closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Was ist daran nichts-sagend?
"Bewusstsein" ist hier so breit angelegt, dass eher die Frage lauten müsste, was NICHT "Bewusstsein" hat.
Das ist keine allzu schwere Frage.
Bewusstsein ist an die Existenz ausgebildeter Neuronen-Gruppen gebunden. Ergo hat alles was kein Gehirn hat, per Definition kein Bewusstsein. Pflanzen, Pilze, Einzeller, Regenwürmer...
Aber sobald man höhere Tiere (nicht nur Säugetiere) betrachtet, haben alle ein gewisses Maß an Bewusstsein und vor allem besitzen sie ein Gefühl des Selbst — der rote Faden der persönlichen Erfahrung, die Erinnerungen und die Vergleichsmöglichkeit.
Manche Tiere haben sogar eine einfache "Sprache". Delfine geben sich selbst Namen. Mit etwa einem Jahr beginnt das Geblubber eines kleinen Delfins Formen anzunehmen: Er gibt eine ganze spezifische Abfolge von Tönen von sich: Sein Name, den er ein Leben lang behält.
Ruft ein anderer Delfin seinen Namen, so reagiert er darauf und schwimmt in Richtung der Töne. Ruft der "Kollege" einen anderen Namen, so reagiert der Delfin nicht. Er weiß also ganz genau, wann er gemeint ist, und wann nicht.
Das erfordert Bewusstsein.
Killer-Delfine sind äußerst sexuell veranlagte Tiere. Sie scheinen den Sex extrem zu genießen, und scheuen sich nicht davor zu masturbieren oder gleichgeschlechtlichen Sex zu haben. Man kann während der Brunftzeit Männchen mit ihren meterlangen Erektionen beobachten, wie sie sich gegenseitig befriedigen. Die Weibchen scheint dieses Treiben nicht zu stören. Sie schwimmen mitten drin auf dem Rücken mit deutlich geschwollener Vulva und warten bis ein Männchen vom gleichgeschlechtlichen Sex genug hat, und sie begattet.
Man kann als Mensch diesen Hang zur Promiskuität der Delfinen verurteilen oder nicht. Er ist und bleibt einzigartig und dient ihnen zur bewussten Erfüllung ihrere sexueller Triebhaftigkeit. Ohne Bewusstsein ist ein solches Verhalten unvorstellbar.
closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Das ist kein Argument, denn der normale Bürger macht sich in der Regel auch keine Gedanken dazu.
Aber er hat einen Inhalt dazu, mit dem er erfolgreich unter Seinesgleichen - also unterm "Volk" - kommunizieren kann. - Das ist der Sinn von Sprache.
Und... Wie definiert der "Normalo" das Bewusstsein?
closs hat geschrieben:Das ist nicht argumentativ, sondern normativ. - Christlich ist "Bewusstsein" - nur als Beispiel - definiert, wer den Satz "Cogito, ergo sum" formuliert oder nicht-formuliert. Nein. Das ist weder normativ noch christlich. Das ist einfach nur deine persönliche Definition. Tiere können zwar nicht sprechen, aber sie können untereinander sehr wohl kommunizieren und haben eine sehr umfangreiche Vorstellung der eigenen Person.
Daran misst sich die Antwort auf die Frage "Haben Tiere Bewusstsein". - Wenn es also Tiere gibt, die obiges können, haben sie Bewusstsein.
Wenn ich dich richtige verstehe, bloß weil ein Tier den Satz nicht aussprechen kann, willst du ihm Bewusstsein absprechen?
Wie Wittgenstein einst sagte:
Wenn der Löwe sprechen könnte, wir könnten ihn nicht verstehen.
Wenn du der Meinung bist, Löwen hätten kein Bewusstsein und kein Gefühl für das "Ich" und für andere, dann könnten niemals Freundschaften wie die zwischen Kevin Richardson und "seinen" Löwen entstehen.
Schließlich haben Tiere ein Verständnis des Selbst und können sehr gut untereinander kommunizieren. Manche Affen (Goillas, Bonobos, Define) haben unsere Symbolik gelernt. Sie verstehen sie nicht nur, sie antworten sogar. Und Papageien haben gelernt unsere Worte zu vokalisieren.
Umgekehrt, hat sich noch kein Mensch bemüht, die Sprache der Tiere zu erlernen.
closs hat geschrieben:Das Problem: "Bewusstsein" ist inzwischen durch die Wissenschaft ganz anders definiert - wir haben also ein Polysem, weil "meine" christliche und "Deine" wissenschaftliche Definition ziemlich wenig miteinander zu tun haben. - Einfach ohne Wertung als Feststellung gemeint.
Du forderst, dass Tiere unsere Sprache lernen sollten damit sie dann so denken wie wir; erst dann wären sie bewusst.
Der Mensch will sich über der Tierwelt sehen und erniedrigt die Tiere zu stumpfsinnigen gefühllosen Maschinen (siehe Descartes). Das ist extrem anthropozentrisches Denken, was nicht mehr in unsere Zeit passt.
Nochmals. Wir haben es NICHT mit einem Polysem zu tun.
closs hat geschrieben:Auf "Deiner" Ebene stimme ich Dir zu
Warum immer wieder diese Versuche, sich als Christ auf eine höhere (moralische) Ebene zu stellen?
closs hat geschrieben:Mein Thema ist viel nüchterner: Was ist nach welcher Definition "Bewusstsein" und was folgt daraus. - Es folgt definitions-bedingt extrem Unterschiedliches.
Was ist daran nüchtern? Ich sehe darin nur Anmaßung und den ideologischen Trotz des "Was nicht sein darf..."
closs hat geschrieben:Die Frage ist, WAS ist.
Interessanterweise, haben Tiere hier längst eine Entscheidung gefällt: Sie leben Evidenz basiert: Das was sie sehen, hören,schmecken oder riechen können ist für sie real.
Beispiel:
Genauso wie ein Hund keine Porzellankatze jagd, werden Falken nicht durch Attrappen getäuscht.
Der Tierforscher Carl Safina berichtet, dass er Schwalben an Schnüren fesselte. Damit lockte er Falken in sein Netz, um sie mit Sendern auszurüsten. Die Schwalben fürchteten sich so sehr davor, dass er selbst darunter litt und mitfühlte. So fertigte er Attrappen aus Stoff und Federn. Doch die Falken lernten zwischen Echt und Fake zu unterscheiden, und gingen nicht mehr in seine Netze.
Der Mensch hat gelernt zu planen. Neben der Sprache hat sich im Laufe der Evolution das vielleicht mächtigste seiner Werkzeuge ausgebildet: Seine Gabe, seine Handlungen mental durchzuspielen, bevor er sie anwendet.
Doch mit der Planung kam ein seltsamer Nebeneffekt: Der Mensch maßt sich an zu wissen dass es Dinge gibt die wir nicht mit unseren Sinnen erfassen können.
Er gab diesen Dingen sogar einen Namen: "Transzendenzfähigkeit".