Marcel Reich-Ranicki

Literatur, Malerei, Bildhauerei
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Pluto
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#1 Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Pluto » So 22. Sep 2013, 00:10

Der deutsche "Literatur-Papst" ist tot.
So der Spitzname von Marcel Reich-Ranicki, der vor dei Tagen, am 18.9. verstarb. Er wurde 93 Jahre alt.

Bild
[Quelle: Neue Zürcher Zeitung]

Damit verliert die deutschprachige Literatur einen seiner berühmtesten Kritiker. Ein Mann der nie ein Blatt vor den Mund nahm, und öfter mit seiner scharfen Kritik ins Schwarze traf. Für seine Offenheit habe ich ihn stets sehr bewundert.

Ein Auzug aus dem Nachruf dieses grossartigen Mannes von der dpa:
NZZ hat geschrieben:Ein Streit ohne Versöhnung
1995 liess der Literaturkritiker in einem Verriss im «Spiegel» und im Fernsehen kein gutes Haar an Grass' neuem Buch «Ein weites Feld». Damit trat er eine hoch emotionale Debatte über die Frage los, wie weit Literaturkritik gehen darf.

Er teilte jedoch als Kritiker nicht nur aus: Reich-Ranicki musste auch viel einstecken. Mitte der 1990er Jahre sah er gezwungen, seine Rolle im kommunistischen Polen nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Tätigkeit für den Geheimdienst zu verteidigen.

Martin Walser, den mit Reich-Ranicki eine in der Öffentlichkeit heftig ausgelebte Abneigung verband, veröffentlichte 2002 einen Roman unter dem Titel «Tod eines Kritikers» (2002). FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher wertete das als Abrechnung mit dem Literaturbetrieb gedachte Buch als «Exekution» Reich-Ranickis.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#2 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von closs » So 22. Sep 2013, 00:27

Pluto hat geschrieben:Der deutsche "Literatur-Papst" ist tot.
Ein polnischer Jude, der ähnlich wie der deutsche Jude Martin Buber, meinem Land mehr gegeben hat, als die allermeisten auch nur ahnen.

Abischai
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#3 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Abischai » So 22. Sep 2013, 01:50

Seine Zeit war gekommen. Aber schade, wieder eine gute Stimme weniger. Daß es solche Leute gibt verleiht etwas Sicherheit, denn irgendwie geben die einem das Gefühl, nicht allein zu sein. Es gibt sie noch.

Seltsames Gefühl...
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Pluto
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#4 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Pluto » So 22. Sep 2013, 12:51

Abischai hat geschrieben:Seltsames Gefühl...
In der Tat...
Ich werde ihn und seine bissigen Kommentare vermissen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Catholic
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#5 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Catholic » Di 24. Sep 2013, 17:36

Ich war sicher nicht immer der selben Meinung wie er und wenn ich lass,dass er wiedermal "billige Literatur" (also fast immer alles,was nicht zu den Klassikern gehörte) verriss, dachte ich auch schon mal
"Du Idiot!"
aber es gibt nur noch wenige Zeitgenossen in diesem Land, die an seinen Intellekt heranreichen und die diese geniale Art ihr Eigen nennen,mit dem Wort zu spielen.
Ich werde ihn vermissen.

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Demian
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#6 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Demian » Mi 25. Sep 2013, 18:04

Ein Künstler unter den Kritikern. Er hat es tatsächlich gewagt den großen Peter Handke mit Vorliebe zu zerreißen. Welcher lebende Kritiker traut sich soetwas? Da ist eine richtige Persönlichkeit gestorben. Ich hätte mir gewünscht, dass er einen ordentlichen Verriss auf meinen ersten Roman schreibt. Leider ist mir diese bissige Zuwendung erspart geblieben. ;)

Nun ist es an uns die Worte zu bewachen ... so nämlich, wie Franz Kafka einmal schrieb: „Versunken in die Nacht. So wie man manchmal den Kopf senkt, um nachzudenken, so ganz versunken sein in die Nacht. Ringsum schlafen die Menschen. Eine kleine Schauspielerei, eine unschuldige Selbsttäuschung, daß sie in Häusern schlafen, in festen Betten, unter festem Dach, ausgestreckt oder geduckt auf Matratzen, in Tüchern, unter Decken, in Wirklichkeit haben sie sich zusammengefunden wie damals einmal und wie später in wüster Gegend, ein Lager im Freien, eine unübersehbare Zahl Menschen, ein Heer, ein Volk, unter kaltem Himmel auf kalter Erde, hingeworfen wo man früher stand, die Stirn auf den Arm gedrückt, das Gesicht gegen den Boden hin, ruhig atmend. Und du wachst, bist einer der Wächter, findest den nächsten durch Schwenken des brennenden Holzes aus dem Reisighaufen neben dir. Warum wachst du? Einer muß wachen, heißt es. Einer muß da sein.“

Marcel Reich-Ranicki wachte für uns alle. Möge er in Frieden ruhen

Lena
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#7 Re: Marcel Reich-Ranicki

Beitrag von Lena » So 6. Dez 2015, 16:36

Mit dem Gedanken an den Tod kann man nicht fertigwerden. Er ist völlig sinnlos und vernichtend. [...] Aber damit fertigwerden? [...] Sich mit dem Tod auszusöhnen ist unmöglich.
Marcel Reich-Ranicki
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

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