Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Philosophisches zum Nachdenken
ThomasM
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#111 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von ThomasM » Mo 30. Mär 2015, 15:10

closs hat geschrieben: Nicht in Gegensatz: Ich sage, dass Naturwissenschaft für die natürliche Welt zuständig ist, die ein Ableger der geistigen Welt (= Gott) ist.
Wenn es so wäre, müsstest du die natürliche Welt aus der geistigen logisch ableiten können. Kannst du aber nicht. Willst du noch nicht einmal.
closs hat geschrieben: Jeglicher Versuch, nach Interfaces zwischen beiden zu suchen (falls es diese Interfaces überhaupt gibt), wurde bisher seitens der naturwissenschaftlich Orientierten brüsk zurückgewiesen.
Weil du sie davon überzeugen wolltest, dass dein geistiges Grunddogma richtig ist. Das kannst du natürlich nicht. Versuch es doch mal mit Logik, statt mit Setzungen. Also formuliere: "Nehmen mal an, das und das wäre richtig. Dann sollte das und das logisch folgen"
Das hast bisher nirgendwo geleistet.
closs hat geschrieben: Das wäre der Moment, Dich zu fragen, wer oder was Gott aus Deiner Sicht als Naturwissenschaftler ist. - Teil der Schöpfung?
Ich habe meine Metaphysik schon an verschiedenen Beiträgen angedeutet. Ich nehme an, dass Gott die Schöpfung erzeugt - und zwar zu jedem Zeitpunkt. In dieser Sicht IST die Schöpfung ein Teil Gottes und jede Aktion, die wir naturwissenschaftlich erfassen, ein "Gedanke Gottes".
Aus der Liebe zur Ordnung, die Gott besitzt, folgt die Ordnung der Natur.
Aus der Freiheit, die Gott hat, die Unvorhersehbarkeit der Zukunft.

Naturwissenschaftlich ist dieses Bild problemlos. Theologisch muss ich "das Böse" als Teil dessen akzeptieren, das Gott hervorbringt. Allerdings fühle ich mich da in guter Gesellschaft.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#112 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Pluto » Mo 30. Mär 2015, 15:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das sollte einen dazu bewegen, die eigene Prämissen zu überdenken.
Dies würde auf den bequemen reduktionistischen Pfad führen: "Sein/Realität ist das, was ich begreife - basta".
Mehr als die Ratio (Empirie und Vernunft) haben wir nicht, also können wir nicht mehr wissen. Wer meint mehr zu wissen, ist Gefangener eine überbordenden Fantasie.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie sieht ein solcher Widerspruch denn aus, wo doch Gott und Geist selbst postulierte Begriffe sind?
Diese Widerspruch "sieht gar nicht aus" - es gibt ihn einfach nicht, weil beide Ebenen nicht interferieren.
Das ist in der realen Welt leider anders. So lange wie sich beide Disziplinen mit denselben Fragen befassen, nämlich dem Ursprung der Welt und unserer Herkunft, wird dieser Widerspruch weiter bestehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Logisch ist Geist ein Teil der natürlichen Welt.
Auf Offenbarungsebene JA - aber nicht in seinem Ursprung (glaube ich). Du dagegen glaubst (NICHT weisst!), dass der Ursprung des Geistes im Natürlichen ist.
Ich halte mich an der Ratio (Empirie und Verstand) und an den Wahrscheinlichkeiten.

closs hat geschrieben:Du kannst nur dann recht haben, wenn Du das, was an Geistigem im Dasein offenbar, also objektiv wahrnehmbar, wird, als "Geist" definierst - und schon wären wir wieder beim Anthropozentrismus/Reduktionismus.
Reduktionismus, ja.
Anthropozentrismus, entschieden nein. Im Gegenteil, der Glaube an das eigene ewige Leben in einem imaginären Jenseits, was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist der ultimative Anthropozentrismus.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#113 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von closs » Mo 30. Mär 2015, 19:13

ThomasM hat geschrieben: Kannst du aber nicht.
Verbindlich kann ich das nicht, weil ich nicht der Herr des Geistigen bin - das wäre nach christlicher Lesart Gott. - Setzt man Gott als universale Größe (was aus meiner Sicht notwendig ist, wenn man das Christentum erklären möchte), ist die Ableitung der Schöpfung aus Gott ("Und Gott schuf") eine logische Notwendigkeit - oder nicht?

Geht man noch einen Schritt weiter und untersucht den Begriff "Ebenbildlichkeit des Menschen", ist dies ebenfalls logischer Hinweis darauf, dass es etwas gibt, wozu der Mensch "Ebenbild" ist. - Da aber Gott Geist ist (anders ist er aus meiner Sicht nicht universal begründbar), ist der Mensch (= Materie) Folge von Geist - mit geistigen Anklängen im Sinne der Ebenbildlichkeit.

Welche Version würdest Du als Wissenschaftler und Christ bevorzugen?

ThomasM hat geschrieben:Versuch es doch mal mit Logik, statt mit Setzungen.
Mein Ansatz (siehe oben) ist meiner Ansicht nach logisch - außerdem: Logik ersetzt nicht Setzung, da Logik immer Logik im Sinne eines Systems ist: "Was ist logisch, wenn Materie aus Geist is?" - "Was ist logisch, wenn Geist aus Materie ist?" ---- Die logischen (!) Antworten werden aufgrund dieser unterschiedlichen Setzungen (= nicht falsifizierbar) ganz unterschiedlich sein.

ThomasM hat geschrieben:Naturwissenschaftlich ist dieses Bild problemlos.
Meines auch - da auch ich "Gott" und "Schöpfung" kategorial trenne. - Wo siehst Du in meinem Bild Unlogisches?

ThomasM hat geschrieben:Theologisch muss ich "das Böse" als Teil dessen akzeptieren, das Gott hervorbringt.
Das hat einen tieferen Grund, den man sehr gut begründen kann - allerdings weit weg von Sichtweisen, was heute als "aufgeklärt" gilt.

closs
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#114 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von closs » Mo 30. Mär 2015, 19:29

Pluto hat geschrieben:Mehr als die Ratio (Empirie und Vernunft) haben wir nicht, also können wir nicht mehr wissen.
Das war nhoch nie bestritten - da sind wir uns seit Äonen einig.

Pluto hat geschrieben: So lange wie sich beide Disziplinen mit denselben Fragen befassen
Dieser Schein kann nur dann geschehen, wenn man "Geist" völlig unterschiedlich definiert. - Wenn man kognitive Fähigkeiten des Menschen mit "Geist" gleichsetzt, ist dies etwas ganz anderes, als wenn man "Geist" als göttliche "Einrichtung" definiert, die im Dasein wirken kann - nur wenn man diese Definitionen (die traditionelle und die heute umdefinierte) vermengt, beschäftigen sich beide Disziplinen mit denselben Fragen.

Pluto hat geschrieben:Ich halte mich an der Ratio (Empirie und Verstand)
Übersiehst dabei aber, dass Du die wissenschaftliche Beobachtung im Sinne des materialistischen Geist-Begriffs ("Kognition") interpretierst im Sinne des traditionellen, spirituellen Geist-Begriffs ("Gott"). - Das ist so ähnlich, als würde man nachweisen, dass die (Sitz-)Bank für den Hintern ist, und daraus schließen, dass die (Geld-)Bank deshalb genauso fürn Arsch ist. :Herz: - Im Grunde sind wir in dieser "Geist"-Diskussion nahe am Kalauer.

Pluto hat geschrieben:Anthropozentrismus, entschieden nein.
Das ist genau das Problem - man erkennt das nicht. - Man erkennt in unserer ego-zentriert aufgeklärten Zeit nicht, dass das Reduktive einer Entscheidung der Wahrnehmung über das Sein/die Realität ist ("Wir halten nur an das, was WIR nachweisen können - alles andere ist irrelevant"). - Ich gestehe Dir, dass ich überhaupt nicht verstehe, warum dieser damit verbundene und einem eigentlich ins Gesicht springende Ego-Zentrismus/Anthropozentrismus nicht erkannt wird.

Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil, der Glaube an das eigene ewige Leben in einem imaginären Jenseits, was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist der ultimative Anthropozentrismus.
Kommt im Einzelfall vor, sollte aber genau das Gegenteil sein - nämlich: Der Mensch gibt sich als Maßstab aus der Hand und orientiert sich eben NICHT an sich, sondern an etwas, was er eben NICHT selbst ist.

Darüber, dass diese Orientierung falsch sein kann, zumindest nicht verifizierbar ist, sind wir uns ja einig - aber hier wird wenigstens der Versuch gemacht, den Menschen und dessen Beschränkung NICHT zum Maßstab zu machen.

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Faransil
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#115 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Faransil » Mo 30. Mär 2015, 19:33

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das sollte einen dazu bewegen, die eigene Prämissen zu überdenken.
Dies würde auf den bequemen reduktionistischen Pfad führen: "Sein/Realität ist das, was ich begreife - basta".
Mehr als die Ratio (Empirie und Vernunft) haben wir nicht, also können wir nicht mehr wissen. Wer meint mehr zu wissen, ist Gefangener eine überbordenden Fantasie.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie sieht ein solcher Widerspruch denn aus, wo doch Gott und Geist selbst postulierte Begriffe sind?
Diese Widerspruch "sieht gar nicht aus" - es gibt ihn einfach nicht, weil beide Ebenen nicht interferieren.
Das ist in der realen Welt leider anders. So lange wie sich beide Disziplinen mit denselben Fragen befassen, nämlich dem Ursprung der Welt und unserer Herkunft, wird dieser Widerspruch weiter bestehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Logisch ist Geist ein Teil der natürlichen Welt.
Auf Offenbarungsebene JA - aber nicht in seinem Ursprung (glaube ich). Du dagegen glaubst (NICHT weisst!), dass der Ursprung des Geistes im Natürlichen ist.
Ich halte mich an der Ratio (Empirie und Verstand) und an den Wahrscheinlichkeiten.

closs hat geschrieben:Du kannst nur dann recht haben, wenn Du das, was an Geistigem im Dasein offenbar, also objektiv wahrnehmbar, wird, als "Geist" definierst - und schon wären wir wieder beim Anthropozentrismus/Reduktionismus.
Reduktionismus, ja.
Anthropozentrismus, entschieden nein. Im Gegenteil, der Glaube an das eigene ewige Leben in einem imaginären Jenseits, was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist der ultimative Anthropozentrismus.
Volle Zustimmung.

closs
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#116 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von closs » Mo 30. Mär 2015, 20:07

Faransil hat geschrieben:Volle Zustimmung.
Man sollte Stimmen nicht zählen, sondern wägen. :geek: :lol:

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#117 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Faransil » Mo 30. Mär 2015, 20:21

Das mach ich. Keine Angst.

:)

Pluto
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#118 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von Pluto » Mo 30. Mär 2015, 23:36

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Mehr als die Ratio (Empirie und Vernunft) haben wir nicht, also können wir nicht mehr wissen.
Das war nhoch nie bestritten - da sind wir uns seit Äonen einig.
Das wäre ja sehr erfreulich. Wo ist dann das Problem?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: So lange wie sich beide Disziplinen mit denselben Fragen befassen
Dieser Schein kann nur dann geschehen, wenn man "Geist" völlig unterschiedlich definiert.
Dan erkläre mir bitte, warum es so oft vorkommt, dass Gläubige, sich über wissenschaftliche Erkenntnisse echauffieren.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich halte mich an der Ratio (Empirie und Verstand)
Übersiehst dabei aber, dass Du die wissenschaftliche Beobachtung im Sinne des materialistischen Geist-Begriffs ("Kognition") interpretierst im Sinne des traditionellen, spirituellen Geist-Begriffs ("Gott").
Ich übersehe dabei nichts.
closs hat geschrieben:Das ist so ähnlich, als würde man nachweisen, dass die (Sitz-)Bank für den Hintern ist, und daraus schließen, dass die (Geld-)Bank deshalb genauso fürn Arsch ist. :Herz: - Im Grunde sind wir in dieser "Geist"-Diskussion nahe am Kalauer.
Nein. Einen wissenschaftlich begründeten Unglauben als Glauben zu bezeichnen ist vergleichbar damit, das Nicht-Sammeln von Briefmarken als Hobby zu bezeichnen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Anthropozentrismus, entschieden nein.
Das ist genau das Problem - man erkennt das nicht. -
Das Problem liegt ausschließßlich in deiner Vorstellung.
closs hat geschrieben:Man erkennt in unserer ego-zentriert aufgeklärten Zeit nicht, dass das Reduktive einer Entscheidung der Wahrnehmung über das Sein/die Realität ist ("Wir halten nur an das, was WIR nachweisen können - alles andere ist irrelevant").
Das behauptest du jetzt. Ich würde sagen, alles was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist irrelevant. Was in einer solchen Aussage anthropozentrisch sein soll, müsstest du mir mir erst mal erklären.

closs hat geschrieben:Ich gestehe Dir, dass ich überhaupt nicht verstehe, warum dieser damit verbundene und einem eigentlich ins Gesicht springende Ego-Zentrismus/Anthropozentrismus nicht erkannt wird.
Da kann dir die Introspektion vielleicht weiter helfen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil, der Glaube an das eigene ewige Leben in einem imaginären Jenseits, was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist der ultimative Anthropozentrismus.
Kommt im Einzelfall vor, sollte aber genau das Gegenteil sein - nämlich: Der Mensch gibt sich als Maßstab aus der Hand und orientiert sich eben NICHT an sich, sondern an etwas, was er eben NICHT selbst ist.
Anthropozentrismus ist, wenn man sich selbst zum Ebenbild eines höheren Wesens erhebt.

closs hat geschrieben:Darüber, dass diese Orientierung falsch sein kann, zumindest nicht verifizierbar ist, sind wir uns ja einig - aber hier wird wenigstens der Versuch gemacht, den Menschen und dessen Beschränkung NICHT zum Maßstab zu machen.
Ich kann leider keine Evidenz für einen solchen Versuch erkennen. Jeder gut Jude oder Christ kennt die Aussage in 1.Mose 1,28, in dem Gott den Menschen zum Herrscher über die Erde erhebt. Allein diese Metapher belegt den Anthropomorphismus der judäochristlichen Religionen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#119 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von closs » Di 31. Mär 2015, 00:33

Pluto hat geschrieben:Wo ist dann das Problem?
Dass es nicht um unser "Wissen" geht, das eh immer nur system-abhängig ist, sondern dass es wichtige Dinge gibt, die man absolut nicht wissen kann, die aber sehr wichtig sind.

Die "Ratio" mag man definieren als das, mit dem man Wahrnehmungs-Felder objektivieren kann - schön. - Aber was ist mit dem Rest?

Pluto hat geschrieben:Dan erkläre mir bitte, warum es so oft vorkommt, dass Gläubige, sich über wissenschaftliche Erkenntnisse echauffieren.
Weil sie dasselbe machen wie Naturalisten, die sich in geistige Dinge einmischen. - Beides bedauere ich.

Pluto hat geschrieben:Ich übersehe dabei nichts.
Das wäre erklärungs-bedürftig. - Denn der Anschein entsteht, dass Du meinst, wissenschaftlich nachweisbare Kognition sei identisch mit (spirituellem) Geist.

Pluto hat geschrieben: Einen wissenschaftlich begründeten Unglauben als Glauben zu bezeichnen ist vergleichbar damit, das Nicht-Sammeln von Briefmarken als Hobby zu bezeichnen.
Das ist dann der Standard-Satz - führt aber nicht weiter. - Das Problem scheint zu sein, dass der Naturalist glaubt, das neurowissenschaftlich Gefundene sei "Geist". - Als könne man Gott in Flaschen abfüllen.

Pluto hat geschrieben:Was in einer solchen Aussage anthropozentrisch sein soll, müsstest du mir mir erst mal erklären.
Ganz einfach: Weil es damit ins Benehmen menschlicher Wahrnehmung gestellt wird, was seins-mäßig relevant und irrelevant ist.

Pluto hat geschrieben:Anthropozentrismus ist, wenn man sich selbst zum Ebenbild eines höheren Wesens erhebt.
OK - das Cogito kommt nicht ums Ich rum - JEDE Wahrnehmung/Messung/etc. findet durch das Ich statt.

Aber es ist doch ein Unterschied, ob man den eigenen Horizont zum Maßstab für Sein oder Nicht-Sein macht (nach Deinen Worten macht das die wissenschaftlichen Methodik), oder ob man das Ego ausdrücklich NICHT zum Maßstab macht. - Dass das Ego dann als Nicht-Maßstäbliches trotzdem vorkommt, stimmt ja - aber eben als Nicht-Maßstäbliches (siehe Hiob).

Pluto hat geschrieben:Jeder gut Jude oder Christ kennt die Aussage in 1.Mose 1,28, in dem Gott den Menschen zum Herrscher über die Erde erhebt.
Aufs Dasein bezogen stimmt das - stimmt schon. - Aber doch nicht auf die menschliche Existenz selbst. - Biblisch würde/dürfte kein Mensch sagen: "ICH lege fest, was relevant oder irrelevant ist".

Ist es nicht so, dass sich die Wissenschaft 1.Mose 1,28 auf die Fahnen geschrieben hat? Daseins-Gestaltung im Sinne von Technologie? Ich meine schon - und genau da ist auch ihr Platz.

barbara
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#120 Re: Metaphysik und das Verhältnis zur Wissenschaft

Beitrag von barbara » Di 31. Mär 2015, 06:32

Pluto hat geschrieben:Dan erkläre mir bitte, warum es so oft vorkommt, dass Gläubige, sich über wissenschaftliche Erkenntnisse echauffieren.

Tun sie keineswegs "oft".

Es gibt die Kreationisten, die sich gegen die Idee der Evolution echauffieren - das ist eine kleine Minderheit, im Verhältnis zu allen Gläubigen sind sie zwar laut, aber das qualifiziert noch längst nicht zu "oft".

Und dann echauffieren sich Gläubige gelegentlich über möglichen ANWENDUNGEN von Wissenschaft - zB im Rahmen der Fortpflanzungsmedizin - aber der wissenschaftliche Teil wird dabei nicht angezweifelt, sondern meist die mangelnde Ethik des Vorgehens.

Nein. Einen wissenschaftlich begründeten Unglauben als Glauben zu bezeichnen ist vergleichbar damit, das Nicht-Sammeln von Briefmarken als Hobby zu bezeichnen.

Stimmt so nicht, weil ein Nicht-Briefmarkensammler stellt nicht die Existenz von Briefmarken in Frage. Er interessiert sich bloss nicht fü rsie.


Das behauptest du jetzt. Ich würde sagen, alles was prinzipiell nicht nachweisbar ist, ist irrelevant. Was in einer solchen Aussage anthropozentrisch sein soll, müsstest du mir mir erst mal erklären.

Weil der Nachweis, den du verlangst, immer von MENSCHEN geführt werden muss. Nicht etwa von Kaulquappen oder Veilchen. Sprich, du machst das, was relevant ist, von der menschlichen Wahrnehmung abhängig, aber die ändert sich mit der Zeit, nicht zuletzt da sich die technischen Hilfsmittel zum Gewinnen von Daten verändert.

Nach dem Gedankengang wäre Radioaktivität noch vor dreihundert Jahren irrelevant gewesen, da nicht nachweisbar. Und auf einmal wurde sie nachgewiesen und damit relevant? ich bitte dich. Radioaktivität hat auch dann Wirkungen, wenn man sie nicht kennt und nicht nachweisen kann.

gruss, barbara

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