. - Aber genau diese Frage kann Naturwissenschaft nicht klären, weil sie nur von der materiellen Seite her bohren kann.

Pluto hat geschrieben:Bei Patienten mit getrenntem corpus callosum geschieht genau das: Zwei Bewusstseine in einem Körper.
Hier wäre die Frage wieder: Wie ist "Bewusstsein" aus Deinem Mund definiert? - Neurowissenschaftlich oder als Entität unabhängig von Materie?

Ist das geklärt, kann man im nächsten Schritt klären, was mit "zwei Bewusstseine in einem Körper" konkret gemeint ist. - Meine Frage wäre dann: Sind es zwei Identitäts-Bewusstseine, die jeweils "Cogito ergo sum" reflektieren können.

Du sagst dazu: "Warum sollten sie das nicht können?" - Korrekt - aber TUN sie es? - Wo gibt es hierzu Experimente? - Was sagen bestehende Experimente KONKRET? - Was fragen sie? Was messen sie?

Pluto hat geschrieben:Descartes war vor 300 Jahren. Heute ist die Forschung weiter.
Descartes hat prinzipielle Fragen gestellt, die die Naturwissenschaft heute gar nicht mehr stellt, weil sie NACH diesen Fragen einsteigt.

SilverBullet
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#302 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von SilverBullet » Di 4. Apr 2017, 20:05

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Warum sollte ich mich auf so etwas einlassen, wenn die alternative Erklärung vollständig normal und unspektakulär vorliegt (Körper reagiert auf sich und die Umwelt)?
Deine Erklärung ist sicherlich ausreichend für Deine weltanschauliche Disposition - warum solltest Du sie dann ändern?
Du kannst also deine 4 Extremphantasien durch keinen einzigen Anlass gegenüber meinem nüchternen und unspektakulären Ansatz rechtfertigen.

Wenn du ein Streichholz anzündest, gehst du dann davon aus, dass eine Fee deine lustige Handbewegung als Signal auffasst, um ein Feuer zu erschaffen, oder sagst du, dass dies eine etwas zu „aufwendige Erklärung“ wäre und du einfach nur durch Reibung einen Verbrennungsvorgang in Gang setzt?

(eine Fee ist geradezu harmlos gegen deine 4 Punkte)

closs hat geschrieben:Du machst immer dasselbe: Du versuchst, ein geistiges Weltbild mit einem Erklärungsmustes des materialistischen Weltbildes zu verstehen
Das kann so gar nicht stattfinden, weil du keinen Inhalt lieferst, den man verstehen könnte.
Gerede eben konntest du zu deinen 4 Grundaussagen rein gar nichts beitragen – was soll man dabei zu verstehen versuchen?

closs hat geschrieben:Es wäre NICHT damit getan zu sagen:
"Weil mein Erklärungsmuster für den Fall, dass es Gott gibt, nicht funktioniert, gibt es Gott nicht".
Doch!
Und zwar exakt dann, wenn du derjenige bist, der den Verdacht überhaupt erst aufgestellt hat und du nicht sagen kannst, worum es eigentlich gehen soll. (das kann man ohne Probleme auf alle Religionen/Philosophien der letzten paar tausend Jahre anwenden)

Ein Mensch, der eine Erklärung sucht, muss schon soviel Rückrad mitbringen, dass er eine falsche Richtung korrigiert.

Warum kannst du keinen Anlass liefern und dennoch nicht davon ablassen?
Deine Wunsch-Einstellung ist letztlich unvernünftig (zumal der Wunsch ja auch noch suggestiv verursacht ist).

closs
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#303 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Di 4. Apr 2017, 22:26

SilverBullet hat geschrieben:Wenn du ein Streichholz anzündest, gehst du dann davon aus, dass eine Fee deine lustige Handbewegung als Signal auffasst, um ein Feuer zu erschaffen, oder sagst du, dass dies eine etwas zu „aufwendige Erklärung“ wäre und du einfach nur durch Reibung einen Verbrennungsvorgang in Gang setzt?
Weder noch :lol: - und das ist exakt, was Du nicht verstehst:
1) Es ist keine "Fee".
2) Das Feuer entsteht durch Reibung.

All dies jedoch beantwortet NICHT, ob
a) die naturalistische Welt, in der (zumindest in diesem speziellen Fall) Feuer durch Reibung entsteht, ein Produkt von Geist ist oder
b) Geist ein Produkt von Materie ist.

Im Fall a) würde 2) gelten, in Fall b) würde ebenfalls 2) gelten. - Sieh doch endlich ein, dass a) und b) reine Glaubensentscheidungen sind.

SilverBullet
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#304 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von SilverBullet » Mi 5. Apr 2017, 08:33

closs hat geschrieben:Weder noch - und das ist exakt, was Du nicht verstehst:
1) Es ist keine "Fee".
2) Das Feuer entsteht durch Reibung.
Wieso „weder noch“?
Du entscheidest dich hier klar für Variante 2.
Das Gegenteil wäre auch unsinnig, denn es gibt unmittelbar keine Motivation, den offensichtlich stattfindenden Ablauf mit Phantasie zu verkomplizieren.

closs hat geschrieben:All dies jedoch beantwortet NICHT, ob
a) die naturalistische Welt, in der (zumindest in diesem speziellen Fall) Feuer durch Reibung entsteht, ein Produkt von Geist ist oder
b) Geist ein Produkt von Materie ist.
Jetzt legst du dich wieder selbst „aufs Kreuz“, denn…
1…du weisst nicht, was „Geist“ sein soll (du verwendest das Wort nur, weil du nicht weisst, wie du funktionierst) – du transportierst damit aber keinen Inhalt, den man eindeutig neben Materie legen und so eine Abhängigkeitsverbindung analysieren könnte.
2…du urteilst hier über „das Erschaffen von Materie“, obwohl dieser Vorgang für uns ausserhalb jeglicher Erfahrungsmöglichkeit liegt. Das Wort „Produkt“ ist eine vollständige Fehlsuggestion, denn „Produkte“ (im Sinne von „Aufbauen“) „entstehen“ durch Umorganisation von Materie. Du zielst hier aber eher auf „Erschaffen von Existenz“ ab, worüber wir jedoch in keiner Weise urteilen können, also auch kein Rätsel ausrufen können.

closs hat geschrieben:Sieh doch endlich ein, dass a) und b) reine Glaubensentscheidungen sind.
Ich „sehe nur ein“, dass du eine unnötige Scheindebatte führst (darin liegt wohl eher „deine Glaubensentscheidung“), die letztlich zur Folge hat, dass die eigentlichen Umstände in den Hintergrund geraten – wozu soll das gut sein?

Religionen haben bereits eine gewisse Vergangenheit aufzuweisen und konnten ausführlich, demonstrieren, wohin es führt, wenn „unsichtbare Kräfte“ angenommen werden und sich aus diesem „Denken“ eine Gruppendynamik entwickelt.

closs
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#305 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 5. Apr 2017, 08:43

SilverBullet hat geschrieben:Ich „sehe nur ein“, dass du eine unnötige Scheindebatte führst
Was heisst das in Bezug auf Deine Weltanschauung? - Ist Deine Weltanschauung Folge eines Glaubensentscheids oder nicht?

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#306 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Pluto » Mi 5. Apr 2017, 10:17

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ich „sehe nur ein“, dass du eine unnötige Scheindebatte führst
Was heisst das in Bezug auf Deine Weltanschauung? - Ist Deine Weltanschauung Folge eines Glaubensentscheids oder nicht?
Gestaltest du dein Leben denn nach Weltanschauungen und Glaubensentscheidungen?
Ich gestalte meins nach Evidenzen und der Kausalität.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#307 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 5. Apr 2017, 12:03

Pluto hat geschrieben:Gestaltest du dein Leben denn nach Weltanschauungen und Glaubensentscheidungen? Ich gestalte meins nach Evidenzen und der Kausalität.
Letzeres ist die Folge von Ersterem: Ich gestalte mein Leben nach Evidenzen und Kausalität aus meiner Weltanschauung - Du tust mit allergrößter Wahrscheinlichkeit dasselbe.

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#308 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Pluto » Mi 5. Apr 2017, 13:03

closs hat geschrieben:Ich gestalte mein Leben nach Evidenzen und Kausalität aus meiner Weltanschauung - Du tust mit allergrößter Wahrscheinlichkeit dasselbe.
Nee... Ich lebe nach Evidenzen, nicht nach Weltanschauung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#309 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 5. Apr 2017, 13:19

Pluto hat geschrieben:Nee... Ich lebe nach Evidenzen, nicht nach Weltanschauung.
Du lebst nach beidem - wie ich auch. - Der Unterschied mag sein, dass Du die Grundlagen der Evidenzen nicht auf Glauben zurückführst. - Aber die Evidenzen sind praxis-bezogen für uns diesselben.

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#310 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Pluto » Mi 5. Apr 2017, 16:20

closs hat geschrieben:Aber die Evidenzen sind praxis-bezogen für uns diesselben.
Dann muss auch die Frage erlaubt sein, wo ist dann bei dir noch Platz für Hermeneutik und Spiritualität?

Was ist Glaube?
Wenn wir sagen, "Ich glaube morgen wird es regnen." ist das Wort ein harmloser Ausdruck einer Vermutung, die jederzeit vom Autor revidiert werden kann.

Wenn aber das Wort Glaube Gewissheit bedeutet, wie dies bei einem spirituellen oder religiösen Menschen die Regel ist, so bereitet mir das grundlegend Probleme. Zweifelt man an dieser Vermutung, kommt dann die Antwort, "Spirituelle Aussagen sind nicht falsifizierbar".

Wenn Jemand ohne Evidenz sich von etwas Geglaubtem über alle Maßen sicher ist (für echte Religionen konstitutiv), widerspricht dies nicht nur die Begrenztheit unseres Wissens, sie ist für mich inakzeptabel weil Glaube dann zu einer unbegründete Behauptung erhoben wird. Dadurch werden historisch bedingte Irrtümer sowie un-zulängliche Moralvorstellungen für die Zukunft festgeschrieben, also künftige Fortschritte in der Erkenntnis zugunsten dogmatischer Borniertheit verhindert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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