Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#21 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Pluto » So 10. Mai 2015, 20:34

ThomasM hat geschrieben:Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?
War der Titel, den das Schweizer Fernsehen diser Diskussion gab.

ThomasM hat geschrieben:Auch wenn es immer wieder Menschen geben wird, die WOLLEN, dass der Mensch entzaubert wird, wird die Hirnforschung es nicht schaffen, den Menschen zu entzaubern, genausowenig wie die Naturwissenschaft es geschafft hat, die Natur zu entzaubern.

ThomasM hat geschrieben:Ohne auf irgendwelche Details einzugehen (oder eingehen zu wollen) ist meine Antwort ganz einfach.
Die Hirnforschung wird den Menschen in etwa so entzaubern, wie die Naturwissenschaft die Natur entzaubert hat.
Oder anders ausgedrückt, es wird ähnliches geschehen, wie dort.

Die Naturwissenschaft hat Vorgänge in der Natur modelliert, verständlich gemacht, nachvollziehbar gemacht. Sie hat Natur technisiert, kontrollierbar gemacht, in die Hand der Menschen gegeben. Mit weitreichenden und tiefgreifenden Folgen (gut wie böse).
Genau dasselbe wird mit dem Menschenbild geschehen. Der Mensch wird immer mehr als Maschine beschrieben, immer mehr kontrollierbar, vorhersagbar, manipulierbar, technisierbar.
Das Wort "Entzaubern" führt offenbar zu Missverständnissen.
Was mir die Sendung sagt ist, dass es ganz danach aussieht, als sei unser Geist das Produkt unseres Gehirns.
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Halman
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#22 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Halman » So 10. Mai 2015, 22:50

Pluto hat geschrieben:Was mir die Sendung sagt ist, dass es ganz danach aussieht, als sei unser Geist das Produkt unseres Gehirns.
Ist dies nicht das eigentliche "Wunder", wie so einfache Elemente so organsiert sein können, dass sie das erzeugen, was wir als menschlichen Geist bezeichnen? Vielleicht wird durch die Hirnforschnung der Mensch gar nicht entzaubert, sondern das Gegenteil. Alles eine Frage der Interpretation.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
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#23 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Pluto » So 10. Mai 2015, 23:25

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was mir die Sendung sagt ist, dass es ganz danach aussieht, als sei unser Geist das Produkt unseres Gehirns.
Ist dies nicht das eigentliche "Wunder", wie so einfache Elemente so organsiert sein können, dass sie das erzeugen, was wir als menschlichen Geist bezeichnen? Vielleicht wird durch die Hirnforschung der Mensch gar nicht entzaubert, sondern das Gegenteil. Alles eine Frage der Interpretation.
Ja. Ist die Natur nicht voller Wunder? :thumbup:

Ich habe das schon einmal gesagt: Ich glaube nicht an Wunder. Allerdings, wenn ich sehe wie meine Schnittwunde am Bein verheilt ist, dann grenzt das schon an ein Wunder... dabei ist es bloß Natur.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#24 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 23:32

Pluto hat geschrieben:Was mir die Sendung sagt ist, dass es ganz danach aussieht, als sei unser Geist das Produkt unseres Gehirns.
Genau das ist missverständlich.

Denn dass das Gehirn materielle Grundlage für jegliche geistige Aktivität ist, ist ja naheliegend. - Beantwortet ist damit NICHT die Frage, ob der Geist primär in der Materie entsteht oder über Materie vermittelt wird. - Folgendes Bild bitte nicht zu wörtlich verstehen, sondern die Aussage darin verstehen:

Wenn man ein Sieb mit 10 Löchern hat, kommt bei ihm weniger durch als bei einem Sieb mit 100 Löchern - die Komplexität der Lochanordnung entscheidet also darüber, wieviel Wasser durchgeht. - Das heisst jedoch NICHT, dass Wasser primär durch Löcher entsteht.

Und genau diese Frage wird auch von Metzinger nicht beantwortet: Er geht nicht auf die Frage ein, ob das Gehirn Geist primär erzeugt oder je nach Komplexität mehr Geist durchlässt. - Dadurch, dass er nicht auf diese Frage eingeht UND primäres Entstehen des Geistes durch Materie postuliert, muss natürlich das entstehen, was Du gelegentlich als "Lückenbüßer-Gott" bezeichnest:

Je mehr man neurologisch wisse, desto weniger gäbe es Platz für Gott. - Dieser Ansatz ist nur dann möglich, wenn man primäre Geist-Entstehung durch Materie postuliert - nur: Dieses Postulat ist nicht falsifizierbar.

Pluto
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#25 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Pluto » So 10. Mai 2015, 23:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was mir die Sendung sagt ist, dass es ganz danach aussieht, als sei unser Geist das Produkt unseres Gehirns.
Genau das ist missverständlich.
[...]
Und genau diese Frage wird auch von Metzinger nicht beantwortet: Er geht nicht auf die Frage ein, ob das Gehirn Geist primär erzeugt oder je nach Komplexität mehr Geist durchlässt.
Wenn du den Film ab etwa Minte 4:30 anschaust, solle ziemlich unmissverständlich sein, was die Beiden Philosophen sage: Dass der Geist das Produkt des Gehirns ist, und Geist nicht etwa eine unabhängige Existenz hat.

closs hat geschrieben:Je mehr man neurologisch wisse, desto weniger gäbe es Platz für Gott. - Dieser Ansatz ist nur dann möglich, wenn man primäre Geist-Entstehung durch Materie postuliert - nur: Dieses Postulat ist nicht falsifizierbar.
Mag sein, aber die Hinweise werden immer deutlicher, dass es keinen Geist ohne Materie geben kann.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#26 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 00:05

Pluto hat geschrieben:Wenn du den Film ab etwa Minte 4:30 anschaust, solle ziemlich unmissverständlich sein, was die Beiden Philosophen sage: Dass der Geist das Produkt des Gehirns ist, und Geist nicht etwa eine unabhängige Existenz hat.
Das ist eine weltanschauliche Aussage und somit ok. Es wird jedoch zu Unrecht so getan, als sei diese Aussage notwendige Folge wissenschaftlicher Erkenntnis - das ist doch gerade der Irrtum.

Pluto hat geschrieben:Mag sein, aber die Hinweise werden immer deutlicher, dass es keinen Geist ohne Materie geben kann.
Aber diese Hinweise werden doch nur deshalb immer deutlicher, weil man sich immer mehr vorstellen kann, dass man neurologisch all das erklären kann, was geistig im Menschen passiert. - Und jetzt kommt der Punkt: Das glaube ich doch genauso - aber die Schlussfolgerung von Metzinger und Precht ist nicht zwingend, sogar fahrlässig.

Meine Vermutung: Unsere Zeit ist seit einigen Generationen derart auf Materialismus fixiert, dass man gar nicht mehr davon loskommt. - Das gilt übrigens auch für Prechts Thematisierung der Frage, ob man dann nicht zukünftig Spiritualität als Folge von Materie vorstellen können. - Seine Antwort ist JA - obwohl es sich dabei streng genommen um ein Oxymoron handelt.

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Savonlinna
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#27 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Savonlinna » Mo 11. Mai 2015, 00:11

Pluto hat geschrieben:Ich habe das schon einmal gesagt: Ich glaube nicht an Wunder. Allerdings, wenn ich sehe wie meine Schnittwunde am Bein verheilt ist, dann grenzt das schon an ein Wunder... dabei ist es bloß Natur.
Mensch, das freut mich jetzt, wenn ich mal mit Dir übereinstimmen kann.

Gerade an so etwas Ähnlichem habe ich mal ein Riesen-Aha-Erlebnis gehabt - hoffe, ich wiederhole mich hier nicht.
Als ein kleiner Schnitt in den Finger bei mir nicht heilen wollte, weil ich immer wieder was anfasste, und dann am Ende doch der Schorf wuchs und die Wunde verschwand - da war ich hin und weg. Obwohl ich das natürlich kannte, aber diesmal war ich hin und weg.
Aber dass die Natur heilen will, instinktiv immer heilen will - egal, wie oft sie daran gehindert wird -, hat mich fragen lassen, ob das letztlich nicht einfach das ist, was manche als "Gott" bezeichnen. Einfach diese Heilkraft.

Da muss man noch nicht mal gläubig sein, das kann man doch sehen.
Dass es das gibt, dass die Natur diese Möglichkeit hat - das ist schon irgendwie etwas, was einen verzaubern kann.

Hemul
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#28 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Hemul » Mo 11. Mai 2015, 00:14

Pluto hat geschrieben: Ich habe das schon einmal gesagt: Ich glaube nicht an Wunder. Allerdings, wenn ich sehe wie meine Schnittwunde am Bein verheilt ist, dann grenzt das schon an ein Wunder... dabei ist es bloß Natur.
Da hat Holger Natur ja bei Dir Wunder gewirkt-gell? 8-)
http://www.gutenachrichten.org/ARTIKEL/gn01so_art2.htm

Die Blutgerinnung
Ein allen bekannter, für Menschen und Tiere überlebensnotwendiger Prozeß ist die Blutgerinnung. Ohne sie würden wir bei der ersten Schnittwunde verbluten. Die Blutgerinnung funktioniert aber nur, wenn eine Kettenreaktion aus vielen komplizierten chemischen Stoffen im Blut stattfindet.
Die komplexen Substanzen, die an der Blutgerinnung beteiligt sind, müssen alle zur richtigen Zeit, in den richtigen Mengenverhältnissen, zusammenkommen. Das ganze Zusammenspiel muß perfekt ablaufen, wenn eine Wunde gestopft werden soll. Wenn nur ein Glied dieser Kette fehlt, versagt der ganze Vorgang, und die Folge ist der Tod.
Manchmal gerinnt das Blut, wo es nicht angebracht ist. Wenn dadurch die Sauerstoffzufuhr zu einzelnen Gehirnzellen unterbrochen wird, hat man es mit einem Schlaganfall zu tun, der eine Lähmung oder gar den Tod nach sich ziehen kann. Ja, wenn die Blutgerinnung nicht vollkommen funktioniert, kann das tödliche Folgen haben.
Wenn der Blutgerinnungsmechanismus durch einen Evolutionsprozeß entstanden sein soll, müssen viele aufeinander abgestimmte Mutationen genau zur gleichen Zeit stattgefunden haben. Bisher konnten die Verfechter der Evolutionstheorie keine plausible Erklärung für die Entstehung des Blutgerinnungsmechanismus liefern. Auch die dritte Säule der Evolutionslehre erweist sich als nicht tragfähig.
:wave:
Zuletzt geändert von Hemul am Mo 11. Mai 2015, 00:17, insgesamt 1-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#29 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 00:17

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn du den Film ab etwa Minte 4:30 anschaust, solle ziemlich unmissverständlich sein, was die Beiden Philosophen sage: Dass der Geist das Produkt des Gehirns ist, und Geist nicht etwa eine unabhängige Existenz hat.
Das ist eine weltanschauliche Aussage und somit ok. Es wird jedoch zu Unrecht so getan, als sei diese Aussage notwendige Folge wissenschaftlicher Erkenntnis - das ist doch gerade der Irrtum.
Die Aussage kommt ja nicht von "Hinz und Kunz", sonder ist der Konsens der modernen Hirnforschung und wird von zwei der renommiertesten deutschen Philosophen unser Zeit dargelegt.

Ist es nicht reine Ideologie, solche gewichtigen Evidenzen als Irrtum zu bezeichnen?

closs hat geschrieben:Das glaube ich doch genauso - aber die Schlussfolgerung von Metzinger und Precht ist nicht zwingend, sogar fahrlässig.
Könntest du mal erläutern, was an einer solchen Schlussfolgerung fahrlässig sein soll?

closs hat geschrieben:Meine Vermutung: Unsere Zeit ist seit einigen Generationen derart auf Materialismus fixiert, dass man gar nicht mehr davon loskommt.
Diese Vorstellung hat sich in den letzten 60 Jahren sogar verfestigt. Alles weist daraufhin und es gibt keinerlei Hinweise auf etwas anderes.

closs hat geschrieben:Das gilt übrigens auch für Prechts Thematisierung der Frage, ob man dann nicht zukünftig Spiritualität als Folge von Materie vorstellen können. - Seine Antwort ist JA - obwohl es sich dabei streng genommen um ein Oxymoron handelt.
Wie kommst du den drauf, dass es sich um ein Oxymoron handelt. Für mich is es eine logische Folge des materiellen, weitestgehend leblosen Universums in dem wir uns wiederfinden.
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#30 Re: Entzaubert die Hirnforschung den Menschen?

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 00:21

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich habe das schon einmal gesagt: Ich glaube nicht an Wunder. Allerdings, wenn ich sehe wie meine Schnittwunde am Bein verheilt ist, dann grenzt das schon an ein Wunder... dabei ist es bloß Natur.
Mensch, das freut mich jetzt, wenn ich mal mit Dir übereinstimmen kann.
:thumbup:

Savonlinna hat geschrieben:Aber dass die Natur heilen will, instinktiv immer heilen will - egal, wie oft sie daran gehindert wird -, hat mich fragen lassen, ob das letztlich nicht einfach das ist, was manche als "Gott" bezeichnen. Einfach diese Heilkraft.
Ich gebe zu, die Welt sieht verdammt nach einem Plan aus. Dass es nicht so ist erkennt man erst wenn man in die Details guckt.

Savonlinna hat geschrieben:Dass es das gibt, dass die Natur diese Möglichkeit hat - das ist schon irgendwie etwas, was einen verzaubern kann.
Ja! Die Natur IST ein einziges Wunder.
Da kannste die Heilungswunder von Lourdes, etc. glatt vergessen.
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