Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#11 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von closs » Do 4. Dez 2014, 00:00

Pluto hat geschrieben:Gott und Natur waren für ihn quasi synonym.
Das wiederum wäre un-christlich. - Vorher hattest Du geschrieben "Spinoza sah in der Natur überall die Wirkung Gottes" - das wiederum sieht das Christentum genauso.

Pluto hat geschrieben:dass Descartes in seiner Principia Geist und Körper als zwei unterschiedliche Dinge beschrieb.
Kann sein - Neurowissenschaftler sprechen auch von kognitiven ("geistigen") Dingen, die nicht Materie sind. - Dualismus? Antwort (auch aus meiner Sicht): Natürlich NICHT.

Pluto hat geschrieben:Was ist eigentlich "das Christentum"?
Eine auf AT und NT aufbauende Weltanschauung/Religion.

Pluto hat geschrieben: hristlicher Lesart) unabhängig von Materie existieren, während umgekehrt die Materie (als Ableitung des Geistes) nicht ohne Geist existieren kann.
Keine Seelen, weil diese nicht naturalistisch fassbarem Wesens sind.

Pluto hat geschrieben:Woraus besteht deiner Meinung nach, diese Substanz genau?
Dieses Wort habe ich aus der Diskussion übernommen. - Ob oder inwieweit "göttlicher Geist" physikalisch beschreibbar ist, weiss ich nicht - im Dasein verstehe ich ihn als eine funktionale Größe.

Pluto hat geschrieben:Auch wenn wir es noch nicht im Detail verstehen, mehren sich die Hinweise, dass menschlicher Geist eine emergente Eigenschaft der Komplexität unseres Gehirns ist.
Im Rahmen naturwissenschaftlichen Denkens ist das auch für Christen sehr naheliegend.

Pluto hat geschrieben:Außergewöhnliche Behauptungen erfordern ebenso außergewöhnliche Evidenz.
Das ist methodischer Firlefanz - wie sollte man (naturwissenschaftliche) Evidenz für eine nicht-naturwissenschaftliche Größe finden?

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Savonlinna
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#12 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von Savonlinna » Do 4. Dez 2014, 00:04

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Das Christentum versteht Materie als Ableitung von Geist
Als Glaubensbekenntnis ist das Okay. Alerdings fehlen konkrete Hinweise für diesen Glauben.
Was ist eigentlich "das Christentum"?
Die Frage ist berechtigt. Zumal ich mich nicht erinnern kann, jemals irgendwo gelesen zu haben, dass das Christentum Materie als Ableitung von Geist versteht.
Das Christentum müsste die Summe aller Christen sein.

Aus meiner Sicht ist Geist auch keine Substanz. Ich sehe ihn eher als einen Prozess der den Körper in seinem Lebensunterhalt dient.
Die Idee hast Du schon einmal geäußert. Das scheint mir absolut zutreffend zu sein. Alles, was so als "Geist" bezeichnet wird - abgesehen von den Fällen, wo es innerhalb einer Weltanschauung irgendwie definiert wird - meine eine Art schöpferischer Kraft.

Mich hat schon seit Jahren gestört, dass man das nicht genau genug beobachtet, wie sich "Geist" im Menschen auswirkt.
Da kann man doch nicht beobachten, "wo" das ist oder aus welchem Material das besteht?
Kriege ich eine gute "Idee", dann ist das bildhaft gemeint. Es bedeutet, dass ich etwas verstanden habe. Dieses Verstandenhaben besteht aus keiner Materie, sondern abstrahiert nur ein Aha-Erlebnis. Es ist ein Prozess, ja.

Und das kann man auch über den einzelnen Körper hinaus erweitern. Ein Austausch ist geistiger Natur. Er ist eine Verknüpfung von Hirn zu Hirn.

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#13 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von closs » Do 4. Dez 2014, 00:17

Savonlinna hat geschrieben: Zumal ich mich nicht erinnern kann, jemals irgendwo gelesen zu haben, dass das Christentum Materie als Ableitung von Geist versteht.
Naja - bei aller Unterschiedlichkeit der einzelnen christlichen Richtungen sollte ein gemeinsamer Nenner sein, dass Gott Geist "ist" (also nicht nur hat, sondern ist). - Kannst Du Dir Gott in seinem Wesen als Materie vorstellen?

Savonlinna hat geschrieben:Da kann man doch nicht beobachten, "wo" das ist oder aus welchem Material das besteht?
Stimmt - im Dasein verstehe ich Geist auch als funktionale Größe.

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Savonlinna
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#14 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von Savonlinna » Do 4. Dez 2014, 00:22

Und wann bist Du nicht im Dasein? ;)

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#15 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von closs » Do 4. Dez 2014, 00:28

Savonlinna hat geschrieben:Und wann bist Du nicht im Dasein?
Zwischen Geburt und Daseins-Tod bin ich aller Voraussicht nach ständig im Dasein - das wäre auch nicht ungewöhnlich. 8-)

Aber hier sprechen wir ja von Geist, der (a) einerseits der Ursprung des Daseins sein kann (einiges spricht dafür), (b) andererseits ein Phänomen im Dasein ist (auch dafür spricht einiges). - Wir können gerne (b) abspalten und nur über (b) sprechen.

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#16 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von Pluto » Do 4. Dez 2014, 00:36

closs hat geschrieben:Vorher hattest Du geschrieben "Spinoza sah in der Natur überall die Wirkung Gottes" - das wiederum sieht das Christentum genauso.
Ja. Aber ich sagte auch, Spinoza ging einen Schritt weiter, und setzte Gott mit der Natur gleich.

closs hat geschrieben:Neurowissenschaftler sprechen auch von kognitiven ("geistigen") Dingen, die nicht Materie sind.
Falsch. Neurowissenschaftler sprechen von geistigen Prozessen. Das ist etwas ganz anderes. In der Computerwelt ist die Software ein Prozess der in/auf der Hardware läuft.

closs hat geschrieben:Ob oder inwieweit "göttlicher Geist" physikalisch beschreibbar ist, weiss ich nicht - im Dasein verstehe ich ihn als eine funktionale Größe.
Dafür dass du nicht weißt wie es beschreibbar ist, verleihst du diesem Geist sehr viele Fähigkeiten; z. Bsp. behauptest du, Materie sei Folge von Geist. Was fehlt ist allerdings der Mechanismus.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Außergewöhnliche Behauptungen erfordern ebenso außergewöhnliche Evidenz.
...wie sollte man (naturwissenschaftliche) Evidenz für eine nicht-naturwissenschaftliche Größe finden?
Wenn das zu schwer erscheint, ersetze einfach das Wort "Evidenz" durch "Rationale Erklärung".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#17 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von Savonlinna » Do 4. Dez 2014, 00:45

@ closs

Da Du fast in jedem Satz betonst, dass man dies und jenes nur im Dasein so wahrnehmen könne, bin ich regelmäßig irritiert, immer mit dieser Weltanschauung konfrontiert zu werden - also ein weltanschauungsfreier Austausch nicht stattfindet, nicht stattfinden kann.
Du korrigierst Pluto immer auf der Basis Deiner Weltanschauung, aber immer so, als ob diese Weltanschauung keine ist, sondern einfach nur Logik.
So wie drüben im anderen Thread, wo die Warnung vor Gottes Zorn darum als notwendig angesehen wird, weil Gottes Zorn einfach nur als logisch verstanden wird. Es wird kein Zweifel laut, dass dieser Zorn existiert.

Eigentlich bin ich entschieden, das auf sich beruhen zu lassen, aber ab und zu hoffe ich dann immer noch, mich verhört zu haben... die Hoffnung stirbt halt schwer. :)

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#18 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von Savonlinna » Do 4. Dez 2014, 00:49

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und wann bist Du nicht im Dasein?
Zwischen Geburt und Daseins-Tod bin ich aller Voraussicht nach ständig im Dasein - das wäre auch nicht ungewöhnlich. 8-)

Aber hier sprechen wir ja von Geist, der (a) einerseits der Ursprung des Daseins sein kann (einiges spricht dafür), (b) andererseits ein Phänomen im Dasein ist (auch dafür spricht einiges). - Wir können gerne (b) abspalten und nur über (b) sprechen.
Wieso ist das jetzt eine Antwort auf meine ganz einfache Frage:
Wann Du nicht im Dasein bist?

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#19 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von closs » Do 4. Dez 2014, 09:08

Savonlinna hat geschrieben:Da Du fast in jedem Satz betonst, dass man dies und jenes nur im Dasein so wahrnehmen könne
Wir leben im Da-Sein. - Ist diese Aussage für Dich weltanschaulich kontaminiert?

Savonlinna hat geschrieben:Du korrigierst Pluto immer auf der Basis Deiner Weltanschauung
Das machst Du gerade auch - es gibt keine Aussage ohne zugrundeliegende Weltanschauung. Und je nach Prämisse(n) der jeweiligen Weltanschauung entwickeln sich daraus logische Schlussfolgerungen. - Das ist bei Dir haargenau dasselbe.

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#20 Re: Baruch Spinozas Verständnis von Geist & Körper

Beitrag von closs » Do 4. Dez 2014, 09:39

Pluto hat geschrieben: Aber ich sagte auch, Spinoza ging einen Schritt weiter, und setzte Gott mit der Natur gleich.
Und mit diesem Schritt verlässt er auch aus heutiger Sicht die christliche Auffassung - wobei, wie erwähnt, Spinoza NICHT so klingt, wenn man diagonal durch einige Texte geht. - Hier wäre wieder mal interessant, was Spinoza wirklich meint und wie er rezipiert wird.

Pluto hat geschrieben: Neurowissenschaftler sprechen von geistigen Prozessen.
OK - also Hardware - Software. - Was war eigentlich zuerst: die Software oder die Hardware? Bei Computern meine ich: die Software - oder nicht?

Pluto hat geschrieben: behauptest du, Materie sei Folge von Geist. Was fehlt ist allerdings der Mechanismus.
Dafür sind Leute wie Tipler oder Dürr zuständig. - Unter geistigen Gesichtspunkten leistet man sich auch mal eine Blackbox, weil das Phänomen selbst so klar erscheint, dass man es auch ohne Kenntnis der genauen Abläufe für wahr annimmt.

Pluto hat geschrieben:Wenn das zu schwer erscheint, ersetze einfach das Wort "Evidenz" durch "Rationale Erklärung".
Das ist etwas ganz anderes - rational erklärbar ist es natürlich - es sei denn, das Wort "rational" sei inzwischen inhaltlich auch geshiftet worden.

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