Was ist "Bildung"?

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Janina
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#21 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Janina » Di 15. Mai 2018, 15:03

closs hat geschrieben:Aber genau so laufen heute Bachelor-Prüfungen: "Turbo-Lernen und schnell vergessen". - Das ist keine Erfindung von mir, sondern wurde mir mehrfach von Bachelor-Kandidaten bestätigt.
Ist diese Art des Lernens so gefordert? Oder ist das nur eine Strategie von Schülern, um sich durch die Prüfung zu mogeln?
Also bei uns wurde Verständnis abgeprüft. Mit Wortblasen fällt man sofort auf. Zumindest in der Physik.
Beispiel: Student kommt in den Raum. Prof weist auf die Heizung - "Was fällt ihnen auf?" - Auf der Heizung liegt ein Ziegelstein. Angucken, anfassen - oh, merkwürdig! Der Stein ist oben warm und unten kalt. Prüfungsaufgabe: "Erklären sie, warum"... 8-)

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Hexenjagd
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#22 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Hexenjagd » Di 15. Mai 2018, 15:10

Janina hat geschrieben:Student kommt in den Raum. Prof weist auf die Heizung - "Was fällt ihnen auf?" - Auf der Heizung liegt ein Ziegelstein. Angucken, anfassen - oh, merkwürdig! Der Stein ist oben warm und unten kalt. Prüfungsaufgabe: "Erklären sie, warum"... 8-)
Als Student wäre mein erster Gedanke: Der Prof. hat ihn kurz vorher umgedreht...lach :mrgreen:

mfg
5. Mose 18, 10
Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt, oder einer, der Wahrsagerei betreibt oder Zeichendeuterei oder ein Beschwörer oder ein Zauberer,

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Janina
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#23 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Janina » Di 15. Mai 2018, 15:26

Hexenjagd hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Student kommt in den Raum. Prof weist auf die Heizung - "Was fällt ihnen auf?" - Auf der Heizung liegt ein Ziegelstein. Angucken, anfassen - oh, merkwürdig! Der Stein ist oben warm und unten kalt. Prüfungsaufgabe: "Erklären sie, warum"... 8-)
Als Student wäre mein erster Gedanke: Der Prof. hat ihn kurz vorher umgedreht...lach :mrgreen:
Treffer.
Das war eine echte Lockerungsübung.

closs
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#24 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von closs » Di 15. Mai 2018, 15:36

Janina hat geschrieben:Ist diese Art des Lernens so gefordert? Oder ist das nur eine Strategie von Schülern, um sich durch die Prüfung zu mogeln?
Wie es aussieht: Ersteres.

Heute ist alles derart juristisch durchsetzt, dass man sich als Prüfer/Uni/Staat auf die sichere Seite begibt und gerade NICHT Verständnis, sondern "objektivierbares" Wissen abfragt. - Also NICHT: "Was steht eigentlich in McBeth drin?", sondern "Wann wurde das Stück nach heutigem Wissensstand geschrieben und welche mythologischen Motive sind darin erkennbar?". - Solche Fragen gehören AUCH dazu - aber sie betreffen nicht die Substanz. - Wobei wir schon wieder bei der historisch-kritischen Exegese wären und auch ein bißchen bei unseren "Was-ist-Wissenschaft-Kippeleien".

Mein mich prägender Professor (im 19. Jh. geboren 8-) ), bei dem ich ein Privatstudium in England absolvieren durfte, hat immer vom "Loss of Center" gesprochen: Man weicht aus ins Periphere, das man wie die Gans das Buch auf dem Kopf, getrost nach Hause tragen kann, und verliert immer mehr an Substanz.

Janina hat geschrieben:Mit Wortblasen fällt man sofort auf. Zumindest in der Physik.
Das ist nicht das Problem heute - da gibt es eben KEINE Wortblasen, dafür aber objektiverbarer Plastikmüll. - Die Bibelstelle Apg. 8,30 ist hierzu gerade prophetisch: "Da lief Philippus hin und hörte, dass er den Propheten Jesaja las, und fragte: Verstehst du auch, was du liest?" - Diese Frage ist heute nicht mehr relevant.

Janina hat geschrieben:Beispiel: Student kommt in den Raum. Prof weist auf die Heizung - "Was fällt ihnen auf?" - Auf der Heizung liegt ein Ziegelstein. Angucken, anfassen - oh, merkwürdig! Der Stein ist oben warm und unten kalt. Prüfungsaufgabe: "Erklären sie, warum"...
Das mag ein Joke gewesen sein, aber trotzdem ein gutes Beispiel - das erinnert mich an das alte Professorenbild: Berufung, Lehrer, universal, witzig.

In meiner englischen Prüfung war das Thema: "Erklären Sie an einem Stück Shakespeares dessen Stellung in der englischen und europäischen Literatur im Hinblick auf den englischen Klassizismus sowie Corneille/Racine in Frankreich und Gryphius in Deutschland". - Also echte Kontext-Themen, die man nicht gelernt runterbeten kann. - O Gott - wir werden nostalgisch - dabei bist Du noch sooo jung. :angel:

Janina hat geschrieben:Treffer. - Das war eine echte Lockerungsübung.
Das ginge heute nicht mehr: "Arglistische Täuschung - Diskriminierung, weil Du eine Frau bist - Shitstorm - Betroffenheits-Piouretten seitens der Hochschulleitung - etc".

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Janina
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#25 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Janina » Di 15. Mai 2018, 15:57

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Ist diese Art des Lernens so gefordert? Oder ist das nur eine Strategie von Schülern, um sich durch die Prüfung zu mogeln?
Wie es aussieht: Ersteres.
Komisch, warum ist nie an mich herangetragen worden, dass ich den Prüfungsstoff ab dann vergessen sollte?
Ich glaube also doch: Letzteres.

closs hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Treffer. - Das war eine echte Lockerungsübung.
Das ginge heute nicht mehr: "Arglistische Täuschung....
Ganz im Gegenteil! Jeder, der was aufm Kasten hat, fand die Prüfung geil. Vergleichbares ist in Fachkreisen sehr gern gesehen. Und jeder Physiker kennt das Buch von Feynman "Sie belieben wohl zu scherzen", und kennt die Beschreibung seiner Zeit in Brasilien und der Cargo-Kult-Physik. Dringend zu empfehlen zum Kennenlernen, wie ein Physiker tickt.
https://www.amazon.de/Sie-belieben-wohl ... 3492213472

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#26 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von PeB » Di 15. Mai 2018, 16:22

Ausbildung ist die funktionale Vermittlung von Sachwissen in Bezug auf spezifische Anwendungsbereiche.
Bildung ist die Vermittlung von Methodik mit dem Ziel der flexiblen Befähigung zur grundsätzlichen Aufgabenbewältigung.
;)

Mit anderen Worten: Ausbildung ermöglicht mir, durch standardisierte Handlungsabläufe bestimmte Arbeiten zu verrichten - aber nur diese. Bildung hingegen soll mich in die Lage versetzen, eigene Lösungskonzepte für zu verrichtende Arbeitsabläufe zu entwickeln und durchzuführen; darüber hinaus vermittelt Bildung zusätzlich den Grundstock für jedwede eigenständige Geistesleistung.

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#27 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Ertem » Di 15. Mai 2018, 16:34

PeB hat geschrieben:Ausbildung ist die funktionale Vermittlung von Sachwissen in Bezug auf spezifische Anwendungsbereiche.
Bildung ist die Vermittlung von Methodik mit dem Ziel der flexiblen Befähigung zur grundsätzlichen Aufgabenbewältigung.
;)

Mit anderen Worten: Ausbildung ermöglicht mir, durch standardisierte Handlungsabläufe bestimmte Arbeiten zu verrichten - aber nur diese. Bildung hingegen soll mich in die Lage versetzen, eigene Lösungskonzepte für zu verrichtende Arbeitsabläufe zu entwickeln und durchzuführen; darüber hinaus vermittelt Bildung zusätzlich den Grundstock für jedwede eigenständige Geistesleistung.


Darum sagte Jesus: wenn ihr nicht seid wie die Kinder... Eine geistige Leistung kann auch mit dem Herzen gebildet werden und zwar selbst dann, wenn der entsprechenden Person es an sprachlicher Effizienz mangelt. Du sprichst hier mit der Stimme des Lexikons.

Die Herzens Bildung ist das Wesentliche. Wer akademisch ausgebildet präzise formulieren kann, der muss noch lange nicht auf Grund dessen die Wahrheit sprechen.

Insofern ist Bildung nicht zwingend nützlich, so, wie Intelligenz missbraucht werden kann.

Zusammenfassend: auf Herz und Nieren prüfen, nicht auf Bildung. Bildung ist stets nur Mittel zum Zweck. Und somit kein Grundstock für JEDWEDE EIGENSTÄNDIGE GEISTESLEISTUNG:
DIE GEISTESLEISTUNG ÜBERLASSE DOCH DEM HG.

Ich habe nur diesen einen Herrn, damit du verstehst, sage ich das hier noch einmal.

Ertem
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#28 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von Ertem » Di 15. Mai 2018, 16:47

Dann möchte ich verstehen können, wie gebildet Mozart dreijährig war, als er bereits das zu leisten Imstande war, was er leistetet.

Hier muss man sich ja immer erklären. Weil die Gedanken nachzuvollziehen zu aufwändig ist.

Der Begriff Bildung ist zu einseitig, Stückwerk und Menschen, die keinen Zugang zu ihr haben offiziell zu erklären, sie hätten daher keinen Grundstock für eigenst...--

closs
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#29 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von closs » Di 15. Mai 2018, 16:58

Janina hat geschrieben:Komisch, warum ist nie an mich herangetragen worden, dass ich den Prüfungsstoff ab dann vergessen sollte? Ich glaube also doch: Letzteres.
"Letzteres" interessiert keinen - entscheidend ist, dass man ein Zertifikat hat. - Bachelor-Akademiker hat jetzt einen Bildungs-Nachweis, und nur darum geht es - denn damit kann er als qualifiziert-geltend auf den Arbeitsmarkt gelassen werden - anerkanntes Berufsbild.

Der Arbeitsmarkt sagt dann "Die sind gar nicht schlecht", weil der Arbeitsmarkt neugierige junge Menschen vor sich hat, die etwas lernen wollen. - Dass es wahrscheinlich auch ohne Bachelor gegangen wäre, merken sie ja nicht. - Allerdings sollte man hier berufsbegleitende Schulen ausnehmen - dort ist man nah an der Praxis.

Das eigentlich Gute am Bachelor ist, dass man damit nachgewiesen hat, unter Druck Sachen aufnehmen und reproduzieren/verwerten zu können - es ist also eine durchaus ansprechende Grundvoraussetzung da, in einem Betrieb Dinge lernen und anwenden zu können. Das können viele ohne Bachelor NICHT. - Das Problem aus meiner Sicht ist, so etwas "Bildung" zu nennen.

sonja-marion
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#30 Re: Was ist "Bildung"?

Beitrag von sonja-marion » Di 15. Mai 2018, 18:52

Bildung setzt sich für mich aus verschiedenen Inhalten zusammen:

Um sich die Welt zu erschließen muss der Mensch über Wissen verfügen. Damit meine ich Einblicke in die Zeitgeschichte, Musik, Literatur,…, und genauso die Geschichte, Einblicke in die Wissenschaft.

Dies genügt jedoch nicht - um sich die Welt zu erschließen sind zusätzliche Kenntnisse (Führerschein, Medienhandhabung, spezielle Kenntnisse im Beruf, …. ) nötig.

Wissen und Können führen in ihrer Verbindung zur Selbstbestimmungsfähigkeit, Handlungsfähigkeit, sozialer Kompetenz, die Herausbildung der Einzigartigkeit der eigenen Persönlichkeit. Also bedeutend mehr als eine reine Anhäufung von Wissen.

Bildung wäre demnach Wissen, Können und persönliche Herzensbildung so zu verbinden, dass die Schlüsselprobleme der Welt erkannt werden und verantwortliche Bemühung um die Lösung dieser möglich wird. ( Herz, Geist und Hand sind gemeinsam am Werk.)

sonja-marion

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