#31 Re: Philosophie nach Markus Gabriel
Verfasst: Sa 2. Nov 2019, 16:32
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Schau dir genau an, wie sich unterschwellig ein Wechsel in deine Aussage einschleicht:“Anton B.“ hat geschrieben:Du verbindest "Geist", also das Vermögen, sich Gedanken über Gedanken machen zu können, mit einer ganz bestimmten "genetischen" (von "Genese"!) Erklärungsausprägung.
Die beiden widerstreitenden, auch hier im Forum diskutierten Ansätze sind ja einmal der "natürliche", und zum anderen der "un-natürliche". Ein un-natürlicher Ansatz wäre, Gott habe uns den Geist "ad-hoc" gegeben. Oder Geist sei ein "Stoff" im Universum, aber kein Teil des Universums (und deshalb auch nicht "natürlich"), der "uns" das geistige Vermögen vermittelt.
Nicht nur „Emergenz“! – „Gabriel“ ist jetzt ja sogar der „starken Emergenz“ begegnet“Anton B.“ hat geschrieben:Möglichkeiten einer natürlichen Erklärung von Geist gibt Gabriel auch. Er zählt ja die wichtigsten Vorstellungen dazu auf. Und er zählt auch die Erklärung auf, die basierend auf unserem naturwissenschaftlichem Wissen als Erklärungsentwurf gemeinhin in unseren Forschungen verfolgt wird: Emergenz!
Verzichte doch einfach mal auf das lustige Wort „Hochrechnen“, denn es ist lediglich eine Wahrnehmungsreaktion.“Anton B.“ hat geschrieben:Also kann das Problem sein, mit funktionierenden Metatheorien dazustehen, deren wirkende Untermechanismen zwar vollständig mit dem Wirken fundamentaler Naturgesetze "vernünftig begründet" werden können, das Hochrechnen auf ein bestimmtes konkretes, in der Natur vorkommendes Ereignis (z.B. ein bestimmter Gedankengang von Silverbullet, genauso natürlich Anton, oder auch die Wolkenbildung in Berlin in genau einem Jahr) aus bestimmten Gründen aus den fundamentalen Kräften zumindest praktischerweise, womöglich jedoch auch theoretischerweise, einfach nicht möglich ist.
Das habe ich mich vor seinem letzten Video-Beitrag gefragt, aber irgendwie lag es immer so zwischen den Zeilen, was er eigentlich will - diesmal ist es direkt angesprochen worden: Dualismus.“Anton B.“ hat geschrieben:Hast Du Dir mal überlegt, ob der Markus Gabriel nicht auch genau diese Problematik im Blick hatte und in seinem von der anderen, der höchsten Ebene, aufgezogenem Begründungsversuch, die prinzipielle Natürlichkeit des Geistes gar nicht in Abrede stellt?
Das MUSS es auch sein. - Welchen Sinn hätte eine Philosophie, die nicht letztlich das thematisiert, was der Fall ist? (Auch wenn man es NICHT kennt)
Na, ja. Um eine "Existenzaussage" machen zu können, muss zuvor die entsprechende Erkenntnisfähigkeit nachgewiesen werden. Hierum geht es doch erstmal.SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 9. Nov 2019, 12:02Das ist der Standardablauf in der Philosophie – wie soll es auch sonst sein, denn das Ziel ist ja eine Ontologie, also eine Existenzaussage ohne zu sagen, was es sein soll.
Ich kann „Geist“ (mit dem Wechsel von „Fähigkeit“ zu „Stoff“) nicht mit irgendetwas verbinden.
In den alten Texten hatten die Leute ein Alibi:
sie wussten nicht was Luft ist, also haben sie der Luft (dem „Stoff“) einen belebenden Charakter zugesprochen.
Für sie galt: „Stoff“ = „Fähigkeit“
An dieser Stelle steht die Philosophie auch heute noch.
Bleibe doch bei der Geist-Definition von Gabriel. Man kann den Begriff weiter aufblasen, ihn mit weiteren Annahmen beladen, aber Gabriel hat ihn doch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunter gestutzt. Er ist maximal neutral und bezeichnet ein Phänomen, welches uns immer wieder begegnet (hoffe ich zumindest) und für welches eine Bennenungshülse durchaus angemessen ist- Wo ist da ein Problem?SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 9. Nov 2019, 12:02Lediglich die Luft-Aussage kann nicht mehr ernsthaft vertreten werden, also vergibt man ein Wort „Geist“ (was in den alten Texten nicht verwendet wurde) und „verlagert“ das Ziel dieses Wortes ins „Nicht-Natürliche“ (bereits mit dieser Formulierung steht fest, dass man lediglich weiss, was es nicht sein soll/darf) und schon kann man wieder das Ontologietheater aufführen.
Dualismus, ja, da stimme ich Dir zu,. Scheint mir aber ein Dualismus zu sein, der mit dem Wellen-/Teilchendualismus unserer Physik vergleichbar ist. Also ein Dualismus, der einzelne Aspekte ein- und derselben Sache unterschiedlich erklärt, ja, verschiedene sich ausschließende Vorhersagen gebiert und sinnvoll -- von Fall zu Fall -- die eine oder andere Theorie für Vorhersagen verwendbar ist. "Jetzt" haben wir mit der Quantenmechanik eine Theorie, die den Dualismus auflöst. Trotzdem ist es von Fall zu Fall nützlich, ausreichend oder wie auch immer, mit einer einfacher zu rechnenden dualistischen Theorie zu arbeiten. Wo ist das Problem?SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 9. Nov 2019, 12:02Bestimmt hast du es gemerkt, „Gabriel“ entdeckt so langsam wieder den Dualismus und traut sich immer mehr, diesen zu präsentieren. Das ist auch der Grund warum ich mich über seinen Beitrag gefreut habe, denn er zeigt es immer offener, er springt immer deutlicher in die altbackene Spinnerei.
Kann ich nachvollziehen. Kann ich zumindest als Ergebnis Deines Nachdenkens nachvollziehen, da Du ja auf der Basis Deiner Theorie der "Wahrnehmungsreaktion" nachdenkst. Soweit ich die verstanden habe. Was aber sagt Deine Theorie der Wahrnehmungsreaktion voraus? Wie kommt z.B. Silverbullet ausgehend von elektro-chemischen Signalen eines oder mehrerer Rezeptoren und seiner Weiterleitungen zu dem vermutlich mittels Gedanken über Gedanken gemachtem Modell der Wahrnehmungsreaktion?SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 9. Nov 2019, 12:02Nicht nur „Emergenz“! – „Gabriel“ ist jetzt ja sogar der „starken Emergenz“ begegnet“Anton B.“ hat geschrieben:Möglichkeiten einer natürlichen Erklärung von Geist gibt Gabriel auch. Er zählt ja die wichtigsten Vorstellungen dazu auf. Und er zählt auch die Erklärung auf, die basierend auf unserem naturwissenschaftlichem Wissen als Erklärungsentwurf gemeinhin in unseren Forschungen verfolgt wird: Emergenz!
Wie „Geist“, ist „Emergenz“ nur ein Taschenspielertrick.
Es wird ein wenig verschwiegen, dass man immer einen Beobachter für den „emergenten Effekt“ benötigt. (H2O -> Wasser/Nass, Wetterformationen usw.)
„Emergenz“ ist ein Wahrnehmungsbegriff: „für den Beobachter ist es so und so“.
Es wird eine Wahrnehmungsreaktion benötigt, bei der der Zusammenhang „des Auftretens“ eine Rolle spielt.
Erzähl' uns mal mehr darüber. Und wir schauen uns das dann mal kritisch an. Versprochen!SilverBullet hat geschrieben: ↑Sa 9. Nov 2019, 12:02In der Wahrnehmungsreaktion werden Zusammenhänge bis zu einer gewissen Auflösung verwendet/beachtet, um mit „einem Ganzen“ (unter Einbeziehung des Körpers), als Objekt umzugehen.
Der lustig unterschwellige Wechsel von „Fähigkeit“ zu „Objekt“ ist purer Unfug.“Anton B.“ hat geschrieben:Na, ja. Um eine "Existenzaussage" machen zu können, muss zuvor die entsprechende Erkenntnisfähigkeit nachgewiesen werden. Hierum geht es doch erstmal.
Es handelt sich nicht um eine Definition, sondern um einen waghalsigen Entwurf, was man bereits daran erkennt, dass der Begriff „Gedanke“ völlig im Raum steht.“Anton B.“ hat geschrieben:Bleibe doch bei der Geist-Definition von Gabriel.
(siehe oben)“Anton B.“ hat geschrieben:Man kann den Begriff weiter aufblasen, ihn mit weiteren Annahmen beladen, aber Gabriel hat ihn doch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herunter gestutzt. Er ist maximal neutral und bezeichnet ein Phänomen, welches uns immer wieder begegnet (hoffe ich zumindest) und für welches eine Bennenungshülse durchaus angemessen ist- Wo ist da ein Problem?
Nein, was man bereits am Einsatz von „natürlich“ und „nicht-natürlich“ für „Geist“ feststellen kann.“Anton B.“ hat geschrieben:Scheint mir aber ein Dualismus zu sein, der mit dem Wellen-/Teilchendualismus unserer Physik vergleichbar ist.
Es geht nicht um „Rechnen“ (siehe meine Aussagen zu „Emergenz“)“Anton B.“ hat geschrieben:Trotzdem ist es von Fall zu Fall nützlich, ausreichend oder wie auch immer, mit einer einfacher zu rechnenden dualistischen Theorie zu arbeiten. Wo ist das Problem?
Da die Wahrnehmungsreaktion tatsächlich vorhanden ist (Nerven-/Gehirnaktivität) sollte es nicht gerade verkehrt sein, genau damit zu arbeiten.“Anton B.“ hat geschrieben:Kann ich zumindest als Ergebnis Deines Nachdenkens nachvollziehen, da Du ja auf der Basis Deiner Theorie der "Wahrnehmungsreaktion" nachdenkst.
„vermutlich mittels Gedanken über Gedanken“ ist hübsch formuliert, einmal ist „der Gedanke“ ein Objekt, dann ist es „ein Werkzeug“ und am Ende ein „Stoff“ – eine super Wundertüte, total flexibel, genauso wie der Sprecher es haben möchte.“Anton B.“ hat geschrieben:Wie kommt z.B. Silverbullet ausgehend von elektro-chemischen Signalen eines oder mehrerer Rezeptoren und seiner Weiterleitungen zu dem vermutlich mittels Gedanken über Gedanken gemachtem Modell der Wahrnehmungsreaktion?
Begreift er es? Versteht er es? Akzeptiert er es? Oder nimmt er es einfach nur an?
Ich würde es anders ausdrücken: mit seiner selbst-bewussten Selbstausgrenzung aus der Natur kontrastiert der Mensch lediglich sein Selbsbild als Kultur gegenüber der entgegengestellten Natur. Er "schafft" keine Kultur, er ist Kultur. Kultur wird nicht "geschaffen", Kultur wird definiert.