Pluto hat geschrieben: Aber über die Realpolitik von Saddam Hussein bist du offenbar nicht im Bild.
Doch - natürlich - keiner behauptet doch, dass Hussein kein Despot war. - Despoten unterstützt man oder bekämpft man - je nach eigenem Interesse. - Hussein war nicht weniger Despot, als er der große Freund der USA gegen den Iran war.
Pluto hat geschrieben: Sein menschenverachtender Zynismus war weithin bekannt.
Es gibt bei uns keinen Unterschied in der Bewertung von Unmenschlichkeit. - Mir geht es darum, dass die USA nicht als Polizei in die Welt ausschwärmen, weil sie Anwalt gegen Unmenschlichkeit sind, sondern weil sie unter diesem Vorwand ihre internationalen Interessen vertreten.
Pluto hat geschrieben:Man sollte sich halt schon genau informieren, bevor man sich aussucht, auf welcher Seite man sich stellt.
Darum geht es nicht. - Man stellt sich nicht auf die Seite von Saddam, wenn man die Motivation der USA kritisch durchleuchtet.
Pluto hat geschrieben:Es gibt genug politische Reden auf YouTube
Öffentliche Verlautbarungen sind dazu da, um Politik ans Volk zu verkaufen.
Hussein benutzt Giftgas, foltert seine Kritiker, regiert als Despot, etc
REDE 1 dazu: Hussein sei ein stabilisierender Faktor gegen den Iran, dem man weiterhin Giftgas und Waffen senden müsse, um die Teufel im Iran in Zaum zu halten.
Hussein benutzt Giftgas, foltert seine Kritiker, regiert als Despot, etc
REDE 2 dazu: Hussein ist ein Bandit, den man vernichten müsse, um die Werte von Demokratie und Freiheit im Nahen Osten zu implantieren.
Unterschied zwischen REDE 1 und 2? - Die Interessens-Lage. - Aus Reden in youtube kann man direkt oder indirekt entnehmen, ob und wie sich eine Interessenslage verändert.
Und nochmal: Ich habe mehr Sympathie mit den Amerikanern, als es jetzt rüber kommt: Europäischer Ursprung (also Wiedererkennung im Gegensatz zu Chinesen), technisch hoch entwickelt, ähnliche Breitengrade ... und vieles mehr. - Mir geht es ausschließlich um die Verklärung - als ob sich die USA anders als China verhalten würden, wenn es um ihre Interessen geht.
Ich nehme an, dass ein echter amerikanischer Profi-Stratege meiner Version zustimmen würde. - Man muss doch knallharte Interessenspolitik und deren mediale Verpackung unterscheiden.
Pluto hat geschrieben: Die Invasion Tibets (1950) ...
Die Eroberung von mexikanisch-sprachigen Regionen, die Unterdrückung der Natives (Indianer) ... jede Macht macht dasselbe. - Es behauptet doch keiner, dass die Chinesen die Guten und die Amerikaner die Bösen sind. - Es geht darum, dass ihre Motive prinzipiell diesselben sind.
Pluto hat geschrieben: Nursi verweigerte seinem Volk freie Wahlen.
Meines Wissens war Nursi demokratisch gewählt. - Dass er mit diesem Mandat islamische Lebensart forcieren wollte, also westliche Lebensart zurückdrängen wollte, ist auch klar. - Dass uns Europäern (mir auch) westliche Lebensart lieber ist, ist ebenfalls klar. - Aber sind UNSERE Vorlieben Maßstab für demokratisch legitimierte Vorgänge in anderen Ländern?
Oder schau Dir Syrien an: Erst unterstützt man die Rebellen ("Freiheitskämpfer") - jetzt stellt man fest, dass Syrien stabiler mit Assad ist - und schon hört man statt "Freiheitskämpfer" gelegentlich "Terroristen". - Die Haltung Assads hat sich NICHT geändert, aber das Gleichgewicht (da gehört auch Russland dazu) hat sich geändert. - Assad bleibt nicht dran, weil er zu stark ist, sondern weil sich die Interessenslage der großen Weltmächte geändert hat - die USA suchen ein Gleichgewicht mit Russland, finden es - und ab sofort sind die Rebellen, Freiheitskämpfer, Terroristen nicht mehr interessant. - Und nochmals: Das ist normal im Spiel der Mächte - das hat nichts mit Ethos oder sonstwas zu tun.
Pluto hat geschrieben:Ich möchte nur wissen, warum so viele Bürger dieses Landes so negativ gegen Amerika wettern.
Das hat sicherlich viel mit Emanzipation zu tun. Ich kann mich noch sehr genau erinnern, wie die Amerikaner in den 60er Jahren geradezu vergöttert wurden - die Russen waren alle Teufel, die Amerikaner waren alle Engel.
Das hat sich dann frühestens seit der 68er Bewegung verändert - noch mehr: Der Fall des Eisernen Vorhangs hat wieder gezeigt, dass West- und Ost-Europa (incl. dem europäischen Teil Russlands) EINE Kultur sind, sich also näher sind als West-Europa und Amerika. Eine Ausnahme scheinen diesbezüglich UK und Irland zu sein, die buchstäblich zwischen Europa und Nordamerika stecken.
Eine weitere Rolle spielt sicherlich die amerikanische Alltags-Unkultur, mit der Deutschland in Form von Fernseh-Serien, Filmen, Essen, etc. überschwemmt wurde - Plastik-Land. Und auch da ging ein Ruck durch Deutschland, als man plötzlich wieder gemerkt hat, dass der Sachse (in der ehemaligen DDR) und der Pfälzer (in der ehemaligen BRD) eine gemeinsame Kultur haben. Wenn man so will, war es die Aufklärung durch den Fall der Mauer, die etwas in den Köpfen der Menschen bewirkt hat.
Und noch eine Rolle spielt der europäische Gedanke: Deutschland hat sich aus historischen Gründen nicht getraut, sich als Deutschland zu fühlen und zu präsentieren - man hat sich im Westen Deutschland als amerikanische Kolonie dargestellt. - Mit Europa kam etwas, womit man sich identifizieren konnte, ohne als unbelehrbar (Nationalismus) zu gelten.
Kritisch kam dazu, dass man gemerkt hat, dass die USA nicht der weltweite Engel ist (das hätte man in den 60er Jahren noch so verkaufen können), sondern ganz normale Machtpolitik fährt (Chile, Vietnam, Öl-Politik, etc.). - Heute sieht man das wieder gelassener und betrachtet die USA als EINEN von mehreren Machtblöcken, die halt ihren jeweiligen Interessens-Stiefel durchziehen. - Insofern kann ich seit vielleicht 10 Jahren KEINEN ausgeprägten Anti-Amerikanismus mehr in Deutschland erkennen - es hat sich wieder eingependelt.
Die Russen haben ihre Gulags, die Chinesen ihre Massenausbeutung, die USA haben ihre Guantanamos. - Der Unterschied: Die USA sind weit mehr und besser industrialisiert - und: Aufgrund ihrer freiheitlichen Werte kann man in den USA gut leben, wenn man ausreichend Geld hat und sich aus politisch empfindlichen Dingen (Bedrohungs-Neurose wegen Terrorismus, Wirtschafts-Stalinismus, Selbstbild als Welt-Missionar, eigene Bildungs-Losigkeit) heraushält - hätte ich die Wahl, würde ich selbstverständlich die USA als Wohnort Russland oder gar China vorziehen. - Meine Angriffslust gilt eigentlich mehr Dir, weil Deine Haltung ein bisschen an das erinnert, was ich aus den 60er Jahren kenne.
Pluto hat geschrieben:Woher weiß man denn wie groß die Dunkelziffer an Inhaftierten in Russland, Indien oder China ist?
Da hast Du recht - gerade bei China weiss man das nicht. - Deshalb sollte man zunächst eine Analyse zwischen Europa und USA machen - da sollte statistische "Waffengleichheit" herrschen.
Pluto hat geschrieben:Wenn es renommierte Zeitungen und Berichte waren, dann kann man wenn man will, das sicher im Internet finden.
Habe ich bei der ZEIT schon öfter probiert - und bin wahrscheinlich zu blöde dazu.
![Verlegen :oops:](./images/smilies/icon_redface.gif)
- Meine Suchbegriffe enden meistens im Nichts.