Lösung des Ukraine Konflikts?

Politik und Weltgeschehen
barbara
Beiträge: 3269
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:07
Kontaktdaten:

#61 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von barbara » So 7. Sep 2014, 19:35

Pluto hat geschrieben: Was genau hat die Stadt Sewastopol mit der Schwarzmeerflotte zu tun?

Viel. Die Stadt wurde quasi für die Flotte gegründet.

Mehr Verbindung ist nicht, außer dass viele Bewohner der Krim Russen sind.

:idea:


Wenn du dein Auto ein paar Strassen weiter parkiert hättest, und dem Nachbarn von dort käme es in den Sinn, ein riesiges Feuer anzuzünden, das eventuell dein Auto bedroht... würdest DU da noch ruhig schlafen und ihn einfach machen lassen? Weil, ist ja sein Vorgarten, geht nicht nichts an, nicht dein Bier?


Das trifft auch auf Deutschland/Schweiz zu; dennoch ist die Schweiz ein souveräner Staat mit eigenen Gesetzen, der sich von Berlin nichts diktieren lässt.

Es wird ständig gestritten, gekabbelt und auch mal Druck aufgesetzt. Auch hier: keine Raumschiffe im Vakuum, sondern Nachbarn mit vielfältigen Verflechtungen.

gruss, barbara

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#62 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Pluto » So 7. Sep 2014, 19:51

barbara hat geschrieben:Wenn du dein Auto ein paar Strassen weiter parkiert hättest, und dem Nachbarn von dort käme es in den Sinn, ein riesiges Feuer anzuzünden, das eventuell dein Auto bedroht... würdest DU da noch ruhig schlafen und ihn einfach machen lassen? Weil, ist ja sein Vorgarten, geht nicht nichts an, nicht dein Bier?
Ein guter Punkt, der mir hilft, die Ukrainische Haltung gegenüber Russland besser zu verstehen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#63 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Demian » So 7. Sep 2014, 20:08

Pluto hat geschrieben:
barbara hat geschrieben:es war die jeweilige ukrainische Regierung, die sich weigerte, mit den russlandnahen Ostukrainern zu reden und sie lieber zerbombte.
Und zurecht, denn die Staatsform der Ukraine geht die Russen einen feuchten Dreck an.

Jetzt ist alles klar. ;)


closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#64 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von closs » So 7. Sep 2014, 22:09

Pluto hat geschrieben:Ein guter Punkt, der mir hilft, die Ukrainische Haltung gegenüber Russland besser zu verstehen.
Umgekehrt auch.

Pluto hat geschrieben:Das trifft auch auf Deutschland/Schweiz zu; dennoch ist die Schweiz ein souveräner Staat mit eigenen Gesetzen, der sich von Berlin nichts diktieren lässt.
Richtig - aber ein Züricher hat auch nicht den Wunsch, zu Russland zu gehören.

Süd-Tirol ist ein Beispiel, wie man es macht. - Dort gab es in den 60ger und 70ger Jahren richtig Stress - bis zu Bombenanschlägen. - Man war deutsch und wollte nicht italienisch sein. - Gelöst wurde es dadurch, dass man Süd-Tirol weitgehende Autonomie gewährte - vor allem in der Sprache und Kultur. - Seitdem läuft's gut - zudem ist Süd-Tirol einer der besten Steuerzahler nach Rom.

Hätte Italien eine Mauer zu Österreich gebaut, gäbe es heute noch Stress.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#65 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Pluto » So 7. Sep 2014, 22:28

closs hat geschrieben:Süd-Tirol ist ein Beispiel, wie man es macht. - Dort gab es in den 60ger und 70ger Jahren richtig Stress - bis zu Bombenanschlägen. - Man war deutsch und wollte nicht italienisch sein. - Gelöst wurde es dadurch, dass man Süd-Tirol weitgehende Autonomie gewährte - vor allem in der Sprache und Kultur.
Warum macht man das dann nicht mit der Krim so? Ukrainisches Gebiet mit weitgehender Autonomie?

Hätte Italien eine Mauer zu Österreich gebaut, gäbe es heute noch Stress.
Die ukrainische Mauer ist wohl "vom Tisch".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#66 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Pluto » So 7. Sep 2014, 22:29

Demian hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Und zurecht, denn die Staatsform der Ukraine geht die Russen einen feuchten Dreck an.
Jetzt ist alles klar. ;)
Glas klar!
Russland hat die Krim mit Waffengewalt annektiert. Nun wollen sie auch noch die Ost-Ukraine.

Wer ist hier wohl der wirkliche Kriegstreiber?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#67 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von closs » So 7. Sep 2014, 23:31

Pluto hat geschrieben:Warum macht man das dann nicht mit der Krim so? Ukrainisches Gebiet mit weitgehender Autonomie?
Wäre mein Vorschlag gewesen - sowie Vertragsverlängerung für die Mittelmeer-Flotte.

Pluto hat geschrieben:Russland hat die Krim mit Waffengewalt annektiert.
Ja - das ist völkerrechtlich korrekt. - Das ist so, als hätte Österreich Süd-Tirol annektiert, weil die Süd-Tiroler keine Sizilianer sein wollen - geht nach KSZE nicht.

Und trotzdem andererseits: Aus Sicht Russlands macht man damit ein inner-sowjetisches Geschenk rückgängig.

Die Amerikaner sind da eleganter: Sie haben einen Paragraphen aus ihrer Verfassung rausgekramt, wonach man bei ausländischen Belangen in den USA klagen kann. - Bei einem Schuldspruch vor dem amerikanischen Gericht muss der Angeklagte zahlen - egal, wo der angeklagte Punkt in der Welt geschehen ist. - Und die Länder zahlen, weil sie sonst von Geschäften in den USA ausgeschlossen werden - das ist auch eine Art von Annektion, aber offensichtlich völkerrechtlich nicht angreifbar - zudem sich die USA (meines Wissens) nicht dem Völkerrecht verpflichtet fühlt (man erkennt den Internationalen Gerichtshof in Den Haag nicht an).

Das sind jetzt zwei ganz verschiedene Themen, die aber zeigen, dass man sich plump (Russland) und elegant (USA) etwas rausnehmen kann. - Insofern ist mein Vorwurfs-Potential gegenüber Russland sehr überschaubar - man versteht die Annexion der Krim als grobe Notbremse vor dem Hintergrund, dass der Westen sich einerseits immer mehr in Sicherheitszonen Russlands ausbreiten will UND gleichzeitig die Befriedigung der Interessen Russlands zäh in die Länge gezogen hat. - Da fühlt man sich irgendwann mal verarscht.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#68 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Pluto » Mo 8. Sep 2014, 00:26

closs hat geschrieben:sowie Vertragsverlängerung für die Mittelmeer-Flotte.
Mit welcher Begründung?
closs hat geschrieben:Die Amerikaner sind da eleganter: Sie haben einen Paragraphen aus ihrer Verfassung rausgekramt, wonach man bei ausländischen Belangen in den USA klagen kann. - Bei einem Schuldspruch vor dem amerikanischen Gericht muss der Angeklagte zahlen - egal, wo der angeklagte Punkt in der Welt geschehen ist. - Und die Länder zahlen, weil sie sonst von Geschäften in den USA ausgeschlossen werden
Kannst du Beispiele nennen?

closs hat geschrieben:man versteht die Annexion der Krim als grobe Notbremse vor dem Hintergrund, dass der Westen sich einerseits immer mehr in Sicherheitszonen Russlands ausbreiten will UND gleichzeitig die Befriedigung der Interessen Russlands zäh in die Länge gezogen hat. - Da fühlt man sich irgendwann mal verarscht.
Zwei Dinge die ich bei der russischen Politik nicht verstehe:
1.) Die Weigerung Russlands, den Zusammenbruch der SU anzuerkennen. Mit welchem Recht erheben sie Ansprüche auf die umliegenden Länder?
2.) Wieso fühlt sich Russland vom Westen verarscht? Welche Gründe hat der Westen ihnen dazu gegeben? (Ich sehe keine.)

Als England ihre Position als Kolonialmacht verlor, war dies ein stiller Abschied von der "großen viktorianischen Zeit", und kein jammerndes Säbelrasseln wie bei den Russen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#69 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von closs » Mo 8. Sep 2014, 00:59

Pluto hat geschrieben:Mit welcher Begründung?
Dass die Krim schon immer die russische (nicht nur sowjetische) Verbindung zum Mittelmeer war und eigens deshalb von Russland im 17./18. Jh. erobert wurde - und seither nie anders besiedelt war als (mehrheitlich) durch Russen. - Das wird nicht dadurch obsolet, dass Chrustschow damals innerhalb der Sowjetunion die Krima an die Ukraine verschenkt hat.

Völkerrechtlich formal richtige Argumente gehen hier an der Substanz vorbei - anders gesagt: Eine nicht-russische Krim ist für Russland nur dann möglich, wenn so viel Einvernehmen zwischen der Ukraine und Russland besteht, dass man sie bei den Ukrainern belassen kann - wie es ja bis 2013 der Fall war.

Pluto hat geschrieben:Kannst du Beispiele nennen?
Ich meine, dass Vattenfall (?) eine inner-deutsche Sache (Regierung ./. Vattenfall) in den USA zur Klage gebracht hat - sozusagen eine über-nationale Parallel-Justiz.

Pluto hat geschrieben:1.) Die Weigerung Russlands, den Zusammenbruch der SU anzuerkennen. Mit welchem Recht erheben sie Ansprüche auf die umliegenden Länder?
Der Zusammenbruch der SU war doch weitgehend eine Folge der Perestroika - zwar nicht geplant, aber Folge der Öffnung nach dem Westen. - Unter Putin wäre die SU damals NICHT zusammengebrochen.

Wie auch immer: Der Westen hat die Erwartungen Russlands enttäuscht - etwa Reisefreiheit/weitgehende Handels-Vereinbarungen. - UND: Es war damals (1991 rum) vereinbart, dass KEIN neues EU-Land östlich von Deutschland NATO-Mitglied werden dürfe - trotzdem hat Russland entgegegenkommend zugestimmt, dass das Baltikum und Polen zur NATO stoßen - weil man ja selber langfristig Teil davon werden wollte - zu Partner-Verträgen ist es dann ja auch gekommen.

Damals gab es keinerlei Ansprüche auf umliegende Länder - man war sich ja einig. - Spätestens mit dem Fall der Ukraine hat man (vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung) die Notbremse gezogen.

"Rechte" hat Russland keine - aber Mindest-Interessen. - Die USA hätte auch keine "Rechte" gehabt, in Kuba einzumarschieren (oder es zu zerstören) - hätte es aber 1962 getan, wenn in Kuba die Atomwaffen verblieben wären - wegen Mindest-Interessen - man möchte keine Bedrohung unmittelbar vor der Tür haben. Die USA hätten in diesem Fall keine rechtlichen Einwände gelten lassen.

Genau das droht Russland, wenn die Ukraine NATO-Mitglied werden KÖNNTE. - Also wirkt man massiv ein, dass es nicht geschieht.

Pluto hat geschrieben:2.) Wieso fühlt sich Russland vom Westen verarscht? Welche Gründe hat der Westen ihnen dazu gegeben? (Ich sehe keine.)
Oben habe ich welche genannt:
1) Stationierung von Rakten im Baltikum/Polen (?), die gegen den Nahen Osten gerichtet sind - wenn sie da sind, kann man sie auch gegen Russland richten - also Bedrohung.
2) Abwehr von Reiseerleichterungen für Russen in EU.
3) Abwehr von lange gewünschten Handels-Vereinbarungen EU-Russland
4) Entweder-oder-Haltung gegenüber Ukraine ("Wenn Ihr zu uns (EU) wollt, könnt Ihr nicht zum russischen Einfluß-Bereich gehören")
5) Internationale Missachtung bei Krisen-Bewältigungen (In Syrien konnte sich Russland erstmals wieder einmal einbringen)
6) "Ihr meint, Ihr seid die Kings und wir wären der Depp"

Pluto hat geschrieben: und kein jammerndes Säbelrasseln wie bei den Russen.
Das sehen die Russen inzwischen ähnlich: Keine Verarsche mehr, kein Jammern mehr - jetzt heben wir auch mal die Hand und zeigen, wo's lang geht.

Das sind sicherlich nicht nur rational glasklare Argumente, sondern auch Gefühls-Argumente - aber das ist wurscht - denn wichtig ist, was sich da in Russland zusammengebraut hat und wie man verhindert, dass daraus irgendeine explosive Mischung wird. - Die Wirtschafts-Sanktionen sind in diesem Sinne NICHT deeskalierend - Russen sind gewohnt zu leiden. Und erfolgreich im Sinne einer Beugung werden diese Sanktionen auch nicht sein.

Es geht hier um Märkte, an denen die USA Interesse haben - Egon Bahrs hier zitierten Sätze haben vom Kern her ins Schwarze getroffen.

Benutzeravatar
Demian
Beiträge: 3533
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:09

#70 Re: Lösung des Ukraine Konflikts?

Beitrag von Demian » Mo 8. Sep 2014, 03:19

2.) Wieso fühlt sich Russland vom Westen verarscht? Welche Gründe hat der Westen ihnen dazu gegeben? (Ich sehe keine.)

Ich verweise gerne auf die Worte von Peter Scholl-Latour: „Ich frage mich, was sich die EU von einer Annäherung der Ukraine erhofft[...]Käme nun noch die Republik von Kiew hinzu, wo von den Tataren die Wurzeln des heutigen Russlands gelegt wurden und die Bekehrung zum Christentum stattfand, dann würde das aufgeblähte Territorium der fragilen Europäischen Union bis rund dreihundert Kilometer an jenes Schlachtfeld heranrücken, das unter dem Namen Stalingrad berühmt wurde. Haben die Deutschen jedes Gespür für die Tragik der eigenen Geschichte verloren?“

Zuletzt geändert von Demian am Mo 8. Sep 2014, 07:33, insgesamt 2-mal geändert.

Antworten