Eigentlich wollte ich nur einen Job

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Magdalena61
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#1 Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Magdalena61 » Do 31. Okt 2013, 13:23

Ralph Knapp aus Wuppertal hat sein Stellengesuch auf Großplakate drucken lassen - weil er als Arbeitsloser mit über 50 Jahren sonst nicht wahrgenommen wird. Am Bahnhof wirbt er nun mit seiner Erfahrung und körperlicher Fitness.
spiegel.de
Und so sehen seine Plakate aus:
Ralphs-Anzeige-3.jpgWk.jpg
Bildquelle: http://www.55suchtjob.de/

Ich habe im Kino in Wuppertal gearbeitet. Da mein Vertrag auslief, habe ich im Sommer angefangen, mich zu bewerben. Nach 50 Absagen war mir klar, ich muss mit meiner Stellensuche nach draußen. Ich habe mir für zehn Tage zwei Plakatwände gemietet, das kostet 400 Euro.
spiegel.de
DAS Geld muß man auch erst einmal haben.
Jetzt... hat er die Aufmerksamkeit der Medien...aber ob diese ihm dabei helfen wird, einen neuen Job zu finden? :roll:

Warum stellen die Firmen lieber junge Leute ein, teilweise ohne Berufserfahrung, und mit der Lebenserfahrung sieht es auch nicht viel besser aus?
Sagen wir es mal so: Ich habe viele Jahrzehnte Berufserfahrung und kein Problem damit, um 5 Uhr morgens aufzustehen.
spiegel.de
... dabei könnten die Betriebe von der Erfahrung, der Routine und der Disziplin älterer Arbeitnehmer durchaus profitieren?

Ich meine, hier müsste von Seiten des Staates mehr getan werden... damit Arbeitssuchende, die halt die 40 schon überschritten haben, aber ansonsten leistungsfähig und - willig sind, bei der Vergabe offener Stellen mehr berücksichtigt werden.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

barbara
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#2 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von barbara » Do 31. Okt 2013, 16:21

Magdalena61 hat geschrieben: Warum stellen die Firmen lieber junge Leute ein, teilweise ohne Berufserfahrung, und mit der Lebenserfahrung sieht es auch nicht viel besser aus?

die gehorchen besser, reklamieren weniger wenn sie völligen Blödsinn machen müssen und kosten weniger. Tendenziell haben sie auch weniger Familie, sodass man sich als Arbeitgeber kein schlechtes Gewissen machen muss, wenn man sie wieder entlässt.


... dabei könnten die Betriebe von der Erfahrung, der Routine und der Disziplin älterer Arbeitnehmer durchaus profitieren?

könnten schon, wenn sie wollten. Aber in einer Wirtschaft, die von Quartalsabschluss zu Quartalsabschluss schielt und wo kurzfristige Erfolge wichtiger sind als Nachhaltigkeit, sind diese Qualitäten nicht gefragt.


Ich meine, hier müsste von Seiten des Staates mehr getan werden... damit Arbeitssuchende, die halt die 40 schon überschritten haben, aber ansonsten leistungsfähig und - willig sind, bei der Vergabe offener Stellen mehr berücksichtigt werden.

Das Problem ist - global - dass wir an Überproduktion leiden. Arbeitsplätze hin- und herschieben ist da nicht die Lösung. Es braucht grundlegende Strukturreformen, ganz neue Arten zu leben und zu arbeiten.

gruss, barbara

Pluto
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#3 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Pluto » Do 31. Okt 2013, 17:17

Magdalena61 hat geschrieben: Warum stellen die Firmen lieber junge Leute ein, teilweise ohne Berufserfahrung, und mit der Lebenserfahrung sieht es auch nicht viel besser aus?
1. Weil sie weniger kosten.
2. Weil sie noch "formbar" sind und man sie auf die Unternehmensziele ausrichten.
3. Weil sie weniger ansrpuchsvoll sind im Denken.

... dabei könnten die Betriebe von der Erfahrung, der Routine und der Disziplin älterer Arbeitnehmer durchaus profitieren?
Ganz genau.
Und es gibt Firmen die anfangen umzudenken. Sie stellen auch vermehrt ältere Menschen ein, weil diese oft zuverlässiger sind.
Ein Kriterium bleibt aber: die Qualifikation der Ausbildung. Man schaut eben mmer auch auf den jeweiligen Abschluss. Schlosser und Mechaniker sind gefragt, Maurer weniger.

Darüber gabs etwa vor einen Jahr einen TV-Bericht.

Ich meine, hier müsste von Seiten des Staates mehr getan werden... damit Arbeitssuchende, die halt die 40 schon überschritten haben, aber ansonsten leistungsfähig und - willig sind, bei der Vergabe offener Stellen mehr berücksichtigt werden.
Rufe nach dem Staat helfen nur bedingt.
Es ist oft besser wenn der Staat nur die Rahmenbedingungen schaft, und die Auswahl der Mitarbeiter der Wirtschaft überlässt. Z. Bsp. könnte der Staat für eine befristete Zeit, einen Teil des eingesparten Arbeitslosengeldes dem Unternehmen zahlen, wenn dieser über 50-jährige einstellt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Magdalena61
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#4 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Magdalena61 » Do 31. Okt 2013, 19:01

barbara hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Warum stellen die Firmen lieber junge Leute ein, teilweise ohne Berufserfahrung, und mit der Lebenserfahrung sieht es auch nicht viel besser aus?
die gehorchen besser, reklamieren weniger wenn sie völligen Blödsinn machen müssen und kosten weniger. Tendenziell haben sie auch weniger Familie, sodass man sich als Arbeitgeber kein schlechtes Gewissen machen muss, wenn man sie wieder entlässt.
Was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Und dann... hat so ein "Junger" kleine Kinder und eine Frau, die bei ihnen zu Hause bleibt... so einen kann ein Chef mit Verantwortungsbewußtsein noch viel weniger "wegschicken".

Arbeitnehmer, deren Kinder bereits aus dem Haus sind sind unabhängiger und belastbarer, weil sie nicht so viel Energie in die Familie stecken müssen, behaupte ich mal. Sie können über ihre Zeit freier verfügen. Besonders auch dann, wenn beide Ehepartner berufstätig sind.
Aber in einer Wirtschaft, die von Quartalsabschluss zu Quartalsabschluss schielt und wo kurzfristige Erfolge wichtiger sind als Nachhaltigkeit, sind diese Qualitäten nicht gefragt.
Ja also.... man wundert sich nur noch.
Wenn jemand GUT war in seinem Job, und dann macht die Firma dicht oder er will reduzieren... so einer verlernt doch nicht, was er kann.
Das Problem ist - global - dass wir an Überproduktion leiden. Arbeitsplätze hin- und herschieben ist da nicht die Lösung. Es braucht grundlegende Strukturreformen, ganz neue Arten zu leben und zu arbeiten.
:) Du möchtest wieder einmal die Welt neu erschaffen.
Man muß da ansetzen, wo es möglich ist, und kleine Schritte gehen.
LG
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#5 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Magdalena61 » Do 31. Okt 2013, 19:11

Pluto hat geschrieben:Ein Kriterium bleibt aber: die Qualifikation der Ausbildung. Man schaut eben immer auch auf den jeweiligen Abschluss.
Wer sich nicht fortlaufend per Eigeninitiative fortbildet, der muß sich nicht beklagen. Ich gehe mal davon aus, dass Arbeitnehmer, die an ihrem Beruf interessiert sind, sich informieren, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Z. Bsp. könnte der Staat für eine befristete Zeit, einen Teil des eingesparten Arbeitslosengeldes dem Unternehmen zahlen, wenn dieser über 50-jährige einstellt.
Macht er ja schon, der Staat, und das nennt sich Lohnkostenzuschuß.
Leider gibt es Firmen, die beschäftigen diese Leute dann nur so lange, wie sie Zuschüsse kassieren können, und das vorsätzlich.

Hier müsste der Staat mehr auf die Finger schauen und... klopfen.
LG
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#6 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Pluto » Do 31. Okt 2013, 19:26

Magdalena61 hat geschrieben:Ich gehe mal davon aus, dass Arbeitnehmer, die an ihrem Beruf interessiert sind, sich informieren, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Davon gehe ich auch aus, aber das ist bei Vielen nicht der Fall. Viele der sog. LAngzeitarbeitslosen haben eben eine zu geringe Ausbildung, oder die Falsche. Z. Bsp. kann ich mir vorstellen, wer Fotograf, Grafiker oder Technischer Zeichner ist, hat ziemlich Mühe, was zu bekommen. Schlosser oder Pfleger sind hingegen ziemlich gefragt.

Hier müsste der Staat mehr auf die Finger schauen und... klopfen.
Mit Rahmenbedingungen könnte der Staat mehr machen.
Z. Bsp. Statt die Steuern für die Großindustrie senken (wie seinerzeit die SPD), mal an den Mittelstand denken, oder an die Hausbesitzer, die die große Masse der Steuern zahlen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Abischai » Do 31. Okt 2013, 22:01

Im Moment bin ich Einzelunternehmer. Aber wenn ich mir mal einen Knecht zulege, dann sicher keinen Jungspund, sondern einen älteren Herrn, den ich nicht in 10m Höhe turnen lasse, dem ich aber sicher eine gute Kritik für meine Planung abverlangen kann.

Das Plakat eingangs zeigt aber, wie wenig Ralph die Realität begriffen zu haben scheint. Es handelt sich um einen Sklavenmarkt. Ein Sklave hat kein Recht, von jemandem gekauft zu werden.

Ich habe bei vielen Firmen aber auch den Eindruck, daß sie gar keine Ahnung davon haben, wie man mit Personal umgehen muß. Daher halte ich es für völlig gerecht, wenn diese Firmen nun auch langfristig arge Personalnöte bekommen oder gänzlich vom Markt verschwinden. Strafe muß sein!

Ein gutgehendes Familienunternehmen unterscheidet sich nicht ohne Grund von gewöhnlichen "billigen" Firmen, die den Begriff "Rendite" in allen Sprachen akzentfrei wiedergeben können, denen aber völlig verlorengegangen ist, was Liquidität bedeutet.

Mögen die vielen Ralphs von denen entdeckt werden, die gute Leute zu schätzen wissen.
Eins aber möchte ich noch betonen.: Wer einen Job braucht, sollte sich vertrauensvoll an Gott wenden, der alle Macht hat.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Pflanzenfreak
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#8 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Pflanzenfreak » Do 31. Okt 2013, 23:43

Heutzutage wird früher geleistetes nicht mehr anerkannt. Man muss sich jedes Mal neu bewähren. Das finde ich fatal, weil Niemand immer nur Höchstleistung bringen kann. Undank ist der Welt Lohn, so steht es schon in der Bibel.

Pluto
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#9 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Pluto » Fr 1. Nov 2013, 00:26

Pflanzenfreak hat geschrieben:Heutzutage wird früher geleistetes nicht mehr anerkannt. Man muss sich jedes Mal neu bewähren. Das finde ich fatal, weil Niemand immer nur Höchstleistung bringen kann.
Es kommt ncht auf Höchstleistung an, sondern mehr auf die Fähigkeiten des Mitarbeiters an: Flexibilität, Kreativität, Konzentration, usw.

Ist einmal die Hürde des Einstellens genomment, dann erkennt ein guter Chef sehr schnell, was eine(r) kann und was nicht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Abischai
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#10 Re: Eigentlich wollte ich nur einen Job

Beitrag von Abischai » Fr 1. Nov 2013, 01:30

Mir hat bei einem Einstellungsgespräch mal ein Chef gesagt, daß es für mich keine Probezeit gäbe, er hielte das für unnütz. Wenn ich ihn nicht überzeugen würde, trennten sich unsere Wege ohnehin.

Das fand ich gut. "Probezeit" ist ein Unding, da soll man keinen Urlaub nehmen und ähnlichen Quatsch. Das heißt doch nur, daß man ohne Nennung von Gründen beiderseits schnell kündigen kann. Für einen Chef und auch für den MA ist das nicht gerade "planungssicher".

Wenn man wie beim Otto-Versand Kleider auf Probe in 3 verschiedenen Größen kauft und nur eines behält... (diese Kultur habe ich nach der "Wende" kennengelernt, werde mich ne daran gewöhnen)

So gehen einige Firmen mit MA um. Das ist kriminell, finde ich. Wenn ich mich für jemanden entscheide, dann richtig. Dann erwarte ich auch von demjenigen, daß er nicht morgen wieder weg ist, aber auch das ist unternehmerisches Risiko.

An einen Vertrag muß man sich beiderseits halten, und man muß auch beiderseits auf die Vertragserfüllung vertrauen dürfen.

Vertrauensbruch in dieser Hinsicht ist ein schweres Delikt und sollte daher auch schwerst geahndet werden, ebenfalls beiderseits.

Ich möchte meinem Chef vertrauen können und daß er mir vertraut. Ich war in einigen Firmen, in denen das so war, da habe ich mich auch recht wohl gefühlt. Und ich hätte für die Firma alles gegeben, ich nenne das Loyalität.
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