Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Politik und Weltgeschehen
closs
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#31 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von closs » Mo 7. Jul 2014, 10:20

barbara hat geschrieben:von wegen "fleissig"... die Griechen, Prügelknaben des Kontinents, haben die höchsten Jahresarbeitszeiten...600 Stunden mehr im Schnitt als die vergleichbar faulen Deutschen.
Zustimmung. - Der Wohlstand des einen und die Armut des anderen hat NICHTS damit zu tun, dass die einen fleissig und die anderen faul sind. - Es sind die Strukturprobleme (Oligarchie, Bestechung, Verwaltung, etc.), die von oben her zum eigenen Nutzen aufrecht erhalten werden.

Auch in Griechenland gilt: Gewinne werden privatisiert - Verluste werden sozialisiert. - Das heisst: Die 80/90% der Griechen, die nie etwas von den Schulden-Euros gesehen haben, zahlen die Gelder mit Blut und Tränen zurück, die von den Oligarchen an Fluchtgeldern im Ausland lagern - wie halt international üblich. - Merke: Die unversteuerten Fluchtgelder der griechischen Oligarchie sind mehr als die gesamten Staatsschulden Griechenlands.

Pluto
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#32 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Jul 2014, 10:31

barbara hat geschrieben:von wegen "fleissig"... die Griechen, Prügelknaben des Kontinents, haben die höchsten Jahresarbeitszeiten...600 Stunden mehr im Schnitt als die vergleichbar faulen Deutschen.
Was nützt es ihnen, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht richtig nutzen um Werte zu produzieren? Die "Sombrero" Mentalität sitzt ihnen tief in den Knochen. Wenn man dann obendrauf ein korruptes System und eine "Steuern sind doof" Mentalität hinzunimmt, ist die Katastrophe regelrecht vorprogrammiert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

barbara
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#33 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von barbara » Mo 7. Jul 2014, 10:53

Pluto hat geschrieben:Was nützt es ihnen, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht richtig nutzen um Werte zu produzieren?

Wert wird sehr wohl produziert, besonders in der Privatwirtschaft - was noch längst nicht heisst, dass dieser Wert zu Geld gemacht werden kann. Es ist ja auch im geldreichen Norden so, das sehr viele wertvolle Arbeiten nicht gegen Geld gemacht werden - besonders in Erziehung und Pflege.


Die "Sombrero" Mentalität sitzt ihnen tief in den Knochen. Wenn man dann obendrauf ein korruptes System und eine "Steuern sind doof" Mentalität hinzunimmt, ist die Katastrophe regelrecht vorprogrammiert.

Die Korruption ist das Problem - wobei auch da der reiche Norden kräftig mitgeholfen hat... zum Beispiel, als Siemens einem griechischen Minister eine nette Stadtwohnung mit Blick auf die Akropolis schenkte, als Dank dafür, dass Griechenland wieder mal ein paar deutsche U-Boote bestellte.

Der Norden konnte nur darum als Exportweltmeister einen so grossen Exportüberschuss produzieren, weil es afu der andern Seite der Waage Länder gibt, die einen Importüberschuss haben... Export-Importe ist etwas, das in der Bilanz aller Länder immer Null gibt, der Export eines Landes ist immer der Import eines andern Landes. Aber die Idee, dass in einer globalisierte Welt grosse Ungleichgewichte im Aussenhandel zerstörerisch wirken, und dass das Verteidigen kurzfristiger nationaler Interessen ohne Berücksichtigung globaler Gleichgewichte am Schluss allen schadet, hat sich noch nicht durchgesetzt in der Politik. Und die grossen Konzerne, die echt international sind, die spielen damit, ohne Einschränkungen... und werden immer frecher. Die wollen schon eigene Gerichte, wo Konzerne gegen Staaten klagen können.

gruss, barbara

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#34 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Jul 2014, 11:28

barbara hat geschrieben:Und die grossen Konzerne, die echt international sind, die spielen damit, ohne Einschränkungen... und werden immer frecher. Die wollen schon eigene Gerichte, wo Konzerne gegen Staaten klagen können.
Dein Vorwurf ist aus meiner Erfahrung heute nicht gerechtfertigt.

In dem "Multi", wo ich arbeitete, war was du beschreibst, vor 40 Jahren sicher richtig, aber schon in den frühen 80ern setzte sich eine andere Denkweise durch: "Wir sind gegen Korruption, jeglicher Art!", hieß die Richtlinie der Geschäftsleitung, "Unsere Produkte sollen sich durch ihren Nutzen verkaufen."
Aber schlechte Gewohnheiten halten sich leider lange, so dauerte es bis in die 90er, bis in Europa Zahlungen "unter dem Tisch" eingestellt waren. Heute ist es ein Entlassungsgrund, Schmiergelder zu zahlen, oder auch nur Beihilfe zu leisten.

Das Problem in Europa ist und bleibt die starre Struktur des Euro. Seit der Abschaffung schwankender Wechselkurse gibt es kein natürliches "Ventil" mehr, um Produktivitätsunterschiede "sanft" auszugleichen. Der Vorteil der Transparenz mit dem die Einführung des Euro gepriesen wurde, wird durch die Starrheit des Systems mehr als negiert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#35 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von barbara » Mo 7. Jul 2014, 11:59

Pluto hat geschrieben: In dem "Multi", wo ich arbeitete, war was du beschreibst, vor 40 Jahren sicher richtig, aber schon in den frühen 80ern setzte sich eine andere Denkweise durch: "Wir sind gegen Korruption, jeglicher Art!", hieß die Richtlinie der Geschäftsleitung, "Unsere Produkte sollen sich durch ihren Nutzen verkaufen."

die neuste Variante heisst "wir müssen Gesetze nicht mehr brechen, wenn wir sie gleich selbst schreiben".

http://www.heise.de/tp/artikel/39/39709/1.html

nennt sich "Investorenschutz", das Ding:

Peter Fuchs: Ein Kapitel im TTIP-Abkommen soll dem so genannten "Investorenschutz" gewidmet sein. Darin möchte die EU-Kommission neue Klagerechte für Konzerne im Rahmen der so genannten Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit einführen. Europäischen Investoren in den USA und US-Investoren in Europa sollen vor eigenen Schiedsgerichten klagen können, wenn sie sich zum Beispiel durch umweltpolitische Regulierungen in ihrem Eigentum oder ihren Profiterwartungen geschädigt sehen.

in der Regel werden die exorbitant hohen Löhne der Privatwirtschaft mit dem grossen unternehmerischen Risiko gerechtfertigt. Doch solche Schiedgerichte wie hier mit TTIP geplant, würden dieses Prinzip völlig unterlaufen und Investoren Geld zahlen, weil sie nicht mehr die Umwelt nach Belieben verschmutzen dürfen. :shock:



Das Problem in Europa ist und bleibt die starre Struktur des Euro. Seit der Abschaffung schwankender Wechselkurse gibt es kein natürliches "Ventil" mehr, um Produktivitätsunterschiede "sanft" auszugleichen. Der Vorteil der Transparenz mit dem die Einführung des Euro gepriesen wurde, wird durch die Starrheit des Systems mehr als negiert.

Euro ist auch ein Problem, ja. Es werden ja auch viele Stimmen laut, die wieder nationale Währungen wollen. Oder zumindest eine Teilung in Nord-Euro und Süd-Euro.

gruss, barbara

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#36 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Jul 2014, 12:05

barbara hat geschrieben:die neuste Variante heisst "wir müssen Gesetze nicht mehr brechen, wenn wir sie gleich selbst schreiben".
http://www.heise.de/tp/artikel/39/39709/1.html
nennt sich "Investorenschutz", das Ding:
Naja... ist noch kein Gesetz, sondern Verhandlungsbasis. Es ist für mich nachvollziehbar, wenn man die eigenen Interessen vertritt.
Und wenn Politiker dann auf ihren Är***en sitzen oder lieber Stimmen sichern, statt ihre Verantwortung als legislative Instanz wahrzunehmen, wer ist dann der Schuldige in der Gleichung?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#37 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von barbara » Mo 7. Jul 2014, 12:13

Die aktuellen politischen Strukturen sind leider so, dass kleine reiche Gruppen übermässig Möglichkeit haben, die Politik zu beeinflussen.

Wichtiger ist wohl die Frage: wer muss es ausbaden? - richtig! - wir, die Bürger und Bürgerinnen. Die wir zum grössten Teil niemals "ja" zu all dem sagten, was da geplant ist und auch nicht mehr sehr weit von der Umsetzung weg ist.

gruss, barbara

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#38 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Scrypton » Mo 7. Jul 2014, 13:35

barbara hat geschrieben:die neuste Variante heisst "wir müssen Gesetze nicht mehr brechen, wenn wir sie gleich selbst schreiben".

http://www.heise.de/tp/artikel/39/39709/1.html

nennt sich "Investorenschutz", das Ding:
Du bist wohl nicht mehr auf dem neuesten Stand?
Das Ding, hier nun Investorenschutz (korrekt: Investitionsschutzklausel) - deren Verhandlungen wurden bereits vor Monaten auf Eis gelegt.

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#39 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Jul 2014, 13:38

barbara hat geschrieben:Die aktuellen politischen Strukturen sind leider so, dass kleine reiche Gruppen übermässig Möglichkeit haben, die Politik zu beeinflussen.
Genau das muss in einer Demokratie verhindert werden!
Warum lassen demokratische Politker so was zu?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#40 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von barbara » Mo 7. Jul 2014, 13:42

Darkside hat geschrieben:
nennt sich "Investorenschutz", das Ding:
Du bist wohl nicht mehr auf dem neuesten Stand?
Das Ding, hier nun Investorenschutz (korrekt: Investitionsschutzklausel) - deren Verhandlungen wurden bereits vor Monaten auf Eis gelegt.

Wirklich? - umso besser.

Pluto hat geschrieben:Genau das muss in einer Demokratie verhindert werden!
Warum lassen demokratische Politker so was zu?

Weil sie selbst massiv davon profitieren? Politiker sind schliesslich keine Heiligen, sondern gewöhnliche Menschen. Wenn sie erst mal gewählt sind, haben sie kein besonders grosses Interesse daran, sich selbst zu entmachten in vieler Hinsicht.

gruss, barbara

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