Der kritische Rationalismus

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#161 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 16:23

sven23 hat geschrieben:Und als "der Fall" bezeichne ich das, was beobachtbar und beschreibbar ist.
Wenn "das, was der Fall ist" ein Synonym für "Sein" sein soll, ist das eine ganz furchtbare Feststellung. - Dass Wittgenstein es so gesehen haben kann, ist bekannt - aber dann ist es eben ein Irrtum.

Lieber Sven, Du kannst doch nicht "Existenz von etwas oder jemandem" danach definieren, ob man es mit menschlichen Mitteln wahrnehmen kann - das hieße nämlich: "Existenz"/"Sein" wäre eine abhängige Größe vom Menschen. So etwas darf man doch nicht ernst meinen.

Wittgenstein mag man zugute halten, dass er am Ende sagt: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen" (Tractatus). - Das hieße dann: Wir reden nur über das, was wir wahrnehmen können. - Darüber kann man sich zwar auch streiten, aber das wäre wenigstens noch insofern im Lot, dass es dann konzeptionell ein "Sein" geben könnte, das unbeschreibbar ist.

Pluto
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#162 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von Pluto » Di 12. Aug 2014, 16:34

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und als "der Fall" bezeichne ich das, was beobachtbar und beschreibbar ist.
Wenn "das, was der Fall ist" ein Synonym für "Sein" sein soll, ist das eine ganz furchtbare Feststellung.
Was nicht sein darf, kann nicht sein, gell?

closs hat geschrieben:"Existenz"/"Sein" wäre eine abhängige Größe vom Menschen. So etwas darf man doch nicht ernst meinen.
Warum? Existenz ist doch unabhängige Realität. Oder willst du das wirklich verneinen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#163 Was ist Zufall?

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 16:55

Thema abgetrennt aus Was ist Zufall und hierher verschoben.


Pluto hat geschrieben:Nein. Solpsistisch ist wenn man annimmt dass die Realität hiter dem wahrgenommenen nicht existiert.
Hä? :o - Dann wäre Materialisten Solipsisten?

"Solipsismus" heisst, dass man meint, es gäbe nur einen selbst "metaphysischer Solipsismus: Nur das eigene Ich existiert. Nichts außerhalb des eigenen Bewusstseins existiert, auch kein anderes Bewusstsein" (wiki).

Daneben gibt es noch eine Definition von Soilpsismus, die meines Erachtens sehr irreführend ist. - Denn das cartesianische "Nur die Existenz des eigenen denkenden Ichs ist erkenntnistheoretisch gewiss. Darüber hinaus gegeben sind uns nur Bewusstseinsgehalte" (wik) schließt ja nicht aus, dass etwas außerhalbs des Ich existiert, sondern sagt nur, dass es erkenntnistheoretisch nicht gewiss ist.

Dass Descartes davon ausgeht, dass es außerhalb des Ichs etwas gibt (wenn auch erkenntnistheoretisch - hier zu verstehen als "ontologisch"), liegt auf der Hand: Denn sonst würde er nicht naturwissenschaftlich arbeiten. - Diese Haltung ist übrigens durchaus in Übereinstimmung mit der christlichen Haltung. - Aber "solipsistisch" ist das eigentlicht nicht.

Pluto hat geschrieben:Mit "Solipsismus" meinte ich eher deine Weigerung anzuerkennen, dass die Realität der Natur auch ohne Geist existiert.
Dass es "ALLEIN" ("solus") man "selbst" ("ipse") gäbe, hat nichts mit der Frage zu tun, ob Natur mit oder ohne Geist existiert. - Denn die Mit-Geist-Variante sagt doch gerade, dass es Natur gibt - aber eben durch Geist.

Pluto hat geschrieben: Erkennst du die Realität, wenn du dein Auto absichtlich gegen einen Baum fährst? Oder ist das nur in deinem Geist
Beides ist nicht unterscheidbar - nicht falsifizierbar. - In beiden Fällen ist der Baum beschädigt, das Auto kaputt und der Fahrer hat höllische Schmerzen oder ist sogar tot.

Pluto hat geschrieben:Geist ist überhaupt nicht falsifizierbar.
Ohne Setzung ist auch Natur nicht falsifizierbar.

Pluto hat geschrieben:Die materielle Sicht ist ein falsifizierbares Axiom, während die geistige Sicht ein nicht falsifizierbares Dogma ist.
Das stimmt nur dann, wenn man stillschweigend oder unbewusst die Nicht-Falsifizierbarkeit des Dogmas ignoriert, dass Natur ohne "Beweger" ist.

Pluto hat geschrieben:Daher nochmals... Q.E.D.
Naturwissenschaftlich JA (das stand nie zur Debatte) - erkenntnis-theoretisch/ontologisch NEIN. - Du steigst nach wie vor NACH den Grundlagen ein und machst Deine q.e.ds. auf sekundärer Ebene. - Das ist wirklich kein Kunststück.

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#164 Re: Der kritische Rationalismus

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 16:57

Pluto hat geschrieben: Existenz ist doch unabhängige Realität.
Eeeeeeeeeeeeeeeeeeben. - Deshalb darf sie nicht eine abhängige Größe von Beobachtbar keit und Beschreibbarkeit sein - das ist doch gerade mein Vorwurf.

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#165 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Di 12. Aug 2014, 18:53

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nein. Solpsistisch ist wenn man annimmt dass die Realität hinter dem wahrgenommenen nicht existiert.
Hä? :o - Dann wäre Materialisten Solipsisten?
Wie kommst du darauf? Hast du meine Worte wirklich richtig verstanden?
closs hat geschrieben:metaphysischer Solipsismus: Nur das eigene Ich existiert. Nichts außerhalb des eigenen Bewusstseins existiert, auch kein anderes Bewusstsein" (wiki).
Methodologischer Solipsismus: Die Bedeutung konzipierter Begriffe hängt einzig von Bewusstseinszuständen des denkenden Subjekts ab. (wiki)
closs hat geschrieben:Dass Descartes davon ausgeht, dass es außerhalb des Ichs etwas gibt (wenn auch erkenntnistheoretisch - hier zu verstehen als "ontologisch"), liegt auf der Hand: ... Aber "solipsistisch" ist das eigentlicht nicht.
Das war so weit ich es verstehe, auch unser Konsens. cogito ergo sum ist allein genommen auch solipsistisch zu verstehen, aber wir wissen dass aus anderen Überlegungen, dass Descartes kein Solipsist war.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Mit "Solipsismus" meinte ich eher deine Weigerung anzuerkennen, dass die Realität der Natur auch ohne Geist existiert.
Dass es "ALLEIN" ("solus") man "selbst" ("ipse") gäbe, hat nichts mit der Frage zu tun, ob Natur mit oder ohne Geist existiert. - Denn die Mit-Geist-Variante sagt doch gerade, dass es Natur gibt - aber eben durch Geist.
Die Etymologie ist zwar interessant aber in diesem Zusammenhang belanglos. Die heutigen Definitionen von Solipsismus sind uns beiden vertraut.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Erkennst du die Realität, wenn du dein Auto absichtlich gegen einen Baum fährst? Oder ist das nur in deinem Geist
Beides ist nicht unterscheidbar - nicht falsifizierbar. - In beiden Fällen ist der Baum beschädigt, das Auto kaputt und der Fahrer hat höllische Schmerzen oder ist sogar tot.
Ja natürlich.
Aber du weichst der Frage aus: Erkennst DU die Realität des Unfalls, oder ist das für dich "nur" Wahrnehmung?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Geist ist überhaupt nicht falsifizierbar.
Ohne Setzung ist auch Natur nicht falsifizierbar.
Die Setzung, dass es Natur gibt, ist durch die Realität des Autounfalls falsifizierbar.
Geist hingegen ist mit nichts zu falsifizieren, deshalb ist die Setzung dass es Geist gibt ein Glaubensdogma.
closs hat geschrieben:Das stimmt nur dann, wenn man stillschweigend oder unbewusst die Nicht-Falsifizierbarkeit des Dogmas ignoriert, dass Natur ohne "Beweger" ist.
Gott ist laut dem Aquiner der unbewegte Beweger. Macht deine Überlegung nicht auch Gott zum Dogma?
Jede Blume, jeder Baum, jeder Mensch ist Teil der Natur; man kann sie überalll und immmer anfassen.
Dieser Umstand macht die Natur falsifizierbar.
closs hat geschrieben:Naturwissenschaftlich JA (das stand nie zur Debatte) - erkenntnis-theoretisch/ontologisch NEIN.
Verstehe nicht woruaf du hinaus willst, denn...
Erkenntnistheorie = Epistemologie = Lehre der Wissenschaft.
Ontologie ≠ Epistemologie.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#166 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 19:34

Pluto hat geschrieben:Hast du meine Worte wirklich richtig verstanden?
Mir ist sofort aufgefallen, dass da was steht, was Du nicht meinst. - Aber überraschend war es schon.

Pluto hat geschrieben: cogito ergo sum ist allein genommen auch solipsistisch zu verstehen
Im Sinne des methodischen Solipsismus JA - im Sinne des metaphysischen Solipsismus NEIN.

Pluto hat geschrieben:Die Etymologie ist zwar interessant aber in diesem Zusammenhang belanglos.
Aber hilfreich, wenn man den Grundgehalt eines Begriffs kapieren will - bevor man in die Rezeptions-Geschichte dieses Begriffes einsteigt. - Im übrigen scheint die Definition des metaphysischen Solipsimus ja mit dem Grundgehalt dieses Begriffes identisch zu sein.

Pluto hat geschrieben:Die heutigen Definitionen von Solipsismus sind uns beiden vertraut.
So in etwa. - Und daraus erkennen wir, dass die heutigen Definitionen komplett unterschiedlich sind - wieder mal typisch.

Pluto hat geschrieben:Erkennst DU die Realität des Unfalls, oder ist das für dich "nur" Wahrnehmung?
Das kann NIEMAND unterscheiden - das ist doch der Gag. - Wie willst Du das unterscheiden? - ALLES ist Wahrnehmung - wir haben sonst nichts.

Die Unterscheidung findet auf einer ganz anderen Ebene statt: Ist die Wahrnehmung authentisch in Bezug auf "das, was der Fall ist" (wörtlich gemeint und NICHT im Sinne Wittgensteins)? - Ist die Wahrnehmung NICHT authentisch dazu, ist es eine "Einbildung". - Ist sie authentisch, koinzidieren Wahrnehmung und "Realität". - Selber kann man das grundsätzlich NIE entscheiden. - Deshalb mein Hinweis auf die Nicht-Falsifizierbarkeit.

Pluto hat geschrieben:Die Setzung, dass es Natur gibt, ist durch die Realität des Autounfalls falsifizierbar.
Was nützt das, wenn die "Realität" des Autounfalls nicht falsifizierbar ist?

Pluto hat geschrieben:Geist hingegen ist mit nichts zu falsifizieren
Ebenfalls nicht - richtig. - Auch das "Cogito ergo sum" ist nicht falsifizierbar - aber nicht, weil es nicht nachweisbar wäre, sondern weil dies der einzige Satz ist, in dem Subjekt (Bewusstsein) und Objekt (Bewusstsein) identisch sind.

Pluto hat geschrieben: Macht deine Überlegung nicht auch Gott zum Dogma?
Gott ist insofern ein Axiom, dass der Nachweis, dass es Gott nicht gibt, ihn falsifizieren könnte. - Aber auch hier sind wir im Sprachsalat.

Pluto hat geschrieben:Jede Blume, jeder Baum, jeder Mensch ist Teil der Natur; man kann sie überalll und immmer anfassen. Dieser Umstand macht die Natur falsifizierbar.
Du tummelst Dich wieder auf der Sekundär-Ebene rum. - NACHDEM man das "Cogito ergo sum" ausgehebelt hat und dafür die "res externa" als Maßstab definierst, hast Du recht. - Aber dann sind die entscheidenden Fragen nach Falsifizierbarkeit und Dogma, etc. bereits ignoriert.

Du machst es Dir einfach zu leicht, wenn Du das wissenschaftliche HANDWERKSZEUG "Kritischer Rationalismus" ("wir nehmen einfach mal das, was das Volk "Realität" nennt, unhinterfragt zum Maßstab" - was man bei der Wahl seines Handwerkszeugs ja darf) zur Basis einer Philosophie über Fragen von "Sein" und "Nicht-Sein" machst.

Pluto hat geschrieben:Verstehe nicht woruaf du hinaus willst, denn... Erkenntnistheorie = Epistemologie = Lehre der Wissenschaft. Ontologie ≠ Epistemologie.
Ja, verstehe Dich. - Da haben wir wieder das Problem, dass "Epistemologie" (meines Wissens) ausschließlich für Naturwissenschaft gebraucht wird, während "Erkenntnis-Theorien" im philosophischen Sinn auch fragen: "Was 'ist' Erkenntnis?" und somit ontologischen Charakter erhalten.

Wir müssen uns nur einigen, wie wir mit all diesen heterogen besetzten Begriffen umgehen wollen. - Babel pur.

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#167 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Di 12. Aug 2014, 20:15

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erkennst DU die Realität des Unfalls, oder ist das für dich "nur" Wahrnehmung?
Das kann NIEMAND unterscheiden - das ist doch der Gag. - Wie willst Du das unterscheiden? - ALLES ist Wahrnehmung - wir haben sonst nichts.
Nimm an, es sei kein Gag, sondern ein Beispiel der brutalen Wirklichkeit. Dir stehen nach dem Unfall zwei Alternativen zur Wahl:
(a) Du anerkennst die Realität des Unfalls, dann bezahlst du die Reparaturkosten.
(b) Du hältst den Unfall weiterhin für eine reine Wahrnehmung und bezahlst die Rechnung nicht.

Wie weit geht deine Überzeugung?
Selbst wenn du meinst Realität wäre nicht von Wahrnehmung zu unterschieden, willst du deiner Wahrnehmung willen eine Gefängnisstrafe riskieren, weil du vielleicht im Unrecht wärst?
(Dieses Beispiel nennt man übrigens Falifizierbarkeit einer These.)

closs hat geschrieben:Ist die Wahrnehmung NICHT authentisch dazu, ist es eine "Einbildung". - Ist sie authentisch, koinzidieren Wahrnehmung und "Realität". - Selber kann man das grundsätzlich NIE entscheiden. - Deshalb mein Hinweis auf die Nicht-Falsifizierbarkeit.
Ist alles schön und gut. Ich weiß auch, dass es sich um ein Gedakenexperiment handelt, aber stell dir vor, hier ginge es wirklich darum: Rechnung begleichen, oder nicht... wie würdets du entscheiden?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Setzung, dass es Natur gibt, ist durch die Realität des Autounfalls falsifizierbar.
Was nützt das, wenn die "Realität" des Autounfalls nicht falsifizierbar ist?
Wie gesagt, die Falsifierbarkeit hängt nicht von deiner Meinung ab, sonder von "dem was der Fall ist". Lässt du es drauf ankommen, und bezahlst die Rechnung nicht, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Gefängnisstrafe? — Deine Entscheidung!
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Macht deine Überlegung nicht auch Gott zum Dogma?
Gott ist insofern ein Axiom, dass der Nachweis, dass es Gott nicht gibt, ihn falsifizieren könnte. - Aber auch hier sind wir im Sprachsalat.
Kein Sprachsalat. Ist Gott falsifizierbar oder nicht?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Jede Blume, jeder Baum, jeder Mensch ist Teil der Natur; man kann sie überalll und immmer anfassen. Dieser Umstand macht die Natur falsifizierbar.
Du machst es Dir einfach zu leicht, wenn Du das wissenschaftliche HANDWERKSZEUG "Kritischer Rationalismus" ("wir nehmen einfach mal das, was das Volk "Realität" nennt, unhinterfragt zum Maßstab" - was man bei der Wahl seines Handwerkszeugs ja darf) zur Basis einer Philosophie über Fragen von "Sein" und "Nicht-Sein" machst.
Ich mache es mir nicht zu leicht, sondern es IST leicht.
Du scheinst den modus operandi der Wissenschaft nicht zu verstehen. Ganz ohne Annahmen geht es natürlich nicht
Allerdinge ist der Test ob Dinge in der Natur greifbar, bzw. wahrnehmbar sind, ist gleichzeitig ein Test der ursprünglichen Annahme der Existenz der Natur.
Jetzt klar?

closs hat geschrieben:Da haben wir wieder das Problem, dass "Epistemologie" (meines Wissens) ausschließlich für Naturwissenschaft gebraucht wird...
Bemühen wir doch einfach wieder Wiki...
Die Erkenntnistheorie (auch Epistemologie oder Gnoseologie) ist ein Hauptgebiet der Philosophie.
Hmm....
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#168 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 20:45

Pluto hat geschrieben: Dir stehen nach dem Unfall zwei Alternativen zur Wahl
N E I N. - Beides ist nicht unterscheidbar. - Du tust in beiden Fällen exakt das gleiche, weil es für Dich nur EINEN Fall gibt - nämlich das, was Du "Alltag" nennst.

Pluto hat geschrieben:Dieses Beispiel nennt man übrigens Falifizierbarkeit einer These.
Aber nicht MEINER These - Du siedelst das Thema ganz woanders an.

Pluto hat geschrieben:Rechnung begleichen, oder nicht... wie würdets du entscheiden?
Würde ich im härtesten Fall mit einem anwalt absprechen. - Deine beiden Alternativen, die aus Wahrnehmungs-Sicht ja überhaupt keine sind, wären dabei vollkommen belanglos.

Pluto hat geschrieben:Wie gesagt, die Falsifierbarkeit hängt nicht von deiner Meinung ab, sonder von "dem was der Fall ist".
Weder noch. - Man KANN doch gar nicht falsifizieren, ob die eigene Wahrnehmung auf etwas trifft, "was der Fall ist". - Man HAT doch NUR Wahrnehmung.

Pluto hat geschrieben:Ist Gott falsifizierbar oder nicht?
In der Wahrnehmung ist er NICHT falsifizierbar - im Sein ist ALLES falsifizierbar, was nicht "ist".

Pluto hat geschrieben:Kein Sprachsalat.
Doch - ständig. - Hier schwirren Begriffe durch die Luft, die unter dem selben Etikett komplett Unterschiedliches bedeuten können.

Pluto hat geschrieben:Du scheinst den modus operandi der Wissenschaft nicht zu verstehen.
Um wissenschaftliche Modi geht es doch nicht (die sind relativ leicht nachvollziehbar) - es geht um das Verhältnis von Wahrnehmung und Sein.

Pluto hat geschrieben:Bemühen wir doch einfach wieder Wiki...
Da steht aber "Philosophie" - also geht es doch über naturwissenschaftliche Erkenntnis-Theorien hinaus. :geek:

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#169 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Di 12. Aug 2014, 21:48

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Dir stehen nach dem Unfall zwei Alternativen zur Wahl
N E I N. - Beides ist nicht unterscheidbar. - Du tust in beiden Fällen exakt das gleiche, weil es für Dich nur EINEN Fall gibt - nämlich das, was Du "Alltag" nennst.
Lieber closs, wofür würdest du dich entscheiden, wenn ich dir eine Pistole auf die Brust halte?
(natürlich keine echte ;) )
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dieses Beispiel nennt man übrigens Falifizierbarkeit einer These.
Aber nicht MEINER These - Du siedelst das Thema ganz woanders an.
Richtig. In der Wissenschaft, und das ist MEINE These.

closs hat geschrieben:Man KANN doch gar nicht falsifizieren, ob die eigene Wahrnehmung auf etwas trifft, "was der Fall ist". - Man HAT doch NUR Wahrnehmung.
Und man hat Wahrscheinlichkeit, ja manchmal hat man schon 99% Gewissheit, dass es richtig ist. Und wenn das nicht ausreichend erscheint, kann man das Experiment beliebig wiederholen und die Wahrscheilnichkeit um beliebige viele Kommastellen erweitern.

Mal eine andere Frage: Wie oft hast du gezögert, in ein Flugzeug zu steigen, weil du der Theorie der Aerodynamik nicht vertraut hast?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ist Gott falsifizierbar oder nicht?
In der Wahrnehmung ist er NICHT falsifizierbar - im Sein ist ALLES falsifizierbar, was nicht "ist".
Tja.... wir sind aber sozusagen "Gefangene" unserer Wahrnehmung. Wir wissen nicht einmal ob es das Sein überhaupt gibt. Welche Wahrscheinlichkeit würdest du dem Sein denn geben?
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kein Sprachsalat.
Doch - ständig. - Hier schwirren Begriffe durch die Luft, die unter dem selben Etikett komplett Unterschiedliches bedeuten können.
Da hast du ganz Recht. :)
Deshalb mein Vorschlag, vorher die Definition abzusprechen, oder aber sich auf Wiki zu verlassen; es ist ganz wie du willst.
Aber hinterher Beschwerde anzumelden, entspricht dem Verschieben der Torpfosten mitten im Fußballspiel.
closs hat geschrieben:Um wissenschaftliche Modi geht es doch nicht (die sind relativ leicht nachvollziehbar) - es geht um das Verhältnis von Wahrnehmung und Sein.
Deine Intperpretation der Wahrnehmung weicht aber von der Meinigen ab. Dehalb muss ich wieder auf den wissenschaftlichen Modus zurückkommen.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Bemühen wir doch einfach wieder Wiki...
Da steht aber "Philosophie" - also geht es doch über naturwissenschaftliche Erkenntnis-Theorien hinaus. :geek:
Eben meine Rede. :D
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#170 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von closs » Di 12. Aug 2014, 22:26

Pluto hat geschrieben:Lieber closs, wofür würdest du dich entscheiden, wenn ich dir eine Pistole auf die Brust halte?
Man KANN sich nicht zwischen "Wahrnehmung" und "Realität" entscheiden, weil man den Unterschied nicht wahrnehmen KANN. - Wo ist der Verständnisfehler?

Pluto hat geschrieben:In der Wissenschaft, und das ist MEINE These.
Da waren wir uns schon immer einig - da gebe ich Dir seit 1848 recht. - Mir geht es jedoch NICHT um das, was wissenschaftlich fassbar ist, sondern was völlig unabhängig davon ist/plausiblerweise ist/sein kann. - Der Kritische Rationalismus ist ein Wissenschafts-Handwerkszeug und als solches uneingeschränkt unbestritten - aber er darf nichts mit weltanschaulichen Fragen zu tun haben wollen, wenn er keinen Kategorie-Fehler machen will.

Pluto hat geschrieben:Und man hat Wahrscheinlichkeit, ja manchmal hat man schon 99% Gewissheit, dass es richtig ist.
In der wissenschaftlichen Logik gebe ich Dir (auch hier schon immer) recht. - Aber das hat doch nichts mit der Frage nach "Sein" und "Nicht-Sein" zu tun. - Diese Frage wird VORHER behandelt - also bevor Wissenschaft überhaupt zum Zuge kommt.

Pluto hat geschrieben:Welche Wahrscheinlichkeit würdest du dem Sein denn geben?
Dem eigenen Sein 100%, weil hier Subjekt und Objekt identisch sind.


Der Natur-"Realität" annähernd 100%, weil es sehr gewichtige geistige Gründe gibt, dass der Mensch umfangen sein soll vom Dasein - das ändert aber NICHTS daran, dass die eigene geistige Einschätzung das Grundsatz-Problem mit "Res cogitans" und "Res externa" nicht löst - das solipsistische Element (im methodischen Sinne - wik) bleibt. - Im Grunde ist das eine andere Beschreibung dessen, was man "ontologische Differenz" nennt.

"Gott" würde ich ebenfalls annährend 100% Wahrscheinlichkeit zuordnen - auch hier aus gewichtigen geistigen Gründen.

Wie auch immer: Da wir der Natur-"Realität" und "Gott" nicht sicher sein können (da ändern auch 1000 Messreihen nichts, weil sie ebenfalls Wahrnehmungs-Größen sind, also das Grundproblem damit NICHT lösbar ist), können wir nicht von "Wissen" sprechen. - Das EINZIGE Wissen im Dasein ist "Cogito ergo sum".

Pluto hat geschrieben:Deshalb mein Vorschlag, vorher die Definition abzusprechen, oder aber sich auf Wiki zu verlassen
SChwierig - denn:

1) Manchmal merkt man erst während des Gesprächs: "Ach Du lieber Gott, wir meinen ja damit komplett Unterschiedliches".
2) Derselbe Begriff kann aus rezeptions-geschichtlichen Gründen Verschiedenes in verschiedenen Zeiten bedeuten - krassen Beispiel: Was im Mittelalter (Universalienstreit) "realiter" hieß, würde man heute mit "idealiter" übersetzen - also nach heutiger Sicht genau das Gegenteil.
3) Wiki reicht manchmal nicht weit genug.
4) Was macht man, wenn einem ein historisch fest umrissener Begriff einfach weggenommen wird, weil ihm inzwischen ganz andere Bedeutungen zugeordnet werden? - Fängt beim Wort "Geist" schon an.

Da bleibe ich ratlos.

Pluto hat geschrieben:Eben meine Rede.
Und prompt sind wir beim Thema. - Wie soll man eine klare Linie bekommen, wenn man einerseits "Weltanschauung" und "Philosophie" kategorial trennt, andererseits aber die Methodik der Naturwissenschaft als "Philosophie" bezeichnet? - Dann kann man allenfalls von methodologischer Wissenschafts-Philosophie sprechen - das ginge. - Aber irgendwie muss doch auch deutlich werden, dass es hier nicht um Philosophie im Sinne der Frage nach "Sein" und "Nicht-Sein" geht. - Tut man das nicht, purzelt wieder alles durcheinander.

Ich habe den Verdacht, dass man die letzten 100 Jahre genutzt hat, inhaltlich klar definierte Begriffe auszuhebeln, indem man sie verwässert und/oder komplett umkippt.

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