Pluto hat geschrieben:
Die Frage die wir uns stellen müssen ist, wie kann Gott dort sein, ohne es zu verhindern? Die Bibel vermag uns nicht zu erklären, wie ein guter, gerechter und allmächtiger Gott in seiner Welt solch unermessliches Leid untätig geschehen lassen kann.
*unermessliches* Leid ist eine Redewendung, die aber nicht der Wirklichkeit entspricht; das Leid hat ein Mass. Und wenn dieses Mass voll ist, dann kommt der Tod, und das Leid ist beendet.
Wie kann ein gütiger Gott mit ansehen, wenn diese Kinder so leiden?
Eine Frage, die dem Wesen Gottes meines Erachtens nicht gerecht wird. Gott ist all-gegenwärtig und all-bewusst; folglich fühlt er das Leid dieses Kindes als sein eigenes. Gott IST, unter anderem, diese Kinder. (er ist auch Du und Ich und der Stuhl und die Felsen und die Bäume und die Sterne und und und). Gott ist nicht wie der Wissenschaftler, der sich im Labor über die Käfige mit den Ratten beugt und zählt, wie viele heute denn gestorben sind.
Die Theologen haben eine klassische Antwort darauf, die über das Leid hinwegtrösten will:
- "Gott will das Leid nicht; er will es aber auch nicht verhindern, er lässt es vielmehr nur geschehen."
Doch löst das das Rätsel der Theodizee? Ich meine, nein.
nein, das löst das Rätsel nicht.
Des Rätsels Lösung kommt man meines Erachtens näher, wenn man sich mal anschaut, wie menschliche Programmierer Computerspiele planen: sie planen Welten, in denen Leid und Schmerz sehr wohl vorkommt - in denen kommt aber auch immer der Tod vor. Das macht die ganze Sache erst interessant. Und dann: es ist ein Spiel, es ist nicht die ultimative Realität.
Gegenfrage:
Wie sollen ausgerechnet wir dieses Problem der Menschheit aus der Welt schaffen? Aufgrund welcher neuen Erkenntnisse und Erfahrungen denn?
Ich würde mich da auf eine alte Erkenntnis beziehen, nämlich "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." Wenn du deinen Nachbarn begegnest, wenn du einkaufst, wenn du deine alltäglichen Verrichtungen machst - denke ein wenig darüber nach, was du alles unterstützt, wenn du deine Kleider kaufst (Monokulturen? Arbeiter ohne Versicherung? gentechnisch veränderte Baumwolle?) oder wenn du Nahrung kaufst (Massentierhaltung? Brutstätten für Seuchen, die um die Welt wandern? Hungernde Menschen, um mit Getreide Tiere zu füttern?)
und wir stürzen selbst in bodenlose Verzweiflung.
Stimmt. Wir erfahren aber auch: wir fangen uns irgendwann wieder. Ganz besonders, wenn wir uns erlauben, uns in den Abgrund fallen zu lassen.
Einen wirklich allmächtigen Gott gibt es IMO nicht — dafür gibt es zu viele Widersprüche.
Das würde bedeuten, dass das Universum durch mindestens zwei (oder noch mehr!) gleichberechtigte Kräfte geschaffen wurde, nicht eine einzige Kraft. Ockhams Rasiermesser würde da einen Haarschnitt vorschlagen.
Doch ein all seiner Macht beraubter Gott kann nicht ein Gott sein, zu dem wir respektvoll aufschauen. Und die Vorstellung, dass Gott statt gütig und gerecht, grausam und willkürlich handelt, ist erst recht unerträglich.
Als Naturwissenschaftler bist du ja wohl der Auffassung, dass sich die Spielregeln der Welt - die Naturgesetze - nicht ändern, sondern die bleiben immer gleich. die werden nie ausser Kraft gesetzt. Willkür ist da nicht festzustellen - und die meisten Grausamkeiten, die wir sehen, sind menschengemacht. Es gäbe genug zu essen für alle Menschen, würden nicht wir in den reichen Ländern grosse Mengen Nahrungsmittel fortwerfen, sondern alles gleichmässig verteilen.
grüsse, barbara