Fügung vs. Freier Wille

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#161 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Sa 10. Jan 2015, 01:03

Scrypt0n hat geschrieben:Was nicht möglich ist, es sei denn, die Entscheidung am Ende ist VOR dem Ende der Entscheidung bereits determiniert.
Du siehst Gott und Dasein auf derselben Zeitschiene - genau das ist das Problem.

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Scrypt0n
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#162 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Scrypt0n » Sa 10. Jan 2015, 03:26

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Was nicht möglich ist, es sei denn, die Entscheidung am Ende ist VOR dem Ende der Entscheidung bereits determiniert.
Du siehst Gott und Dasein auf derselben Zeitschiene
Das ist ein Vorwurf deinerseits, den du immer wieder wiederholst, auch wenn ich dir gegenüber bereits unzählige male ganz klar dargelegt habe, dass dem NICHT so ist.
Die Zeit auf der Erde ist eine andere als auf dem Mars, da Zeit relativ ist.

Unabhängig davon aber könnte ich - auch wenn ich ohnehin nicht an Gott glaube - soweit mit gehen, dass Gott nicht an "unserer" Zeit (Zeit des Daseins/Universum) gebunden ist, vielleicht auch "darüber" steht (was erstmal ohnehin unmöglich ist - so, wie nichts über dem Sein stehen kann...), doch darum, dass Gott eine Eigenzeit hat kommst du dennoch nicht drum herum.
Ein statischer Gott nämlich würde vermutlich am wenigsten mit deinem Gottsbild in Einklang stimmen als jedwedes andere Gottesbild! ;)

Als ein Beispiel, als konkrete Analogie dazu jedoch untauglich:
Du, der du alleine existierst seit "immer" erschaffst durch deine Gedankenkraft etwas. All das, was du schaffst, findet sich für dich in einer kleinen Kugel wieder, dessen innere schnellen Abläufe und Entwicklungen du stehts im Überblick hast und sich für dich so marginal langsam entwickeln, dass du praktisch zu jeder Zeit überall beobachtend und leitend dabei bist.
Dennoch: Es ist dir aber deshalb nicht möglich, soweit und grenzenlos du auch über die Kugel (deine Schöpfung) verfügst, bestimmst und stehst, zu wissen was darin passiert, BEVOR es in dieser Kugel passiert ist; es sei denn es wäre vorab determiniert und somit bestimmbar/vorhersehbar.
Jegliche gegenteilige Aussage ist eine logisch nicht begründbare, sondern lediglich behauptbare Behauptung, auf die du dich vermutlich weiter berufen wirst in dem du begründungslos deine Glaubensbehauptung wiederholst.

Hättest du in diesem fernen Beispiel übrigens keine Eigenzeit, wärst auch du statisch; du könntest mit dem inneren der Kugel nicht interagieren, keine Rückschlüsse ziehen, nichts beobachten und somit auch nichts darüber wissen. Wissen erfordert zwingend das Erlangen von Informationen, so grenzenlos diese auch sein können; ein statisches Wesen ohne Zeit kann keine Erkenntnis erlangen.

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Christof
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#163 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Christof » Sa 10. Jan 2015, 03:43

Ich schreibe jetzt bestimmt zum vierten Mal, dass Gottes Fügung und freier Wille kein Widerspruch sind. Bisher sind meine Worte aber nicht auf sehr fruchtbaren Boden gefallen - warum auch immer?

Wir empfinden unseren Willen als frei, weil wir Gottes Fügung nicht kennen. Allein die Möglichkeit, dass wir uns anders entschieden hätten können, widerspricht nicht Gottes Fügung. Macht Euch da mal bitte Gedanken darüber. Allein die Tatsache, dass es viele Möglichkeiten gibt sich zu entscheiden, widerspricht nicht Gottes Vorherseheung. Realisiert wird immer sein Wille und Fügung.

In Liebe
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"Gott widersteht den Höchmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade."-1.Petr 5,5

closs
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#164 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Sa 10. Jan 2015, 10:58

Scrypt0n hat geschrieben:so, wie nichts über dem Sein stehen kann
Das ist zwar ein anderes Thema - aber das stimmt: Es steht nichts über Sein/Realität - allerdings können Sein/Realität prinzipiell auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Stünde etwas über Sein/Realität, stünde es ja auch über Gott.

Scrypt0n hat geschrieben:dass du praktisch zu jeder Zeit überall beobachtend und leitend dabei bist.
Belassen wir es mal für den Moment bei "beobachtend". - "Zu jeder Zeit" muss aber heißen, in jeder Zeit "gleichzeitig". - Gott verfolgt also nicht die Entwicklung in der Kugel, sondern ist "gleichzeitig" zu Beginn und zum Ende der Entwicklung präsent.

Scrypt0n hat geschrieben:Ein statischer Gott nämlich würde vermutlich am wenigsten mit deinem Gottsbild in Einklang stimmen als jedwedes andere Gottesbild!
WAS genau über-zeitlich ist, wissen wir nicht - es ist hier gemeint als funktionale Größe über der Zeit - "über-zeitlich" ist wörtlich gemeint. - Nicht ohne Zeit, nicht mit Zeit, sondern über der Zeit. - Dialektisch gesehen in einem Zustand der Aufhebung der Zeit, also in einem Zustand, in dem unser Zeitverständnis aufgeht in ein höheres Verständnis (also WIRKLICH etwas anderes). - Was das ist, können wir nicht wissen - wir können es nur nach den Regeln der Dialektik abbilden.

Scrypt0n hat geschrieben: Es ist dir aber deshalb nicht möglich, soweit und grenzenlos du auch über die Kugel (deine Schöpfung) verfügst, bestimmst und stehst, zu wissen was darin passiert, BEVOR es in dieser Kugel passiert ist
Doch - weil es für Gott im Sinne unseres Zeitverständnisses kein "Zuvor" oder "Danach" gibt - für Gott ist alles Geschehen in unserem Zeitstrahl eine Anreihung gleichzeitiger Gegenwart.

Scrypt0n hat geschrieben:Hättest du in diesem fernen Beispiel übrigens keine Eigenzeit, wärst auch du statisch; du könntest mit dem inneren der Kugel nicht interagieren
Gott hat eine Eigen-Über-Zeit - was das genau ist, wissen wir nicht. - Wir können Gott nicht vorschreiben, innerhalb unseres Verständnisses zu sein.

Natürlich kann Gott interagieren. - Stelle Dir einen Zeitstrahl auf Deinem A4-Blatt vor - eine Linie und dazu ein kleines "t". - Dazu Abschnitte mit 1,2,3,4,5,6,7,n Stunden. - Du kannst problemlos bei Stunde 2 oder Stunde 7 eingreifen, indem Du etwas hinmalst. - Du kannst sogar bei Stunde 7 eher rumfummeln als bei Stunde 2.

Pluto
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#165 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Sa 10. Jan 2015, 11:25

Christof hat geschrieben:Ich schreibe jetzt bestimmt zum vierten Mal, dass Gottes Fügung und freier Wille kein Widerspruch sind. Bisher sind meine Worte aber nicht auf sehr fruchtbaren Boden gefallen - warum auch immer?
Lieber Christof,
Das war bestimmt nicht Absicht.

Christof hat geschrieben:Wir empfinden unseren Willen als frei, weil wir Gottes Fügung nicht kennen.
Das erscheint mir etwas unlogisch.
Wenn wir Gottes Fügung nicht kennen, woher wissen wir dann ob er überhaupt gefügt hat?

Christof hat geschrieben:Allein die Möglichkeit, dass wir uns anders entschieden hätten können, widerspricht nicht Gottes Fügung. Macht Euch da mal bitte Gedanken darüber. Allein die Tatsache, dass es viele Möglichkeiten gibt sich zu entscheiden, widerspricht nicht Gottes Vorherseheung. Realisiert wird immer sein Wille und Fügung.
Das Problem was ich hier ansprechen wollte, ist folgendes:
Wenn wir um die Fügung Gottes wissen, wird es relativ einfach, diese Fügung zu vereiteln. Das wird sehr deutlich, wenn man mal über das Paradoxon von William Newcomb nachdenkt.
Eine der Schlussfolgerungen daraus ist, wenn wir einen Freien Willen haben, ist es möglich die Fügung auszuhebeln.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#166 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Sa 10. Jan 2015, 12:21

Pluto hat geschrieben: Paradoxon von William Newcomb
Dieses Paradoxon ist dadurch falsifiziert, dass seine Voraus-Setzung falsch ist. - Newcomb verwendet ein ungeeignetes Zeit-Verständnis für seine Ausführungen.

Pluto hat geschrieben:Wenn wir um die Fügung Gottes wissen, wird es relativ einfach, diese Fügung zu vereiteln.
Wir wissen sie aber nicht - und zwar NIE.

Pluto hat geschrieben:Wenn wir Gottes Fügung nicht kennen, woher wissen wir dann ob er überhaupt gefügt hat?
Objektiv wissen kann man das NICHT - es ist SChlussfolgerung aus einem Glaubensbild.

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#167 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Sa 10. Jan 2015, 12:29

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Paradoxon von William Newcomb
Dieses Paradoxon ist dadurch falsifiziert, dass seine Voraus-Setzung falsch ist. - Newcomb verwendet ein ungeeignetes Zeit-Verständnis für seine Ausführungen.
Was wäre das richtige Zeitverständnis?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn wir um die Fügung Gottes wissen, wird es relativ einfach, diese Fügung zu vereiteln.
Wir wissen sie aber nicht - und zwar NIE.
Pluto hat geschrieben:Wenn wir Gottes Fügung nicht kennen, woher wissen wir dann ob er überhaupt gefügt hat?
Objektiv wissen kann man das NICHT - es ist SChlussfolgerung aus einem Glaubensbild.
In dem Moment, wo man behauptet, alles sei gefügt, wird die Willensfreiheit zur Illusion.
Das Glaubensbild ist dabei irrelevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#168 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Sa 10. Jan 2015, 12:40

Pluto hat geschrieben:Was wäre das richtige Zeitverständnis?
Dass es "unsere" Zeit gibt: "1987 ist früher als 2015" - dass es aber eine Über-Zeit gibt: "1987 = 2015".

Pluto hat geschrieben:In dem Moment, wo man behauptet, alles sei gefügt, wird die Willensfreiheit zur Illusion.
Nein - aber ich weiss bald nicht mehr, wie man das erklären soll.

Als Bild (!!!) wäre das einfachste, dass man sagt: "2015 ist früher als 1987". - Das stimmt natürlich so nicht - aber von der Wirkung her ist es so.

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#169 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Sa 10. Jan 2015, 12:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was wäre das richtige Zeitverständnis?
Dass es "unsere" Zeit gibt: "1987 ist früher als 2015" - dass es aber eine Über-Zeit gibt: "1987 = 2015".
Der Begriff der Überzeitlichkeit ist eine Fantasie. Es gibt sie nicht.
Anmerkung: Selbst wenn es sie gäbe, wäre eine Kommikation unmöglich.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:In dem Moment, wo man behauptet, alles sei gefügt, wird die Willensfreiheit zur Illusion.
Nein - aber ich weiss bald nicht mehr, wie man das erklären soll.
Vielleicht weil es nicht zu erklären IST.

closs hat geschrieben:Als Bild (!!!) wäre das einfachste, dass man sagt: "2015 ist früher als 1987". - Das stimmt natürlich so nicht - aber von der Wirkung her ist es so.
Geht nicht (siehe oben).

Fazit:
Das einzige was bleibt, ist, sich in den Glauben zu flüchten, Gott stehe über unserer Logik. Doch in einer solch beliebigen Welt wollen wir Beide nicht leben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#170 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Sa 10. Jan 2015, 13:11

Pluto hat geschrieben: Selbst wenn es sie gäbe, wäre eine Kommikation unmöglich.
Dann nimm doch mal folgendes Bild: Du sitzt vor einem Zeitstrahl auf Deinem A4-Blatt und kannst beliebig dort einsteigen - erst spät, dann früh, dann in der Mitte, dann wieder ganz spät, dann sehr früh, etc.

Pluto hat geschrieben:Geht nicht
Nach Deiner/unserer Denk-Systematik geht das vielleicht nicht - wobei: Ich kann ich mir das sehr konkret vorstellen - man muss nur System-Wechsel im Kopf machen.

Pluto hat geschrieben:Das einzige was bleibt, ist, sich in den Glauben zu flüchten, Gott stehe über unserer Logik.
Das Relativieren eigener Denksysteme muss keine Flucht sein - es kann auch eine Öffnung sein.

Pluto hat geschrieben: Doch in einer solch beliebigen Welt wollen wir Beide nicht leben.
UNSERER Welt ist doch unsere System-Logik gegeben - das eine schließt doch das andere nicht aus.

Wahrscheinlich liegt das Problem darin, dass man als Mensch meinen kann, seine objektivierenden Methoden seien universal für jegliche/s Realität/Sein anwendbar. - Das habe ich noch nie geglaubt.

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