2Lena hat geschrieben:Deutschland war 500 Jahre lang "Rom", aber hatte andere Wege der Missionierung. Unter Karl dem Großen war ein "anderes" Christentum entstanden, als es zu Beginn war. Er nutzte die Machtverhältnisse. Mit seinem Eingreifen begannen sich die Ansichten zur Bibel zu ändern. Es begannen die Gründe für die Kreuzzüge und die Gegnerschaft zum Islam.
Hat dir jemand schon diese "Exegese" vorgelegt?
Ja, ich habe das in meine Überlegungen über die Jahre auch mit einbezogen. Für mich hat das u.a. auch einen Ausstieg aus dem Unfehlbarkeits-Glauben der Bibel bewirkt.
Closs hat geschrieben:Nach meinem Verständnis war das Unfehlbarkeits-Dogma ein geglückter oder missglückter Versuch, eine grundsätzliche Trennung zwischen weltlicher und geistlicher Wahrheit festzuschreiben. Diesen Gedanken kann ich nachvollziehen.
Genau das ist der Punkt, den ich hier beanstande.
Grundsätzliche Trennung ist zunächst okay. Weil man das eine nicht mit dem anderen zusammen verstehen kann.
Kommt nur noch darauf an, WIE diese Trennung verstanden wird.
Eine Trennung verleitet anderseits auch dazu, dass man sich in unterschiedliche Welten gegeneinander abgrenzt. Dass man sich als Gegner versteht und auf diese Weise wieder die Trennung aufhebt indem man das Verständnis des "Gegners" negiert, indem man die "Welt" des Gegners außerhalb der Realität ansiedelt und damit alles, was in die eigene Welt nicht passt, als "falsch" deklariert.
Richtig würde ich die Trennung dann verstehen, wenn jeder sich bewusst wird, dass die Welt des (vermeintlichen) Gegners auch eine Form der Realität ist. Nur eine Form, die nicht mit der eigenen zusammenpasst.
Wenn man das so verstehen könnte, dann besteht die Möglichkeit, sich einander zu respektieren und miteinander auszutauschen, um voneinander zu lernen und das Verbindende zu finden und das was man nicht nachvollziehen kann, zu akzeptieren.
2Lena hat geschrieben:Ich bin gegen eine Trennung von Wissenschaft und Religion.
Da sage ich "Ja und Nein". Trennung insofern, dass man erkennt, dass man von ganz anderen Grundlagen ausgeht, ist okay. Trennung nach der Bewertung "richtig und falsch" lehne ich ab.
Ich denke, da liegt auch das Problem zu dem, was du darstellst ...
2Lena hat geschrieben:Bei deiner ersten Äußerung: "Ach, es haben doch zahllose Leute irgendwelche Bibelinterpretationen geliefert ...", hätte ich dich schon beinah in Proteste verwickelt. Jede Arte der Exegese war bisher nicht überzeugend für dich. Sie war auch nicht überzeugend für mich. Das "Pferd wurde von der verkehrten Seite her aufgezäumt!
......
Es ist leider niemand hier, der Hebräisch kann oder wenigsten den Zugang zur Patristik und der Geschichte Roms hat. Das sind Gebiete, auf denen mit der bisherigen Allgemeinbildung schwer mitzureden ist, weil keine Ausbildung vorlag. Aber die Geschichte Deutschlands und seine Ansichten - könnten ein Gespräch werden, bei dem mehr mitreden analysieren und mitdenken können.
Du bist gegen eine Trennung. Trennst aber dennoch - wahrscheinlich eher unbewusst. Weil du, ebenso wie die Wissenschaft, nur auf nachweisbare Dinge setzt. Religion spielt sich aber meistens in einer anderen Sphäre ab. Wenn man dann nicht trennt, kommt es zwangläufig zu Bewertungen, Streit und Ausgrenzungen.
Geschichte und Forschung als Grundlage, etwas zu verstehen ist eine Sache, die im Grunde nichts mit Religion zu tun hat. Das Problem liegt meiner Meinung nach gerade darin, dass man das nicht trennt. Wobei ich diese Trennung nur darin verstehen möchte, dass man das was man nicht einordnen kann, von dem Thema abtrennt und stehen lassen kann. Eben als etwas, was man nicht verstehen kann. Dass so etwas besonders den wissenschaftlich orientierten Menschen schwer fällt, ist klar. Weil sie darauf bedacht sind, Dinge zu erforschen, die sie bis jetzt noch nicht verstehen, um sie verständlich zu machen.
Ich meine, das ist sogar der Grund, warum die Glaubenden der verschiedensten Religionen so uneins sind. Weil sie das, was man nicht in menschlicher Weise erforschen kann, unbedingt beweisen wollen. Daher rührt meiner Meinung nach auch der erfolglose Versuch, den Glauben mit der Unfehlbarkeit (der eigenen Interpretation) der Bibel zu beweisen. Wenn man aufhört, Gott oder das Unerklärliche dessen, was hinter dem was lebt steht, zu erfassen und sich einfach dem Unfassbaren hingibt (Meditation etc) dann kann man in eine andere Sphäre gelangen, die es möglich macht, zu erkennen, dass es noch mehr gibt als das was man erforschen und belegen kann.
Das wird von denen, die nur nach Belegen suchen, zwar oft schon als "durchgeknallt" oder "nicht von dieser Welt" bewertet. Aber wenn man dann solche Menschen im realen Leben kennen lernt und feststellen muss, dass diese Menschen mit beiden Beinen fest im Leben stehen, dann kommt man vielleicht eher ins Nachdenken als wenn man nur über etwas diskutiert, was man mal gehört hat. Für mich ist das der Beleg dafür, dass die Erfahrung mit der "anderen Welt" real ist, genau diese Beobachtung. Dass die Menschen, die solches erleben, Wissenschaft, Forschung und Geschichte nicht ablehnen müssen, sondern sich zum Nutzen machen können, indem sie Religiöses und Wissenschaftliches miteinander verbinden können - ohne abgehoben zu sein.
Und darum wünsche ich mir, dass es auch möglich ist, mit unterschiedlichen und auch gegensätzlichen Erfahrungen miteinander reden zu können, ohne die eigene Erkenntnis mit der Abwertung der Erfahrung des Anderen untermauern zu müssen.