Wird die Philosophie unterschätzt?

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Münek
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#191 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Münek » Do 31. Dez 2015, 00:46

closs hat geschrieben: Sprechen wir über Gottes-Wahrnehmungen oder über Gott?

Hat GOTT Himmel und Erde erschaffen oder eine Gottes-Wahrnehmung;
hat GOTT die Sintflut geschickt oder eine Wahrnehmung von Gott?
:o

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Halman
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#192 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Halman » Do 31. Dez 2015, 01:07

Pluto hat geschrieben:Das NT handelt vom christlichen Gott. Das AT vom Jüdischen.
Jesus war Jude und verkündete den Gott, den die Juden kannten. Der christliche Gott ist ein jüdisch-christlicher. Das NT wurzelt im AT und steht auf dessen Fundament.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
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#193 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von closs » Do 31. Dez 2015, 01:24

Pluto hat geschrieben: Ich bleibe bei dem Vorwurf des Ablenungsmanövers, denn das AT und das NT haben sehr wenig gemeinsam.
Natürlich stimmt das. - Aber wenn es nur EINEN, unveränderlichen Gott gibt (alles andere wäre eh albern) und dieser Gott so unterschiedlich dargestellt wird, heisst dies, dass sich die Gott-Rezeption im Laufe der Zeit/Heilsgeschichte geändert hat.

Die Frage lautet also:
Was vom EINEN Gott, also die heilsgeschichtlich ultimative Wahrnehmungs-Form, findet man bereits in der frühen heilsgeschichtlichen Zeit des AT - und da gibt es schon was zu finden - aber eben auch viel, was dem NICHT entspricht. - Es gibt nun zwei theologische Ansätze:

1) Wie stellt sich das Gottesbild in den verschiedenen heilsgeschichtlichen Phasen dar? - Das wäre eine Frage an die historisch-kritische Fraktion - sie kann zeigen, wann was wie gesehen wurde.

2) Wo ist das orientierungs-würdige Gottesbild unabhängig davon? - Das wäre eine Frage an die spirituelle Fraktion - sie kann zeigen, wann und wo im AT bereits Licht im Sinne des authentischen Gottes ist.

Pluto hat geschrieben:Wir reden hier über Texte im AT die rund 2500 Jahr alt sind, und du willst das durch Zitate aus den Paulusbriefen relativieren.
Im Spirituellen spielt Zeit keine Rolle - entweder etwas passt oder nicht. - Das Gottes-Bild in Bezug auf die Amalekiten ist NICHT authentisch zu dem EINEN, unveränderlichen Gott.

Hemul hat geschrieben:In Welcher Hinsicht? Glaubst Du etwa das NT hat einen zahnlosen Gott?
Ganz und gar nicht. - Aber seine Waffe ist nicht das Schwert in den Händen des Menschen, sondern die Erkenntnis im Kopf des Menschen.

Pluto hat geschrieben:Das NT handelt vom christlichen Gott. Das AT vom Jüdischen.
Wenn es nur EINEN Gott gibt, steckt hinter beiden Bildern derselbe Gott.

closs
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#194 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von closs » Do 31. Dez 2015, 01:32

Münek hat geschrieben:Ob ihm das gelingen wird? Immerhin war es der alte Jahwe selbst, der von sich sagte
Das sagbt nicht Jahwe, sondern der Textverfasser sagt, dass es Jahwe sagt. - Wenn der Textverfasser geistig inspiriert war, kann beides zusammenpassen.

Münek hat geschrieben:Hat GOTT Himmel und Erde erschaffen oder eine Gottes-Wahrnehmung;
Streng genommen beides. ;)

Münek hat geschrieben:hat GOTT die Sintflut geschickt oder eine Wahrnehmung von Gott?
Der Textverfasser sagt, dass Gott die Sintflut geschickt hat. - Ob Gott es WIRKLICH getan hat, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ihr meint, dass nur "Und Gott sprach" dastehen muss, und dann hat es Gott auch getan. - Es kann genauso Ausdruck eines Wahrnehmungs-Levels der damaligen Menschen sein, es so zu sehen.

Man muss deshalb zuerst die Frage klären: Welche Eigenschaften muss der eine, unveränderliche Gott haben, damit das Wort "Gott" angebracht ist. - Erst dann kann man gucken, wer in AT und NT spricht (Gott oder Mensch), weil man erst dann eine Kalibirierung hat. - Zugegebenerweise ist das ein lebenslanges Geschäft, das mit zudem nicht einmal endgültig abschließen kann - da bleibt immer ein Rest an Nicht-Erkenntnis.

Solivagus
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#195 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Solivagus » Do 31. Dez 2015, 04:53

Hi Thaddäus,

Thaddäus hat geschrieben: Und du glaubst tatsächlich, Solivagus, es macht die Sache von einem moralischen Standpunkt besser, wenn Hemul aus der Sicht Gottes!
( :shock: !, was per Def. eines unendlichen Gottes für jedes endliche Wesen grundsätzlich unmöglich ist) argumentiert, um (s)einen Völkermord zu rechtfertigen?

ja das glaube ich. Verglichen mit Gott, sind uns Menschen räumliche, zeitliche sowie kognitive Grenzen auferlegt. Ich würde mir als Mensch nicht anmaßen wollen, ein besseres Urteil als Gott zu fällen.

Wenn wir der Gottesdefinition von Anselm folgen, können wir sogar davon ausgehen, dass Gott "die beste aller möglichen Welten" (vgl. Leibniz) kreiert hat und somit jede Intervention Gottes notwendig und gerechtfertigt ist. Jede andere Option Gottes hätte wohlmöglich kurzfristig oder langfristig viel mehr Leid erzeugt.

Thaddäus hat geschrieben:[Ich antworte dir übrigens noch auf deine Frage zum Unterschied zwischen absoluten und relativen Nichts, sobald ich dazu komme.]

Danke für den Hinweis.

Thaddäus hat geschrieben:Es ist moralisch ganz und gar unerheblich, ob Gott als allwissendes Wesen Völker mordet, weil er die zukünftige Geschichte überblickt und mit seinem Völkermord vermeintlich "Schlimmeres" verhindern will.

Das Wort "Mord" impliziert hier bereits ein niederes Motiv Gottes. Mord ist aber bei weitem nicht die einzige mögliche Interpretation. Bevor wir Gott zu einem Mörder machen, wäre zu klären inwieweit Gott über hinreichende Gründe verfügen könnte, die einen solchen Tötungs-Akt rechtfertigen.

Unerheblich wäre Gottes Allwissen bei vollkommener Willkür oder bei niedrigen Beweggründen in der Tat.

Jedoch von entscheidender Bedeutung wäre Gottes Allwissen bei dem Ziel, die maximale Anzahl von Menschen, in einer Gott feindlichen Welt, zu erretten, indem er kontinuierlich, mit Hilfe seiner Voraussicht, "die beste aller möglichen Welten" mit dem geringsten Maß an menschlichen Leid erschafft.

Thaddäus hat geschrieben:(Als allmächtigen Gott hätte es übrigens für ihn sicherlich auch die Möglichkeit gegeben, das Volk der Amalekiter z.B. einen weiten Bogen um die Israeliten machen zu lassen o.ä.)

Allerdings ist der Mensch durch Gott auch mit einem freien Willen ausgestattet, dem es dem Menschen sogar ermöglich, sich gegen göttliche Absichten zu stellen.

Thaddäus hat geschrieben:In jedem Falle behandelt er mit seinem Völkermord Menschen lediglich als Mittel zu einem bestimmten Zweck und damit nicht als Menschen, denen an sich eine Würde zukommt, sondern als Sachen.

Gott als souveräner Schöpfer behandelt die Menschen als seine Geschöpfe, die ihm de facto und de jure immer noch untergeordnet sind.

Thaddäus hat geschrieben:Exakt eine solche Argumentation verwendete auch der Nazi-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann [...]
Letzteres ist durchaus richtig. Sein Verbrechen bestand nicht darin, mit eigener Hand jüdische Menschen getötet zu haben, sondern darin, jüdische Menschen wie Vieh in den Waggons transportiert haben zu lassen, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, dass diese Menschen nicht wie ein bloßes MIttel zum Zweck ihrer Vernichtung behandelt werden dürfen, sondern jeder einzelne von ihnen ein moralischer Zweck an sich ist und also einen absoluten und schützenswerten Wert darstellt.

Warum gelingt es dir einfach nicht über den menschlichen Tellerrand hinaus zu blicken? Gottes Ziele decken sich, schon allein auf Grund seiner Perspektive, nicht zwangsläufig mit den deinen oder denen eines Adolf Eichmanns.

Während für dich bereits ein würdevolles irdisches Leben Erfüllung genug zu versprechen scheint, sieht Gott nicht nur unser kurzes Leben hier auf Erden sondern die Ewigkeit, welche wir entweder mit ihm in oder ohne ihn verbringen werden. Sollte unser Leben hier und jetzt wirklich nur ein kurzes Intermezzo in einer ewigen Oper sein und der Tod nur der Beginn eines neuen Aktes und nicht das Finale darstellen, verändert sich damit so einiges und kann nicht weiterhin übersehen werden.

Thaddäus hat geschrieben:Diesen Wert an sich selbst, ihre Würde, haben sie übrigens nach Kant, weil jedes vernünftige Wesen immer auch ein moralisches Subjekt und ein moralischer Gesetzgeber ist, sich dem Sittengesetz also nie nur unterwirft, sondern als Subjekt für die gesamte Menschheit verbindliche moralische Normen formulieren kann, wenn deren Vernünftigkeit einsehbar ist.

Diese moralischen Normen, sind sie objektiver oder subjektiver Natur?

Thaddäus hat geschrieben:Der Gott Hemuls verfügt also nicht einmal über einen Begriff der unabsprechbaren Menschenwürde und allgemeiner Menschenrechte. Und damit erweist sich der Philosoph Kant als diesem Gott, der in Wahrheit nur das hemulsche Zerrbild eines gerechten Gottes ist, bereits als moralisch überlegen. [...]

Da bleibt ja Gott gar nichts anderes mehr übrig, als sich der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu unterwerfen. ;)
"Du kannst ganz unmöglich nicht sein, denn Du bist aus Dir selbst Notwendigsein."
(Duns Scotus, Tractatus de primo principio, 91, Übs. W. Kluxen)
The Ontological Argument (engl.)

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Münek
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#196 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Münek » Do 31. Dez 2015, 05:24

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Hat GOTT Himmel und Erde erschaffen oder eine Gottes-Wahrnehmung;
Streng genommen beides. ;)

Ich denke, eine Gottes-Wahrnehmung kann nichts erschaffen.

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#197 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Salome23 » Do 31. Dez 2015, 06:18

Hemul hat geschrieben: Eins zwo Gsuffa. :thumbup:
Falsch! Setzen!
Oans zwoa gsuffa :Smiley popcorn:

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#198 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Hemul » Do 31. Dez 2015, 07:27

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das NT handelt vom christlichen Gott. Das AT vom Jüdischen.
Jesus war Jude und verkündete den Gott, den die Juden kannten. Der christliche Gott ist ein jüdisch-christlicher. Das NT wurzelt im AT und steht auf dessen Fundament.
:thumbup:
Der Gott des AT ist immer auch der Gott des NT. Und dieser hat sich gem. Jakobus 1:17 nicht verändert und wird sich auch niemals verändern:

17 Vom Vater der Himmelslichter kommen nur gute und vollkommene Gaben. Bei ihm gibt es keine Veränderung, auch nicht den Schatten eines Wechsels.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#199 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Hemul » Do 31. Dez 2015, 07:57

Solivagus hat geschrieben:Das Wort "Mord" impliziert hier bereits ein niederes Motiv Gottes. Mord ist aber bei weitem nicht die einzige mögliche Interpretation. Bevor wir Gott zu einem Mörder machen, wäre zu klären inwieweit Gott über hinreichende Gründe verfügen könnte, die einen solchen Tötungs-Akt rechtfertigen.
Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Gott der Bibel gem. Titus 1:2 nicht lügen kann u. deshalb bei sich selbst im Wort steht:
in der Hoffnung des ewigen Lebens - das Gott, der nicht lügt, vor ewigen Zeiten verheißen hat;

"JHWH" stand damals bei seinem Bündnispartner Israel im Wort diese bei Bündnistreue vor ihren Feinden zu beschützen. Wie aufgewühlt u. betroffen muss es ihn gemacht haben als er sah, dass die Amalekiter die Nachhut-also das Lahme-Alte-Schwache seines Volkes das er befohlen hatte Ägypten zu verlassen um Gott endlich in Freiheit zu dienen -heimtückisch u. erbarmungslos ermordeten. Was für ein Gott wäre er-wenn er nach dem Menschen Motto gehandelt hätte: "Was stört mich mein Geschwätz von gestern." So war u. ist der Gott der Bibel niemals gewesen. Im Falle seines damaligen Bündnispartners Israel galt für ihn der Grundsatz den er wie folgt in Sacharja 2:11+12 äußerte:
11 Auf, ihr Leute von Zion! Rettet euch aus Babylonien!" 12 So spricht Jahwe, der allmächtige Gott: "Die Herrlichkeit selbst hat mich zu den fremden Völkern geschickt, die euch ausgeplündert haben. - Denn wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an!

Wohl dem der diesen wunderbaren Gott an seiner Seite weiß.
Zuletzt geändert von Hemul am Do 31. Dez 2015, 11:05, insgesamt 2-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#200 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von sven23 » Do 31. Dez 2015, 08:06

closs hat geschrieben:Dann sollte man vorher gucken, bevor man sich für eine Religion entscheidet. -
Das war und ist in den seltendsten Fällen eine bewußte Entscheidung, sondern eine Frage der Sozialisation.
Wäre closs zu einer andern Zeit geboren worden, wäre er glühender Anhänger des Mithras, Zeus oder Mohameds. Geburtsort und Zeit entscheiden über die Zugehörigkeit zu einer Religion. Zu erwähnen wäre noch, daß Konvertiten von der eigenen Religion mit besonderer Verachtung gestraft werden, gerade in den monotheisten Religionen mit besonderem Wahrheitsanspruch.

closs hat geschrieben: Weder die vorherige noch diese Bemerkung sind Ablenkungsmanöver, sondern der Versuch, die Bibel als Ganzheitliches zu verstehen.
Diese Ganzheitlichkeit ist ja längst von der Forschung widerlegt worden. Sie ist dem Versuch geschuldet, Jesus als den im AT vorhergesagten Messias darzustellen.
Und im übrigen macht es die Genozide im AT auch nicht besser, wenn man die Bibel von hinten liest, also zuerst mit dem NT anfängt. Mord bleibt Mord.
Kubitza spricht nicht umsonst vom "peinlichen Gott des AT".
Zuletzt geändert von sven23 am Do 31. Dez 2015, 08:16, insgesamt 1-mal geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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