Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Politik und Weltgeschehen
Abischai
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#11 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Abischai » So 6. Jul 2014, 00:59

Nein, es ist nicht der Markt, der das diktiert. Es sind einzelne Menschen, die das diktieren. Der "Markt" ist die Schutzbehauptung, hinter der sich jene Einzelnen verstecken können.

Der wirkliche Wert der Arbeitsleistung kann gar nicht diktiert werden, dieser Wert ist da, er wird nur kleingeredet. EInbilliges Brötchen... Wenn man irre Hunger hat, weiß man seinen Wert zu schätzen.
Und ein Nagel, ein einfacher Nagel, wenn man einen braucht und keinen findet, dann freut man sich über einen rostigen, verbogenen und dängelt den liebevoll zu neuer Gestalt.

Was kostet das Mähen von 1.000m² Rasen? Mach's einfach mal, wenn du keine Zeit hast, der Rasenmäher kaputt ist und der Strom abgestellt. "Ist doch leicht!" denkt sich mancher (Viel Spaß!)

Das mit den vielen Arbeitslosen ist richtig. Und weil das so ist, weil die Erbringer der Leistung eben anscheinend nicht gewollt sind, stürzen die Leistungserbringer (Arbeiter) sich aufeinander, hintergehen einander und booten sich aus, wie Wilde Tier in der Arena, denen man ein Steak hinwirft.

Wenn die Menschen nicht unterbezahlt arbeiten würden, wären die Leistungsnehmer (Firmen) ganz schnell auf dem Plan. Die Uneinigkeit der Leistungserbringer nutzt man aber eben aus, 'dividi et impera' hat mal jemand gesagt.

Das Gejammer heutzutage ist doch aber unüberhörbar: "Es gibt keine guten Leute mehr"
Und?
Was soll diese Aussage, wenn es doch tausende gibt, die diesen Job machen, wenn ich ihn nicht mache?
Ich bin ja mal gespannt, wo die "tausenden" sind, ehrlich gesagt, kann ich die nicht sehen. Mich beeindruckt niemand, der mir einen Job "anbieten" möchte. Ich biete an, weil ich eine Leistung erbringen kann, was so kein anderer macht.
Die noch "besseren" warten nicht zu tausenden draußen, sondern sie sind in weit besseren Anstellungen und machen sich um sowas keine Kopp.

Ich habe Bewerbungsgespräche erlebt, wo man mir vermitteln wollte, ich bekäme die Chance, mich gegen viele andere zu behaupten. 8-) Fand ich cool. Aber bei solchen Betrugsversuchen gibt es bei mir kein Pardon. Die Firmen machen das ohne mich ganz gut...

Die Qualität die resultiert, wenn man mit nicht ganz so guten Leuten arbeitet und lieber schummelt, sehen wir ja bei Produkten, die nicht mehr das hergeben, was ihr guter Name einst versprach.

Das Schöne ist: Sowas regelt dann wirklich der Markt. Die betrogenen Leistungsgeber (Arbeiter), die in dem Strudel zu schaden kommen, tun mir Leid, das sind Geiseln, Kollateralschäden.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Pluto
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#12 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » So 6. Jul 2014, 01:33

Abischai hat geschrieben:Nein, es ist nicht der Markt, der das diktiert. Es sind einzelne Menschen, die das diktieren. Der "Markt" ist die Schutzbehauptung, hinter der sich jene Einzelnen verstecken können.
Ist unter normalen Umständen keine Schutzbehauptung!
Ich hatte mal einen Chef der denjenigen die mehr Geld forderten sagte: "Geh und such dir was Besseres!" Und der Eine oder Andere ging und fand tatsächlich was "Besseres".
Das ist der Markt, lieber Abischai; daran kommt Keiner vorbei, auch nicht ein arroganter Chef.

Allerdings habe ich auch Situationen erlebt, be denen das nicht funktioniert. Eine Solche gab es kurz nach der Wende in Ostdeutschland, wo ich genau wusste, diejenigen die entlassen werden, und dazu noch zwischen 50 und 54 sind, die schickst du jetzt in die Armut (ab 54 bekam man damals Frührente).

Abischai hat geschrieben:Das Gejammer heutzutage ist doch aber unüberhörbar: "Es gibt keine guten Leute mehr"
Und?
Was soll diese Aussage, wenn es doch tausende gibt, die diesen Job machen, wenn ich ihn nicht mache?
Ich bin ja mal gespannt, wo die "tausenden" sind, ehrlich gesagt, kann ich die nicht sehen. Mich beeindruckt niemand, der mir einen Job "anbieten" möchte. Ich biete an, weil ich eine Leistung erbringen kann, was so kein anderer macht.
Die noch "besseren" warten nicht zu tausenden draußen, sondern sie sind in weit besseren Anstellungen und machen sich um sowas keine Kopp.
Aus Sicht eines gutqualifizierten und fleißigen Arbeiters (wie du vermutlich einer bist), spielt eben der Markt anders rum, und die Arbeitgeber müssen sich die Leute holen, wie und wo sie können.

Abischai hat geschrieben:Das Schöne ist: Sowas regelt dann wirklich der Markt. Die betrogenen Leistungsgeber (Arbeiter), die in dem Strudel zu schaden kommen, tun mir Leid, das sind Geiseln, Kollateralschäden.
So isses! :thumbup:
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#13 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von closs » So 6. Jul 2014, 01:37

Abischai hat geschrieben:Nein, es ist nicht der Markt, der das diktiert. Es sind einzelne Menschen, die das diktieren. Der "Markt" ist die Schutzbehauptung, hinter der sich jene Einzelnen verstecken können.
Natürlich - es ist ein System, dem sich der Mensch unterordnet.

Pluto hat geschrieben:Ist dasseble in grün (mit andern Worten ausgedrückt)!
Nein - Beispiel: Es gibt inzwischen viele Fälle, in denen verschiedene Menschen die gleiche Arbeit gleich gut (!!) verrichten, aber unterschiedlich bezahlt werden. - Genauso wie die gleiche Leistung für den Konsumenten unterschiedlich viel kosten kann - bei meinem letzten London-Flug habe ich Frankfurt - Heathrow (return) 105 Euro bezahlt, mein Nebenmann 340,- Euro.

WÄREN wir eine Leistungsgesellschaft, würde alle, die dieselbe Arbeit gleich gut verrichten, dasselbe Geld dafür bekommen. - Wären wir eine Leistunggesellschaft, würde eine Person für den identischen Flug nach London bei identischer Leistungen an Bord dasselbe Geld dafür bezahlen.

Aber das ist eben die Ausnahme. - Die Regel ist, dass man nach Marktgesetzen einkauft - egal ob Personal oder einen Flug nach London.

Pluto hat geschrieben:Was glaubst du warum in der Schweiz so hohe Löhne bezahlt werden? — Weil die Leistung stimmt und der Markt es zulässt.
Weil die Leistung stimmt und das Angebot der Leistungserbringer relativ harmonisch zu der Nachfrage an Leistungserbringer steht - ein glücklicher Umstand, aber nicht die Regel.

Pluto
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#14 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » So 6. Jul 2014, 01:58

closs hat geschrieben: Genauso wie die gleiche Leistung für den Konsumenten unterschiedlich viel kosten kann - bei meinem letzten London-Flug habe ich Frankfurt - Heathrow (return) 105 Euro bezahlt, mein Nebenmann 340,- Euro.
Dein Nebenmann hatte vielleicht die Wahl der Zeit, sowohl beim Hin- als auch beim Rückflug, oder er hat sein Ticket zu einem Zeitpunkt bestellt, wo sich die Fluggesellschaft sehr sicher war, den Flug füllen zu können.
Wenn du ein Ticket zum WM Endspiel in Rio kaufen willst, gibt es genauso zeitliche Schwankungen. Heute ist er billiger als nach dem Halbfinale wenn die Finalisten feststehen.
Ebenso verhält es sich mit Aktien an der Börse. Heute kostet die Aktie vielleich mehr oder weniger als morgen.

Was du in deinem Beispiel beschreibst IST Marktwirtschaft in einer Leistungsgesellschaft! Du wunderst dich (und schimpfst?) nur über die Höhe der Schwankungsbandbreite — das ist alles.

WÄREN wir eine Leistungsgesellschaft, würden alle, die dieselbe Arbeit gleich gut verrichten, dasselbe Geld dafür bekommen.
Ich glaube du siehst das viel zu einfach und theoretisch. Es genügt eben nicht der direkte Leistungsvergleich. Was ist, wenn der Eine Mitarbeiter erfahrener und/oder älter ist, oder er ist (fast) nie krank? So was nennen die Personalchefs in der Industrie "soft factors" (weiche Faktoren). Sie können einen Vergleich enorm erschweren oder verunmöglichen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

2Lena
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#15 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von 2Lena » So 6. Jul 2014, 09:23

Klärt mich mal bitte auf!
Ich verstehe eure ganze Debatte nicht.
Es kann an der Rente liegen, die mir seit Jahren als fester, wenn auch bescheidener Betrag diesen Stress nimmt.

Da sprachen schon viele davon, es gibt in der Zeit mehr Abstand zu dem, was Zeit des Lebens beunruhigt hat. Zuvor hieß es: Brauch ich mehr, mehr, außerdem steht mir die Belohnung zu. Das Geld wird gebraucht für neue Anschaffungen. Es reicht vorn und hinten nicht für ein Haus, die Rate drückt. Das Auto geht kaputt. Andere brauchen Unterstützung und vieles mehr ist der Grund, der das Einkommen zu einem Nichts schrumpfen lässt.

Erstaunenswert ist, wie es manche schaffen - Wohlstand zu zeigen - bei roten Zahlen. Die machen dann mehr her, "echte Freundschaften", werden gepflegt, die durch Pump entstehen und den Geber zum "Deppen" machen. Der holt sich anständigerweise durch Arbeit, was andere mit Saugrüsseln wegziehen. Da entsteht dann ein gewisses Misstrauen, ungutes Lebensgefühl und vieles mehr.

Ich wundere mich wirklich, warum es ein Geschrei um den Mindestlohn gibt. Es ist notwendig, dass die Menschen ein Minimum an Auskommen haben. Ich habe es erlebt, dass Menschen in zwei Schichten und auch an den Wochenenden arbeiteten, damit sie ihrer Familie helfen konnten. Andere kamen, angeworben von falschen Versprechungen aus dem Ausland. In ihrem Land war 3 Euro ein Riesenverdienst. Hier kann man nicht davon leben. Der Mann hat Monate im Auto des Arbeitgebers als Fernfahrer verbracht, weil das Geld weder für die Miete und kaum für's Essen und Anziehen reichte. Er hatte - zudem wegen Sprachschwierigkeiten kaum eine Chance auf ein Klageverfahren. Sein Vertrag war "rechtskräftig". Da waren schwerwiegende Ungerechtigkeiten.

Der Arbeitgeber bekommt einen Lohn. Er hat etwas davon, wenn er allein lebt. Als Unterstützer des "Staates", wenn er gleichzeitig Kinder aufzieht, hat er kaum Wohnraum und viel zu wenig Einkommen. Gerecht wäre die Anrechnung "pro Kopf".

Ein anderes Dilemma sind die Mieten. Wer es seit Generationen durch Erbschaft zu Betriebsmitteln schaffte, hat einen Vorsprung, den ein normaler Angestellter Zeit seines Lebens nicht bekommt. Der eine hat 2000 Euro Lohn plus 800 Euro Mieteinnahmen, also 2.800 während der andere - bei gleichem "Lohn" von 2000 Euro nur 1.200 und nach Abzug der Nebenkosten noch weniger übrig hat. Krass wird es, wenn auf 1000 Euro Lohn mehr als 700 Euro Miete zu bezahlen sind. Viele Menschen sind gezwungen, den Besitzstand der anderen zu "pflegen" über Kapital oder durch seine Arbeit.

Noch ein Punkt ist die "Unsicherheit". Das erlebte ich gerade. In der Hoffnung, dass doch Geld und auch nicht eine im Grundbuch eingetragene Grundstückfläche das Entscheidene sei, investierte ich viel Zeit, viel Arbeit und "erhandelte" viele Pflanzen, um ein kleines "Natur-Paradies" zu schaffen. Als gesehen wurde, dass sich damit "Geld" machen ließ, war die Freundschaft vorbei. Etwa ohne Geld arbeiten, damit andere Geld verdienen? Hier kann ich gehen. Weh getan hat mir aber, das ohne "Rücksicht auf die Natur". Kann die ewig mit Gülle, Dünger - ohne das Leben, das sie selbst braucht - überleben? Mein Gefühl sagt dahingehend: Mulmig.... Das passte nicht mehr. Mit Mühe habe ich nun einen neuen Wohnplatz für meine "Ente" gesucht.

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#16 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von sven23 » So 6. Jul 2014, 10:45

Von was reden wir hier eigentlich? Ein Stundenlohn von 8,50 € macht bei einem 8 Stundentag ein Monatsbrutto von 1360 €, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Manche tun so, als würde deshalb die Wirtschaft zusammenbrechen, zumal es großzügige Ausnahmen und Übergangsregeln gibt.

Schlimmer finde ich, wenn Standards abgesenkt werden. In Bolivien wird derzeit Kinderarbeit legalisiert, eine viel bedenklichere Entwicklung. Was vorher Ausbeutung war, ist jetzt ein legales Arbeitsverhältnis.

http://www.huffingtonpost.de/2014/07/04 ... d%3D276641
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#17 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Pluto » So 6. Jul 2014, 11:53

sven23 hat geschrieben:Von was reden wir hier eigentlich? Ein Stundenlohn von 8,50 € macht bei einem 8 Stundentag ein Monatsbrutto von 1360 €, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Manche tun so, als würde deshalb die Wirtschaft zusammenbrechen, zumal es großzügige Ausnahmen und Übergangsregeln gibt.
Und manche tun so als müssten die Empfänger des neuen Midestlohns am Hungertuch nagen.
Deutschland steht nun etwa auf gleicher Höhe mit Belgien und Holland, unter den ersten 6 in der EU.

Bild
[Quelle: http://www.tagesschau.de]
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#18 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von sven23 » So 6. Jul 2014, 12:28

Pluto hat geschrieben: Und manche tun so als müssten die Empfänger des neuen Midestlohns am Hungertuch nagen.
Deutschland steht nun etwa auf gleicher Höhe mit Belgien und Holland, unter den ersten 6 in der EU.


Das wurde ja auch langsam Zeit, wenn man bedenkt, wie lange sich die Politik diesem Thema bei uns verweigert hat.
Eine Familie ernähren kann man damit nicht, dazu braucht es ein 2. Einkommen bzw. Aufstockung durch die Agentur für Arbeit.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Samantha

#19 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von Samantha » So 6. Jul 2014, 12:28

sven23 hat geschrieben:Von was reden wir hier eigentlich? Ein Stundenlohn von 8,50 € macht bei einem 8 Stundentag ein Monatsbrutto von 1360 €, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Manche tun so, als würde deshalb die Wirtschaft zusammenbrechen, zumal es großzügige Ausnahmen und Übergangsregeln gibt.]
Die Lebenshaltungskosten hier sind aber höher als in vielen Ländern. Und 1360 € brutto sind ja nun wirklich nicht viel.

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#20 Re: Mindestlohn — Segen oder Fluch?

Beitrag von sven23 » So 6. Jul 2014, 12:32

Samantha hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Von was reden wir hier eigentlich? Ein Stundenlohn von 8,50 € macht bei einem 8 Stundentag ein Monatsbrutto von 1360 €, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Manche tun so, als würde deshalb die Wirtschaft zusammenbrechen, zumal es großzügige Ausnahmen und Übergangsregeln gibt.]
Die Lebenshaltungskosten hier sind aber höher als in vielen Ländern. Und 1360 € brutto sind ja nun wirklich nicht viel.

Das meine ich doch auch. Manche Manager "verdienen" in der Stunde mehr.
Viele Rentner müssen netto mit deutlich weniger auskommen. Auch hier ist die Gesellschaft immer mehr gespalten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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