Halman hat geschrieben:
liebe User-Gemeinde,
eben habe ich ein Interwiev mit
Bazon Brock (emeritierter Professor für Ästhetik und Philosophie) gesehen. Er sprach u.a. über die
Kritikwürde im Diskurs, darüber, dass wir gerade durch unsere Differenzen in der Lage sind uns selbst zu erkennen (so in meinen Worten, ich hoffe, dass ich in korrekt rezipiert habe).
[...]
Dieses Forum lebt ja von diesen Differenzen, davon, dass wir in der Kritik uns positionieren. Dabei ist es wichtig, die andere "Kultur" gelten zu lassen: Gegnerschaften sind KEINE Feindschaften.
Wir bewertet ihr den Diskurs in unserer Gesellschaft? Mein Eindruck ist, dass die Diskurs- und Kritikfähigkeit gelitten hat. Früher war es normal, so oder anders zu wählen usw. Aber heute hat man eine bestimmte Meinung zu vertreten, nämlich die
richtige, ansonsten ist man ... ja, kritikunwürdig. Ist das nicht die schlimmste Abqualifizierung?
Wer sagt denn, man habe eine bestimmte Meinung zu vertreten? Und wo ist genau der Unterschied zu "früher"?
Und wie man sich verrennen kann, wenn die Grundlagen völlig unbekannt sind, dafür ist Brock selber das beste Beispiel. Ich erinnere an sein
famoses Vorwort zu Zillmers "Irrtümer der Erdeschichte".
Das ist z.T. einfach Schwadronniererei. So schreibt Brock mit Bezug auf Velikovsky, das Weltuntergangsszenario der Tollmanns und selbstverständlich Zillmer:
Sie und ihre vielen Kollegen erfanden keine neue Wissenschaft als Privatmythologie, die man als new-age-Spiritismus abtun konnte. Vielmehr arbeiten sie alle unter dankbarer Akzeptanz der staunenswerten Arbeitsresultate der etablierten Wissenschaftler diverser Disziplinen.
Diese sogenannten "Arbeitsresultate" werden eben im Allgemeinen von "etablierten Wissenschaftlern" überhaupt nicht dankbar entgegengenommen. Siehe weiter unten.
Sie leugnen nicht, wie die Spiritisten, die erhobenen Daten und Erkenntnisse, sondern stützen ihre Argumentation gerade auf solche Erkenntnisse.
Doch, Zillmer leugnet bestimmte Erkenntnisse und aus anderen, ihm genehmen Erkenntnissen -- wobei er jeden passenden Strohhalm aufgreift -- bastelt er sich seine eigenen Hypothesen. Und die versanden in den Wissenschaften, weil jedem "richtigen" Wissenschaftler jeweils eine ganze Legion von Beobachtungen zu eigen ist, die die Zillmerhypothesen überhaupt nicht stützen, sondern falsifizieren.
Bazon Brock weiß aber davon gar nichts. Wenn er über Lyell, Darwin und die Naturwissenschaften an sich sinniert, dann fehlt ihm jedes Fundament dafür. Jedoch übernimmt er den Erzählfaden Zillmers über diese "Gegenstände". Brock erzählt uns dann:
Zu Zeiten der Gebrüder Grimm, die sich mit zahlreichen Kollegen der Entwicklung der Sprachen und Kulturen widmeten, versuchten die „Gebrüder Charles“, Charles Lyell und Charles Darwin, ebenso erfolgreiche Erzählungen wie die der Kulturforscher, Epiker und Volksmythenerzähler über die Geschichte der Erde und des Lebens unter das Volk zu bringen. Und der Erfolg der Gebrüder Charles als wissenschaftliche Autoritäten war so groß, daß wir noch heute kaum wagen, andere Erzählungen zu akzeptieren oder wenigstens mit ihnen wie Zillmer zu experimentieren. Lyell schrieb bereits 1840 die bis heute sakrosankte geologische Zeitskala fest, obwohl der damalige Stand des erdgeschichtlichen Wissens zum heutigen sich einigermaßen kurios ausnimmt. Wozu wird überhaupt Erdgeschichte betrieben, wenn 150 Jahre Forschung zu keinerlei Korrektur an den Grundannahmen von 1840 führen muß?
Lyell hat keine eigentliche Zeitskala festgeschrieben. Und natürlich wurde seitdem einiges korrigiert, verändert und dazu gefügt. Aber dass -- wie er später schreibt -- basierend auf Lyell katastrophale, zeitlich kurze Ereignisse in der Geologie nicht mehr in das "Denkdogma" der Geologie passten, ist ja Gott sei Dank nur wieder Zillmers Behauptung.
Brock mag auf dem Gebiete der Ästhetik und Kultur ja einiges auf dem Kasten haben, von den Naturwissenschaften im Allgemeinen als auch im Speziellen weiß er nichts. Seine gelobten Zillmerschen Erkenntnisse mögen somit auf ästhetischem und auch künstlerisch-kulturellem Gebiet bedeutsames darstellen, wissenschaftlich sind sie bisher erstmal nur Kokolores. Und das vernünftig begründbar.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.