Vatikan wird abgewatscht.

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closs
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#11 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von closs » Fr 7. Feb 2014, 14:12

sven23 hat geschrieben:Mein liebe Ziska, hast du heute schon einen Blick auf den Kalender geworfen? Heute ist nicht der 1. April.
Ne - lieber Sven - das kann man nicht ausschließen.

Lass mal diesen anti-religiösen Hype zur festen Einrichtung werden. - Es kann schon zu einem Kampf zwischen säkularer und geistiger Macht kommen. - Was im übrigen aus geistiger Sicht nicht schlimm wäre.

sven23 hat geschrieben:Die groß angekündigte historische Aufarbeitung der Mißbrauchsfälle in Deutschland ist ja auch gewaltig ins Stocken geraten
Ist das so? - Vielleicht waren es ja gar nicht so viele Fälle, wie man es sich wünscht. - Merke: Die Missbrauchsrate unter Geistlichen ist niedriger als im Bundesdurchschnitt. - Das Problem ist ein anderes: Es ist schwerwiegender, wenn ein Geistlicher diesbezüglicher Täter ist.

sven23 hat geschrieben:Was nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, daß plötzlich keine weiteren Fälle bekannt wurden
Alte, kirchenrechtlich abgearbeitete Fälle wird die Kirche natürlich nicht melden, weil sie weitgehend verjährt sind - es sei denn, ein Opfer meldet sich. - Wobei auch da wieder zu klären ist, ob es ein Opfer oder ein Trittbrettfahrer ist - gibt es AUCH.

sven23 hat geschrieben:Daß sich der Sexualtrieb früherer Täter einfach per Knopdruck abschalten ließe, darf bezweifelt werden.
Es spricht einiges dafür, dass es tatsächlich keine oder nur ganz wenige neue Fälle gibt.

Erstens reichen die bekannt gewordenen Fälle manchmal 50 Jahre zurück - das blendet man unbewusst aus und meint, es gehe vornehmlich um Fälle der letzten 10 oder 20 Jahre.

Zweitens weiß ich über meine katholischen Kontakte, dass in den letzten 5 Jahren ein geradezu rigoroser Kodex eingeführt wurde, der zum Teil sogar über das Ziel hinausschießt - so dürfen Pfarrer nicht mehr Frauen, die verzweifelt zu ihnen kommen, in den Arm nehmen.

Gerade tiefgläubige Theologinnen, mit denen ich gesprochen haben, schütteln da den Kopf, weil da zwei vollkommen verschiedene Sachen in einen Topf geworfen werden. Andererseits wird es damit begründet, dass diese beiden verschiedenen Dinge beim geringsten Anlass zu einem Ding gemacht und in der Öffentlichkeit hochgekocht werden würden. Insofern sichert sich da die Kirche mehr ab, als sie eigentlich sollte.

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sven23
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#12 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von sven23 » Fr 7. Feb 2014, 14:30

closs hat geschrieben:Ist das so? - Vielleicht waren es ja gar nicht so viele Fälle, wie man es sich wünscht. - Merke: Die Missbrauchsrate unter Geistlichen ist niedriger als im Bundesdurchschnitt. - Das Problem ist ein anderes: Es ist schwerwiegender, wenn ein Geistlicher diesbezüglicher Täter ist.

Ja sicher ist das so. Seit dem Rausschmiß von Pfeiffer hört man nichts mehr von der Aufarbeitung.
Ich weiß auch, daß das größte Risiko für ein Kind, Opfer von Gewalt oder sexuellem Mißbrauch zu werden, die eigene Familie ist. Ändert aber nichts an dem Mißstand.

closs hat geschrieben: Alte, kirchenrechtlich abgearbeitete Fälle wird die Kirche natürlich nicht melden, weil sie weitgehend verjährt sind - es sei denn, ein Opfer meldet sich. - Wobei auch da wieder zu klären ist, ob es ein Opfer oder ein Trittbrettfahrer ist - gibt es AUCH.

Es soll ja niemand im nachhinein denunziert werden. Historische Aufarbeitung heißt aber Erfassen und Bewerten von Fällen in ihrer Quantität und vor allem im Umgang der Führungsetagen mit diesen Fällen. Davor scheint man aber eine Heidenangst zu haben, weil hier die von der UNO angemahnte systemische Vertuschung offen zu Tage treten würde.
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#13 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von closs » Fr 7. Feb 2014, 15:03

sven23 hat geschrieben: Historische Aufarbeitung heißt aber Erfassen und Bewerten von Fällen in ihrer Quantität und vor allem im Umgang der Führungsetagen mit diesen Fällen.
Da wird man sicherlich kein Interesse haben - das verstehe ich sogar. - Unter Aufarbeitung habe ich bisher "juristische Aufarbeitung" verstanden - und zwar aus einem ganz einfachen Grund:

"Juristische Aufarbeitung" ist, dass die weltliche Gerichtsbarkeit das Recht hat, von allen juristisch relevanten Fällen zu hören. - Mehr nicht. - Die Kirche(n)/Glaubensgemeinschaften müssten demnach alles melden, was juristisch noch verfolgbar ist - also max. bis ins Jahr 1998 zurück (habe extra geguckt :geek: ). Dieses "max." reduziert sich nochmal dadurch, dass bis vor wenigen Jahren der Staat (wie es aussieht) eine kirchenrechtliche Abarbeitung geduldet hat.

Somit blieben juristisch relevant: Fälle nach 1998, die nicht kirchenrechtlich abgearbeitet wurden.

Zu mehr hat die Öffentlichkeit kein Recht. - Da scheint es aber verschiedene Auffassungen zu geben, wenn ich Dich recht verstehe.

Übrigens: Das gilt auch für andere Einrichtungen - wie meinetwegen die RWE oder die Deutsche Bank. - Meinst Du ernsthaft, man würde dort einer Aufarbeitung juristisch irrelevanter (da verjährter) möglicher Delikte zustimmen?

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#14 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von Salome23 » Fr 7. Feb 2014, 15:28

[color=#000080]Ziska[/color] hat geschrieben:Nach meinem gegenwärtigen Bibelverständnis wird in naher Zukunft die UNO massiv gegen den Vatikan vorgehen und den Einfluss stoppen.
Danach wird sich die UNO auch gegen alle anderen Religionen wenden...
Wo genau kann ich das in der Bibel nachlesen?

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sven23
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#15 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von sven23 » Fr 7. Feb 2014, 15:28

closs hat geschrieben:Da wird man sicherlich kein Interesse haben - das verstehe ich sogar. - Unter Aufarbeitung habe ich bisher "juristische Aufarbeitung" verstanden -

Selbst bei den verjährten Fällen verweigert man die Mitarbeit. Es zeigt sich also, daß die Kirche eine völlig andere Auffassung von "Aufarbeitung" hat. Sie meint damit vor allem "den Deckel des Vergessens drauf setzen". So funktioniert aber eine ehrliche historische Aufarbeitung nicht.
Man hätte sicher kein Problem seitens der Kirche, wenn sich die Skandale auf einige kleine Pfarrer beschränken würden, aber da kommt man schnell in höhere Instanzen, wo sich niemand die Finger verbrennen will.




closs hat geschrieben: Übrigens: Das gilt auch für andere Einrichtungen - wie meinetwegen die RWE oder die Deutsche Bank. - Meinst Du ernsthaft, man würde dort einer Aufarbeitung juristisch irrelevanter (da verjährter) möglicher Delikte zustimmen?

Wenn die Kirche nicht begreift, daß sie schon aus ihrem Selbstverständnis heraus eine höhere ethische und moralische Verantwortung hat als eine x-beliebiges Wirtschaftsunternehmen, dann ist ihr nicht mehr zu helfen.
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#16 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von closs » Fr 7. Feb 2014, 15:56

sven23 hat geschrieben:Selbst bei den verjährten Fällen verweigert man die Mitarbeit.
Wir verstehen uns vollständig miss.

Bei nicht-verjährten Fällen MUSS die Kirche aufklären, weil sie sich sonst strafbar macht. - Bei verjährten Fällen ist sie zu nichts verpflichtet - allenfalls ihren Mitgliedern gegenüber.

Der säkulare Staat lässt keine Gelegenheit aus, dass er sich als Rechtsstaat versteht und sich von geistigen Institutionen distanziert (das ist ok) - dann hat das aber auch zu gelten. - Welches Recht hätte ein Nicht-Mitglied der Kirche an Dingen, die juristisch nicht von Belang sind?

sven23 hat geschrieben: So funktioniert aber eine ehrliche historische Aufarbeitung nicht.
Wer außer der Kirche selbst hat ein Recht darauf?

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sven23
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#17 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von sven23 » Fr 7. Feb 2014, 19:54

closs hat geschrieben: Bei nicht-verjährten Fällen MUSS die Kirche aufklären, weil sie sich sonst strafbar macht. -

Eben, und das mauern schürt den Verdacht, daß die Tradition des Vertuschens munter fortgesetzt wird.


closs hat geschrieben: Wer außer der Kirche selbst hat ein Recht darauf?

Einen juristischen Anspruch darauf gibt es nicht. Aber die Kirche selbst hat mit vollmundigen Versprechen Hoffnungen geweckt, die sie jetzt nicht mehr erfüllen will. Das macht mißtrauisch.
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#18 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von closs » Sa 8. Feb 2014, 00:29

sven23 hat geschrieben: Aber die Kirche selbst hat mit vollmundigen Versprechen Hoffnungen geweckt
Ich weiß nicht, was sie genau versprochen hat. - Wäre ich Verantwortlicher in der Kirche, würde ich da auch sehr defensiv sein - denn richtig machen kann man eh nichts bei der vorherrschenden säkularen Stimmung.

sven23 hat geschrieben: das mauern schürt den Verdacht
Wer kann den wissen, welche juristisch relevanten Fälle noch da sind, die nicht bereits kirchenrechtlich verarbeitet wurden? - Und nur die kirchenrechtlich verarbeiteten Fälle kennt die Kirche.

Die Kirche sollte da auch mal kühl sein und der Medien-Öffentlichkeit sagen: "Wendet Euch an die Staatsanwaltschaft - wir haben dorthin alles gegeben, was wir als relevant für die Staatsanwaltschaft kennen". - Es nützt doch eh nichts, wenn man alle Schleusen öffnet - es würde nicht wohl-wollend behandelt werden, sondern von vorneherein hämisch.

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sven23
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#19 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von sven23 » Sa 8. Feb 2014, 07:16

closs hat geschrieben:- Und nur die kirchenrechtlich verarbeiteten Fälle kennt die Kirche.


Eben, und selbst diese-oder vielleicht gerade diese- hält man unter der Decke. Mein Verdacht ist folgender: Bei vielen dieser Fälle würde sich herausstellen, daß die "kirchenrechtliche" Bearbeitung der Fälle sehr großzügig im Sinne der Täter vor sich ging, wenn sie denn überhaupt stattgefunden hat. Bei einer echten historischen Aufarbeitung würde die flächendeckende und systematische Vertuschung sozusagen offiziell bestätigt werden, die die UNO anprangert.
Und genau das will die Kirche mit allen Mitteln verhindern.
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#20 Re: Vatikan wird abgewatscht.

Beitrag von closs » Sa 8. Feb 2014, 08:39

sven23 hat geschrieben: Bei einer echten historischen Aufarbeitung würde die flächendeckende und systematische Vertuschung sozusagen offiziell bestätigt werden
Da stecken natürlich einige Unterstellungen drin: Was ist "flächendeckend"? Man rechne die Anzahl aller Geistlicher hoch, unterlege durchschnittlichen %-Satz "Missbrauch pro 100.000 Personen".

Es gibt ca. 15.000 Geistliche in D aus ca. 30 Mio Männern - das sind 0,05% (wenn ich mich nicht verrechne). - Dem stehen pro Jahr (laut google) 30.000 Missbrauchsfälle gegenüber - 0,05% davon wären 15 Fälle pro Jahr. - Das sind 15 Fälle zu viel - trotzdem sollte man den Begriff "flächendeckend" überdenken.

sven23 hat geschrieben:: Bei vielen dieser Fälle würde sich herausstellen, daß die "kirchenrechtliche" Bearbeitung der Fälle sehr großzügig im Sinne der Täter vor sich ging
Zwischen Kirchenrecht und römischen (also unserem) Recht gibt es sicherlich Unterschiede - einer ist zum Beispiel, dass es im Kirchenrecht meines Wissens keine Verjährung gibt.

Unabhängig davon: Begründe bitte einmal, wem gegenüber die Kirche(n) aufklärungspflichtig sein sollten außer der Justiz? Und mit welcher Begründung?

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