Andreas hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Wir nehmen uns im Wandel wahr.
Mit "Wir nehmen den Wandel wahr" hab ich kein Problem. Das kann ich nachvollziehen. "Wir nehmen uns im Wandel wahr" geht auch noch. "Wir nehmen die Wandlung wahr" da bekomme ich so meine Schwierigkeiten. Wenn ich kreativ arbeite, stellt sich bei mir, wenn es gut läuft etwas ein, das ich für mich "Flow" nenne. Das ist ein sehr beglückendes Gefühl.
Da fließt etwas in mir, das zu guten Resultaten führt, aber woher es fließt kann ich nicht beobachten.
Jetzt habe ich Ruhe, darüber noch einmal nachzudenken.
Das, was Du beschreibst, ist - bei meiner vorläufigen Kennzeichnung - Ebene B. Ich kann - bei genügender Aufmerksamkeit - feststellen, dass "untergründig", parallel zu meiner Wahrnehmung physischer Vorgänge (Ebene A), immer innere Bilder ablaufen. "Bilder" ist hier nur ein Hilfswort, denn richtig Bilder müssen es nicht in jedem Fall sein. Aber im Traum und im Wachtraum tauchen sie dann als Bilder auf. Das Gleiche gilt für den Lebensfilm.
Und es gilt - kann ich nun erweitern - auch für die Bilderwelt während der kreativen Arbeit. Schreibe ich an irgendeinem literarischen Werk und bin ganz dabei, kommen ungerufen assoziativ jede Menge Bilder hoch, die ich auf ihre Tauglichkeit für das Werk abklopfen kann. Manche sind dabei so zwingend, dass man sie nicht abschütteln kann. Sie können den bewussten Plan für das Werk völlig über den Haufen werfen.
Es ist mitunter fast das Gefühl, als bekomme man das Werk "diktiert".
Das heißt: die Richtung, in die das Werk gehen soll, kann man entweder mit dem Kopf bestimmen, oder aber diese Richtung wird von einer inneren Absicht - die man erst während des Schreibens erkennt - geleitet.
Woher diese innere Absicht kommt, war noch nicht mein Thema. Teilweise aber kann ich sie als Teil meiner Art von Lebensfragen wiedererkennen. Schaue ich auf mein Leben zurück, pendeln meine Lebensfragen um immer Ähnliches, auch wenn es da Erweiterungen gibt. Bei anderen Menschen pendeln die Lebensfragen um Anderes.
Insofern haben die hochkommenden Bilder - die man traditionell als Bilder "aus dem Unterbewussten" bezeichnet - immer
auch etwas mit mir zu tun. Denn "ich" bin es, der abschmeckt, ob diese Bilder "zwingend" sind oder ob sie lau sind und rausgeworfen werden können aus meinem literarischen Werk.
Der Maßstab dafür, ob diese Bilder tief genug sind, "authentisch" sind, ist zwar am Ende des Entscheidungskanals zwar das, was ich als "ich" bezeichne - aber "ich" ist genauso eine unbekannte Größe wie das, was manche als "Gott" bezeichnen.
Bildhaft gesprochen: Ich fasse den Kanal, aus dem solche Bilder kommen, so ungefähr wie einen nach unten geöffneten Trichter auf,
http://www.mirandol.de/product_info.php ... 3203-p-597,
wo am oberen engen Hals das bewusste Ich ist, das Einflüsse von unten und von allen Seiten bekommt, deren Einfluss-Bereich sich immer mehr öffnet, praktisch hin zum offenen Meer.
Der Trichter ist aber nicht nur nach unten offen, sondern praktisch nach allen Seiten offen, das Trichter-Foto kann das natürlich nicht zeigen.
Die kreativen Impulse also können einerseits aus dem eigenen Erfahrensbereich stammen, aber da auch schon stammt der eigene Erfahrensbereich immer
auch aus einem Austausch zwischen anderen "Ichs". Was ich als "ich" erlebe, kann aus kultureller Tradition stammen, aber ich habe es in mein Ichgefühl "eingemeindet".
Diese Impulse können aber auch aus einem Bereich stammen, den ich bewusst gar nicht kenne, wo es aber dennoch unbewusst "Austausch" zu meinem Ich gibt.
Das kreative Ich bekommt - entsprechend dieser Whrnehmung - also Impulse mehr oder weniger aus der ganzen Welt, sofern da irgend eine Form von Kontakt besteht oder bestand.
Ich halte es für möglich, dass sämtliche Impulse, die von Menschen ausgehen, irgendwie, auf irgend einem Kanal, mein "Ich" erreichen könnten und ich unbewusst auf diese Impulse reagiere.
Mein "Ich" empfängt aber nur diese, die ich für mein kreatives Werk gerade gebrauchen kann. Oder besser: registriert nur diese.
Diese Tätigkeit, Zusammenhänge zu deuten, habe ich vorläufig als
Ebene C bezeichnet.
Es ist eine
deutende Tätigkeit - der Mensch nimmt Zusammenhänge wahr zwischen Einzelheiten.
Immanuel Kant hat von angeborenem Kausalitätsdenken gesprochen.
Ich erweitere Kausalitätsdenken aber noch um "organisches Verstehen", Kant war auch ein Kind seiner Zeit.
Goethe hat dieses organische Verstehen aber bereits gehabt, vermutlich.
Zusammengefasst:
Wie wir den Zusammenhang zwischen einzelnen Geschehnissen deuten, ist unterschiedlich, aber der Zwang, Zusammenhänge herzustellen, ist intersubjektiv.
Und man kann auch noch einen Schritt weitergehen:
Auch das "wie" ist nicht uferlos. C.G.Jung hat in seinem Werk "Psychologische Typen" - die er aus seinen Erfahrungen mit seinen Klienten abgeleitet hat - dargelegt, welche unterschiedlichen Deutungsmuster er vorgefunden hat.
Da ist einmal der Unterschied zwischen introvertiert und extravertiert.
Dann hat er beobachtet, dass es Menschen gibt, bei denen entweder Denken oder Fühlen oder Intuition oder Empfinden dominiert, und zwar sowohl auf der introvertierten Seite als auch auf der extravertierten Seite.
Je nachdem, was dominiert - extravertiertes Denken zum Beispiel -, gestalten sich erfahrungsgemäß die anderen Kombinationen als mehr im Hintergrund befindlich.
Nach Jung gehört es zur Reifung des Menschen, im Laufe seines Lebens die dominante Kombination durch die anderen zu ergänzen, sodass man praktisch alle "Typen" so nach und nach in sich realisiert und nicht gebunden bleibt an eine einzige Wahrnehmungsform.
Das also, was ich als "Ebene C" beschrieben habe, ist ein Versuch, aufzuzeigen, dass unsere Deutungen auch von uns Menschen - so wie wir gebaut sind - abhängen.
Dann wären auch diese intersubjektiv.