Evolution - Fitness und Selektion

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Anton B.
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#61 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Anton B. » So 8. Mär 2020, 18:31

Interessante Diskussion!

Gerade, weil offensichtlich kein Biologe, kein Spezialist bezüglich der Evolutionstheorie teilnimmt. Also engagierte Anti-ET-Koniferen -- gerade aus dem religiösen Umfeld -- haben hier immer schon Hiebe wegen ihrer Unkenntnis der ET erhalten. Mit Recht, wie ich meine. Aber Spezialist im engen Sinne müsse man auch gar nicht sein, wurde von dieser Clientel gerne argumentiert, weil die ET als Modell nunmal so trivial und simpel sei, dass sich praktisch jeder seine fundierte Meinung dazu bilden könne.

Wie hier erkennbar ist, betrifft dasselbe Phänomen auch Geister, die der ET positiv gegenüber eingestellt sind.

Entschuldigt mal, aber die ET ist keine simple Theorie, weder war sie das bei Darwin, noch ist sie es in ihrer heutigen Ausprägung als Synthetische Evolutionstheorie. Bitte lest doch wenigstens die Einführung von Futuyma in seinem bekannten Lehrbuch. Die ET ließ sich früher nicht und lässt sich viel weniger noch heute auf, sagen wir mal, 2 Prinzipien reduzieren. Da geistig-logisch eine vernünftige Struktur reinzubringen, daraus Beobachtungsvorhersagen zu extrahieren, die in der Natur zu prüfen, ist überhaupt nicht trivial. Da legt Claymore mit Recht den Finger in die Wunde. Aber vorwiegend in die Argumentationswunden der Beiträge hier und weniger in Wunden des zeitgenössischen wissenschaftlichen ET-Modells. Und da, wo er sich selber als Kenner der ET geriert -- z.B. bei der Darstellung, dem Status in der Wissenschaft, der Wissenschaftlichkeit (Ableitung von Beobachtungshypothesen) des Modells selber (inwieweit z.B. lassen sich Beobachtungsvorhersagen extrahieren) und dem aktuellen Diskussionsstand -- hier insbesondere des Handicap-Prinzips, fehlt auch die Übersicht. Da hilft auch das Rezipieren einer kürzlich erschienenen Arbeit nicht, deren "Impact" auf das Thema völlig unklar ist.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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Janina
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#62 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Janina » Mo 9. Mär 2020, 11:06

Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Wobei "Anpassung ist definiert als das, was den Reproduktionserfolg erhöht. Daher reproduzieren sich die Angepassten mehr." sogar analytisch a priori wäre. Die Differentialrechnung ist dagegen synthetisch a priori - falls diese Unterscheidung von Kant & Co. Sinn macht. Aber lassen wir das...

Ich finde es viel bemerkenswerter, dass du so locker-flockig eine naturwissenschaftliche Theorie mit einer mathematischen vergleichst, und darin keinerlei Problem erkennst.
Und womit hast du dabei ein Problem?
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Es ging nicht um "Lamarckismus gefunden, ET widerlegt", sondern darum, dass der Grundsatz der ET (wie hier in diesem Thread präsentiert) so extrem aussagelos ist, dass selbst lamarckistische Prozesse damit kompatibel sind
Das ist nicht aussagelos, sondern fundamental. Wenn etwas vererbt wird, dann über Gene (auch wenn die Definition von Gen als Vererbungseinheit dir damit wieder tautologisch vorkommt). Strahlenschäden, die vererbt werden, wurden auch im Laufe des Lebens erworben. Das ist nicht Lamarckisch.
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Janina hat geschrieben:
Di 3. Mär 2020, 10:44
Im Prinzip richtig. Allerdings halte ich das "globale Maximum" für bedeutungslos, das würde sowas bedeuten wie eine "optimale Spezies", und die wäre sinnlos zu benennen. Sauber verglichen würde ich sagen, ein benachbarter Gipfel in Sichtweite kann mit diesem Mechanismus nicht beschritten werden, da es nur bergauf geht. Um der pedantischen Genauigkeit Genüge zu tun: Die Population befindet sich nicht exakt auf dem Gipfelpunkt, sondern in einer Wahrscheinlichkeitswolke um den Gipfel herum verteilt.
Es gibt da imho überhaupt keinen sauberen Vergleich; und so war es auch nicht gedacht. Ich habe diese lalala-Metapher nur gebracht um mich der Evo-Logik ein wenig anzunähern...
Es ist lobenswert, dass du das Buch gelesen hast, es wäre noch erfreulicher, wenn du wenigstens versucht hättest, die Metapher zu verstehen, denn sie ist fundamental für das Verständnis.
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Halten wir mal fest: Die Metapher der Fitness-Landschaft sagt: Es gibt da eine Funktion zwischen zwei Mengen U => V. Und V ist eindimensional...
Da wird es schon haarig. Die Metapher der Fitness-Landschaft suggeriert, es gäbe eine zweidimensionale skalare Funktion der Fitness als reeller Zahlenwert über einer zweidimensionalen Koordinatenlandschaft. Das reicht zwar für die Vorstellung, aber die Dimension der Koordinatenlandschaft ist nicht zwei, sondern die Zahl der vererbbaren Gene. Für einen mathematisch vorbelasteten Laien bedeutet das schonmal, die Zahl der möglichen Wege von U => V ist unvorstellbar groß. (U und V ist jeweils ein lokales Maximum der "Fitness-Funktion".) Unanbhängig von der Zahl der Dimension weiß man lediglich aus der Eigenschaft lokaler Maxima, dass JEDER Weg von U => V durch (mindestens) ein Tal führt. In Kombination mit der Erkenntnis, dass die Evolution stets bergauf führt, und damit niemals ein Tal durchschreiten kann, weiß man damit, dass eine Evolution von U => V nicht möglich ist.
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Und was bedeutet U? Was bedeuten die Punkte?
Hier in diesem Thread soll ein Punkt vielleicht eine Population bedeuten?
Vielleicht bedeutet U die Allelhäufigkeit?
Nein. Die Fitnessfunktion bedeutet den Vermehrungserfolg als Funktion des Gensatzes.
U und V sind lokale Maxima. D.h. eine Population 1 hat den Gensatz G1 und hat die Fitness F(G1) = U, und eine andere Population 2 hat den Gensatz G2 und die Fitness F(G2) = V.
Wenn der Gensatz G1 und G2 nah genug beieinander liegen, heißt das, dass die Funktion F(G) für G = λG2 + (1- λ )G1 für λ  = [0..1] konstant bleibt, und U = V. Das bedeutet, dass die Populationen 1 und 2 zur selben Art gehören.
Wenn die Funktion F auf dem Weg von U => V leicht ansteigt, ohne dazwischen ein Tal zu haben, heißt das, dass die Population 1 zugunsten der Population 2 zurückgeht.

Dann kann es noch komplex werden: F(G) hat an einem anderen Ort eine andere Form, so dass gilt:
F_England(G1) = U_England, F_England(G2) = V_England, und U_England < V_England,
aber
F_Schottland(G1) = U_Schottland, F_Schottland(G2) = V_Schottland, und U_Schottland > V_Schottland.
Das bedeutet, in England, wo die Birken wegen dem Dreck schwarz sind, wird der Birkenspanner schwarz, und in Schottland, wo es wegen Armut keine Industrie und damit eine schöne saubere Umwelt gibt, bleiben die Birkenspanner weiß.
Wenn jetzt noch dafür gesorgt wird, dass es zwischen England und Schottland keine grauen Birken gibt, besteht die Chance auf eine Artentrennung.

Kurz: In den Wert von F geht nicht nur der Gensatz ein, sondern auch die Eigenschaften der Umwelt. Wenn ein Punguin in der Sahara verhungert, heißt das nicht, dass der Pinguin scheiße ist. F_Sahara(Gen_Pinguin) = 0. Das heißt nicht, dass F_Wedellmeer(Gen_Pinguin) = 0 wäre.
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Hier fehlt auch der Grund warum sich die Gipfel bewegen. Ich vermute: Veränderung der Umwelt.
Sehr gut erkannt. Das ist die unterschiedliche Form der Funktionen F_Sahara(Gen_Pinguin) und F_Wedellmeer(Gen_Pinguin), oder F_England(schwarzer Birkenspanner) und F_England(weißer Birkenspanner), oder F_Schottland(schwarzer Birkenspanner) und F_Schottland(weißer Birkenspanner)
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
die räumliche Umwelt der Brüllaffen zwingt ihnen nicht auf, sich von Früchten zu ernähren.
Präziser: Die räumliche Umwelt der Brüllaffen hat ihren Vorfahren nicht aufgezwungen, sich von Früchten zu ernähren.
ABER die schlagartige Verbesserung der Fähigkeit, Früchte zu sehen, hat der Population so einen großen Überlebensvorteil gebracht, dass eine Population ohne diese Fähigkeit NEBEN einer Population mit dieser Fähigkeit keine Überlebenschance mehr hat. Die Vorfahren, die ohne Rot-Grün-Sicht überlebt haben, würden neben einer Nachkommenspopulation mit Rot-Grün-Sicht sofort aussterben.
Kurz: Konkurrenz ist Teil der Umwelt.
 
Claymore hat geschrieben:
Sa 7. Mär 2020, 22:06
Die Theorie von Darwin wäre damit wohl die großartigste Einsicht gewesen, die ein Mensch jemals hatte. Und nun soll das auf eine nicht sonderlich interessante These aus der Populationsdynamik zusammenschnurren?
Ich denke die Großartigkeit der Einsicht besteht hauptsächlich in der Distanzierung von der vorherigen Denkblockade, dass die Kirche zu naturwissenschaftlicher Einsicht beitrüge.

 

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#63 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Claymore » Mo 9. Mär 2020, 18:57

Scrypton hat geschrieben:
So 8. Mär 2020, 08:39
Mein Beispiel ist nicht hypothetisch, siehe oben; ich habe es zwar ganz bewusst erstmal so dargestellt, dass es auch hypothetisch hätte sein können, aber mehr um deine Reaktion darauf festzustellen - insbesondere jetzt.

Schon der Umstand, dass es sich - entgegen deiner Annahme (die eigentlich worauf basiert? :D) - eben nicht um ein hypothetisches Beispiel sondern um ein tatsächliches, empirisches handelt, macht ohnehin den größten Teil deines Beitrags obsolet.
Das hast du geschrieben:
Scrypton hat geschrieben:
Do 27. Feb 2020, 18:55
Nun entsteht bei einer Natter, durch ne einfache Mutation, eine Immunität gegen dieses Toxin - und so kann sie Zeit ihres Lebens auf diese gigantische Nahrungsquelle zugreifen, ganz anders als ihre Artgenossen. Sie ist in diesem Punkt einfach "angepasster" (fitness überwiegt) an ihre Umwelt; und wenn sie sich nun vermehrt und ihre Gene/Mutation vererbt, sollte es kaum verwundern, wenn sich diese Mutation mehr und mehr durchsetzt.
Eine Natter.

Ja, eine einzige Natter.

Und das soll ich nicht für hypothetisch (und metaphorisch) halten?

Sondern für eine wörtlich gemeinte Wiedergabe von Tatsachen?

Ernsthaft???

Dann zeig mir bitte die Musterlösung von deinem Test. Also Belege, dass es tatsächlich so abgelaufen ist.
Zuletzt geändert von Claymore am Mo 9. Mär 2020, 19:00, insgesamt 1-mal geändert.

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#64 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Scrypton » Mo 9. Mär 2020, 18:59

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:57
Scrypton hat geschrieben:
So 8. Mär 2020, 08:39
Mein Beispiel ist nicht hypothetisch, siehe oben; ich habe es zwar ganz bewusst erstmal so dargestellt, dass es auch hypothetisch hätte sein können, aber mehr um deine Reaktion darauf festzustellen - insbesondere jetzt.

Schon der Umstand, dass es sich - entgegen deiner Annahme (die eigentlich worauf basiert? :D) - eben nicht um ein hypothetisches Beispiel sondern um ein tatsächliches, empirisches handelt, macht ohnehin den größten Teil deines Beitrags obsolet.
Das hast du geschrieben:
Scrypton hat geschrieben:
Do 27. Feb 2020, 18:55
Nun entsteht bei einer Natter, durch ne einfache Mutation, eine Immunität gegen dieses Toxin - und so kann sie Zeit ihres Lebens auf diese gigantische Nahrungsquelle zugreifen, ganz anders als ihre Artgenossen. Sie ist in diesem Punkt einfach "angepasster" (fitness überwiegt) an ihre Umwelt; und wenn sie sich nun vermehrt und ihre Gene/Mutation vererbt, sollte es kaum verwundern, wenn sich diese Mutation mehr und mehr durchsetzt.
Eine Natter.
Ja, das habe ich geschrieben; wie ausgeführt habe ich das Beispiel bewusst so dargestellt.
Nichts desto trotz dürftest du dich nun der >tatsächlichen< empirischen Befundlage dazu widmen. Denn diese habe ich ebenfalls ausgeführt, nur mit dem Unterschied, dass du diese nun nicht zitiert hast. :)

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#65 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Janina » Mo 9. Mär 2020, 19:11

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:57
Das hast du geschrieben:
Scrypton hat geschrieben:
Do 27. Feb 2020, 18:55
Nun entsteht bei einer Natter, durch ne einfache Mutation, eine Immunität gegen dieses Toxin - und so kann sie Zeit ihres Lebens auf diese gigantische Nahrungsquelle zugreifen, ganz anders als ihre Artgenossen. Sie ist in diesem Punkt einfach "angepasster" (fitness überwiegt) an ihre Umwelt; und wenn sie sich nun vermehrt und ihre Gene/Mutation vererbt, sollte es kaum verwundern, wenn sich diese Mutation mehr und mehr durchsetzt.
Eine Natter.
Ja, eine einzige Natter.
Und das soll ich nicht für hypothetisch (und metaphorisch) halten?
Sondern für eine wörtlich gemeinte Wiedergabe von Tatsachen?
Ernsthaft???
Dann zeig mir bitte die Musterlösung von deinem Test. Also Belege, dass es tatsächlich so abgelaufen ist.
Ja.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/nat ... 38340.html
 

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#66 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Claymore » Mo 9. Mär 2020, 19:13

Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:59

Ja, das habe ich geschrieben; wie ausgeführt habe ich das Beispiel bewusst so dargestellt.
Soll es tatsächlich eine einzige Natter gewesen sein oder nicht?
Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:59
Nichts desto trotz dürftest du dich nun der >tatsächlichen< empirischen Befundlage dazu widmen. Denn diese habe ich ebenfalls ausgeführt, nur mit dem Unterschied, dass du diese nun nicht zitiert hast. :)
Ich möchte nur wissen, ob es sich um ein hypothetisches Beispiel handelte, oder ob es tatsächlich nur eine einzige Natter mit der Mutation war.

Dass Lebewesen üblicherweise nicht in Einzeleigenschaften zerfallen, die man isoliert voneinander betrachten kann, dazu kommen wir später.

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#67 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Scrypton » Mo 9. Mär 2020, 19:17

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:13
Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:59

Ja, das habe ich geschrieben; wie ausgeführt habe ich das Beispiel bewusst so dargestellt.
Soll es tatsächlich eine einzige Natter gewesen sein oder nicht?
Lese einfach, was ich geschrieben habe. Nichts hypothetisch, sondern real - hier darfst du es so verstehen, wie ich es geschrieben habe.
Um bei dem - tatsächlich nicht fiktiven - Beispiel zu bleiben hat eine genetische Mutation bei einigen Exemplaren von der (amerikanischen) Strumpfbandnatter eine effektive Resistenz gegen die Toxine des in selben Regionen lebenden Molches (rauhäutigen Gelbbauchmolches Taricha granulosa) ausgelöst. Diese Mutation machte die Individuen nun immun gegen das stark toxische Gift ihrer Leibspeise. Als Folge setzte sich die Mutation in diesen Populationen bereits wie zu erwarten durch natürliche Selektion durch.
Recht überrascht waren die Wissenschaftler, als sich herausstellte, dass nur eine einzige Aminosäure ausgetauscht werden muss, um den Natriumkanal gegen den Giftstoff unempfindlich zu machen. Durch den Austausch dieser einen Aminosäure verändert sich die Bindungsstelle für das Tetrodotoxin, so dass sich dieses nicht mehr am Natriumkanal festsetzen kann.

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#68 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Claymore » Mo 9. Mär 2020, 19:40

Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:17
Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:13
Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 18:59
Ja, das habe ich geschrieben; wie ausgeführt habe ich das Beispiel bewusst so dargestellt.
Soll es tatsächlich eine einzige Natter gewesen sein oder nicht?
Lese einfach, was ich geschrieben habe. Nichts hypothetisch, sondern real - hier darfst du es so verstehen, wie ich es geschrieben habe.
Um bei dem - tatsächlich nicht fiktiven - Beispiel zu bleiben hat eine genetische Mutation bei einigen Exemplaren von der (amerikanischen) Strumpfbandnatter eine effektive Resistenz gegen die Toxine des in selben Regionen lebenden Molches (rauhäutigen Gelbbauchmolches Taricha granulosa) ausgelöst. Diese Mutation machte die Individuen nun immun gegen das stark toxische Gift ihrer Leibspeise. Als Folge setzte sich die Mutation in diesen Populationen bereits wie zu erwarten durch natürliche Selektion durch.
Recht überrascht waren die Wissenschaftler, als sich herausstellte, dass nur eine einzige Aminosäure ausgetauscht werden muss, um den Natriumkanal gegen den Giftstoff unempfindlich zu machen. Durch den Austausch dieser einen Aminosäure verändert sich die Bindungsstelle für das Tetrodotoxin, so dass sich dieses nicht mehr am Natriumkanal festsetzen kann.
Gut, also war das ursprüngliche Beispiel hypothetisch.

Bei dem realen Beispiel ist es natürlich wieder wie üblich, dass die "mysteriösen Gesetzmäßigkeiten" (in Darwin's Worten) auch vor diesen Strumpfbandnattern mit TTX-(Extrem-)Resistenz nicht halt machen. Der neurophysiologische Umbau hat noch andere Folgen als die TTX-Resistenz, z. B. dass er die Bewegungsfähigkeit der resistenen Nattern einschränkt (langsamere Kriechgeschwindigkeit, etc.).

Daher kann man durch a priori Überlegungen im Voraus nicht sicher vorhersagen, dass sich diese Mutation verbreiten wird. Man tippt und tippt evtl. richtig oder falsch. Denn die Fressfeinde bekommen evtl. die resistenten Nattern einfacher zu fassen. Und den resistenten Nattern entwischen evtl. auch mehr Molche.

So eine Analyse lässt sich bis ins Unendliche treiben, wie du ja selbst zugegeben hast. Die Theorie liefert keine Verfahren oder Leitsätze, die relevanten von irrelevantem Kontext trennen können (abgesehen von einem allgemeinen Commitment zum Naturalismus). Das steht im Gegensatz zu echten wissenschaftlichen Theorien, wo "Reibung (kann/kann nicht) vernachlässigt werden", "Die Vibrationen durch den Straßenverkehrs vor meinem Labor (wirken sich /wirken sich nicht) auf mein Experiment aus", usw. eben funktioniert.

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#69 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von JackSparrow » Mo 9. Mär 2020, 20:35

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:40
Daher kann man durch a priori Überlegungen im Voraus nicht sicher vorhersagen, dass sich diese Mutation verbreiten wird.
Wenn jemand zuhause Dackel züchtet und dabei selbst den einzig relevanten Selektionsfaktor darstellt, dann ist nahezu sicher vorhersagbar, welche Mutation von Dackeln sich verbreiten wird.

Das steht im Gegensatz zu echten wissenschaftlichen Theorien, wo "Reibung (kann/kann nicht) vernachlässigt werden"
Die newtonsche Mechanik kann auch dann eine zutreffende wissenschaftliche Theorie sein, wenn nicht alle auf einen Körper wirkenden Reibungskräfte bekannt sind.

Ergo kann die darwinsche Evolutionstheorie auch dann eine zutreffende wissenschaftliche Theorie sein, wenn nicht alle auf eine Population wirkenden Selektionsfaktoren bekannt sind.

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#70 Re: Evolution - Fitness und Selektion

Beitrag von Scrypton » Mo 9. Mär 2020, 23:06

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:40
Scrypton hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:17
Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:13
Soll es tatsächlich eine einzige Natter gewesen sein oder nicht?
Lese einfach, was ich geschrieben habe. Nichts hypothetisch, sondern real - hier darfst du es so verstehen, wie ich es geschrieben habe.
Um bei dem - tatsächlich nicht fiktiven - Beispiel zu bleiben hat eine genetische Mutation bei einigen Exemplaren von der (amerikanischen) Strumpfbandnatter eine effektive Resistenz gegen die Toxine des in selben Regionen lebenden Molches (rauhäutigen Gelbbauchmolches Taricha granulosa) ausgelöst. Diese Mutation machte die Individuen nun immun gegen das stark toxische Gift ihrer Leibspeise. Als Folge setzte sich die Mutation in diesen Populationen bereits wie zu erwarten durch natürliche Selektion durch.
Recht überrascht waren die Wissenschaftler, als sich herausstellte, dass nur eine einzige Aminosäure ausgetauscht werden muss, um den Natriumkanal gegen den Giftstoff unempfindlich zu machen. Durch den Austausch dieser einen Aminosäure verändert sich die Bindungsstelle für das Tetrodotoxin, so dass sich dieses nicht mehr am Natriumkanal festsetzen kann.
Gut, also war das ursprüngliche Beispiel hypothetisch.
Wie ich schon zwei mal - jetzt also zum dritten mal - klar stellte, habe ich das tatsächlich(!) Beispiel einfach nur hypothetisch formuliert. :)

Claymore hat geschrieben:
Mo 9. Mär 2020, 19:40
Daher kann man durch a priori Überlegungen im Voraus nicht sicher vorhersagen
Darum ging es in diesem Beispiel auch nie - sondern es ging um die empirische Beobachtung; die ist damit gegeben.
Dass wir in der Natur nie eine Vorhersage machen können, weil wir nie alle Faktoren kennen und korrekt berücksichtigen können, habe ich in dieser Sache ja bereits selbst geäußert und dafür ein Beispiel gebracht, wie in er Genetik aber doch Vorhersagen, welche sich aus der Evolutionstheorie ergeben, bestätigt werden konnten.

Kurz: Die Evolutionstheorie trifft Vorhersagen, die sich zukünftig bestätigen - Entwicklung von Neuem lässt sich empirisch beobachten.

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