Whistleblower

Politik und Weltgeschehen
closs
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#211 Re: Whistleblower

Beitrag von closs » Sa 1. Feb 2014, 01:58

Pluto hat geschrieben: Objektiv können und dürfen wir nicht über den Fall urteilen.
Das kann das Gericht auch nicht. - Es bewertet Fälle nach objektiven Kriterien (= Gesetze), sollte aber nicht über subjektive Schuld befinden.

Pluto hat geschrieben: Von Ärzten die Manning untersucht haben, ist zu hören, dass er drogenabhängig und sehr labil ist;
Kann auch PR sein - fifty-fifty.

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sven23
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#212 Re: Whistleblower

Beitrag von sven23 » Sa 1. Feb 2014, 07:34

closs hat geschrieben:
Wie auch immer: Wenn ein Mannings ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" (Zusammenballern von unbewaffneten Männern auf der Straße vom Helikopter aus) öffentlich macht, gilt genau das Gegenteil: Die Einhaltung des Schwurs für das Land - genau das ist aber eben eine Ausrede, die beim SChießbefehl an der Mauer lt. internationalem Gerichtsspruch NICHT gilt. - Einfach verrückt.


Richtig. Ein demokratischer Rechtsstaat sollte immer an der Aufklärung von Kriegsverbrechen interessiert sein, auch, oder gerade wenn sie von eigenen Leuten verübt wurden. Wenn man stattdessen lieber auf den Überbringer der Botschaft einprügelt, dann stimmt im System etwas nicht.

Nebenbei: Bei Assange muß man kritisieren, daß ihm der Informantenschutz nie besonders wichtig war, was aber eine journalistische Grundregel ist.
Auch auf Journalisten wird zunehmend Druck ausgeübt, ihre Quellen preiszugeben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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barbara
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#213 Re: Whistleblower

Beitrag von barbara » Sa 1. Feb 2014, 08:25

Pluto hat geschrieben: Von Ärzten die Manning untersucht haben, ist zu hören, dass er drogenabhängig und sehr labil ist; er leidet und Komplexen.

ja und?


Es geht vermutlich nicht nur um gute Vorsätze und Humanismus, sondern um ein viel komplexeres psychologisches Bild einer gestörten Persönlickeit, deren Motive viel tiefer gehen: Möglicherweise war Manning von größenwahnsinnigen Vorstellungen besessen, der Erretter der Welt zu sein.

ja und?


In einer solchen Situation ist es nicht leicht zu entscheiden ob er ein Held oder ein Verräter ist. Wir sind nicht im Besitz der Fakten seiner Motive. Objektiv können und dürfen wir nicht über den Fall urteilen.

Auf alle Fälle ist es gut und richtig, dass fröhliches Zivilisten-Schiessen aus dem Helikopter der Armee nicht weiterhin ein geduldeter, äh, "Sport" des Militärs bei Auslandeinsätzen ist.

Ob jene Person, die sensibel und empathisch genug war, um so sehr darunter zu leiden, dass sie dies nicht einfach schulterzuckend abhaken konnte, sondern unter massiver Gefährdung und Einschränkung für sich selbst dies publik machte, krank ist oder nicht, who cares?

gruss, barbara

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#214 Re: Whistleblower

Beitrag von barbara » Sa 1. Feb 2014, 08:28

sven23 hat geschrieben: Nebenbei: Bei Assange muß man kritisieren, daß ihm der Informantenschutz nie besonders wichtig war, was aber eine journalistische Grundregel ist.
Auch auf Journalisten wird zunehmend Druck ausgeübt, ihre Quellen preiszugeben.

Stimmt.

Snowden hingegen hat in den bisherigen Enthüllungen strikt darauf geachtet, keine Namen preiszugeben, sodass eventuell betroffene Personen keine Nachteile aus den Enthüllungen erleiden.

Allerdings hat Glenn Greenwalds Partner schon den Zorn des Staates zu spüren bekommen, als er von der britischen Polizei aus null guten Gründen (ausser Greenwalds Partner zu sein) für viele Stunden festgehalten wurde. Und das nicht etwa in irgend einer zwielichtigen Diktatur, sondern in dem Land, das stolz darauf ist, Parlamente erfunden zu haben.

gruss, barbara

Pluto
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#215 Re: Whistleblower

Beitrag von Pluto » Sa 1. Feb 2014, 11:21

barbara hat geschrieben:
In einer solchen Situation ist es nicht leicht zu entscheiden ob er ein Held oder ein Verräter ist. Wir sind nicht im Besitz der Fakten seiner Motive. Objektiv können und dürfen wir nicht über den Fall urteilen.
Auf alle Fälle ist es gut und richtig, dass fröhliches Zivilisten-Schiessen aus dem Helikopter der Armee nicht weiterhin ein geduldeter, äh, "Sport" des Militärs bei Auslandeinsätzen ist.
Du schlussfolgerst aus "sicherer Entfernung" ohne die Fakten wirklich zu kennen.
Vermutlich gab das Abschießen von unschuldigen Menschen den Ausschlag für Mannings Enthüllungen, aber was sonst noch dahinter steckt... davon hast du nun mal keine Ahnung, also solltest du nicht so mit deinen Vorurteilen herumwüten.

Ob jene Person, die sensibel und empathisch genug war, um so sehr darunter zu leiden, dass sie dies nicht einfach schulterzuckend abhaken konnte, sondern unter massiver Gefährdung und Einschränkung für sich selbst dies publik machte, krank ist oder nicht, who cares?
Polemisch wie eh und je...? ;)

Manning ist zunächst einmal de jure ein Verräter.
Dass das nicht die ganze Geschichte ist, ist mir auch klar. Aber das Bild von Maning ist so komplex, dass es möglicherweise falsch wäre ihn als Held zu feiern. Für mich steht fest: Es war ein psychisches Drama, dass sich so nicht wiederholen darf — und da schließe ich die Ermordung von wehrlosen Menschen mit ein.

Fazit:
Es steht uns als Außensthende nicht zu, in dem hochkomplexen "Fall Manning" mit vorschnellen Urteilen wild "herumzufuchteln".
Weder "Verräter", noch "Held" sind geeignet um das Geschehene zu umschreiben, also halte ich mich mit meinem Urteil zurück.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#216 Re: Whistleblower

Beitrag von closs » Sa 1. Feb 2014, 12:03

Pluto hat geschrieben:Es steht uns als Außensthende nicht zu, in dem hochkomplexen "Fall Manning" mit vorschnellen Urteilen wild "herumzufuchteln".
Aber man darf auch nicht wegsehen, wenn jemand wie er für 25 Jahre im Knast hockt - und die Verbrecher gegen die Menschlichkeit frei rumlaufen. - Das wäre die objektive Variante.

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#217 Re: Whistleblower

Beitrag von Pluto » Sa 1. Feb 2014, 12:06

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es steht uns als Außensthende nicht zu, in dem hochkomplexen "Fall Manning" mit vorschnellen Urteilen wild "herumzufuchteln".
Aber man darf auch nicht wegsehen, wenn jemand wie er für 25 Jahre im Knast hockt...
Das Problem ist, weder du noch Barbara, noch ich wissen was seine Motive wirklich waren.
Deshalb maße ich mich nicht an darüber zu urteilen, und so zu tun als wüsste ich Bescheid.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#218 Re: Whistleblower

Beitrag von closs » Sa 1. Feb 2014, 12:18

Pluto hat geschrieben:Deshalb maße ich mich nicht an darüber zu urteilen, und so zu tun als wüsste ich Bescheid.
Aber unabhängig davon ist doch das Objektive erkennbar:

"Soldaten begehen ein Kriegsverbrechen, indem sie ein Ansammmlung von Zivilisten zusammenballern - Mannings macht es öffentlich". - Nicht mehr und nicht weniger - ganz ohne Interpretation.

Pluto
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#219 Re: Whistleblower

Beitrag von Pluto » Sa 1. Feb 2014, 12:54

closs hat geschrieben:Aber unabhängig davon ist doch das Objektive erkennbar:

"Soldaten begehen ein Kriegsverbrechen, indem sie ein Ansammmlung von Zivilisten zusammenballern - Mannings macht es öffentlich". - Nicht mehr und nicht weniger - ganz ohne Interpretation.
Das sind die "nackten" Fakten. Damit kann ich leben.

Was mich stört, ist dass man ihn als Held, bzw. Hoffnungsträger feiert, und ihn dadurch zum Märtyrer macht.
Dazu fehlen uns einfach die Fakten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

barbara
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#220 Re: Whistleblower

Beitrag von barbara » Sa 1. Feb 2014, 16:40

Pluto hat geschrieben:Du schlussfolgerst aus "sicherer Entfernung" ohne die Fakten wirklich zu kennen.
Vermutlich gab das Abschießen von unschuldigen Menschen den Ausschlag für Mannings Enthüllungen, aber was sonst noch dahinter steckt... davon hast du nun mal keine Ahnung, also solltest du nicht so mit deinen Vorurteilen herumwüten.

Da gibt es nichts zu kennen: Zivilisten abschiessen aus sicherer Distanz geht nicht. Punkt.

und schon gar nicht geht das, wenn man ein Land vertritt, das angeblich Freiheit und Demokratie bringen will.

Lektüreempfehlung: Bel-Ami von Guy de Maupassant.


Polemisch wie eh und je...? ;)

nein,beim Thema "Empathie gegenüber Mord als Sport" kann man gar nicht so polemisch sein, wie die Handlung daneben ist.

Aber das Bild von Maning ist so komplex, dass es möglicherweise falsch wäre ihn als Held zu feiern.

Ich glaube auch gar nicht, dass es grad Thema der Diskussion ist, ob der 1. Februar oder doch lieber der 3. März zum Bradley-Manning-Tag erhoben werden soll. Und es geht auch nicht darum, dass man die Anzahl Kategoriern auf zwei reduziert, Held oder Verräter (wieso denn ausgerechnet diese zwei?) und ihn in eine davon steckt.

Es könnte doch auch um eine differenzierte Betrachtung gehen, mit Zwischentönen.


Für mich steht fest: Es war ein psychisches Drama, dass sich so nicht wiederholen darf — und da schließe ich die Ermordung von wehrlosen Menschen mit ein.

Mord ist nicht ein psychisches, sondern handfestes physisches Drama. Vor allem für die Gemordeten.


Es steht uns als Außensthende nicht zu, in dem hochkomplexen "Fall Manning" mit vorschnellen Urteilen wild "herumzufuchteln".

Natürlich können wir darüber diskutieren und Meinungen bilden. Wer sollte uns daran hindern?

gruss, barbara

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