closs hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Wieso ist es arrogant einem Land ein erfolgreiches Regierungssystem zu empfehlen?
"Empfehlung" ist gut und etwas anderes als "Aufdrängung". - Empfehlen darf man.
Sehe ich auch so (wobei, eine Ausnahme, genau genommen auch Westdeutschland die Demokratie massiv aufgedrängt wurde). Wobei man auch beim Empfehlen vorsichtig sein muss. Die russische Situation ist eine völlig andere.
Demokratie setzt zum Funktionieren voraus, dass eine lange demokratische Tradition vorliegt. Die Russen hatten erst das despotische Zarenreich, dann den kommunistischen Despotismus. Das ist eine Prägung über sehr, sehr viele Generationen.
Das andere ist, dass man bei zentralistisch-diktatorischen Staaten nicht einfach ad-hoc per Staatsbeschluss mal eben die Demokratie einführen kann, wenn der Staat vorher mit äußerst konsequenten und hart-militärischen Mitteln zusammengehalten wurde. Da zerfällt ein Staat schnell in schwächere Einzelstaaten, die sich selbst nicht mehr grün sind und denen es (im Volk) danach schlechter geht wie vorher. Und ein gutes Polster an Privatkapital für die breite Masse war absolut nicht vorhanden (dies lässt Konflikte schnell eskalieren als Flächenbrand) Eher ein System systematischer Verarmung der Allgemeinheit bei Prioriät auf dem sog. "militärisch-industriellen Komplex" (den der Nato-Doppelbeschluss vor gut 30 Jahren als im Westen verheimlichte eigentliche Aufrüstungskampagne für Russland in Gegenwehr noch verstärkt hatte).
Und wie schnell der Zerfall gehen kann haben die Russen ja beim Zerfall der Sowjetunion festgestellt. Gorbatschow (übrigens auch ein ehemaliger hoher KGB-Offizier, wie fast alle obersten Führungskräfte im Kreml) war über Nacht Chef eines Staatesbundes (Sowjetunion), der schlagartig bedeutungslos war, nachdem Rußland ausgeschieden war und von den anderen Staaten der UdSSR hier naturgemäß keine Hilfe zu erwarten war (eher "abwartendes Verhalten"). Und die im weiteren Verlauf, nicht gerade zur Beruhigung Russlands, Land für Land auf einmal sich dem Westen zuwandten, von dem sie sich materiell mehr versprachen.
Russland wird im Westen als homogener Block gesehen. Es ist das Gegenteil.
Demokratie darf man nicht nur einfach träumerisch sehen. Es gibt Situationen, in denen Demkratie sogar für das Volk selbst schädlich werden kann, insbesondere dann, wenn es darum geht die Leute überhaupt am Leben zu erhalten.
China hat die brutalste Bevölkerungsproblematik letztlich mit harten und undemokratischen Mitteln in den Griff gekriegt: die 1-Kind-Familie. Vorher hatten die massive Angst, ihr Volk, wenn es so weitergeht, überhaupt ernähren zu können.
Und wie schnell man auch in einer bewährten Demokratie freiheitliche Rechte bereit ist einzuschränken, hat der Spuk der Baader-Meinhof-Bande und der nachfolgenden RAF (für Pluto: nicht Royal Air Force) gezeigt. Da waren etliche Dinge, von der reinen Demokratietheorie her gesehen, durchaus auch mal sehr fragwürdig. Bis hin zu Gerichtsurteilen, wenn z.B. der Polizeibeamte, der Benno Ohnesorg mit Schuss in den Hinterkopf getötet hatte, wegen Notwehr freigesprochen wurde. Die ersten Waffen terroristischer Gruppierungen in der BRD wurden von Mittelsmänner des westdeutschen Verfassungschutzes an diese übergeben.
KGB mit Mossad und CIA zu vergleichen ist müssig, das waren alle keine karitativen Erbsensuppenverteiler. Ich persönlich schätze den KGB für "fürchterlicher" ein, dies lag aber im wesentlichen daran, dass dieser Geheimdienst gleichzeitig nicht nur Auslandsnachrichtdienst war (CIA), sondern auch Inlandsgeheimdienst. Er konzentrierte im wesentlichen eine Macht auf sich, die in westlichen Ländern in der Regel in der Hand von drei oder mehr Geheimdiensten getrennt sind. Aus gutem Grund.
Pluto hat geschrieben: kannst du mir Einen nennen, der aus der Demokratie eine Diktatur gemacht hat?
Was hat das damit zu tun? - Hat Putin aus einer Demokratie eine Diktatur gemacht?
Das prominenteste Beispiel, wie man aus einer Demokratie eine Diktatur macht war Adolf Hitler. Übrigens auch ein ehemaliger Geheimdienstmann (wenn auch nur als kleiner Spitzel im Außendienst).
Pluto hat geschrieben:In den Strassen Manhattans patrouillieren keine GIs.
Das würden sie aber, wenn im Central Park Olympische Spiele stattfinden würden.
Hier würde ich die Russen jetzt gar nicht kritisieren. Es dient der Sicherheit und ein Machtmissbrauch (z.B. zum Erhalt der bestehenden Staatsmacht mit erweiterten Mitteln) ist konkret nicht gegeben.
Helmut Schmid wurde auch nie dafür kritisiert, dass er beim Hamburger Hochwasser illegal die Bundeswehr eingesetzt hatte (verfassungsrechtlich war dies streng genommen ein absolutes Unding).