"Wahrnehmung" und "Realität"

Philosophisches zum Nachdenken
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#121 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von closs » Do 21. Aug 2014, 18:47

Darkside hat geschrieben:Na eben.
O heilige Maria und Josef. :engel: - Du stellst einfach Deine Sachen noch mal ein, obwohl sie grundsätzlich beantwortet sind - wie wäre es mit einem Schritt weiter?

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#122 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 21. Aug 2014, 18:55

Pluto hat geschrieben:
Demian hat geschrieben:Genau … und diese Plausibilität ergibt sich durch Intersubjektivität (lat. communio „Gemeinschaft“), nicht wahr?
Damit verdrehst du arg den Sinn des Begriffs "Intersubjektivität".
Intersubjektivität ... geht davon aus, dass ein (komplexerer) Sachverhalt für mehrere Betrachter gleichermaßen erkennbar und nachvollziehbar ist: man ist sich beispielsweise darüber einig, wie man etwas wahrnimmt, wie man es einordnet oder was es bedeutet. (Wikipedia)

Genau das meine ich.

Wenn du bspw. behauptest, Bewusstsein sei allgegenwärtig, ich dies aber nicht erkenne, dann kann ein allgegenwärtiges Bewusstsein per definitionem NICHT Intersubjektiv sein, egal wie viele andere Leute dir zustimmen mögen.

Zweifellos. Die Bestätigung kann nur erfolgen, wenn wir diese Allgegenwart direkt und unmittelbar erkennen – was verschiedentlich als Gnade, Erwachen, Erleuchtung oder Befreiung bezeichnet wurde – der Verstand kann dies aber nicht bestätigen, weil er extrem begrenzt ist.

Das Begrenzte kann nicht das Unbegrenzte verstehen. Wie soll das gehen?
Zuletzt geändert von Demian am Do 21. Aug 2014, 18:59, insgesamt 1-mal geändert.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#123 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Pluto » Do 21. Aug 2014, 18:58

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn du bspw. behauptest, Bewusstsein sei allgegenwärtig, ich dies aber nicht erkenne, dann kann ein allgegenwärtiges Bewusstsein per definitionem NICHT Intersubjektiv sein, egal wie viele andere Leute dir zustimmen mögen.
Der Haken dabei ist aber noch noch nicht gelöst - nämlich: Was macht man mit Menschen, die es einfach nicht erkennen KÖNNEN?
Die Antwort habe ich schon Demian gegeben. Intersubjektivität bedeutet, "von jeder beliebigen Person" erkennbar, und nicht nur von einigen eingeweihten. Einzige Voraussetzung ist eine wahrheitsgetreue ehrliche Antwort. Wenn etwas auch nur eine Person nicht erkannt wird, ist es nicht Inersubjektiv, dann gilt die Wahrnehmung als falsifiziert — Punkt.

closs hat geschrieben:Ein Blinder kann nicht sehen, ein Tauber nicht hören. - Wenn gegenüber ein Baum steht, werden ihn alle sehen (= intersubjektiv) - es sei denn, er ist blind. - Also doch nicht intersubjektiv?
Das ist ein argumentum ad absurdum.
Intersubjektivität geht selbstverständlich von wahrnehmungsfähigen Personen aus, nicht von Blinden oder Tauben, auch nicht von Fledermäusen, Ameisen oder Nacktschnecken aus. :roll:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#124 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Pluto » Do 21. Aug 2014, 19:02

Demian hat geschrieben:Die Bestätigung kann nur erfolgen, wenn wir diese Allgegenwart direkt und unmittelbar erkennen – was verschiedentlich als Gnade, Erwachen, Erleuchtung oder Befreiung bezeichnet wurde – der Verstand kann dies aber nicht bestätigen, weil er extrem begrenzt ist.

Das Begrenzte kann nicht das Unbegrenzte verstehen. Wie soll das gehen?
Wie das gehen soll...?
Keine Ahnung! Dieser Frage musst du dich selber stellen — Ist doch DEINE Behauptung.

Glaubt ihr, dass Menschen wie ihr es seid
mit den Gedanken einer Made
von Gott erhielten eine besond're Gabe
die mir verwehrt? — In dem Gedanken bleibt!


Aus den Rubaiyat des Omar Khayam [1048 - 1123]
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#125 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Scrypton » Do 21. Aug 2014, 19:12

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn du bspw. behauptest, Bewusstsein sei allgegenwärtig, ich dies aber nicht erkenne, dann kann ein allgegenwärtiges Bewusstsein per definitionem NICHT Intersubjektiv sein, egal wie viele andere Leute dir zustimmen mögen.
Der Haken dabei ist aber noch noch nicht gelöst - nämlich: Was macht man mit Menschen, die es einfach nicht erkennen KÖNNEN?
Nun wird die Behauptung vor dem "Angriff" Plutos wieder mit einer weiteren Behauptung immunisiert, in dem behauptet wird, alle die, die es anders sehen KÖNNTEN es eben nicht sehen.
Eine Behauptung folgt der nächsten Behauptung folgt der Ausrede folgt der Behauptung...

closs hat geschrieben:Ein Blinder kann nicht sehen, ein Tauber nicht hören. - Wenn gegenüber ein Baum steht, werden ihn alle sehen (= intersubjektiv) - es sei denn, er ist blind. - Also doch nicht intersubjektiv?
Doch, da man auch dem Blinden objektiv (für ihn objektiv!) belegen kann, dass wir sehen können! Du behauptest jedoch "etwas zu können", nur bleibt es bei dir alleine bei einer Behauptung. Für jene, die dir nicht zustimmen, kannst du deine Behauptung unmöglich objektiv nachweisen.
Das ist dein Problem, aus dem du dich nun herauszufinden versuchst. Wird aber nichts.

closs hat geschrieben:
Darkside hat geschrieben:Na eben.
O heilige Maria und Josef. :engel: - Du stellst einfach Deine Sachen noch mal ein, obwohl sie grundsätzlich beantwortet sind - wie wäre es mit einem Schritt weiter?
Falsch; du hast etwa 80% meiner Aussagen nicht beachtet, die weiteren hast zu mind. zur restlichen Hälfte abgeschnitten und mit belanglosen Einzeilern abgefertigt. Auch so wird das nichts... ;)
Hier behauptet Kurt nun, Fähigkeiten zu besitzen, die andere nicht haben. Das tun die Menschen aus den esoterischen Bereichen übrigens ebenfalls immer, völlig egal ob es um das "fühlen" und "sehen" meiner oder deiner Aura geht, um Lichtwesen, gedankliche Tierkommunikation usw. usw... doch eine Behauptung bleibt dort so wie hier von dir eben nur eine Behauptung.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#126 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 21. Aug 2014, 19:38

Pluto hat geschrieben:
Das Begrenzte kann nicht das Unbegrenzte verstehen. Wie soll das gehen?
Keine Ahnung! Damit musst du dich selber auseinandersetzen — Ist doch DEINE Behauptung.

Weder kann bewiesen werden, dass Bewusstsein allgegenwärtig ist, noch kann bewiesen werden, dass es begrenzt ist. Der Verstand ist dazu nicht imstande, also sehe ich auch nicht den geringsten Anreiz dies zu versuchen.

Glaubt ihr, dass Menschen wie ihr es seid
mit den Gedanken einer Made
von Gott erhielten eine besond're Gabe
die mir verwehrt? — In dem Gedanken bleibt!
Aus den Rubaiyat des Omar Khayam [1048 – 1123]


Ich behaupte nicht, dass ich die letztendliche Wahrheit verstehen könnte. Niemand kann sie verstehen. Allgegenwärtges Bewusstsein – bzw. Gott - ist ein Mysterium.

Entweder etwas ist ein Mysterium – dann kann es niemals verstanden werden – oder es ist keines. Das Absolute ist nur dann absolut, wenn es das absolut Unbegreifliche ist.

Denn nur das Bedingte und Relative ist begreiflich.
Zuletzt geändert von Demian am Do 21. Aug 2014, 19:53, insgesamt 2-mal geändert.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#127 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Pluto » Do 21. Aug 2014, 19:41

Demian hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Das Begrenzte kann nicht das Unbegrenzte verstehen. Wie soll das gehen?
Keine Ahnung! Damit musst du dich selber auseinandersetzen — Ist doch DEINE Behauptung.
Weder kann bewiesen werden, dass Bewusstsein allgegenwärtig ist, noch kann bewiesen werden, dass es begrenzt ist. Der Verstand ist dazu nicht imstande, also sehe ich auch nicht den geringsten Anreiz dies zu versuchen.
Warum dann die Behauptung, Bewusstsein sei allgegenwärtig? :?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#128 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Demian » Do 21. Aug 2014, 19:50

Pluto hat geschrieben:Warum dann die Behauptung, Bewusstsein sei allgegenwärtig? :?

Allgegenwärtiges Bewusstsein kann nicht verstanden, aber eben sehr wohl entdeckt und erlebt werden. Aus der Sicht des Verstandes ist das ein Problem, weil er alles verstehen möchte.

Das ist die Funktion des Verstandes, nicht wahr?

Es ist nicht nur die Natur des Verstandes alles verstehen zu wollen, er begrenzt unsre Bewusstheit und Lebendigkeit auch auf die Begrenztheit der Gedanken.

Dies kann, muss aber nicht akzeptiert werden – der spirituelle Mensch akzeptiert diese Begrenzung des Geistes nicht, denn er fragt nach dem absolut Unbegreiflichen, Unendlichen, Ewigen, Unbekannten, Grenzenlosen.

Somit ist eine grundsätzliche Spannung zwischen Rationalität und Mystik gegeben, aber eine sehr fruchtbare Spannung, die zur Polarität des menschlichen Sinnstrebens gehört. Wenn wir alles auf das Begrenzte reduzieren, dann ist das der geistige Tod, der absolute Sinnverlust.

Denn nur das Nichtwissen, das Mysterium, das Staunen ermöglicht die Innovation. Ich philosphiere deswegen, weil ich ich mit jeder Frage mein Nichtwissen bekenne, und nicht deswegen, weil ich weiß. Ich weiß, dass ich nichts weiß.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#129 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von closs » Do 21. Aug 2014, 19:58

Darkside hat geschrieben:Nun wird die Behauptung vor dem "Angriff" Plutos wieder mit einer weiteren Behauptung immunisiert
"Gegenargument" und "Immunisierung" sind unterschiedliche Begriffe. - Geh doch inhaltlich mal drauf ein.

Darkside hat geschrieben:nur bleibt es bei dir alleine bei einer Behauptung
Du hältst Dich zu sehr mit methodischem Brimborium auf, das Dich oft genug daran hindert, inhaltlich einzusteigen.

Darkside hat geschrieben:Hier behauptet Kurt nun, Fähigkeiten zu besitzen, die andere nicht haben.
Das hat meine Enkelin auch - und mein Nachbar auch - da würde ich nichts drauf geben.

Darkside hat geschrieben: du hast etwa 80% meiner Aussagen nicht beachtet
Das stimmt nicht. - Alle Deine Punkte sind im Prinzip beantwortet - allerdings oft nicht en detail, weil sich viele Deiner Einzel-Punkte aus - aus meiner Sicht - irrigen Annahmen ergeben, also lediglich Multiplikatoren sind.

Letztlich wiederholen wir hier con variazione den Universalien-Streit des Mittelalters - hier ist die holistische Grundhaltung, dort ist die atomistische Haltung. - Die Vertreter der holistischen Grundhaltung nannte man damals "Realisten" - die Vertreter der atomistischen Haltung nannte man damals "Nominalisten". - Durch sematische Shifts nennt man die damaligen "Realisten" heute "Gläubige" - die damaligen "Nominalisten" nennt man heute "Materialisten".

Descartes hat beide Seiten bedient, indem er einerseits seine Grundlagen "realistisch"/"gläubig" definiert hat ("Cogito ergo sum"/"Res cogitans") und andererseits seine Daseins-Betrachtung naturwissenschaftlich fundiert hat.

Lustigerweise wird das "Cogito" heute offensichtlich in seiner Tragweite überhaupt nicht mehr verstanden, sondern wurde umfunktioniert in den Kernsatz der Aufklärung - was ironischerweise sogar stimmt, wenn man "Aufklärung" umfassend versteht (also auch ontologisch). - Aber genau so versteht man es heute nicht, sondern ausschließlich materialistisch und ego-zentrisch - als sei mit "Aufklärung" die Loslösung des Menschen vom Göttlichen gelungen - also exakt gegenteilig zur Urbedeutung. - Super-geil.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#130 Re: "Wahrnehmung" und "Realität"

Beitrag von Pluto » Do 21. Aug 2014, 20:05

Demian hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum dann die Behauptung, Bewusstsein sei allgegenwärtig? :?
Allgegenwärtiges Bewusstsein kann nicht verstanden, aber eben sehr wohl entdeckt und erlebt werden. Aus der Sicht des Verstandes ist das ein Problem, weil er alles verstehen möchte.

Das ist die Funktion des Verstandes, nicht wahr?
Naja.
Bei solchen Äußerungen muss ich immer an Hussers Epoché denken. Er rät im Falle des nicht Verstehens, inne zu halten und nicht der Phantasie freien Lauf zu lassen. Das ist auch der Sinn der Aussage Richard Feynmans, wenn er sagt:
Um Fortschritt zu erzielen, müssen wir die Türe zur Ungewissheit einen Spalt weit offen lassen.

Ich brauche keine Erklärungen, die sich als falsch herausstellen könnten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten