Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

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sven23
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#1 Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von sven23 » Sa 22. Mär 2014, 06:53

Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA findet unter großer Geheimhaltung statt und wird überwiegend von Lobbyisten ausgekaspert.

Bringt es mehr Vor- oder Nachteile? Sind die europäischen Standards in puncto Verbraucherschutz in Gefahr? Darf ein solches Abkommen in einem äußerst undemokratischen Verfahren so durchgezogen werden?

Fragen über Fragen, die folgender Beitrag zu erhellen versucht:

Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#2 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von closs » Sa 22. Mär 2014, 09:45

sven23 hat geschrieben:Bringt es mehr Vor- oder Nachteile?
Bezüglich der europäischen Identität und der europäischen Standards mehr Nachteile - finanziell Vorteile.

"Freihandel" muss ja nicht heißen, dass ALLES gleich ist - man sollte klarstellen, dass man einerseits zu Glättungen bereit ist, aber die Substanz der europäischen Standards nicht in Frage stellen.

Ein anderes Thema hast Du gar nich erwähnt: Den sogenannten "Investorenschutz". - Hier gehen bei mir sämtliche roten Lampen an, wenn ich mir vorstelle, dass Europa sich einer Gerichtsbarkeit unterwerfen würde, die zu Abhängigkeit führen kann. - Das Inverstoren-Schutzgesetz gehört in Karlsruhe und Luxemburg geprüft.

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Scrypton
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#3 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von Scrypton » Sa 22. Mär 2014, 10:25

closs hat geschrieben:Das Inverstoren-Schutzgesetz gehört in Karlsruhe und Luxemburg geprüft.
Wird es - eine Petition für die auch Greenpeace große Wellen aufgeworfen hatte ist durch.
Hauptsächlich wird darin die Investitionsschutz-Klausel kritisiert, durch welche ein Unternehmen andere Staaten auf Schadensersatz verklagen könnte, wenn dort aufgrund vorhandener Einfuhrverbote etwas nicht verkauft werden kann/darf. Die Bedenken sind, dass dadurch solche Verbote gelockert werden könnten um diesen Klagen aus dem Weg zu gehen; allerdings lege ich keinen Wert darauf, dass zum Beispiel amerikanisches Genfood plötzlich in die EU eingeführt und verkauft werden darf.

Die Klauseln zum Investitionsschutz sollten also durchaus gestrichen werden.

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sven23
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#4 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von sven23 » Sa 22. Mär 2014, 10:42

closs hat geschrieben:
Ein anderes Thema hast Du gar nich erwähnt: Den sogenannten "Investorenschutz". - Hier gehen bei mir sämtliche roten Lampen an, wenn ich mir vorstelle, dass Europa sich einer Gerichtsbarkeit unterwerfen würde, die zu Abhängigkeit führen kann. - Das Inverstoren-Schutzgesetz gehört in Karlsruhe und Luxemburg geprüft.

Doch, das wird im Beitrag angesprochen. Solche Klagen laufen ja schon seit Jahren. So muß die EU Schadenersatz dafür zahlen, daß sie amerikanischem Wachstumhormonfleisch die Einfuhr verweigert.
Oder eine amerikanische Firma verklagt den peruanischen Staat, weil dieser die Einhaltung der Umweltgesetze gefordert hat, dies aber den Gewinn der Firma schmälert. Man will es kaum glauben, wenn man so etwas hört.
Da ist im Falle des Abkommens mit den USA höchste Wachsamkeit geboten, wenn man es denn noch verhindern will. Nicht umsonst laufen die Verhandlungen unter größter Geheimhaltung.
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Pluto
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#5 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von Pluto » Sa 22. Mär 2014, 11:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bringt es mehr Vor- oder Nachteile?
Bezüglich der europäischen Identität und der europäischen Standards mehr Nachteile - finanziell Vorteile.

Ein anderes Thema hast Du gar nich erwähnt: Den sogenannten "Investorenschutz". - Hier gehen bei mir sämtliche roten Lampen an, wenn ich mir vorstelle, dass Europa sich einer Gerichtsbarkeit unterwerfen würde, die zu Abhängigkeit führen kann. - Das Inverstoren-Schutzgesetz gehört in Karlsruhe und Luxemburg geprüft.
Prüfe alles, und das Gute behalte.
Dein Gedanke ist nicht neu, haben sich doch die Amerikaner in den letzten Jahren dieselben Gedanken gemacht, im Bezug auf Japan und später China. Doch solche Investitionen bringen auch Vorteile. Ein gutes Beispiel ist Lenovo, der derzeit weltweit grösste Computer Hersteller der Welt. Als eine Gruppe chinesischer Investoren die ehemalige IBM-Sparte übernahm fürchtete man sich um Arbeitsplätze. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Wachstum und neue Arbeitsplätze.
Es entstehen bei der Öffnung der Märkte oft Synergien, die zuvor gar nicht absehbar waren, weil kleistaatliche Barrieren abgebaut werden.

Kann es sein, dass es sich bei deinen Befürchtungen sich nur als Phantasma herausstellen könnten?
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#6 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von closs » Sa 22. Mär 2014, 11:14

Pluto hat geschrieben:Kann es sein, dass es sich bei deinen Befürchtungen sich nur als Phantasma herausstellen könnten?
Sehr unwahrscheinlich - Sven hat dazu Beispiele gebracht.

Ich bin sehr wohl für engere Zusammenarbeit mit den USA auf wirtschaftlicher Ebene, aber nicht um den Preis, einem Gericht mit Sitz in den USA ausgeliefert zu sein. - Wenn es ein europäisches Gericht ist, gerne.

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#7 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von Pluto » Sa 22. Mär 2014, 12:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kann es sein, dass es sich bei deinen Befürchtungen sich nur als Phantasma herausstellen könnten?
Sehr unwahrscheinlich
Wieso unwahrscheinlich? Freihandelszonen haben sich in der Vergangenheit bestens bewährt. Warum also in diesem Fall nicht?
Ich fürchte hinter deiner Ablehnung steht nur deine unbegründete USA-Feindlichkeit. Ich kann sie schon deshalb nicht verstehen, weil du das Land (gem. eigener Angaben) nur vom Hörensagen und aus den Medien kennst.
Sven hat dazu Beispiele gebracht.
Welche denn?
Ich bin sehr wohl für engere Zusammenarbeit mit den USA auf wirtschaftlicher Ebene, aber nicht um den Preis, einem Gericht mit Sitz in den USA ausgeliefert zu sein.
Wer redet denn von so was?
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#8 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von sven23 » Sa 22. Mär 2014, 13:49

Die Problematik bei einem Freihandelsabkommen im Ernährungsbereich besteht auch aus folgendem:

In den USA darf man neue Lebensmittel auf den Markt bringen, solange keiner die Schädlichkeit nachgewiesen hat. In Europa ist es umgekehrt: hier muß derjenige, der neue Lebensmittel auf den Markt bringt, im Vorfeld beweisen, daß sie für den Verbraucher nicht schädlich sind. Diese zwei Systeme sind vom Grunde her nicht kompatibel. Ohne Kompromisse oder Ausklammern von z. B. Genmais oder Chlorhühnchen wird das nicht gehen.




Auch die heute-show hat sich des Themas angenommen.






Übrigens werden über 70% der Schiedsverfahren in untransparenten Prozessen zu Gunsten der Firmen entschieden. Der Steuerzahler darf brav zahlen.
So etwas muß in einem Freihandelsabkommen von vorne herein ausgeschlossen werden.

Die Wachstumsprognosen sind mit 0,5 % eher bescheiden, auch wenn das für den EU-Handelskommissar Karel de Gucht Neuland ist. :lol:
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#9 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von Pluto » Sa 22. Mär 2014, 14:10

sven23 hat geschrieben:In den USA darf man neue Lebensmittel auf den Markt bringen, solange keiner die Schädlichkeit nachgewiesen hat. In Europa ist es umgekehrt: hier muß derjenige, der neue Lebensmittel auf den Markt bringt, im Vorfeld beweisen, daß sie für den Verbraucher nicht schädlich sind. Diese zwei Systeme sind vom Grunde her nicht kompatibel. Ohne Kompromisse oder Ausklammern von z. B. Genmais oder Chlorhühnchen wird das nicht gehen.
Man kann auch übertreiben... Diese Beweise kosten Geld. Man kann das auch mit Fachkenntnissen und Logik machen. Gene bestehen aus Proteinbausteinen die der Mensch sowieso braucht, und Chlor wird entweder zu Chloriden reduziert, oder es verflüchtigt sich. Wer etwas von Chemie versteht, der begreift auch ziemlich schnell, dass sowohl Genmais, als auch chlorierte Hähnchen für Menschen unbedenklich sind. Zudem besteht m.W. eine Kennzeichnungspflicht für den Importeur. Wenn man was nicht mag, muss man es nicht kaufen.
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#10 Re: Freihandelsabkommen EU-USA: Fluch oder Segen?

Beitrag von sven23 » Sa 22. Mär 2014, 14:25

Pluto hat geschrieben:Zudem besteht m.W. eine Kennzeichnungspflicht für den Importeur. Wenn man was nicht mag, muss man es nicht kaufen.

Auch das wird Gegenstand der Verhandlungen sein. Die Amerikaner wollen die Kennzeichnungspflicht aus verständlichen Gründen weghaben. Denn nur mit Kennzeichnungspflicht hat der Verbraucher überhaupt eine Chance, wählen zu können.
Das gleiche gilt für mit Wachstumshormonen hochgezüchtetes Fleisch.
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