"Je suis Charlie"

Politik und Weltgeschehen
closs
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#71 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von closs » Fr 16. Jan 2015, 01:00

barbara hat geschrieben:Aber bloss weil die real existierenden Medien mehr oder weniger offensichtlich korrupt sind, so heisst das ja noch lange nicht, dass die Idee der freien und unabhängigen (!) Presse aufgegeben werden soll.
Das ist genau das Dilemma.

barbara hat geschrieben:Ganz im Gegenteil, dann ist es umso wichtiger, diese Freiheit und Unabhängigkeit zum thema zu machen und Fehler zu korrigieren.
Aber WER soll das tun? - Sobald Bürger auf die Straße gehen (bspw. Pegida), werden sie von Medien per "korrupter" Berichterstattung entschärft. - Das ist doch das Problem, dass es bei Medien schwer ist, eine Gewaltenteilung zwischen Kläger und Beklagten herzustellen. - Die Medien machen sich als Angeklagte selber zum Richter - und schon ist das Thema weg.

barbara hat geschrieben:Was die Banlieus und Sozialwohnungsbauten betrifft, da muss aber was verändert werden, die sind ziemlich ungesunde Umgebungen.
Stimmt- aber dafür hat Frankreich kein Geld - da müsste man wahrscheinlich einen 3-stelligen Milliarden-Betrag in die Hand nehmen.

barbara
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#72 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von barbara » Fr 16. Jan 2015, 06:58

closs hat geschrieben: Aber WER soll das tun? - Sobald Bürger auf die Straße gehen (bspw. Pegida), werden sie von Medien per "korrupter" Berichterstattung entschärft. - Das ist doch das Problem, dass es bei Medien schwer ist, eine Gewaltenteilung zwischen Kläger und Beklagten herzustellen. - Die Medien machen sich als Angeklagte selber zum Richter - und schon ist das Thema weg.

In der Zwischenzeit wurde ja das Internet erfunden, und somit eine Möglichkeit, dass jeder Mensch publizieren kann, was ihm wichtig und richtig erscheint. Da gibt es auch ausserhalb der inseratefinanzierten Journaille richtig gute Sachen.


Stimmt- aber dafür hat Frankreich kein Geld - da müsste man wahrscheinlich einen 3-stelligen Milliarden-Betrag in die Hand nehmen.

Ach, wenn eine Notwendigkeit eingesehen wird, kommt auch das mit dem Geld zustande. Dinge wie, dass Leute mit arabischem Namen und der "falschen" Postleitzahl grösste Mühe haben, eine Arbeit zu finden, ist ja nicht ein Problem, das in erster LInie mit Geld zusammenhängt, um es zu lösen - sondern mit Bewusstsein.

gruss, barbara

barbara
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#73 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von barbara » Fr 16. Jan 2015, 07:04

Magdalena61 hat geschrieben: Und dafür... für diese Sorte von "Pressefreiheit", gehen die Leute auf die Straße?

ja, nach Voltaire: "Ich mag verdammen, was Sie sagen, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Sie es sagen dürfen."

Welche Politik würdest du denn angemessen finden? Würdest du zensurieren? Wenn ja, anhand welcher Kriterien?



Lassen wir, den Anschlag betreffend, besser den "ideologischen Hintergrund" weg, dann muß sich auch niemand mit diesen Lästerern und ihren Werken identifizieren.

Man kann wohl kaum die Ideologie eines Anschlags weglassen, und somit das Motiv für den Anschlag, ohne das der Anschlag gar nicht stattgefunden hätte.

Du machst es dir da etwas allzu leicht, finde ich. sonst müsstest du dich womöglich doch vertiefter mit der Frage auseinandersetzen, warum du dich mit Terroristen solidarisierst, da du offenbar dem "Schweinekram" keine Existenzberechtigung gibst.



Bleibt übrig: Die bestialische Hinrichtung so vieler Brüger Frankreichs, ohne dazu von der Obrigkeit, der diese Menschen unterstanden in irgendeiner Weise autorisiert worden zu sein, ist ein abscheuliches Kapitalverbrechen, welches hoffentlich von der zuständigen Obrigkeit schärfstens geahndet werden wird.

Die Täter wurden erschossen, Komplizen sind ins Ausland geflüchtet. Mehr ist ja wohl nicht menschenmöglich zu tun.

Was die göttliche Gerechtigkeit betrifft, so der neuste Charlie Hebdo, wo die beiden Brüder im Paradies ankommen und auf ihre 70 Jungfrauen hoffen, aber Bescheid kriegen, dass die grad alle mit der Equipe von Charlie Hebdo beschäftigt sind. :lol:

gruss, barbara

Martinus
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#74 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von Martinus » Fr 16. Jan 2015, 08:05

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben: Die bestialische Hinrichtung so vieler Brüger Frankreichs, ohne dazu von der Obrigkeit, der diese Menschen unterstanden in irgendeiner Weise autorisiert worden zu sein
Auch MIT Autorisierung wäre es bestialisch.

es war keine Hinrichtung, die Wortwahl suggeriert eine gewisse Art von Rechtfertigung. Es war Mord.
Angelas Zeugen wissen was!

closs
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#75 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von closs » Fr 16. Jan 2015, 09:21

Martinus hat geschrieben:es war keine Hinrichtung, die Wortwahl suggeriert eine gewisse Art von Rechtfertigung. Es war Mord.
Stimmt schon - natürlich war es Mord.

Obwohl - jetzt machst Du ein Fass auf - denn: Was ist der Unterschied, ob die USA von zu Hause aus beschließen, welche Menschen in Afghanistan und sonstwo per Drohne hingerichtet? ermordet werden, oder ob ein Kalifat dasselbe umgekehrt macht? - Ein Journalist hat es einmal so gesagt: Wenn wir unsere Interessen in Afghanistan vertreten, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn andere Interessen bei uns im Sauerland vertreten werden. - Das gilt con variazione auch für Paris.

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#76 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von closs » Fr 16. Jan 2015, 09:25

barbara hat geschrieben:In der Zwischenzeit wurde ja das Internet erfunden, und somit eine Möglichkeit, dass jeder Mensch publizieren kann, was ihm wichtig und richtig erscheint.
Ja - da kommt in der Tat eine neue Möglichkeit auf - ob sie ausreicht, wird man sehen.

barbara hat geschrieben:Ach, wenn eine Notwendigkeit eingesehen wird, kommt auch das mit dem Geld zustande.
Da wirst Du lange warten.

barbara hat geschrieben:sonst müsstest du dich womöglich doch vertiefter mit der Frage auseinandersetzen, warum du dich mit Terroristen solidarisierst
Das tun weder Magdalena noch ich. - Es geht darum, dass das Ziel des Bösen (hier war "Charly" das Ziel) dadurch nicht gut wird.

barbara hat geschrieben: Voltaire: "Ich mag verdammen, was Sie sagen, aber ich werde mein Leben dafür geben, dass Sie es sagen dürfen."
Genau das ist der Freibrief, in dessen Schutz "Charlie" (ge)arbeitet (hat).

Pluto
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#77 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von Pluto » Fr 16. Jan 2015, 09:31

closs hat geschrieben:Obwohl - jetzt machst Du ein Fass auf - denn: Was ist der Unterschied, ob die USA von zu Hause aus beschließen, welche Menschen in Afghanistan und sonstwo per Drohne hingerichtet? ermordet werden, oder ob ein Kalifat dasselbe umgekehrt macht?
Ne, nee...
Da gibt s kein Fass zum aufmachen.
Die Leute die von den USA per Drohne "hingerichtet" werden (wie du es nennst) sind Krieger. Das Attentat in Paris war gegen Zivilisten gerichtet.
Merkst du den Unterschied?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#78 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von 2Lena » Fr 16. Jan 2015, 09:46

[quote="Barbara]Was die göttliche Gerechtigkeit betrifft, so der neuste Charlie Hebdo, wo die beiden Brüder im Paradies ankommen und auf ihre 70 Jungfrauen hoffen, aber Bescheid kriegen, dass die grad alle mit der Equipe von Charlie Hebdo beschäftigt sind. [/quote]
Das ist wohl die Spitze der Satire überhaupt und eine noch schlimmere Kränkung, über die du nur "ungestraft" lachst. Das wie nach dem Motte im Westernwitz: "Gestern habe ich deinen Vater getroffen". Wo denn, fragt der andere erfreut. "Zwischen den Augen", war die makabre Antwort. Es wird eben nicht erwähnt, was der Frager fühlte.

70 Jungfrauen sind die Belohnung für jeden Kämpfer, der sich für eine gerechte Sache einsetzt. Siebzig ist in Arabisch, wie in Hebräisch mit Mehrfachbedeutung. Es gibt zwei sprachliche Werte dafür, zufriedensein oder schwören dass.

Auch die Jungfrau ist kein Symbol für Sex, über das man Witze macht, oder sich sonstwie böse und entblößend äußert.

Du weißt wohl, dass im Glaubensbekenntnis die Rede ist von der Allmacht Gottes und von der Jungfrau Maria. Dann kommen welche mit ungläubigen "Logiken" daher im natürlichen Denken, dass eine Jungfrau kein Kind bekomme und dass die Römer unsinnig waren, die solche Äußerung als Häresie einstuften. Eine ganze Fülle von Informationen, die völlig unbekannt sind, werden zurückgestellt gegenüber der "eigenen" Meinung, die sich an die Mehrheit, der Idee des stänkernden Pöbels hält.

Schon allein das ist gegen den Anstand, Dummheit den anderen zu unterstellen, während die eigene Person nicht informiert ist.

[quote="Barbara]In der Zwischenzeit wurde ja das Internet erfunden, und somit eine Möglichkeit, dass jeder Mensch publizieren kann, was ihm wichtig und richtig erscheint. [/quote]
Der nackte Hintern, den Janina zeigte, sei im Internet besser aufgehoben?

Meinst du etwa, dass sich die Gruppe die das verbreitet hat, auf einen Schlag für die Frage interessiert, was 70 Jungfrauen als Wert zu bedeuten hat? Geht der dann etwa zu der Zeitung und sagt: Bitteschön, ihr habt eine Lücke in euerer Ausbildung. Da müsste schon einer viel Macht und viel Geld haben, um als "Störprogramm" auf allen Bildschirmen einleuchtende Erklärungen zu zeigen, das sie zum Nachdenken zwingt. Dann geht eine Rolle von Beschämung und Schuldzuweisung los mit viel Gezänk. Die Deppen gehen selten sofort in die Knie.

Meist verhalten sich die Leute nur wie der mürrische Schuster von Annodunamal. Er war nicht gerade fleißig, sah stets zum Fenster hinaus. Er überließ das Arbeiten meist dem Lehrjungen, dem er grad eine Ohrfeige verpasste für ein zu kleines Lederstück, das der Meister selbst zugeschnitten hatte. Da erblickte er einen Wagen mit zwei außergewöhnlichen Pferden. Als er draußen war, kamen noch zwei. Die wurden an die andere Seite des Wagens gespannt. Da platzte ihm der Kragen. Ein Unding: zwei Pferde vorn, zwei hinten. Das ist zum Lachen. "Die würden sich gegenseitig stören", tobte und wetterte er gegen die Leute, die ihn beiseite schoben. Nun setzte sich das Gefährt mit den geflügelten Pferden in Bewegung und fuhr senkrecht in die Höhe. Da warf er ihnen vor Zorn noch seinen Fußschemel nach. Der ist nun im Himmel.

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#79 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von closs » Fr 16. Jan 2015, 10:09

Pluto hat geschrieben:Die Leute die von den USA per Drohne "hingerichtet" werden (wie du es nennst) sind Krieger. Das Attentat in Paris war gegen Zivilisten gerichtet. Merkst du den Unterschied?
Formal JA. - Völkerrechtlich ein mühsames JA (wenn überhaupt). - De facto jein. - Zumal Drohnen auch gegen Zivilisten gerichtet sind bzw. deren Tod billigend in Kauf genommen wird (wenn man einen Terroristen in einer Hochzeitsgesellschaft wähnt, kann man die Leute außenrum nicht flapsig als Kollateralschaden bezeichnen, wenn man mit einer Rakete reinknallt).

Das Entscheidende in Deinem Sinne ist, dass Karikaturisten nicht körperlich töten (und das auch nicht vorhaben) - das Entscheidende in Deinem Sinne ist weiterhin, dass die Pressefreiheit als ein unberührbares Gut unserer freiheitlichen Ordnung gilt (stimmt zwar nicht ganz, aber lassen wir es mal so stehen). - Die Gemeinsamkeit ist allerdings auch, dass beide Seiten - ob USA, Taliban, Islamisten oder Charly - jegliche Humanität vermissen lassen - keiner der vier handelt "gut". - Und so steht das Böse gegen das Böse.

barbara
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#80 Re: "Je suis Charlie"

Beitrag von barbara » Fr 16. Jan 2015, 14:08

closs hat geschrieben:Genau das ist der Freibrief, in dessen Schutz "Charlie" (ge)arbeitet (hat).

Und dieser Freibrief ist eine der wichtigste ideologischen Grundlagen unserer Gesellschaft, das darf auf keinen Fall aufgegeben oder relativiert werden!

Sonst gelangt man auf eine glitschige schiefe Ebene, die zu andern Zeiten mal so beschrieben wurde:

Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Nie ... ller#Zitat

gruss, barbara

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