Wahrnehmung und Setzung

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#61 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Pluto » Do 13. Mär 2014, 22:56

Halman hat geschrieben:Mir ging es um die Feststellung, dass wir Menschen nur Weniges wirklich sicher wissen können. Oftmals können wir nur glauben bzw. vertrauen. Die Basis unserer Handlungen und dessen, wonach wir uns ausrichten, kann sich nicht allein auf fundiertes Wissen gründen. Jedenfalls bin ich noch keinem Menschen begegnet, dem dies in der komplexen Lebenswirklichkeit gelungen ist. Daher halte ich es grundsätzlich für legitim, auch auf Basis dessen, was einem glaubhaft erscheint, zu argumentieren. Hier Beweise im strengen Sinn einzufordern zeugt von einem Kategorienfehler.
Eines meiner Lieblingsthesen ist das Münchhausen Trilemma, was genau das besagt (dass nichts beeisbar ist).
Dennoch vertrauen wir ständig darauf, dass wissenschatliche Theorien stimmen, dass die Sonne "aufgeht", dass das Flugzeug in der Luft bleibt, dass das Handy oder Computer funktioniert, usw.

Aber was das genau dieses Vertrauen mit dem Glauben an die Transzendenz eines höheren Wesens zu tun hat, verstehe ich nicht.
Ein solcher Glaube ist doch willkürlich, oder verstehe ich dich falsch?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#62 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Halman » Fr 14. Mär 2014, 14:34

Pluto hat geschrieben:Aber was das genau dieses Vertrauen mit dem Glauben an die Transzendenz eines höheren Wesens zu tun hat, verstehe ich nicht.
Natürlich ist glauben ungleich Glaube, aber gemeinsam ist ihnen, dass hierin keine Wissensaussagen im streng wissenschaftlichem Sinne getätigt werden.

Ein Beispiel: Ich habe Freunde, denen ich vertraue. Wenn nun jemand von mir verlangen würde, dieses argumentativ zu belegen, hätte ich Schwierigkeiten. Reicht es, wenn ich sage, dass ich sie kenne? Dies könnte man immer als unzureichend entlarven.
Wenn ich nun die Vertrauenswürdigkeit meiner Freunde beweisen sollte, wäre ich völlig aufgeschmissen. Wie soll das gehen?

Was ich machen könnte, wäre über meine Erfahrungen mit ihnen zu berichten, darüber, wie die Freundschaftsbeziehungen über Jahre gewachsen sind. Beweise im strengen Sinne kann ich aber nicht vortragen.

Kritiker sehen Gläubige in der Beweisepflicht. Ich meine, dies ist zu streng, denn schließlich ist glauben ungleich wissen. Es mag zwar Gläubige geben, die ihren Glauben gleich Wissen setzen oder diesen sogar dem Wissen für überlegen halten im Sinne von besseren Wissen, aber dies ist keineswegs bei allen religiösen Menschen der Fall.
Wenn keine Wissensbehauptung aufgestellt wird, sondern lediglich ein Gläube verkündet wird, halte ich es für unfair, Beweise zu fordern. Noch unfairer wird es, wenn dies wissenschaftlich begründet werden muss, denn auch Gläubige sind i.d.R. Laien. Von Lieschen Müller und Herrn Jedermann würde ich keine wissenschaftliche Argumentation erwarten, sondern lediglich eine Alltags-Begründung - ähnlich meiner Begründung, warum ich meinen Freunden vertraue.

Pluto hat geschrieben:Ein solcher Glaube ist doch willkürlich, oder verstehe ich dich falsch?
Es kommt darauf an, auf welchem Fundament der Glaube steht. Wenn der Gläubige auf die Feinabstimmung der Naturkonstanten als Indiz für einen Schöpfer verweist und hierzu ein PDF-Dokument der Universität Ulm vorlegt, er anhand der gödel'schen Theorems darauf aufmerksam macht, dass Gott logisch möglich ist und auf die von Paulus im 1. Korintherbrief angeführten 500 Zeugen der Auferstehung Jesu i.V.m. der Argumentation des Historikers Dr. J. Spieß zugunsten der Glaubwürdigkeit der Auferstehtung verweist und ferner seinen gelebten Glauben durch das "Lebensexperiment des Glaubens" (wie Dr. Th. Schwartz es nannte) bezeugt (hier spielt Korrelation eine Rolle), dann ist der Glaube nicht willkürlich, sondern hat im Sinne von Hebr 11:1 "Sustanz".

Natürlich kann dergleichen immer angezweifelt und kritisiert werden. Aber die Kritik dürfte sehr verschieden von der Kritik gegenüber Russells Teekanne sein.
Woher wissen wir eigentlich, dass keine Teekanne zwischen Erde und Mars um die Sonne kreist? Nun, weil sie in einer Welt postuliert wird, über die wir Wahrscheinlichkeitsaussagen tätigen können. Wir können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie nicht existiert, weil die Wahrscheinlichkeit, dass bei den dynamischen Prozessen in der Geschichte unseres Sonnensystems (Entstehung und Entwicklung) die Entstehung einer Teekanne zwischen Erde und Mars gegen Null tendiert und daher vernachlässigbar klein ist.
Die Möglichkeit, dass Außerirdische ausgerechnet das von Bernhard Russell gwählte Objekt genau dort "versteckt" haben sollen, erscheint ebenfalls absurd, ist doch bereits der Besuch von Außerirdischen unwahrscheinlich.
Die dritte Möglichkeit, dass Menschen die Teekanne dort hingebracht haben, würde eine inkohärente Veschwörungstheorie erfordern, die gegen Ockhams Rasiermesser verstoßen würde. Dies genügt für eine qualifizierte Negation.

Grundsätzlich gilt: Existenz muss begründet werden, nicht Nichtexistenz. Zieht man diesen Grundsatz streng durch, müssten wir Außerirdische negieren, bis wir sie nachweisen können. Stopp: Die Stochastik spricht für ihre Existenz. Ein Beweis ist dies nicht, aber Indiz genug, um an die Existenz von Aliens zu glauben - selbst, wenn es nur Mikroben sind.
Bei der Frage der Existenz bzw. Nichtexistenz spielt also die Wahrscheinlichkeit eine große Rolle. Diese leiten wir aus unseren Kenntnissen über die Welt her.

Dies ist allerdings nicht auf einen transzendenten Gott übertragbar, weil wir über die transnaturalistische Welt keinerlei Wahrscheinlichkeiten definieren können. Sie liegt "jenseits" der Physik. Sie mit Verweist auf den Naturalismus zu negieren, basiert auf einer erkenntnistheoretischen Metaebene, die ihre Wurzeln im logischen Positivismus hat. Diese Negation ist aber keinesfalls zwingend, denn streng genommen wissen wir es nicht. Zudem ist sie vom Wesen her verschieden von der Negation von Russells Teekanne.

Übrigens ist Russels Teekanne bewusst absurd und völlig willkürlich. Die Folgerung, dass der Schöpfer existiert, ist aber keineswegs analog zur Teekanne, sondern hat, wie oben aufgezeigt, sehr wohl "Substanz". Die Indizien stützen sich aus Sicht des Gläubigen gegenseitig und lassen Gott glaubhaft erscheinen. Dies kann man von Russels Teekanne nicht sagen. Es liegt also aus zwei Gründen eine Scheinanalogie vor:
1. Unwahrscheinlichkeit ist nicht auf den transzendenten Bereich übertragbar (Kategorienfehler)
2. Indizienlose Willkürlichkeit ist ungleich indiziengestützem Glaubensbekenntnis
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
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#63 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von closs » Fr 14. Mär 2014, 15:43

Halman hat geschrieben:1. Unwahrscheinlichkeit ist nicht auf den transzendenten Bereich übertragbar (Kategorienfehler)
2. Indizienlose Willkürlichkeit ist ungleich indiziengestützem Glaubensbekenntnis
Sehr schön gesagt - Gratulation. :thumbup:

Halman hat geschrieben:Ein Beispiel: Ich habe Freunde, denen ich vertraue.
Ein anderes Beispiel: Ich kann unter der Setzung eines logischen Positivismus NICHT nachweisen, dass meine Frau mich liebt - also wäre die Aussage "Meine Frau liebt mich" "nicht relevant", wie man oft hört. - Wie könnte ich es nachweisen? Gar nicht - Ist es deshalb nicht Realität? - Doch, falls es stimmt.

Man erlebt oft, dass praktische oder metaphysische Alltags-Realität einfach rausgesiebt wird, weil sie nicht einer Erkenntnis-Methode gerecht wird. - Dies begründet meinen nachhaltigen Vorwurf der Anthropozentrik des logischen Positivismus.

Hemul
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#64 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Hemul » Fr 2. Mai 2014, 11:08

Pluto hat geschrieben: Bitte zeige einwandfrei und nachvollziehbar, dass mehr als die naturalistische Welt existiert, dann reden wir wieder darüber. Ist im Sport auch so... so lange bis eine neuer "Champion" gekürt wird, trägt der Alte alte Titel weiter. :D
Mysteriöse Kraft im All – Dunkle Energie
Eigentlich sollte die gegenseitige Anziehung der Materie die Ausdehnung des Kosmos langsam abbremsen, doch stattdessen expandiert er immer schneller. Bisher weiß niemand, was dafür verantwortlich sein könnte.
:Smiley popcorn:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#65 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von sven23 » Fr 2. Mai 2014, 11:15

Hemul hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Bitte zeige einwandfrei und nachvollziehbar, dass mehr als die naturalistische Welt existiert, dann reden wir wieder darüber. Ist im Sport auch so... so lange bis eine neuer "Champion" gekürt wird, trägt der Alte alte Titel weiter. :D
Mysteriöse Kraft im All – Dunkle Energie
Eigentlich sollte die gegenseitige Anziehung der Materie die Ausdehnung des Kosmos langsam abbremsen, doch stattdessen expandiert er immer schneller. Bisher weiß niemand, was dafür verantwortlich sein könnte.
:Smiley popcorn:

Nein,nein, auch dunkle Energie und dunkle Materie sind Teil der natürlichen Welt. Beim Higgs-Boson hat es auch ziemlich lange gedauert, bis man es nachweisen konnte.

Oder sollen wir glauben, daß der Teufel das Universum mit seiner dunklen Energie auseinanderzieht? :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#66 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Hemul » Fr 2. Mai 2014, 11:50

sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Bitte zeige einwandfrei und nachvollziehbar, dass mehr als die naturalistische Welt existiert, dann reden wir wieder darüber. Ist im Sport auch so... so lange bis eine neuer "Champion" gekürt wird, trägt der Alte alte Titel weiter. :D
Mysteriöse Kraft im All – Dunkle Energie
Eigentlich sollte die gegenseitige Anziehung der Materie die Ausdehnung des Kosmos langsam abbremsen, doch stattdessen expandiert er immer schneller. Bisher weiß niemand, was dafür verantwortlich sein könnte.
:Smiley popcorn:

Nein,nein, auch dunkle Energie und dunkle Materie sind Teil der natürlichen Welt.
Wenn es so natürlich wäre ständen die Experten hier nicht immer noch so im dunkeln. :lol:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#67 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von sven23 » Fr 2. Mai 2014, 12:08

Hemul hat geschrieben: Wenn es so natürlich wäre ständen die Experten hier nicht immer noch so im dunkeln. :lol:

Deswegen heißt es ja dunkle Energie. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#68 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Pluto » Fr 2. Mai 2014, 12:10

Hemul hat geschrieben:Wenn es so natürlich wäre ständen die Experten hier nicht immer noch so im dunkeln. :lol:
Was gibts da zu lachen :?:
Darum heisst es auch "dunkle" Materie, verstehst? :idea:

Weisst du Hemul, die Wissenschaft hat noch niemals behauptet, alles zu wissen.
Dieses Gebiet liegt an der vordersten Front der kosmologischen Forschung. Da ist es normal, dass mehrere konkurrierende Hypothesen vorgestellt werden, sowohl über dunkle Materie als auch über dunkle Energie.

Noch Fragen?
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#69 Re: Wahrnehmung und Setzung

Beitrag von Andreas » Fr 2. Mai 2014, 13:33

Halman hat geschrieben:Kritiker sehen Gläubige in der Beweisepflicht. Ich meine, dies ist zu streng, denn schließlich ist glauben ungleich wissen.
Du wirst von den "Kritikern" hier keine Bestätigung dafür erhalten. In Kürze werden sie wieder Beweise für Gott, das Transzendente usw. fordern. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.
closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:1. Unwahrscheinlichkeit ist nicht auf den transzendenten Bereich übertragbar (Kategorienfehler)
2. Indizienlose Willkürlichkeit ist ungleich indiziengestützem Glaubensbekenntnis
Sehr schön gesagt - Gratulation. :thumbup:
Dem schließe ich mich an.
Die "Kritiker" hier ignorieren solche "Nebensächlichkeiten", schweigen sie tot, lenken das Thema auf "die wichtigen", relevanten, beweisbaren Dinge oder spielen mit den Fundis Katz und Maus (Tom und Jerry :mrgreen: ). Es ist ihnen nicht mal peinlich, immer und immer wieder den gleichen Kategorienfehler zu machen. Faszinierend!

Hemul
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#70 Re: Unser Pluto, ein Esoteriker...

Beitrag von Hemul » Fr 2. Mai 2014, 13:42

Pluto hat geschrieben: Weisst du Hemul, die Wissenschaft hat noch niemals behauptet, alles zu wissen.
Dieses Gebiet liegt an der vordersten Front der kosmologischen Forschung. Da ist es normal, dass mehrere konkurrierende Hypothesen vorgestellt werden, sowohl über dunkle Materie als auch über dunkle Energie.
Noch Fragen?
Na also, geht doch. :thumbup: Ich weiß doch auch nicht alles. ;) Im Zweifelsfalle glaube ich aber Gott mehr als der zeitweise total im dunkeln stehenden Wissenschaft. Da mache ich auch bei dir oder dem Herrn aus Duisburg keine Ausnahme. 8-)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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