Descartes und die menschliche Seele

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#1051 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Mi 16. Nov 2016, 19:45

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Geist und Bewusstsein haben immer noch die gleiche Bedeutung wie vor 100 oder 200 Jahren.
NEIN - das ist doch das Problem.
Dann verstehe ich das Problem nicht.
Was hat sich denn sprachlich verändert?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#1052 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 16. Nov 2016, 20:57

Pluto hat geschrieben:Was hat sich denn sprachlich verändert?
"Geist" und "Bewusstsein" bezeichnen heute etwas semantisch Anderes als früher und sind damit zu Polysemen.

"Früher" (auch das müsste man differenzieren) galt "Geist" als transzendente Größe: Das, was einen den Grund der Welt geistig erkennen/erahnen lässt. Somit: Tiere haben keinen Geist, weil sie (vermutlich) keine theologischen/mystischen Potentiale haben. - Das, was man heute unter "Geist" versteht, hätte man, wenn es diesen Begriff gegeben hätte, als so etwas Ähnliches wie "Kognition" bezeichnet, was man auch den Tieren zugestanden hätte.

Nun geht es gar nicht darum zu diskutieren, wer von den beiden Recht hat - es geht hier ausschließlich darum, dass das moderne Verständnis aufgrund seines naturalistischen Ursprungs das, was man früher damit abgedeckt hat, weder abdecken noch ersetzen kann. - Es fehlt plötzlich ein Wort für das, was man früher gemeint hat.

Nun muss man aber den früheren Sinn nach wie vor mit "Geist" bezeichnen, weil der Ursprung davon nun mal "Heiliger Geist" heisst und nicht "Heiliger X". - Die Folge: Beide Definitionen schwirren unkontrolliert mit dem SELBEN Wort durch die Welt, obwohl sie etwas ganz Unterschiedliches bedeuten. - Das ist ein ganz praktisches Problem und hat mit "Weltanschauung" erst mal gar nichts zu tun.

Richtig wäre gewesen, wenn die Einfädler der modernen Begrifflichkeit gesagt hätten "Wir wissen, dass wir etwas anderes meinen, also nehmen wir ein anderes Wort". - Und erst jetzt wird es weltanschaulich: Man hat es nicht getan, weil man den alten Sinn verdrängen und vergessen machen wollte.

Bei "Bewusstsein" ist es ähnlich.

SilverBullet
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#1053 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Mi 16. Nov 2016, 21:12

closs hat geschrieben:Das sieht nur aus Deiner Startposition (= Körper) so aus
Der Körper ist doch gar nicht „meine Startposition“ (das habe ich eigentlich schon oft genug beschrieben)

closs hat geschrieben:da Du Dir nicht vorstellen kannst
Wie soll ich mir ein „Sieben“ vorstellen, bei dem „etwas übrig bleiben soll“, wenn es…
1. …kein dazu notwendiges Wissen gibt (sagt du ja selbst, indem du die einfachen Fragen nicht beantworten kannst)
2. …kein Ausprobieren gibt?

=> Das „Übrig-Bleiben“ ist eine reine philosophische Narreteiversanstalltung – weg damit.

closs hat geschrieben:Nun muss man aber den früheren Sinn nach wie vor mit "Geist" bezeichnen, weil der Ursprung davon nun mal "Heiliger Geist" heisst und nicht "Heiliger X".
Na also, da haben wir doch die „Grundlage“ dieses ganzen „Zweifel“-Theaters :-)
(als ob ich es nicht schon die ganze Zeit gesagt hätte)

closs hat geschrieben:Und erst jetzt wird es weltanschaulich: Man hat es nicht getan, weil man den alten Sinn verdrängen und vergessen machen wollte.
Entwirfst du jetzt auch noch eine Verschwörungstheorie?
Mal angenommen es wäre so, warum kann dies überhaupt funktionieren, wenn der „alte Einsatz“ der Begriffe doch „so eindeutig“ war?
Vermutlich weil da mal wieder etwas von den „alten Behauptungen“ einfach nicht funktioniert hat.

closs
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#1054 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 16. Nov 2016, 21:28

SilverBullet hat geschrieben:Der Körper ist doch gar nicht „meine Startposition“ (das habe ich eigentlich schon oft genug beschrieben)
Ja - das sagst Du. - Wenn es aber darum geht, grundsätzliche Fragen zu beantworten, antwortest Du so, als ginge es ohne diese Startposition nicht.

SilverBullet hat geschrieben:Na also, da haben wir doch die „Grundlage“ dieses ganzen „Zweifel“-Theaters
Das ist schon gut möglich, dass dies die Grundlage "ist". - Das ändert aber nichts daran, dass die ontologische Frage-Perspektive von Descartes vollkommen weltanschauungs-neutral ist.

Unterscheide zwischen dem, was "ist", und dem, wie eine Perspektive (hier Descartes) dazu ausgerichtet ist.

SilverBullet
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#1055 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Mi 16. Nov 2016, 21:46

closs hat geschrieben:Ja - das sagst Du. - Wenn es aber darum geht, grundsätzliche Fragen zu beantworten, antwortest Du so, als ginge es ohne diese Startposition nicht.
Ich habe schon mehrmals ein sauberes Fundament zur Beurteilung von Zusammenhängen angegeben, zu dem der Körper der einzige Kandidat ist.

Die „grundsätzlichen Fragen“ sind die Fragen, die ich dir gestellt habe.
Darauf kam aber keine Antwort.
Du hast also kein Wissen, keine Analysefähigkeit, keinen Einblick.
Ausprobieren kannst du nichts.
Den Körper musst du (wie alle anderen Religions-/Philosophiesportler) akzeptieren.

=> Deine Zuordnung von Sicherheit zu einem gedeuteten Existenzzusammenhang bei Ausschluss aller anderen Existenzzusammenhänge, ist nichts wert.

closs hat geschrieben:Das ist schon gut möglich, dass dies die Grundlage "ist".
Ne ne, deine Formulierung war gerade sehr entlarvend: „weil der Ursprung davon nun mal "Heiliger Geist" heisst“
Das hat mit „schon möglich“ nicht viel zu tun :-)

Da hast du wohl einfach nicht aufgepasst :-)
Genau wie von Descartes, Hegel und Heidegger liegt somit auch von dir eine eindeutig religiöse Motivation vor – „ach wer hätte das gedacht“…

closs
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#1056 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Mi 16. Nov 2016, 22:42

SilverBullet hat geschrieben:Ich habe schon mehrmals ein sauberes Fundament zur Beurteilung von Zusammenhängen angegeben, zu dem der Körper der einzige Kandidat ist.
Eben - Du setzt da ein, wo der Körper der einzige Kandidat ist. - Descartes setzt beim radikalen Skeptizismus ein. - Das sind beides sehr säkulare Vorgänge.

SilverBullet hat geschrieben:deine Formulierung war gerade sehr entlarvend: „weil der Ursprung davon nun mal "Heiliger Geist" heisst“
Ja - aus Sicht des traditionellen Geist-Verständnisses. - Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, ab wann jemand sein Denken in Ansatz bringt.

Pluto
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#1057 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Do 17. Nov 2016, 10:43

closs hat geschrieben:Descartes setzt beim radikalen Skeptizismus ein. - Das sind beides sehr säkulare Vorgänge.
Was ist "radikaler Skeptizismus"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1058 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von closs » Do 17. Nov 2016, 10:57

Pluto hat geschrieben:Was ist "radikaler Skeptizismus"?
Wenn man alles hinterfragt? - Bspw:
* Gibt es überhaupt Gott?
* Ist meine Wahrnehmung echt?
* Worin kann ich irren?

Also eine Haltung, die nicht pragmatisch schaut, ob etwas funktioniert, sondern ob das, was da funktioniert, "real" oder Vorstellung ist. - Bzw. welche Voraussetzungen man nehmen muss, damit man das Funktionable als "real" verstehen darf.

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#1059 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von SilverBullet » Do 17. Nov 2016, 18:06

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ich habe schon mehrmals ein sauberes Fundament zur Beurteilung von Zusammenhängen angegeben, zu dem der Körper der einzige Kandidat ist.
Eben - Du setzt da ein, wo der Körper der einzige Kandidat ist.
Nö, lies es einfach noch mal durch, vielleicht geht dir dann ein Lichtlein auf (die Texte sind ja alle noch da).

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:deine Formulierung war gerade sehr entlarvend: „weil der Ursprung davon nun mal "Heiliger Geist" heisst“
Ja - aus Sicht des traditionellen Geist-Verständnisses.
Prima, du bestätigst damit, dass dies eine altbackene Ausgangslage war.

(Hinweis:
das Wort „Verständnis“ ist ungünstig platziert, da doch keiner der „Geist-Versteher“ die einfachsten Fragen beantworten kann - wobei Philosophen schon allein dadurch "zu verstehen" glauben, dass sie sich "Philosoph" nennen)

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#1060 Re: Descartes und die menschliche Seele

Beitrag von Pluto » Do 17. Nov 2016, 18:07

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was ist "radikaler Skeptizismus"?
Wenn man alles hinterfragt? - Bspw:
* Gibt es überhaupt Gott?
* Ist meine Wahrnehmung echt?
* Worin kann ich irren?

Also eine Haltung, die nicht pragmatisch schaut, ob etwas funktioniert, sondern ob das, was da funktioniert, "real" oder Vorstellung ist. - Bzw. welche Voraussetzungen man nehmen muss, damit man das Funktionable als "real" verstehen darf.
Dem kann ich zustimmen, denn das ist die Argumentation die zum cogito ergo sum führt. Möglicherweise hatte Descartes auch das falsch verstanden. Sollte es nicht heißen, "Ich bin, als denke ich"?

Allerdings lässt diese Argumentationskette nicht auf die Existenz einer res cogitans schließen.

Es gibt keinen magischen Funken in uns.... nur ein Gehirn was durch elektrische Signale angeregt wird.
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