Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Politik und Weltgeschehen
Ruth
Beiträge: 2572
Registriert: Mi 3. Dez 2014, 12:42

#81 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von Ruth » Di 20. Jan 2015, 14:47

ThomasM hat geschrieben:Ich denke, das Problem relativiert sich, wenn man die Frage umformuliert von "was soll der und der leisten" zu "was kann der und der leisten". Gerade in einer Gemeinde ist das allermeiste eben bewusst freiwillig.

Joo genau ... an dem letzten kleinen Wörtchen liegt das eigentliche Problem. Wenn es nicht freiwillig ist, sondern vorgegeben wird, was man verpflichtet ist zu tun. Und wenn dann noch diejenigen, die das mit Geld finanzieren, meinen, sie dürften alles bestimmen, während diejenigen, welche "nur" arbeiten sich unterordnen müssen.
Gerechtigkeit entsteht nicht, wenn alle das Gleiche haben oder tun, sondern wenn jeder nach seinen persönlichen Möglichkeiten das, was sie haben, gut einsetzen. Auch in dem Gleichnis von Jesus haben die unterschiedlichen Leute unterschiedlich viele Talente bekommen - jeder nach seinen Fähigkeiten.

Eben ... jeder nach seinen Fähigkeiten und Talenten.
Wobei das in der Praxis (wie in dieser Gemeinde) dann eher so aussieht, dass die Geldgeber bestimmten, welche Fähigkeiten jemand ohne Geld einzusetzen hätte oder auch nicht.

Wenn du nicht neidisch wärest auf andere, die mehr besitzen oder mehr können, wäre das auch ein wichtiger Schritt. Gönne dem anderen doch seinen Reichtum, egal ob monetär oder in Fähigkeiten. Umgekehrt muss ein Reicher (reich beschenkter) daran denken, dass er von Gottes Gnade lebt und nicht seine eigene Leistung relevant ist.

Joo ... auch sehr anschaulich für das, was da so manchmal abgeht. ;)

Wenn man nicht der gleichen Meinung ist, wie die Geldgeber, was man denn zu tun hätte, dann ist man eben neidisch, auf diejenigen, welche das Geld haben. :roll:

Ich bin übrigens nicht mehr in dieser Gemeinde, auch nicht mehr in dem Ort. Habe nun selbst eine bezahlte Arbeit, wo der Lohn gerade so eben reicht, für meinen eigenen Bedarf. Meine Arbeit gefällt mir, aber ich kann immer noch nicht viel Geld geben für andere Dinge. Nach dem Geldwert würde ich also immer noch unter die fallen, welche arbeiten müssen, um Mitglied einer Gemeinde sein zu dürfen. Bin darum froh, dort nicht mehr zu sein. Denn meine jetzige Gemeinde ist völlig anders konzipiert.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#82 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von ThomasM » Di 20. Jan 2015, 15:12

closs hat geschrieben: Man müsste noch einmal darauf hinweisen, dass weder der Arzt, der 5 Mal soviel verdient wie ein Hilfsarbeiter, noch der kleine oder mittelständische Unternehmer, der in der Region Arbeitsplätze schafft, als "Kapitalist" zu bezeichnen ist. - "Kapitalist" ist der, der Geld für sich arbeiten lässt, ohne dafür nennenswert zu arbeiten - bzw. dessen Arbeits-Einsatz nicht in halbwegs vernünftiger Relation zum Geld-Erfolg steht.
Na ja, nach dem Wortlaut gewisser politischer und lauter Kreise ist bereits der ein Kapitalist, der mehr verdient als der Durchschnitt. Und die übliche Gegenmaßnahme ist immer, dieses "über dem Durchschnitt" diesem wieder abzunehmen. Wodurch natürlich der Durchschnitt sinkt und man noch mehr Leuten etwas abnehmen kann.

Aber selbst, wenn man deine Definition gelten läßt, so ist das "Geld für sich arbeiten lassen" sinnvoll, wichtig und marktwirttschaftlich unersetzlich.
Solches Geld geht typischerweise in Unternehmen, die dieses brauchen, um sich frisches Kapital zu beschaffen. Das wiederum führt zu sichereren Arbeitsplätzen und mehr Wettbewerbsfähigkeiten. Unternehmen, die das nicht machen, gehen pleite.

Selbst die Investitionen in "Hebelmechanismen", die also so ausgelegt sind, dass durch wenig Einsatz viel erreicht werden kann, sind marktwirtschaftlich essentiell, um Risikoabsicherung zu betreiben (das sogenannte "refinanzieren"). Diese Mechanismen führen nur bei ungeregelter Anwendung zu Instabilitäten, die eben auch einen Zusammenbruch des Marktes bedeuten können.

Es ist also wieder einmal nicht "der Kapitalismus als solches", was das Problem darstellt, sondern die Feinheiten der Anwendung.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#83 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von closs » Di 20. Jan 2015, 15:39

ThomasM hat geschrieben:Aber selbst, wenn man deine Definition gelten läßt, so ist das "Geld für sich arbeiten lassen" sinnvoll, wichtig und marktwirttschaftlich unersetzlich.
Ja - aber dessen Besitzer sind deshalb keine Leistungsträger - wie es überhaupt ganz wichtig wäre, dass man Geld-Vermögen und Leistungs-Gerechtigkeit im allgemeinen Bewusstsein kategorial entkoppelt.

Nüchtern volkswirtschaftlich hast Du recht - die "moralische" Fragestellung ist eine ganz andere.

ThomasM hat geschrieben:Solches Geld geht typischerweise in Unternehmen, die dieses brauchen, um sich frisches Kapital zu beschaffen. Das wiederum führt zu sichereren Arbeitsplätzen und mehr Wettbewerbsfähigkeiten. Unternehmen, die das nicht machen, gehen pleite.
Das ist inzwischen sehr oft ganz anders. - Du denkst an den gesunden Mechanismus, dass freies Geld investiv genutzt wird - mit den von Dir geschilderten positiven Folgen.

Heute ist es anders: Heute wird das allermeiste Geld spekulativ eingesetzt :"Wo kann ich möglichst schnell hohe Renditen bekommen?". - SChnelles Geld gibt es aber üblicherweise nicht bei seriös-investiven Anlagen. - Schnelles Geld gibt es etwa bei Hedgefolds (u.ä.), die darauf ausgelegt sind, die betroffene Firma auszulaugen - also gerade das Gegenteil - Arcandor war so ein Fall.

Auch bei uns in der Nähe ist ein Mittelständler mit 100 hochspezialisierten Arbeitnehmern und auf 2 Jahre vollen Auftragsbüchern hopps gegangen, weil sich dessen Inhaber an die falsche Adresse verkauft hat. - Das Unternehmen wurde von den neuen Eigentümern an irgendeine Briefkasten-Firma verkauft, die fortan komplett überhöhte Mieten verlangt hat und null investiert hat - nach zwei Jahren wurde das Werk geschlossen, weil man inzwischen das Know How abgezogen hat - jetzt wird's irgendwo in Rumänien oder China gemacht (natürlich extrem schlechtere Qualität - aber der gute Name wirkt halt noch einige Jahre nach, in denen man hohe Preise verlangen kann). - Die Nutznießer? Die Besitzer/Aktionäre, die auf den Niedergang der eigenen Firma gewettet haben (oder so ähnlich - ist manchmal ziemlich kompliziert). - Und diese Leute sind dann die, die eine Leistungsgesellschaft fordern - Heuchelei pur.

Der geschilderte Fall ist mindestens nicht untypisch, vielleicht sogar typisch. - Dazu kommt übrigens, dass das Blasen-Geld der Spekulanten im Gesamt-Markt Faktor 100 x höher dotiert als die wirtschaftliche Gesamtleistung des Marktes. - Das ist "böser" Kapitalismus und hat mit dem Mittelständler nichts zu tun. - Übrigens: Als gutes Beispiel könnte man die Quandt-Familie nennen, die bei BMW kein Aktien-Theater zulässt, weil die Mehrheit der Aktien bei der Familie bleibt, die auch mal auf Dividende verzichtet - Ähnliches gilt auch bei Vollswagen. - Und diesen Firmen geht es gut, weil sie noch nach Methoden des "rheinischen Kapitalismus" geführt werden können - der Druck der Heuschrecken ist nicht da.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#84 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von Pluto » Di 20. Jan 2015, 16:49

closs hat geschrieben:Heute ist es anders: Heute wird das allermeiste Geld spekulativ eingesetzt :"Wo kann ich möglichst schnell hohe Renditen bekommen?". - SChnelles Geld gibt es aber üblicherweise nicht bei seriös-investiven Anlagen. - Schnelles Geld gibt es etwa bei Hedgefolds (u.ä.), die darauf ausgelegt sind, die betroffene Firma auszulaugen - also gerade das Gegenteil - Arcandor war so ein Fall.
Du scheinst ein falsche Sicht der Finanzwelt zu haben, lieber closs.
Spekulative Investitionen gibt es mindestens seit der Tulpenmanie Anfang des 17. Jahrhunderts, wo für eine einzelne Tulpenzwiebel so viel bezahlt wurde wie für ein Einfamilienhaus.
Aber das hat mit den heutigen Finanzmärkten nichts zu tun. Hedgefonds sind nichts anrüchiges, wie du sie gerne hinstellen möchtest, sondern ein ganz normales Marktinstrument, wo man genauso viel verlieren wie gewinnen kann.

Das Problem ist, viele Leute lassen sich vom schnellen Geld verführen, und verlieren dabei mehr als ihnen gut tut. So wird von ihnen der Markt kaputt geredet. Finanzmärkte sind nun mal nichts für Laien, die ab und zu mal Zeitung lesen, sondern erfordern in der Regel harte Arbeit und eine Menge Selbstbeherrschung und Professionalität. So weit wie Warren Buffett schaffen es nur Wenige.

Was ich aus den Finanzmärkten gelernt habe...
  • Willst du an der Börse ein kleines Vermögen machen, musst du mit einem Grossen beginnen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#85 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von closs » Di 20. Jan 2015, 17:56

Pluto hat geschrieben:Spekulative Investitionen gibt es mindestens seit der Tulpenmanie Anfang des 17. Jahrhunderts
Natürlich gibt es Spekulation schon, seitdem es Finanzmärkte gibt. - Und ein Hedgefond ist "an sich" nichts Böses - so wie ein Maschinengewehr "an sich" auch nichts Böses ist. - Nur Menschen tun Böses.

Und dazu geben die Instrumente der Finanzmärkte viel Möglichkeiten, die dementsprechen auch genutzt werden. - Folge davon ist, dass heute 1% der Weltbevölkerung 50% des Weltvermögens haben - DASS es so ist, ist "böse", denn es hat nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Ausbeutung.

Dass wir in den reichen Ländern davon profitieren, mag für uns erfreulich sein - aber es ändert nichts am beklagenswerten Zustand der Welt als Ganzes.

Geistig gesehen ist das alles Business as usual - man darf nicht überrascht sein. - Gefährlich ist, wenn man das Böse gut nennt und das Gute böse nennt. Foul is fair and fair is foul.

piscator
Beiträge: 4771
Registriert: So 21. Apr 2013, 11:18
Wohnort: Großraum Stuttgart

#86 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von piscator » Di 20. Jan 2015, 18:07

closs hat geschrieben:... Folge davon ist, dass heute 1% der Weltbevölkerung 50% des Weltvermögens haben - DASS es so ist, ist "böse", denn es hat nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Ausbeutung.
Nein, das zeigt nur, dass manche Menschen mit Vermögen besser umgehen können als andere Menschen. Außerdem kommt es nicht darauf an, wem das Vermögen gehört, sondern was damit gemacht wird.
Meine Beiträge als Moderator schreibe ich in grün.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#87 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von Pluto » Di 20. Jan 2015, 18:22

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Spekulative Investitionen gibt es mindestens seit der Tulpenmanie Anfang des 17. Jahrhunderts
Natürlich gibt es Spekulation schon, seitdem es Finanzmärkte gibt. - Und ein Hedgefond ist "an sich" nichts Böses - so wie ein Maschinengewehr "an sich" auch nichts Böses ist. - Nur Menschen tun Böses.
Selbst das ist bezogen auf den Hedgefonds falsch. Die Menschen tun das was menschlich ist: sie versuchen sich damit zu bereichern, und die allermeisten scheitern. Einen besseren "Gleichmacher" als den Finanzmarkt gibt es nicht.

davon ist, dass heute 1% der Weltbevölkerung 50% des Weltvermögens haben - DASS es so ist, ist "böse", denn es hat nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Ausbeutung.
Erfahrungsgemäss spricht hier der Neid der Erfolglosen.

Gefährlich ist, wenn man das Böse gut nennt und das Gute böse nennt. Foul is fair and fair is foul.
Das hat mit gut und böse gar nichts zu tun. Echt gefährlich wird es, wenn man in Unkenntnis der Fakten, falsche Schlüsse zieht.

Die Dritte Welt wäre um einiges ärmer, wenn es nicht Milliardäre wie Warren Buffett gäbe (der 99% seines Vermögens für die Armen gespendet hat).
Die meisten Mäzenen dieser Welt sind "pöhse" Atheisten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#88 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von closs » Di 20. Jan 2015, 18:52

Pluto hat geschrieben:Einen besseren "Gleichmacher" als den Finanzmarkt gibt es nicht.
Von 9 Milliarden Menschen haben mindestens 8 Milliarden Menschen nicht die geringste Chancen, diese "Gleichheits"-Möglichkeit zu nutzen - und wenn sie es täten, dann auch nur auf Kosten der übrigen mehr als 8 Milliarden.

Pluto hat geschrieben:Erfahrungsgemäss spricht hier der Neid der Erfolglosen.
Das hat mit Neid gar nichts zu tun. - Natürlich gibt es den Underdog, der alles dafür geben würde, wenn er sich einen AMG-Mercedes kaufen könnte - aber das ist nicht der Punkt. - Der Punkt ist, dass die Welt in Bezug auf Leistungs-Gerechtigkeit vollkommen aus den Fugen ist (wie das eigentlich immer war - früher nannte man es "den Zehnten", die die Armen an Fürsten abliefern mussten).

Auch das wäre leicht ertragbar, wenn das Ungerechte nicht als gerecht bezeichnet werden würde. - Insofern war das zu "Fürsten-Zeiten" besser - da wusste das Volk, dass da ein "besserer Mensch" war, der über einem steht, eine Burg und Pferde hat und sich Super-Salz und Pfeffer sonstwoher aus Asien herbringen lassen kann. - Das war halt so - man selbst war halt nicht so. - Damit kann man leben.

Heute tendiert man dazu, den Eindruck zu erwecken, jeder könne in der gesellschaftlichen (Geld-) Hierarchie oben stehen - das ist einfach falsch - es hat sich nichts geändert, trotzdem behauptet man in aufgeklärter Ritualität, es sei so. - Natürlich gibt es den Tellerwäscher, der zum Millionär wird - so wie es früher auch mal Menschen gab, die unterm Volk aufwuchsen, bis sie als verschollene Prinzen erkannt wurden und prompt zum König ernannte wurden. ;) - Solche rührenden Stories gibt es zu jeder Zeit und macht sich gut.

Aber 99% der Menschen müssen davon unabhängig von ihrem eigenen Kapital leben - ihren Fleiß und ihrer Arbeitskraft und ihrer Gesundheit - und vor allem der Vermarktungs-Fähigkeit ihrer Kompetenz: Ein Spengler wird seine 2000 Euro netto im Monat haben können, 90% der Pianisten landen eher bei Hartz oder in einer Ehe oder schulen um (obwohl sie einen der anstrengendsten Beruf der Welt gelernt haben, der nur von Hochbegabten erlernbar ist).

Auch das ist ok. - Aber unsere Gesellschaft muss endlich einmal die Reife gewinnen zu erkennen, dass Geld und Leistung zwei vollkommen unterschiedliche Kategorien sind, die nichtsdestoweniger in vielen Fällen koinzidieren können.

Die Menschen sind nicht neidisch auf die, die mehr haben als sie selbst, sondern sie fühlen sich verhöhnt von reichen Menschen, wenn diese ihren Reichtum darauf schieben, dass sie mehr leisten würden als diejenigen, die arm sind - es ist zu offensichtlich, dass dies nicht stimmt. - Jedem Reichen würde ich empfehlen: "Halt einfach Dein Maul und mache mit Deinem Geld, was Du für richtig hältst".

Pluto hat geschrieben:Die Dritte Welt wäre um einiges ärmer, wenn es nicht Milliardäre wie Warren Buffett gäbe
Das sind erfreuliche Fälle (auch Gates gehört dazu) - aber sie verschleiern nur, dass es dieser Gaben nicht bedürfte, wenn die Weltwirtschaft nicht auf Ausbeutung auslegt wäre.

Benutzeravatar
Scrypt0n
Beiträge: 4442
Registriert: Do 28. Aug 2014, 11:51

#89 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von Scrypt0n » Di 20. Jan 2015, 19:32

closs hat geschrieben:Die Menschen sind nicht neidisch auf die, die mehr haben als sie selbst, sondern sie fühlen sich verhöhnt von reichen Menschen, wenn diese ihren Reichtum darauf schieben, dass sie mehr leisten würden als diejenigen, die arm sind - es ist zu offensichtlich, dass dies nicht stimmt. - Jedem Reichen würde ich empfehlen: "Halt einfach Dein Maul und mache mit Deinem Geld, was Du für richtig hältst".
Es gibt, abgesehen von reichen Erben, wohl nur wenige überbezahlte Menschen (in Bezug auf die Leistung), die keinen hohen Bildungsabschluss besitzen und und sich nicht doch ein/zwei Jahrzehnte den "Arsch" aufgerissen haben.
Hauptsächlich rausnehmen aus dieser Aussage sind die sogenannten "Ölscheichs" und einige Börsenhänder aus z.B. der Wall Street, die selbst während sie kacken unfassbare Summen einnehmen.

Tatsächlich aber fallen mir nicht viele weitere Gruppen ein, dessen nicht abstreitbare astronomischen Gehälter völlig unbegründet sind. Vielleicht noch Manager, die bei schlechter Arbeit und dem "an die Wand fahren" eines Unternehmens noch mächtig kassieren, das sind aber eher einzelne schwarze Schafe.
Wer neue Ideen hat oder eine Firma aufbaut, welche von der Welt angenommen wird und dadurch unglaubliche Umsätze erzielt (Zuckerberg, Gates, Page, Brin, Kamprad, Trump, Jobs, ...) hat es sich verdient, gleichbleibende Prozente des rohen Gewinns einzunehmen. So hoch der Gewinn eines Unternehmens auch sein mag sehe ich keine Veranlassung dazu, die prozentuale Abschöpfung zu mindern; wer das fordert, spricht auch meiner Meinung nach durch Neid.

Selbiges gilt für Manager und/oder Investoren, die dazu verholfen haben, ein Unternehmen erfolgreich zu machen oder den Markt zu erweitern.

Kein Grund, dass jeder Arbeitnehmer, unabhängig der Bildung und der Tätigkeit, automatisch mehr verdienen müsste oder sollte. Auch dann nicht, wenn der durchschnittliche Arbeitnehmer in Deutschland - bitte korrigiert mich wenn ich falsch liege - mit seinen 3.500€ Brutto im Monat nicht im Verhältnis dazu zu bringen ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#90 Re: Der Kapitalismus ist das Böse, die armen Leute sind lieb

Beitrag von closs » Di 20. Jan 2015, 19:49

Scrypt0n hat geschrieben:So hoch der Gewinn eines Unternehmens auch sein mag sehe ich keine Veranlassung dazu, die prozentuale Abschöpfung zu mindern
Wenn gleichlautende Verträge vorhanden sind (und das ist meistens als erstes der Fall), ist das einfach so. - Mir reicht es schon, wenn sich kulturell durchsetzt, dass der Blick aufs "Sparbuch" keine Aussage über Lebens-Leistung ermöglicht.

Wir sollten kulturell so weit kommen, dass der Mensch, der im RollsRoyce vorfährt, nicht als leistungs-stark verstanden wird, sondern als jemand, der sich das halt leisten kann - ist halt so. - Damit wäre auch die Neid-Debatte gegenstandslos.

Scrypt0n hat geschrieben:Selbiges gilt für Manager und/oder Investoren, die dazu verholfen haben, ein Unternehmen erfolgreich zu machen oder den Markt zu erweitern.
Auch das ist Vertragssache - was man nüchtern hinzunehmen hat. - In der Praxis führt es allerdings dafür, dass Unternehmen oft auch mit Blick auf den eigenen Vertrag geführt werden - da werden erstmal im Januar/Februar Bilanzen des Vorjahres "gestaltet", damit das neue, "eigene" Jahr gute Voraussetzungen hat. - Investitionen werden nach Möglichkeit auf die Zeit nach der eigenen Zeit verschoben (Manager sind oft nur einige Jahre da) - Finanz-Manöver werden so gefahren, dass deren Erträge in die eigene Zeit hineinfallen (nach mir die Sintflut). - So habe ich es erlebt - wenn es heute viel anders wäre, wäre das überraschend.

Wie auch immer - das braucht den Normalbürger nicht zu belasten - es gibt eine Autonomie der Unternehmen. - Offen bleibt allerdings, wie man die in den letzten Jahren sozialisierten (3stelligen) Milliardenverluste wieder von da zurückholen kann, von wo sie aufgelastet wurden - den das zahlt der Bürger. - Und wie ist es eigentlich zu erklären, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer noch immer weiter auseinander geht? - Weil die Reichen mehr arbeiten? :devil:

Momentan geht es noch gut, weil wir in Europa die größten Profiteure sind.

Antworten