Jenseits von Gut und Böse?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#121 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Di 21. Mär 2017, 21:41

Novalis hat geschrieben:Das ist sicher eine mögliche Perspektive. aber man kann Jesus aus zahllosen Perspektiven betrachten.
Richtig - deshalb sollte man sich zu seiner Perspektive bekennen - aber das tut man zum Verrecken nicht, sondern meint, die eigene Perspektive sei die einzige "redliche" Pespektive. - Und dann echauffiert man sich über die Kirche des Mittelalters, deren Ebenbild in neuem Gewand man selber ist. - Ein gefundenes Fressen für den Psychologen.

Novas
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#122 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Di 21. Mär 2017, 21:51

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das ist sicher eine mögliche Perspektive. aber man kann Jesus aus zahllosen Perspektiven betrachten.
Richtig - deshalb sollte man sich zu seiner Perspektive bekennen - aber das tut man zum Verrecken nicht, sondern meint, die eigene Perspektive sei die einzige "redliche" Pespektive. - Und dann echauffiert man sich über die Kirche des Mittelalters, deren Ebenbild in neuem Gewand man selber ist. - Ein gefundenes Fressen für den Psychologen.

Eine Frage die man da stellen kann: wenn Jesus nur ein gewöhnlicher Rabbi war, wie erklären wir dann seine nachhaltige, weltgeschichtliche Bedeutung? Von ihm geht eine ungebrochene Faszination aus. Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken. Ich hörte mal, dass sich im Bild des Gekreuzigten und Auferstandenen archetypisch alle wesentlichen Erfahrungen des Menschseins abbilden.
Das macht Sinn und erklärt rein psychologisch, weshalb Menschen immer wieder darauf zurück kommen ;)

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Tyrion
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#123 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Di 21. Mär 2017, 22:02

Novalis hat geschrieben:Eine Frage die man da stellen kann: wenn Jesus nur ein gewöhnlicher Rabbi war, wie erklären wir dann seine nachhaltige, weltgeschichtliche Bedeutung? Von ihm geht eine ungebrochene Faszination aus. Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken.

Das kann man auf mehr Persoen beziehen (wenn man den Rabbi weglässt).

Eine Frage, die man stellen kann: Wenn Siddhartha nur ein gewöhnlicher Guru (passt das Wort?) war, wie erklären wir dann seine nachhaltige, weltgeschichtliche Bedeutung? Von ihm geht eine ungebrochene Faszination aus. Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken.

Eine Frage, die man stellen kann: Wenn Mohammed nur ein gewöhnlicher Prophet war, wie erklären wir dann seine nachhaltige, weltgeschichtliche Bedeutung? Von ihm geht eine ungebrochene Faszination aus. Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken.

Eine Frage, die man stellen kann: Wenn Joseph Smith nur ein gewöhnlicher Esoteriker war, wie erklären wir dann seine nachhaltige, weltgeschichtliche Bedeutung? Von ihm geht eine ungebrochene Faszination aus. Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken. (O.K., die Mormonen sind weltgeschichtlich nicht so wichtig, aber wer weiß, vielleicht sind sie es in 500 Jahren...?)

Jesus ist sicherlich deshalb interessant, weil ihm nachgesagt wird, er hätte Dinge wie Feindesliebe, Nächstenliebe, Mitleid (usw.) in den Mittelpunkt gestellt. Quasi: "Herz vor purem Gebot" und "Radikalpazifismus" (Wange und so).

Warum hat Gandhi die Briten aus Indien bekommen? Weil er auf Friedfertigkeit setzte. Auch er ist faszinierend, nur hat man hier reale historische Daten vorliegen. Jesus Ansatz (bzw. was ihm nachgesagt wird) ist im historischen Kontext auch sehr besonders. Und zufälligerweise hat die Sekte um ihn überlebt und wurde sogar römische Staatsreligion. Deshalb denkt man auch heute noch über ihn nach.

Also: Etwas Neues plus Zufall und Glück - und schon bleibt eine Person faszinierend. Mit geistiger Kraft, die am Werk ist, hat das nichts zu tun. Oder wir hatten mehrere Jesusse, nur hieß der eine Siddhartha (später Buddha), der andere Mohammend usw.

Novas
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#124 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Di 21. Mär 2017, 22:47

Tyrion hat geschrieben:Mit geistiger Kraft, die am Werk ist, hat das nichts zu tun

Doch, ich denke schon, denn ich erfahre diese geistige Kraft ja :engel: Christus repräsentiert im Grunde das Wahre Selbst jedes Menschen, welches sich seiner Einheit mit Gott bewusst ist. Er ist ein zeitloses Vorbild für die spirituelle Evolution des Menschen. Gerade deshalb, weil er alles, was er lehrte, auch gelebt hat, was Thomas von Aquin in die Formel fasste: Prius vita quam doctrina - das Leben steht vor der Lehre. - und Jesus ist auch ein Beispiel für einen Menschen, der zeigt, dass das mutige Vertrauen zur inneren Autorität wichtiger ist, als die Abhängigkeit von der äußeren Autorität.

closs
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#125 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Di 21. Mär 2017, 22:55

Novalis hat geschrieben:Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken.
Die un-spirituellste Antwort wäre: Mit Jesus ist eine Kirche verbunden, die über knapp 2 Jahrtausende die westliche Welt dominiert hat.

Eine spirituellere Antwort wäre: An Jesus scheiden sich die Geister. - Es ist vermutlich kein Zufall, dass mir gerade ein Zitat aus dem letzt-wöchigen ZEIT-Interview mit Papst Franziskus einfällt. - Auf die Frage, wer oder was für Franziskus der Satan sei, antwortet Franziskus: "Der weltliche Geist".

Man muss keinen großen Transfer machen, um weiter zu kombinieren, dass dieser weltliche Geist den Heiligen Geist austreiben will, wo er nur kann. - Und schon sind wir im Kampf zwischen materialistischen und christlichen Weltbildern, bei dem seit vielen Jahrzehnten das christliche Weltbild in einer David-Rolle gegen Goliath steht.

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#126 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Di 21. Mär 2017, 23:01

Novalis hat geschrieben:Doch, ich denke schon, denn ich erfahre diese geistige Kraft ja :engel:

Du glaubst, dass das, was du spürst, diese geistige Kraft sei. Wenn ein Buddhist nun sagt, ebenfalls eine geistige Kraft zu spüren, wenn er an das Vorbild Buddha denkt, wer hat dann recht? Man kann vieles spüren - man spürt auch Hormonausschüttungen. :engel:

Christus repräsentiert im Grunde das Wahre Selbst jedes Menschen, welches sich seiner Einheit mit Gott bewusst ist. Er ist ein zeitloses Vorbild für die spirituelle Evolution des Menschen.

Den ersten Satz finde ich sehr schräg, da ich mich aber nicht in Einheit mit Gott sehe und mir bewusst bin, dass ich diese gar nicht finden kann, da Gott nicht existiert, bin ich damit ja auch nicht gemeint. Dem zweiten Satz hingegen kann selbst ich durchaus zustimmen. Das kann ich aber auch hinsichtlich Buddhas (Siddharthas). Bei beiden zumindest in Bezug auf einiges, was man ihne nachsagt.

Gerade deshalb, weil er alles, was er lehrte, auch gelebt hat...

Ob das auch wirklich so war? Es wird nur über eine sehr kurze Zeit berichtet - wie er voeher gelebt hat, weiß man nicht. Und was wirklich stimmt, weiß auch niemand. So friedlich kann das alles ja nicht gewesen sein, denn die Römer hätten nie einen Wanderprediger mit Nägeln gekreuzigt - das war Mördern, Terroristen und anderen Schwerverbrechern vorbehalten. Jesus mag gelebt haben, aber was er wann wo und wie getan, gesagt und gelebt hat, weiß halt niemand. Bei Siddhartha ist es ja auch so - ganz genau weiß man's nicht.

, was Thomas von Aquin in die Formel fasste: Prius vita quam doctrina - das Leben steht vor der Lehre.

Ja, diesen Satz lesen nicht viele wirklich gerne. Es ist leichter, Nächstenliebe zu predigen, als sie selbst zu leben.

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#127 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Di 21. Mär 2017, 23:14

closs hat geschrieben:Man muss keinen großen Transfer machen, um weiter zu kombinieren, dass dieser weltliche Geist den Heiligen Geist austreiben will, wo er nur kann. - Und schon sind wir im Kampf zwischen materialistischen und christlichen Weltbildern, bei dem seit vielen Jahrzehnten das christliche Weltbild in einer David-Rolle gegen Goliath steht.

Da kommen mir ja fast die Mitleidstränen... ;)

Der Unterschied ist nur, dass das christliche Weltbild alle anderen Weltbilder bekämpft, da es per se (als Doktrin) das einzig wahre ist. Wie kann man gegen Gottes Wort argumentieren. Siehe manden und andere Salafisten hier.
Das "weltliche Weltbild" (fällt dir das "Welt" in "Weltbild" auf?) wird hingegen anhand beobachtbarer Daten verfeinert, abgeändert, verbessert. Kurz gesagt: es wird gar nicht als das einzig mögliche, das per se richtige aufgefasst. Wie kann sowas "Satan" sein? (Franziskus übertreibt offenbar gerne). Und wo kämpft es gegen das christliche?

Ich gehe davon aus, dass du auch einen Herd oder eine Mikrowelle verwendest, wenn du kochst. Beides wurde aufgrund physikalischer Weltbilder entwickelt, da wir Elektrizität nicht als Zauberei, sondern als erklärbare Phänomene kennen lernen durften. Dennoch dürftest du dich nicht versündigen, wenn du deinen Herd nutzt und nicht auf offenem Feuer deine Speisen zubereitest. Wo bekämpft also das weltliche Bild dein christliches?
Wo widerlegt das weltliche Bild dein Gottesbild? Was Weltbilder angeht, nirgends.

Im Gegenteil, nur eine Seite kämpft. Das christliche Weltbild kämpft verzweifelt gegen Fakten, gegen Wahrnehmung und Beobachtung an. Lange Zeit passierte das auf übelste Art und Weise. Jetzt (endlich) darf man offen über physikalische Phänomene diskutieren, ohne verbrannt zu werden. Und schon jammern die Verfechter des christlichen Weltbildes, dass der Kampf nun einer von David gegen Goliath sei.

Nein, ich sehe eine Seite, die Vorhersagen treffen möchte, die Erklärungsmodelle aufstellt und sich immer der Fehlbarkeit der Sichtweise bewusst ist. Diese Seite will einfach nur denken dürfen und Menschen wie du nutzen ja ganz gerne die Errungenschaft dieser Weltbilderschaffer aus (Auto, Computer, Internet usw.). Und ich sehe die andere Seite, die weiterhin die naturwissenschaftliche Seite verteufelt, niedermacht und vehement bekämpft (siehe auch hier im Forum). Und witzigerweise machen sich die christliche Weltbilder (die sich in Nuancen unterscheiden) auch gegenseitig fertig.

Gekämpft wird von deiner Seite - und die Mittel sind oft ziemlich bedenklich. Die weltliche Seite ist hier das Opfer. Dein David sollte endlich mal Ruhe geben und von dem alleinigen Wahrheitsanspruch runterkommen. Und dennoch darfst du dein Weltbild äußern und vertreten. Widerspruch ist aber noch lange kein Krieg.

Denk doch mal etwas friedlicher und nicht immer so martialisch. Christsein kann doch auch mal mir Friedlichkeit einhergehen. Also kein Kampf, sondern Gedankenaustausch. Nicht Streit, sondern Diskussion. Und nicht immer und überall Satan... Egal ob von Franzsikus oder durch dich als der, der bewusst das Zitat liefert...

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#128 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Di 21. Mär 2017, 23:39

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Selbst Atheisten beschäftigen sich immer wieder mit ihm. Da ist scheinbar eine geistige Kraft am Werk, die Menschen immer wieder dazu bringt über ihn nachzudenken.
Die un-spirituellste Antwort wäre: Mit Jesus ist eine Kirche verbunden, die über knapp 2 Jahrtausende die westliche Welt dominiert hat.

Eine spirituellere Antwort wäre: An Jesus scheiden sich die Geister. - Es ist vermutlich kein Zufall, dass mir gerade ein Zitat aus dem letzt-wöchigen ZEIT-Interview mit Papst Franziskus einfällt. - Auf die Frage, wer oder was für Franziskus der Satan sei, antwortet Franziskus: "Der weltliche Geist".

Man muss keinen großen Transfer machen, um weiter zu kombinieren, dass dieser weltliche Geist den Heiligen Geist austreiben will, wo er nur kann. - Und schon sind wir im Kampf zwischen materialistischen und christlichen Weltbildern, bei dem seit vielen Jahrzehnten das christliche Weltbild in einer David-Rolle gegen Goliath steht.


Da hast Du vollkommen Recht. In den heiligen Schriften der Veden wurde schon in Devas/Suras (himmlische Wesen) und Asuras (dämonische Wesen) unterschieden, die Widersacher der Götter. Es wird von Kriegen zwischen den Asuras und Göttern gesprochen. Die Bhagavad Gita widmet dem Yoga der Unterscheidung zwischen dem Göttlichen und dem Asurischen ein ganzes Kapitel. Dieses Unterscheidungsvermögen zeichnet jede wahre Religion aus. Wir können in der Welt ein Aufeinandertreffen der asurischen, egoistischen Kräfte mit den göttlichen Kräften beobachten. Das ist die tiefere Bedeutung von Armageddon (von Ἁρμαγεδών Harmagedon); das ist nicht eine Schlacht am Ende der Zeit, wie manche meinen, es ist das Ringen der Kräfte, welches sich durch die ganze Geschichte zieht. Wir sind mitten drin. In modernen Science-Fiction Filmen wird das häufig thematisiert (in Star Wars der Konflikt zwischen den Jedis und Rebellen und dem Imperium :) ) die biblischen Texte vermitteln eine zeitlose, universelle Weisheitslehre, wenn man sie richtig versteht.

closs
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#129 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Di 21. Mär 2017, 23:59

Tyrion hat geschrieben:Der Unterschied ist nur, dass das christliche Weltbild alle anderen Weltbilder bekämpft
Eigentlich nicht. - Es gibt nicht umsonst regen Austausch mit jüdischen Rabbis und moslemischen Imamen. - Jeder von den dreien meint zwar, das beste Los gezogen zu haben, erkennt aber an, dass der jeweils andere am selben Strick zieht - im Gegensatz zum Materialismus.

Tyrion hat geschrieben:Das "weltliche Weltbild" (fällt dir das "Welt" in "Weltbild" auf?) wird hingegen anhand beobachtbarer Daten verfeinert, abgeändert, verbessert.
INNERHALB seines materialistischen Rahmens - das ist so, als würdest Du Dein Haus ständig renovieren, aber es nie verlassen.

Nebenbei: "Welt" heißt der Raum, in dem der Mensch im Erdenleben ist. - Biblisch beginnend mit dem "Sündenfall" und endend mit Ende der "Weltzeit", wenn das Materielle wieder ins Geistige zurückkehrt. - Und da wir nun mal jetzt in dieser Welt leben, nennt man "es" Weltanschauung".

Tyrion hat geschrieben:Kurz gesagt: es wird gar nicht als das einzig mögliche, das per se richtige aufgefasst. Wie kann sowas "Satan" sein? (Franziskus übertreibt offenbar gerne). Und wo kämpft es gegen das christliche?
Franziskus meint, dass das Wesen weltlichen Denkens "satanisch" ist - mit "Geist der Welt" meint er NICHT, dass jemand als Handwerker nachdenkt, wie er einen Schrank bauen soll, sondern dass der Mensch die Welt nur als materialistische Größe versteht. - Letztlich läuft das zusammen in dem Johannes-Satz des "Fürsten der Welt", der Jesus in der Wüste Königreiche anbietet - zu verstehen als letztliche Befriedigungs-Größen im Materiellen.

Tyrion hat geschrieben: Das christliche Weltbild kämpft verzweifelt gegen Fakten, gegen Wahrnehmung und Beobachtung an.
Es gibt auch heute noch Denominationen, denen man das vorwerrfen kann - die drei mir bekannten großen Kirchen (RKK, ev., orthodox) betrifft längst nicht mehr. - Und selbst in Zeiten, in denen es zutrifft, ist es nicht so einfach, wie es heute schein-aufgeklärt gerne kolportiert wird.

Tyrion hat geschrieben:ich sehe eine Seite, die Vorhersagen treffen möchte, die Erklärungsmodelle aufstellt und sich immer der Fehlbarkeit der Sichtweise bewusst ist.
Das passt bspw. zur Naturwissenschaft - aber das meint Franzsikus überhaupt nicht. - Es geht ihm nicht um technische, sondern ausschließlich um geistige Fragen.

Tyrion hat geschrieben:Dennoch dürftest du dich nicht versündigen, wenn du deinen Herd nutzt und nicht auf offenem Feuer deine Speisen zubereitest. Wo bekämpft also das weltliche Bild dein christliches?
Auf dieser technischen Ebene nirgends - der ganze Ansatz ist abwegig. - Darum geht es nicht.

Tyrion hat geschrieben:ich sehe die andere Seite, die weiterhin die naturwissenschaftliche Seite verteufelt, niedermacht und vehement bekämpft (siehe auch hier im Forum).
Aus Europa ist mir das nur bei absoluten Splittergruppen bekannt - also alles andere als relevant.

Allerdings gibt es ein ganz anderes Problem:
Unter dem Namen der Wissenschaftlichkeit werden Dinge beurteilt, die methodisch ("technisch") gar nicht beurteilt werden KÖNNEN. Deshalb auch hier die ellenlange HKM-Diskussion. - Kurz gesagt: Wenn sich kritisch-rationale Wissenschaft in Geistes-Wissenschaft einmischt, kann sie dort nur peripher wirken. - Aber die Anhänger des Kritischen Rationalismus (hier gemeint als Philosophie!!!) verkaufen diese berechtigte Zurückweisung seitens der Geistes-Wissenschaften als "Wissenschafts-Feindlichkeit" - und damit wird die Öffentlichkeit getäuscht. - Also Vorsicht!

Tyrion hat geschrieben:Dein David sollte endlich mal Ruhe geben und von dem alleinigen Wahrheitsanspruch runterkommen.
Es ist doch genau umgekehrt. - Anhänger eines selbst-definierten Wissenschafts-Begriffs spielen heute eine Monopol-Rolle in der Gesellschaft, für die sie die Kirche im Mittelalter beneidet hätte. - Die Aufmüpfigen sind heute die non-konformistischen Christen.

Nebenbei: Hast Du Dir schon mal überlegt, ob Putin, Kaszcinsky, Orban, Le Pen und AfD nicht vielleicht einen Aufstand ("Häresie") gegen unser als dekadent verstandenes westlich-libertären Menschenbildes darstellen?

Da ich keine Häretiker-Typ bin, machen mir solche Entwicklungen Angst - deshalb wäre ich für eine geistige Reformation unserer Gesellschaft, bevor irgendwelche "Häretiker" uns den Laden kurz und klein hauen. - Aber aus dem Nichts kommen diese Entwicklungen nicht - da wäre von unseren materialistischen Gesinnungs-Monopolisten einiges an Selbstkritik fällig.

Tyrion hat geschrieben:Denk doch mal etwas friedlicher und nicht immer so martialisch. Christsein kann doch auch mal mir Friedlichkeit einhergehen. Also kein Kampf, sondern Gedankenaustausch. Nicht Streit, sondern Diskussion.
Persönlich bin ich extrem friedlich und harmonie-geil (Frage meine Kinder, Nichten, Neffen, Enkel, Nachbarn :D ) - aber in Bezug auf den geistigen Zustand unserer Zeit bin ich echt in großer Sorge.

Dein Tipp ist gut, vielen Dank - aber es gilt auch: Wie kann "Gedankenaustausch" stattfinden, wenn nicht alle Beteiligten wissen, unter welchen Voraussetzungen sie sprechen? - Konkret: Es wäre viel gewonnen, wenn die "materialistische Fraktion" erkennen würde, dass die Objektivität der Wissenschaft noch lange kein "objektives Weltbild" generiert.

Und so kommt es, dass tatsächlich viele materialistische Gesprächspartner ernsthaft meinen, sie würden mit ihren Gedanken eine Seins-Objektivität vertreten, während Christen eine Seins-Subjektivität vertreten würden. - Vollkommen falsch und vor allem amateurhaft gedacht.

Nun kann man da großzügig sein und darüber hinweg sehen - aber besser wäre, wenn man auf der Ebene sprechen würde:
"Meine Glaubens-Entscheidung ist
a) Christ
b) Jude
c) Moslem
d) Materialist/Agnostiker/Atheist.
Wie ist folgende ... Sache aus EURER Perspektive zu beurteilen?"

Das wäre "friedlicher Gedankenaustausch" auf Augenhöhe - aber wir haben hier auf dem Forum leider noch bei jedem nicht die Voraussetzung dazu. - Die gleiche Augenhöhe fehlt.

Übrigens:
Ein solcher "friedlicher Gedankenaustausch" ist unter Theologen gang und gäbe. - Man kennt SEINE Grundlagen/Setzungen/"Glaubensentscheidungen" und man kennt die der anderen - und ist gespannt, was diese unterschiedlichen Perspektiven zu Tage bringen. - Aber die Gesprächspartner solcher Runden KENNEN halt ihre eigenen Grundlagen/Setzungen/"Glaubensentscheidungen" - genau das ist bei Materialisten ungeheuer schwer zu kriegen.
Zuletzt geändert von closs am Mi 22. Mär 2017, 00:15, insgesamt 2-mal geändert.

Novas
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#130 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Mi 22. Mär 2017, 00:10

closs hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben:Der Unterschied ist nur, dass das christliche Weltbild alle anderen Weltbilder bekämpft
Eigentlich nicht. - Es gibt nicht umsonst regen Austausch mit jüdischen Rabbis und moslemischen Imamen. - Jeder von den dreien meint zwar, das beste Los gezogen zu haben, erkennt aber an, dass der jeweils andere am selben Strick zieht - im Gegensatz zum Materialismus

Meine Meinung dazu ist, dass Christen, Juden und Muslime gezielt gegeneinander ausgespielt werden. Das ist kein Zufall.

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