Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#121 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 23:08

Pluto hat geschrieben:Ich aber meinte ausdrücklich "schach matt". Damit ist das Spiel aus.
Das ist eine weltanschauliche Handlung, aber kein wissenschaftlicher Beitrag.

Pluto hat geschrieben:Nenne mir einfach eine anderssprachige Übersetzung, wo "Volk" steht.
Wieso anderssprachig? - Mir war die jüdische Übersetzung jetzt am wichtigsten, weil die Juden vom Feeling recht nah dran sein sollten - zumal es andere (in anderen Threads mehrfach erwähnte) Stellen gibt, die dies bestätigen.

Aber umgekehrt wird auch Deine (mutmaßliche) Version bestätigt werden. - So ist es oft bei geisteswissenschaftlichen Fragen - man kann dann nur irgendwann entscheiden - wissenschaftlich entscheidet es sich NICHT eindeutig.

Und nochmal: Wenn das "Jüdische NT" meine persönliche weltanschauliche Auffassung per Übersetzung bestätigt, ist das keine Einzelmeinung von mir. - Weil Du's bist, noch eine Übersetzung: "30 Ja, ich sage euch: Dieses Volk wird nicht untergehen, bevor das alles geschieht! " (Hoffnung für alle).

Man kann jetzt im Sinne der HKM Vergleichstexte heranziehen, um den Satz der vorliegenden Sprache semantisch eindeutig zu identifizieren. - Und selbst das reicht in der HKM nicht: Man muss immer wieder gucken, wie der Schreiber rezipiert hat. - Das wurde sicherlich alles schon gemacht - und trotzdem kann am Ende ein Fragezeichen stehen - wie hier.

Und das ist dann die Stunde der Weltanschauungen (was ja, wie gesagt, nicht unredlich ist - man darf es nur nicht anderen vorwerfen und sich selbst nicht).

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Andreas
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#122 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » Sa 29. Aug 2015, 23:25

Ich frage mich gerade, ob es in der HKM eine gängige oder verpönte Methode ist, "Rück"-Übersetzungen vom Griechischen ins Hebräische in Betracht zu ziehen, da es meines Wissens keine hebräische Handschrift des NT gibt, demnach nicht belegt ist, dass es jemals ein solches hebräisches oder aramäisches NT gab. Ich vermute, dass diese Vorgehensweise in der HKM verpönt ist, weil jede Übersetzung einer Deutung gleichkommt.

closs
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#123 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 23:34

Andreas hat geschrieben:Ich vermute, dass diese Vorgehensweise in der HKM verpönt ist, weil jede Übersetzung einer Deutung gleichkommt.
Obwohl es durchaus einen Versuch wert wäre (gibt's wahrscheinlich auch schon). - Nur hieße das umgekehrt, dass die HKM eine sekundäre Quelle (weil nix anderes da ist) als Maßstab nimmt - und schon haben wir ein Problem, das EIGENTLICH von der HKM begriffen werden sollte, also als Relativierung jeglicher Deutung verstanden werden sollte.

Im Grunde weiss die HKM, dass ihr im Fall NT in jedem Fall eine weltanschaulich-geprägte Quelle (Übersetzung/Rezeption) vorliegt. - Ob sie es berücksichtigt, weiss ich inzwischen nicht mehr - eigentlich müsste sie es.

Pluto
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#124 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Pluto » So 30. Aug 2015, 00:42

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich aber meinte ausdrücklich "schach matt". Damit ist das Spiel aus.
Das ist eine weltanschauliche Handlung, aber kein wissenschaftlicher Beitrag.
Das kannst du so sehen. Da werde ich dir auch nicht widersprechen. Doch um Schach geht es hier nicht, sondern um die Auslegung des Bibeltextes.

Es geht um die Interpretation von Markus 13,30, und darin ist in allen mir bekannten Übersetzungen, selbst in der Vulgata, das Wort "Geschlecht" keineswegs wissenschaftlich (nach der HKM) als "Volk" auszulegen, sondern höchst wahrscheinlich als "Generation".
Zumal diese Interpretation durch Mt. 10,23 ausdrücklich bestärkt wird.

Damit sollte geklärt sein, was Jesus gemäß der Schrift gesagt hat.
Dass spätere Schriften, insbesondere diejenigen von Paulus, wegen dem Nicht-Eintreten der Naherwartung zurückruderten, ist zwar verständlich und interessant, aber dennoch für die Aussage Jesus nicht wirklich relevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#125 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Savonlinna » So 30. Aug 2015, 01:51

Pluto hat geschrieben: Es geht um die Interpretation von Markus 13,30, und darin ist in allen mir bekannten Übersetzungen, selbst in der Vulgata, das Wort "Geschlecht" keineswegs wissenschaftlich (nach der HKM) als "Volk" auszulegen, sondern höchst wahrscheinlich als "Generation".
Zumal diese Interpretation durch Mt. 10,23 ausdrücklich bestärkt wird.
Moment!

Kannst Du das bitte zitieren, wo in den Dir bekannten Übersetzungen steht, dass das Wort "Geschlecht" keineswegs wissenschaflich nach der HKM als "Volk" auszulegen sei, sondern höchst wahrscheinlich als "Generation"?

Denn hier wird dermaßen viel das Blaue vom Himmel heruntergeschwindelt, dass ich das jetzt gerne Schwarz auf Weiß nachlesen möchte, wo das steht, was Du behauptest.

Pluto hat geschrieben:Damit sollte geklärt sein, was Jesus gemäß der Schrift gesagt hat.
Erst mal ist gar nichts geklärt. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass Du Dir das ausgedacht hast, dass in allen Dir bekannten Übersetzungen ausdrücklich steht, dass man das KEINSFALLS wissenschaftlich als "Volk" auslegen kann.

Denn diese Aussage selber wäre dermaßen unwissenschaftlich, dass berechtigte Zweifel da sind, dass solche Anmerkungen in den Übersetzungen vorhanden sind.

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Andreas
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#126 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » So 30. Aug 2015, 01:55

Pluto hat geschrieben:Damit sollte geklärt sein, was Jesus gemäß der Schrift gesagt hat.
Dass spätere Schriften, insbesondere diejenigen von Paulus, wegen dem Nicht-Eintreten der Naherwartung zurückruderten, ist zwar verständlich und interessant, aber dennoch für die Aussage Jesus nicht wirklich relevant.
Vom Ende der Schachpartie zu sprechen wäre verfrüht. Was Jesus gemäß der Schrift gesagt hat, ist nicht gleichzusetzen mit dem was Jesus angeblich erwartet haben könnte. Manche Gemeindemitglieder im Frühchristentum haben eine baldige Wiederkunft Christi erhofft. Vielleicht können wir uns fürs erste darauf einigen, dass es ausnahmsweise tatsächlich Konsens der neutestamentlichen Wissenschaft ist, dass das Evangelium nach Markus kurz nach 70 n. Chr., das Evangelium nach Matthäus zw. 80 und 100 n. Chr. geschrieben wurde, und Paulus ca. 60 n.Chr. gestorben ist. Die Evangelien wurden also erst 10 bzw. 20 - 40 Jahre nach dem Tod des Paulus geschrieben.

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sven23
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#127 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von sven23 » So 30. Aug 2015, 08:34

Na ja, zumindest steht in der Vulgata ganz klar "Generation".
Amen dico vobis, quoniam non transibit generatio hæc, donec omnia ista fiant.
Markus 13,30
Jetzt wäre noch zu klären, was im griechischen Grundtext steht. Wenn dort auch Generation steht, ist es imo unzulässig, mit Volk zu übersetzen, was eindeutig eine Sinnveränderung bedeuten würde.

Bin fündig geworden.
Ἀμὴν λέγω ὑμῖν ὅτι οὐ μὴ παρέλθῃ ἡ γενεὰ αὕτη μέχρις οὗ ταῦτα πάντα γένηται.
Also auch im griechischen Grundtext steht "γενεὰ", was Generation bedeutet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#128 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Pluto » So 30. Aug 2015, 10:16

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es geht um die Interpretation von Markus 13,30, und darin ist in allen mir bekannten Übersetzungen, selbst in der Vulgata, das Wort "Geschlecht" keineswegs wissenschaftlich (nach der HKM) als "Volk" auszulegen, sondern höchst wahrscheinlich als "Generation".
Zumal diese Interpretation durch Mt. 10,23 ausdrücklich bestärkt wird.
Moment!

Kannst Du das bitte zitieren, wo in den Dir bekannten Übersetzungen steht, dass das Wort "Geschlecht" keineswegs wissenschaflich nach der HKM als "Volk" auszulegen sei, sondern höchst wahrscheinlich als "Generation"?
ch habe die gängigsten Übersetzung hier und hier zitiert. Offenbar ist das Wort "Geschlecht" eine schlechte Übersetzung die weder vom verfügbaren altgriechischen "Original" noch von der vom Vatikan anerkannten Vulgata gestützt wird.


Savonlinna hat geschrieben:Denn hier wird dermaßen viel das Blaue vom Himmel heruntergeschwindelt, dass ich das jetzt gerne Schwarz auf Weiß nachlesen möchte, wo das steht, was Du behauptest.

sven23 hat geschrieben:Markus 13,30
Jetzt wäre noch zu klären, was im griechischen Grundtext steht. Wenn dort auch Generation steht, ist es imo unzulässig, mit Volk zu übersetzen, was eindeutig eine Sinnveränderung bedeuten würde.

Bin fündig geworden.
Ἀμὴν λέγω ὑμῖν ὅτι οὐ μὴ παρέλθῃ ἡ γενεὰ αὕτη μέχρις οὗ ταῦτα πάντα γένηται.
Also auch im griechischen Grundtext steht "γενεὰ", was Generation bedeutet.
Wer "γενεὰ" mit "Volk" statt Generation interpretiert, tut dies nicht wissenschaftlich sondern verfolgt persönliche ideologische Ziele.
http://www.bibel.com/bibel/sprachschlue ... h-276.html
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#129 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von closs » So 30. Aug 2015, 10:21

sven23 hat geschrieben:Wenn dort auch Generation steht, ist es imo unzulässig, mit Volk zu übersetzen, was eindeutig eine Sinnveränderung bedeuten würde.
Das tut aber das Jüdische NT (und 'Hoffnung für Alle') - andere haben bei der Übersetzung "Generation" eine Anmerkung auf "Volk"/"Nation". - Also irgendwas scheint hier im Busch zu sein.

Andreas hat geschrieben: Die Evangelien wurden also erst 10 bzw. 20 - 40 Jahre nach dem Tod des Paulus geschrieben.
So nüchtern ist HKM - vielen Dank. - Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Christen analytischer sind als die Agnostiker.

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sven23
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#130 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von sven23 » So 30. Aug 2015, 10:32

closs hat geschrieben:Das tut aber das Jüdische NT (und 'Hoffnung für Alle') - andere haben bei der Übersetzung "Generation" eine Anmerkung auf "Volk"/"Nation". - Also irgendwas scheint hier im Busch zu sein.
Außer Ideologie ist hier nichts im Spiel.
Volk heißt im Griechischen: άνθρωποι
Geschlecht heißt: Φύλο
Es gibt also wie im Deutschen für jeden Begriff ein eigenes Wort, was auch verständlich ist, da sie unterschiedliche Bedeutungen haben.
Daß die HKM solche verwässernden und falschen Übersetzungen nicht durchgehen lassen kann, sollte klar sein.

closs hat geschrieben: So nüchtern ist HKM - vielen Dank. - Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Christen analytischer sind als die Agnostiker.
:lol: Guter Witz.
Das war aber jetzt nicht wirklich neu für dich, oder? Paulus gilt nicht umsonst als der Begründer des Christentums.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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