Tyrion hat geschrieben:Christian41285 hat geschrieben:Wie reagiert ihr auf Terroranschläge?
Nun. ich bin auch erst sehr bestürzt. Ich denke, so reagieren die meisten. Und auch ich verspüre Mitleid mit den Opfern - und ja, da werden bisweilen auch meine Augen feucht, zugegeben.
Das zeigt, dass Du ein sehr sensibler Mensch bist.
Der Terroranschlag in Berlin machte mich recht betroffen. Diese Gewalt ist so entsetzlich, so sinnlos und alles nur wegen dem islamistischen Hass auf uns.
Tyrion hat geschrieben:Ich versuche aber für mich, mir keine Angst machen zu lassen. Würde ich meine Gewohnheiten aufgeben oder ändern, so hätten die Terroristen einen kleinen Teilerfolg erzielt. Ich war nach dem Terroranschlag in Paris in einem Konzert, das ebenfalls für religiöse Spinner eine Zielscheibe hätte sein können. Und es gibt auch Trittbrettfahrer. Die Wahrscheinlichkeit, dass es aber genau da zu einerm ähnlichen Vorfll kommt, ist verschwindend gering. Natürlich kümmern sich Emotionen wie z.B. Ängste nicht um Statistik. Das gefährlichste an dem Konzert war die Anreise im Auto. Der Straßenverkehr ist eine reale Gefahr.
Ja, da hast Du recht. Doch beim Autofahren haben wir als Fahrer bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle (natürlich nicht über die Fahrfehler anderer). Doch der Terror entzieht sich unserer persönlichen Kontrolle und ist deshalb, so meine Meinung, auch so beängstigend.
Tyrion hat geschrieben:Und das mag jetzt makaber klingen: Ich interessiere mich aber auch für die Umstände, die einen Menschen dazu bringen, trotz unserer Hemmschwelle, zu töten oder zu verletzen oder uns selbst mit zu töten, solche Dinge machen lassen. Wie kann ein Mensch so etwas tun? Wie kann man so radikalisiert werden? Oder: woher kommt dese extreme Überzeugung, das richtige zu tun, wenn man tötet? Man macht das ja nicht, wenn man Restzweifel hat, man macht es aus Überzeugung (wenn man nicht dazu gezwungen wird - und solche Täter sind unsicherer für eine Organisation, da sie eventuell trotzdem aussteigen).
Ich denke, ganz entscheidend ist die Wut und der Hass. Jürgen Todenhöfer erklärte mal, wie es dazu kommt, dass orientale Muslime einen so großen Hass auf den Westen entwickeln. Der wurde ihnen buchstäblich eingebombt.
Todenhöfer erzählte in einem Interview die Geschichte eines jungen Irakers, der sich so stark radikalisierte, dass er zur IS ging. Er erlebte, wie amerikanische Soldaten ins Haus kamen. Seine Mutter flehte darum, nicht den Rest ihres Besitzes zu verlieren, worauf sie erschossen wurde.
Allerdings will ich Dir nicht die Fake-News erzählen, der Westen sei allein Schuld. Es hat sehr, sehr viel mit dem sunnitischen Islam zu tun.
Tyrion hat geschrieben:Diese Neugierde ist mit ein Grund, warum ich mich im Extremistenforum angemeldet hatte und weshalb ich auch hier gelandet bin. Die Ideologie ist (leider) austauschbar - die Überzeugung, dass die Ideologie richtig ist, steckt dahinter. Egal, ob es Rassismus, der Traum einer linken Revolution oder die "Liebe" zu einem Gott ist - man braucht eine Ideologie im Hintergrund, um Terrorist zu werden. Und man muss ihr bedingungslos verfallen sein. Genau das kann man bei Fundamentalisten beobachten. Dazu kommt ein Abschalten des Mitgefühls für die Opfer. Man darf nicht an Einzelpersonen mit Vergangenheit, Freunden, Eltern usw. denken, sondern muss sie entpersonifizieren und dann auch noch entmenschlichen "Ungläubige, Hunde, Schlangen, Gewürm, das zertreten werden muss". Einen Wurm zertritt man, dann kann man auch einen Ungläubigen zertreten (als Beispiel).
Die Entmenschlichung ist ein wesendlicher Aspekt von gewaltfördernen Ideologien, seien sie religiös oder säkular. Entscheidend ist aber auch, welche Inhalte die Werte prägen.
Menschen, wie Maximilian Maria Kolbe, Dietrich Bonhoeffer und Mohandas Karamchand Gandhi waren auch völlig überzeugt, ließen sich aber von humanen Werten leiten und nicht von inhumanen.
Islamsemiare können ein Einstieg zur Radikalisierung sein. Bitte höre in das
Interview mit Barino Barsoum rein. Besonders das "Erlebnis mit dem Jungen" ist meiner Meinung nach aussagekräftig.
Die Hadith, auf die sich Herr Barsoum bezieht, habe ich selbst nachgelesen und hatte sie hier im Forum auch schon widerholt zitiert. Sie ist "sahih", die Überlieferungskette (IsnÄd) gilt also im sunnitischen Islam als "gesund" (sinngemäß "authentisch").
Tyrion hat geschrieben:Offensichtlich neigen manche Menscen zu so radikalem sich Einlassen in eine Ideologie oder einen Glauben an etwas. Das heißt, ein Märtyrer und ein Terrorist haben einiges gemein: einen unerschütterlichen Glauben, dass ihre Einstellung die einzig richtige ist und man nicht abweichen darf, komme, was da wolle. Nur werden Terroristen auch noch aktiv. Und nicht von ungefähr werden manche Terroristen auch als Märtyrer gefeiert.
Homo Homini Lupus... Leider! Wobei man damit den Wölfen Unrecht tut.
Das stimmt allerdings.
Oben hatte ich Märtyrer aufgezählt, welche sich von Terroristen deutlich unterschieden. Aus dem Gemeinsamkeiten folgt also nicht, dass Märtyrer notwendigerweise dazu neigen, zu Terroristen zu werden. Dazu ist offenbar mehr notwendig. Entscheidend ist,
was inhaltlich geglaubt wird. Glauben Menschen bspw. dem Hexenhammer, mag es ihnen "richtig" erscheinen, Frauen als Hexen zu verbrennen. Glauben sie an die jesuanische Bergpredigt und seine Feldrede, so wird sie dies motivieren, humaner zu werden.