Fachkräftemangel-ein Märchen?

Politik und Weltgeschehen
Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1 Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von sven23 » Fr 25. Jul 2014, 18:59

Gebetsmühlenartig beschwören Politik und Wirtschaft den Fachkräftemangel. In einzelnen Bereichen mag es diesen geben, aber es besteht auch seit längerem der Verdacht, daß dieses Schreckgespenst nur an die Wand gemalt wird, um billigere Fachkräft aus dem Ausland holen zu können. So hat die Politik die Einkommensgrenzen für Ingenieure deutlich abgesenkt.
Während gleichzeitig inländische Ingenieure Probleme haben, überhaupt eine Stelle für den Berufseinstieg zu finden.



Ein kleiner Ausschnitt aus dem Film:



Der angebliche Fachkräftemangel wird also lediglich dazu benutzt, das inländische Gehaltsniveau zu unterlaufen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Pflanzenfreak
Beiträge: 1739
Registriert: Mo 1. Jul 2013, 13:46

#2 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Pflanzenfreak » Fr 25. Jul 2014, 22:57

In den sozialen Berufen scheint es langsam tatsächlich zu stimmen. Aber da ist auch der Verdienst nach wie vor bescheiden.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#3 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Pluto » Fr 25. Jul 2014, 23:23

sven23 hat geschrieben:Gebetsmühlenartig beschwören Politik und Wirtschaft den Fachkräftemangel. In einzelnen Bereichen mag es diesen geben, aber es besteht auch seit längerem der Verdacht, daß dieses Schreckgespenst nur an die Wand gemalt wird, um billigere Fachkräft aus dem Ausland holen zu können. So hat die Politik die Einkommensgrenzen für Ingenieure deutlich abgesenkt.
Naja... Ein bisschen mag das stimmen, aber es besteht für mich kein Zweifel, dass gerade Deutschland wo Qualifikationen zählen, in Richtung Fachkräftemangel marschiert. Das lässt sich allein schon demografisch zeigen.
In den 90er Jahren wurden viele Ingenieure mit 50-55 in Rente geschickt. Damals wurde der Überschuss durch die Flut arbeitslos gewordener Ingeniuere aus dem Osten noch verschärft. Heute dürfen/müssen Viele bis 65 oder länger arbeiten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#4 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von sven23 » Sa 26. Jul 2014, 08:57

Pflanzenfreak hat geschrieben:In den sozialen Berufen scheint es langsam tatsächlich zu stimmen. Aber da ist auch der Verdienst nach wie vor bescheiden.

Gibt es dort wirklich einen Mangel an Fachkräften oder fehlt es nicht viel mehr an der Bereitschaft der Arbeitgeber, Personal aufzustocken?
Gerade die Entlohnung ist ein Indikator, ob es ein grobes Mißverhälnis von Angebot und Nachfrage gibt. Bei starker Nachfrage müßten die Löhne eigentlich steigen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Pflanzenfreak
Beiträge: 1739
Registriert: Mo 1. Jul 2013, 13:46

#5 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Pflanzenfreak » Sa 26. Jul 2014, 16:51

Hi Sven,
es liegt sicherlich mit an der Attraktivität der Umstände mit den Job´s. Nicht am Job an sich.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#6 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von sven23 » Sa 26. Jul 2014, 18:41

Pflanzenfreak hat geschrieben:Hi Sven,
es liegt sicherlich mit an der Attraktivität der Umstände mit den Job´s. Nicht am Job an sich.

Und an der Tatsache, daß man mit alten und kranken Menschen auch noch Gewinne erzielen will, wie das börsennotierte Rhön-Klinikum. Ob da die Politik die richtigen Weichen gestellt hat, darf auch mal in Frage gestellt werden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Janina
Beiträge: 7431
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:12

#7 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Janina » Do 31. Jul 2014, 12:33

sven23 hat geschrieben:Gibt es dort wirklich einen Mangel an Fachkräften oder fehlt es nicht viel mehr an der Bereitschaft der Arbeitgeber, Personal aufzustocken?
Eben. Wenn es an Fachkräften fehlen würde, bräuchte man einfach nur welche einstellen.
Präzise formuliert gibt es nur einen Mangel an Fachkräften, die für zu wenig Kohle arbeiten wollen.
Solange ein Ingenieur mit 55 "nicht vermittelbar" sein soll, GIBT es keinen Fachkräftemangel.

piscator
Beiträge: 4771
Registriert: So 21. Apr 2013, 11:18
Wohnort: Großraum Stuttgart

#8 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von piscator » Do 31. Jul 2014, 13:08

Der Fachkräftemangel ist Fakt.

Ich komme gerade von einem Beratungsgespräch bei einem mittelständischen Betrieb zurück, in dem es um die Ausrichtung des betreffenden Unternehmens für die nächsten drei Jahre ging.

Das anstehende Investitionsvolumen wurde von rund 6 Millionen EUR auf 2 Millionen EUR reduziert, da die anstehenden Aufträge mangels Fachkräften nicht bearbeitet werden können.
Es geht nicht um die Entlohnung, der im Großraum Stuttgart ohnehin hoch ist, sondern schlicht darum, dass niemand mit der entsprechenden Ausbildung (Schweißer Lasertechnik bzw. Metallfacharbeiter) zu finden ist.
Natürlich kenne ich das ganze linke Gedöns, von wegen die Unternehmen sind schuld, sie bilden nicht aus, etc. aber wen soll ich ausbilden, wenn niemand zum Ausbilden da ist?

Der weit größere Nachbarbetrieb kauft inzwischen in der Not in Konkurs gegangene Unternahmen auf, nur um die dort tätigen Mitarbeiter übernehmen zu können.

In meinem Heimatdorf kommen fast jeden Monat 20 bis 30 Bulgaren oder Rumänen an und lassen sich mit ihren Familien nieder. Da geht keiner aufs Sozialamt, die haben ihre Jobs
schon in der Tasche bzw. werden gezielt in ihrer Heimat angeworben.

Natürlich kommen diese Leute aus einem anderen Kulturkreis und verursachen (lösbare) Probleme, das ist mir aber immer noch lieber als die Diskussionen mit den notorischen Schmarotzern um die Höhe des Hartz IV oder das bedingungslose Grundeinkommen.
Meine Beiträge als Moderator schreibe ich in grün.

Abischai
Beiträge: 3190
Registriert: Sa 27. Apr 2013, 14:25

#9 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Abischai » Do 31. Jul 2014, 13:24

Es ist schwer zu erkennen, was Ursache und was Wirkung ist. Sind die fehlenden Fachkräfte die Ursache für den Rückgang der Aufträge? Es ist auf jeden Fall einen Kreisprozeß. Was will man mit Fachkräften, wenn das allgemeine Niveau soweit gesunken ist, daß die Arbeit auch ohne Fachkräfte geht, daß sie nur noch ohne Fachkräfte geht?
Ich finde zwar im Supermarkt immer mehr Sorten Butter, aber die Bandbreite der hochqualitätiven Produkte geht zurück.
Früher konnte man eine Automarke am Klang und am Design der Front erkennen, heute sehen alle gleich aus. Jeder Baumarkt hat seine eigene Billigmarke für Werkzeuge, die richtig guten Dinger beim Fachhändler (wenn es ihn noch gibt) werden immer teurer und inside gleichen sich trotzdem alle, finde ich.

Es gibt immer mehr Rasenmäher zu kaufen, und immer weniger Leute lassen ihren Rasen mähen. Alles gibt es irgendwo billiger. Die einzigen Gewinner scheinen die Beschaffer der billigsten Waren zu sein. Das Zeug braucht niemand, es steht nur sinnlos herum.

Wozu also eigentlich Fachkräfte? Die Politik wird durch korrupte Lobbies zu immer sinnloseren Gesetzgebungen angehalten, die Qualität der Arbeit scheinbar immer mehr angehoben, die Schere geht aber immer weiter auseinander. Man kann sich die Qualität der Arbeit (wie sie gefordert ist) gar nicht mehr leisten und verzichtet also darauf. Ich habe selbst erlebt, wie Arbeitssicherheit auf das notwendigste beschränkt wird, weil sie einfach überhaupt nicht bezahlbar ist.

Da sind wir angekommen.

Fachkräfte? Eigentlich wäre es schön, wenn die Arbeit von Fachkräften gemacht würde. Aber die müssen dann dafür daß sie arbeiten dürfen bitte ihr Geld selbst mitbringen.
Richtige, eigentlich wichtige Investitionen amortisieren sich nicht mehr, oder vielleicht irgendwann in 10-20 Jahren. Das hält niemand durch.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Benutzeravatar
Janina
Beiträge: 7431
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:12

#10 Re: Fachkräftemangel-ein Märchen?

Beitrag von Janina » Do 31. Jul 2014, 13:41

piscator hat geschrieben:Natürlich kenne ich das ganze linke Gedöns, von wegen die Unternehmen sind schuld, sie bilden nicht aus, etc.
Das kann man ja auch die Unis machen lassen, da kostet's ja nichts. :roll:

piscator hat geschrieben:aber wen soll ich ausbilden, wenn niemand zum Ausbilden da ist?
Mehr bieten.

Antworten