Samantha hat geschrieben:Wenn ich an einen Gott glaube, dann noch lange nicht an irgendwelche Erfindungen aus der Bibel. Ich sehe zwischen Gott und Entstehung aller Dinge etc. einen Zusammenhang, und dabei bleibt es. Blind bin ich aber nicht.
Heutzutage gehen viele Menschen eher davon aus, dass es eine innere Verwandtschaft zwischen Naturwissenschaft und jenem Bereich der inneren Erfahrung des Menschen gibt, den wir Mystik nennen können. Es ist vernünftig zu zweifeln, aber es ist ganz und gar nicht vernünftig zu
verzweifeln und den Erfahrungen des Bewusstseins - wozu nun mal das spirituelle oder religiöse Erleben gehört - keine besondere Bedeutung entgegenzubringen. Schließlich ist dieses Bewusstsein der Forscher, der sich die naturwissenschaftliche Methodik ausgedacht und der Künstler, der sich die künstlerischen Ausdrucksräume erschlossen hat.
Mit der Ablösung der klassischen newtonschen Physik durch die „neue Physik“ ist es nun sehr deutlich geworden, dass neben Raum und Zeit eben auch das Bewusstsein eine fundamentale Größe der Wirklichkeit ist. Die verschiedenen Weisheitslehren sind eigentlich nur Spielweisen dieses einen Bewusstseins. Seit den Entdeckung des Unbewussten durch Sigmund Freud, und den Arbeiten Carl Gustav Jungs, der diese Entdeckung empirisch untermauert und nachgewiesen hat, ist der Blick auf die Religion ein anderer geworden. Heute wissen wir, dass Spiritualität und Mystik zur menschlichen Existenz dazu gehören, auch völlig losgelöst von einer bestimmten Religion. Neben der Bibel gibt es noch zahllose weitere Offenbarungsschriften, zum Beispiel der Veda in Indien, das Avesta in Persien oder die Edda der skandinavischen Völker.
Alle diese Offenbarungsschriften stellen in ihren höchsten Ansichten und Einsichten die besten und edelsten menschlichen Eigenschaften dar, aber sie schweigen auch nicht vom „Dämonischen“ oder „Satanischen“, das seine destruktive Energie entfaltet, wenn der Mensch nicht in innerer Harmonie lebt. Selbstverständlich muss man alle diese spirituellen und philosophischen Werken im Kontext ihrer Zeit und ihrer sozialen und kulturellen Einbettung verstehen und entsprechend reflektiert auf die Gegenwart beziehen. Das ist im Grunde ein offener Entwicklungsprozess, der nie abgeschlossen ist.
Der Tod beendet das Leben, aber wenn wir Glück haben, gibt es einen Gott, der dieses aufhebt. Ich hoffe dies, aber wissen kann ich es natürlich nicht?
Meiner Ansicht nach, dürfen wir Menschen auf unsre innere Erfahrung vertrauen, strikte Zweifel sind im Labor angebracht, in einer experimentellen Situation, aber es gibt Erfahrungsweisen des Bewusstsein, die über das rationale Denken hinaus gehen. Das ist prinzipiell der Ansatz der vedischen Kultur gewesen, die eine ganz andere Herangehensweise an die Wirklichkeit hatte: durch Meditation und innere Versenkung. Ein „vedischer“ Mensch wäre wohl entsetzt, wie wenig wir auf diesen inneren Bereich achten und stattdessen alles auf Messungen und Berechenbarkeiten reduzieren. Denn letztlich berechnet und misst das Bewusstsein – und eben dieses Bewusstsein wurde lange Zeit aus dem wissenschaftlichen Diskurs weitgehend verbannt. Das geht zurück auf die cartesianische Unterscheidung in „res cogitans“ ( Geist ) und „res extensa“ ( die materielle Ebene ). Mit der Quantenphysik sehen wir nun, dass diese Trennung von Geist und Materie nicht aufrecht zu erhalten ist. Es ist inzwischen schon sehr fragwürdig, was überhaupt Materie ist und nicht wenige Wissenschaftler glauben heute, dass Bewusstsein viel fundamentaler sein könnte, als Raum und Zeit. Das nur als eine kleine Anregung.
Es ist jedenfalls erstaunlich, dass alle spirituellen Traditionen, die das Bewusstsein und den Weg der Erfahrung ins Zentrum gerückt haben, auch in der Regel von einer Weiterexistenz, über den physischen Tod hinaus, sprechen. Im Hinduismus wird dies als Einswerdung mit dem göttlichen und universalen Selbst meditiert. „
Jedes Lebewesen ist eine ewige spirituelle Seele, die nie geboren wird und nie stirbt, aber die eine körperliche Hülle annimmt, wenn Sie in die materielle Welt inkarniert.“
(Bhagavad-gita  2.20) Die Seele ist, so verstanden, ein individueller Träger von Bewusstsein. Krishna sagt in der Gita sehr schön zu Arjuna, dass alles Seiende auf ihn aufgereiht ist, wie Perlen auf einer Perlenschnur. Dieses vedische Weltbild geht von einem mehrdimensionalen Universum aus, in der die materielle Welt und die spirituelle Welt einander umfassen. Sehr interessant dazu - wenn auch eine ziemliche Aufgabe - sind die Arbeiten des Physikers Burkhard Heim, der versucht hat die einsteinschen Erkenntnisse weiter zu denken; er geht sogar von einem Universum mit 12 Dimensionen aus. Es ist also alles andere als selbstverständlich heute - einfach von der newtonschen Mechanik ausgehend, der seine Physik noch auf der cartesianischen Philosophie aufbaute - das materialistische Weltbild als einzige Wahrheit abzusegnen. Newton war übrigens, neben seiner genialen Arbeit als Wissenschaftler, ein ziemlicher Esoteriker.
