Der Prozess

Politik und Weltgeschehen
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sven23
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#11 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Fr 15. Nov 2013, 20:30

closs hat geschrieben:Ne - das war nicht der Grund. Die hätte er über eine Spendenaktion in Nulolkommnix gehabt. :lol: -
Bei einem "Ehrensold" von 200000 € im Jahr wär die Summe sicher kein Problem. Aber die exorbitante Höhe bei einem Streiwert von nur 700 € hätte den Geschmack hinterlassen, daß er etwas zu verbergen hat. Warum sonst würde er 20000 € bezahlen? So war sicher auch das Kalkül, als man die Höhe festgesetzt hat.

closs hat geschrieben:Das werden einige Medien aus Selbstschutz-Gründen versuchen, so darzustellen. Es wird aber nicht gelingen, weil inzwischen ALLE Vorwürfe gerichtlich behandelt wurden und er gegen die Wiederholung selbiger gerichtlich vorgehen kann (und wird).l

Unabhängig von den Medien ist es nun mal so, daß ein Freispruch mangels Beweisen immer ein Freispruch 2. Klasse ist. Sein Ziel muß Freispruch wegen erwiesener Unschuld sein.

Und wie gesagt hat Wulff bis heute nicht verstanden, warum er gehen mußte.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#12 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Fr 15. Nov 2013, 20:42

sven23 hat geschrieben:Und wie gesagt hat Wulff bis heute nicht verstanden, warum er gehen mußte.
Würde ich an seiner Stelle auch nicht. - Er hat (bereits im Vorfeld) Fehler gemacht (ich war damals GEGEN Wulff als Bundespräsident). - er hat sich aber während der Amtszeit entwickelt.

Gehen musste Wulff wegen der Medien, die NACH seiner Wahl (nicht vorher) in seiner Zeit VOR der Wahl rumgewühlt haben - und bis auf jetzt 700 Euro nichts Justiziables gefunden haben. - Man kann Wulff allenfalls vorwerfen, nicht abgebrüht genug mit den Medien umgegangen zu sein. Da war er zu brav (bis auf das Privat-Telefonat mit Diekmann - das übrigens NICHTS in der Öffentlichkeit zu suchen hat - man kann sich nicht über NSA aufregen und über Diekmann nicht).

sven23 hat geschrieben:Unabhängig von den Medien ist es nun mal so, daß ein Freispruch mangels Beweisen immer ein Freispruch 2. Klasse ist.
Das ist altmodisch gedacht - da kommen irgendwelche Reste einer ethischen Gesinnung hoch, die dann wahrscheinlich von den Medien instrumentalisiert werden. Das wird aber nicht mehr oft gehen - das Ding ist ausgeleiert.

Das Volk wird meines Erachtens den medialen Empörungs-Inszenierungen der Medien-Gesellschaft nicht mehr folgen - auch in Zukunft. - Man winkt ab und macht sich einen persönlichen Eindruck von einem Menschen (dieser Eindruck kann natürlich falsch sein) - aber man wird nicht mehr "glauben", was die Medien als "erwiesen" darstellen.

Der verfassungsgemäße Bildungsauftrag der Medien hat sich de facto erledigt.

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sven23
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#13 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Fr 15. Nov 2013, 21:02

closs hat geschrieben: Gehen musste Wulff wegen der Medien, die NACH seiner Wahl (nicht vorher) in seiner Zeit VOR der Wahl rumgewühlt haben - und bis auf jetzt 700 Euro nichts Justiziables gefunden haben. - Man kann Wulff allenfalls vorwerfen, nicht abgebrüht genug mit den Medien umgegangen zu sein. Da war er zu brav (bis auf das Privat-Telefonat mit Diekmann - das übrigens NICHTS in der Öffentlichkeit zu suchen hat - man kann sich nicht über NSA aufregen und über Diekmann nicht).


Es muß nicht unbedingt etwas Justiziables sein, was zum Rücktritt führt. Nach seiner eigenen Aussage sollte ein Politiker auch nur den Anschein der Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme vermeiden. Nach seiner Aussage litt er körperlich, als die Affäre um Johannes Rau bekannt wurde.
Er mußte sich an den eigenen Ansprüchen messen lassen und da hat er deutlich versagt.
Wir sollten froh sein, daß wir strengere Maßstäbe für korrektes Verhalten der Politiker anlegen als Italien.
Trotzdem hat Deutschland in Sachen Korruption noch Nachholbedarf. Das wären eigentlich die noch wichtigeren Themen für die Medien, die aber nicht so offen auf dem Tisch präsentiert werden wie Wulff und Co.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#14 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Fr 15. Nov 2013, 21:44

sven23 hat geschrieben:Nach seiner eigenen Aussage sollte ein Politiker auch nur den Anschein der Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme vermeiden.
Solche blöden und selbstgefälligen Sprüche waren ein Grund, warum ich ursprünglich gegen Wulff als Präsident war.

sven23 hat geschrieben:Er mußte sich an den eigenen Ansprüchen messen lassen und da hat er deutlich versagt.
Da hat er sich was eingebrockt - ganz klar - "die Geister, die ich rief, ...". - Aber von wem muss er sich messen lassen? Von quotengeilen Ratten? - Dann lieber doch vom Gericht.

sven23 hat geschrieben:Wir sollten froh sein, daß wir strengere Maßstäbe für korrektes Verhalten der Politiker anlegen als Italien.
Ist das ein Verdienst der Medien? - Was glaubst Du, wie sich Medien manchmal prostituieren (also auch bestechlich sind), um in ein Ministerflugzeug reinzukommen .... Apropos: In meinem ersten Job haben (anlässlich von Messen) manche Fachjournalisten unterschriebene SChecks ins Hotelzimmer gelegt bekommen - die Message war: "Wenn Du schlecht schreibst, gibt's nie mehr einen Scheck - wenn Du gut schreibst, darfst Du Dich dran gewöhnen".

sven23 hat geschrieben:Trotzdem hat Deutschland in Sachen Korruption noch Nachholbedarf.
Stimmt - aber wo professionell geschmiert wird, kommt kein Medium ran. - Vergiss es.

Ich sage Dir mal ein Beispiel aus meinem letzten Job: In Russland ist es WIRKLICH unmöglich, Geschäfte ohne das zu machen, was der Volksmund "Bestechung" nennt - undenkbar. - Andererseits gibt es sehr wohl eine öffentlich Fassade seitens des Staates, der Bestechung verurteilt. - Wir haben das so gemacht: Im Wissen, dass russische Entscheider gerne ihre Kinder an Eliteschulen geben, es davon aber zu wenige gibt, haben wir ein Projekt zur Förderung (alter und neuer) Eliteschulen unterstützt. Die Leiter dieser Schulen wissen dann schon, wer von den geschickten Kindern "besonders geeignet" ist - das kungelt dann die dortige Infrastruktur aus. - Wenn die Leute nicht bevorzugt werden, wegen derer man als ausländisches Unternehmen spendet, stoppt man die Spende im nächsten Jahr - das will keiner riskieren. - Sooooo geht das. Und Raffiniertes gibt es ganz bestimmt auch noch.
Zuletzt geändert von closs am Fr 15. Nov 2013, 21:46, insgesamt 1-mal geändert.

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#15 Re: Der Prozess

Beitrag von Martinus » Fr 15. Nov 2013, 21:44

closs hat geschrieben: Der Geruch wird bei den Medien hängen bleiben. - Vermutlich wird es in Zukunft keine medien-faschistischen Ausbrüche mehr geben wie bei Engholm, Ypsilanti, Eva Hermann, Guttenberg, Mixa, van Elst, Schavan - und eben Wulff (zumindest hoffe ich das).

Das glaube ich nicht. Die "Ausbrüche" wird es weiterhin geben. Der Quote muss sich die Moral und der Verstand unterordnen.
Angelas Zeugen wissen was!

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#16 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Fr 15. Nov 2013, 21:48

Martinus hat geschrieben:Das glaube ich nicht. Die "Ausbrüche" wird es weiterhin geben.
Kann sein. - Aber vielleicht flacht ja das Interesse wegen Übersättigung ab - und dann sind nicht nur Anstand und Moral, sondern sogar die Quote weg.

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sven23
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#17 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Sa 16. Nov 2013, 07:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nach seiner eigenen Aussage sollte ein Politiker auch nur den Anschein der Bestechlichkeit oder Vorteilsnahme vermeiden.
Solche blöden und selbstgefälligen Sprüche waren ein Grund, warum ich ursprünglich gegen Wulff als Präsident war.

Dann warst du aus den falschen Gründen gegen ihn. Am obigen Statement ist doch eigentlich nichts auszusetzen. Nur an der praktischen Umsetzung generell in der Politik hapert es. Es ist doch inzwischen üblich, von der Politik sofort und ohne Karenzzeit in die Wirtschaft zu wechseln, wo gut dotierte Posten als Belohnung für wirtschaftsfreundliche Politik warten.



closs hat geschrieben: Ist das ein Verdienst der Medien? - Was glaubst Du, wie sich Medien manchmal prostituieren (also auch bestechlich sind), um in ein Ministerflugzeug reinzukommen .... Apropos: In meinem ersten Job haben (anlässlich von Messen) manche Fachjournalisten unterschriebene SChecks ins Hotelzimmer gelegt bekommen - die Message war: "Wenn Du schlecht schreibst, gibt's nie mehr einen Scheck - wenn Du gut schreibst, darfst Du Dich dran gewöhnen".

Die Amerikaner nennen das wohl "Embedded Journalism", wie im Irak-Krieg "erfolgeich" praktiziert. Das war die Lehre aus Vietnam. Im Deutschen nennt man es wohl Hofberichterstattung.
Der Preis für eine freie Presse ist, daß sie auch übers Ziel hinausschießen kann, damit muß man wohl leben.

closs hat geschrieben: Stimmt - aber wo professionell geschmiert wird, kommt kein Medium ran. - Vergiss es.
Vor ein paar Jahren wären eure russischen Schmiergelder noch ganz offiziell steuerlich absetzbar gewesen. Die Politik könnte auch bei uns noch einiges tun, vor allem Korruption in der Politik unter Strafe stellen. Deutschland ist eines von wenigen Bananenrepublikländern, das das Antikorruptionsgesetzt noch nicht unterschrieben hat.

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#18 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 09:05

sven23 hat geschrieben:Am obigen Statement ist doch eigentlich nichts auszusetzen.
Theoretisch nein - aber es ist eine Steilvorlage, um jeden fertig zu machen, der fällig ist. - Denn wenn Du mich morgen zum Kaffee einlädst und ich nehme an, dann muss ich wahrscheinlich Geld mitbringen und den Kaffee bezahlen. Denn sonst stünde ich im Verdacht, dass ich Dir im Forum nur deshalb manchmal recht gebe, weil Du mich bestochen hast. :lol: :lol: Ist übertrieben - aber wahrscheinlich weniger, als uns recht ist.

sven23 hat geschrieben:Der Preis für eine freie Presse ist, daß sie auch übers Ziel hinausschießen kann, damit muß man wohl leben.
Und das sollte man in Maßen bei jedem - auch bei Politikern. - Es ist wirklich ein Unterschied, ob ich mit Hilfe der Mafia an die Macht komme und in deren Händen bin, oder ob ich mich mal zum Oktoberfest einladen lasse. - Da habe die Deutschen einen Waschzwang, der neurotisch ist. - Wäre da die Justiz überkorrekt, könnte man das noch verstehen. Wäre das der Pressesprecher des Opus Dei, würde ich das auch noch verstehen (obwohl ich drüber lachen würde). - Aber das es die breite Medienlandschaft ist, die einen auf Saubermann macht und im nächsten Moment Menschen auf schmutzigste Weise behandelt - das zeugt von einer dissoziativen Identitätsstörung.

sven23 hat geschrieben:Vor ein paar Jahren wären eure russischen Schmiergelder noch ganz offiziell steuerlich absetzbar gewesen.
Auch jetzt noch. Das sind doch eben keine Schmiergelder - wir haben nie Schmiergelder bezahlt. Wir haben eine kulturelle Einrichtung in Moskau unterstützt - ohne Bedingung (zumindest gab es keine schriftliche Formulierung). - Übrigens sind auch "Voraus-Provisionen" steuerlich absetzbar (Du bekommst 15%, damit Du 2 x 5% an Mittelsmänner gibst und 5% für Dich behältst). - Es gibt keine "Bestechung" in der Wirtschaft - das gab es vielleicht bis vor 20 Jahren. - Das geht anders. - Aber anders MUSS es gehen, weil man sich sonst gewisse Märkte komplett abschminken muss.

Auch hier: Die mediale Bearbeitung dieses Themas ist so was von oberlehrerhaft und inkompetent zugleich - man fordert die deutsche Reinheit - ohne zu wissen, wovon man spricht. Da ist mir manches zu arisch.

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#19 Re: Der Prozess

Beitrag von sven23 » Sa 16. Nov 2013, 09:23

closs hat geschrieben:
Auch hier: Die mediale Bearbeitung dieses Themas ist so was von oberlehrerhaft und inkompetent zugleich - man fordert die deutsche Reinheit - ohne zu wissen, wovon man spricht. Da ist mir manches zu arisch.

Das ist längst keine rein deutsche Angelegenheit mehr. Das Interesse an dem Prozess ist weltweit.
Man kann ja versuchen, auch mal was Positives daran zu sehen. Es ist gut, daß Staatsanwälte sich inzwischen trauen, auch Politiker anzuklagen, was früher ein Karrierekiller und im Nachkriegsdeutschland undenkbar war.
Was wir brauchen, sind schärfere Gesetze, die politische Korruption stärker unter Strafe stellen, damit Staatsanwalt und Richter eine bessere Handhabe haben.
Man darf gespannt sein, was aus dem Fall von Kläeden wird, der in der Dimension weitaus höher einzustufen ist, aber beileibe kein Einzelfall ist. Da wäre mir mehr politische Hygiene lieber als ein veruteilter ex-Bundespräsident.
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#20 Re: Der Prozess

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 10:12

sven23 hat geschrieben:Man darf gespannt sein, was aus dem Fall von Kläeden wird, der in der Dimension weitaus höher einzustufen ist, aber beileibe kein Einzelfall ist.
Da sind wir uns einig. - Allerdings darf man von Politikern nicht fordern, nach Ende ihrer politischen Tätigkeit 2 Jahre lang nichts zu tun, ohne sie in dieser Zeit normal weiter zu zahlen.

sven23 hat geschrieben:Das Interesse an dem Prozess ist weltweit.
Weil das Interesse medial erzeugt ist - nicht weil es hier um etwas Substantielles geht.

Das läuft doch im Normalfall so: Der Spitzenpolitiker Closs verabschiedet sich vor der Haustür von seiner langjährigen Freundin mit einer Umarmung. Das wird photografiert und ins Netz gestellt (am besten unscharf, damit es besonders glaubwürdig aussieht). Das Ministerium stellt klar, dass es sich dabei um eine 30-jährige Freundschaft handelt und die Frau eine katholische Theologin ist. Darauf entsteht das Thema: "Sexualität bei katholischen Frauen". - Recherchen ergeben, dass diese Frau in den 60er Jahren in einer WG gewohnt hat, von der ein ehemaliger Mitbewohner sagt: "Ja - sie hatte Männerbesuch". - Zudem stellt sich raus, dass die Frau von Closs wartend im Auto saß, als diese Umarmung stattfand: "Ehefrau wurde gedemütigt - oder war es doch der Abschied von einer Swingerparty?". - Ganz schlecht ist es, wenn rauskommt, dass sich beide Paare 2 Jahre vorher einen gemeinsamen Bungalow in der Provence gemietet hatten, dessen Rechnung auf die befreundete Frau (und deren Ehemann) ausgestellt war: "Vorteilsnahme im Amt".

Am Ende hat meine eine willkommene Melange aus Sexparties und Bestechung - und das von einem Minister. Skandal. - Das ist Satire - ABER: Diese Satire steht der Realität nicht nach - bei Wulff war es qualitativ NICHT anders.

Weltweit entnehmen dann die Deppen dieser Welt: "Wulff ist so was wie Berlusconi" - soweit zum Thema "Verfassungsmäßiger Bildungsauftrag der Medien".

sven23 hat geschrieben:Was wir brauchen, sind schärfere Gesetze, die politische Korruption stärker unter Strafe stellen
Nix dagegen - aber dann muss es auch politische Korruption sein. Glaubst Du wirklich, dass sich ein Politiker dadurch bestechen lässt, dass er sich zu einem Bier einladen lässt? Oder eine Oktoberfest-Sause für 800 Euro? - Das ist sowas von naiv.

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