Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

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Magdalena61
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#21 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Magdalena61 » So 11. Aug 2013, 01:30

Was ich dazu sage?

So lange man den Anderen (den Nächsten) nicht so annimmt, wie er IST, und seine Überzeugung nicht wirklich respektiert, was sich dann in der Argumentation; im Ton und in der Wortwahl niederschlägt, können die "Gemäßigten" Brücken bauen, wie sie wollen und werden doch vergeblich arbeiten bzw. immer wieder herbe Rückschläge hinnehmen und zusehen müssen, dass immer wieder irgendjemand ihre Brücken einreißt.

Ich verstehe nicht die Angst vor anderen Weltanschauungen und Lebensarten, die nicht mit der eigenen harmonieren. Ist diese denn so wackelig, so wenig bewährt, dass man jeden Gedanken; jede Kritik, die die eigene Überzeugung in Frage stellen, ängstlich abwehren oder gar bekämpfen muß?

Jeder lebt doch sein Leben, so gut er es eben vermag. Er nimmt Informationen auf, sortiert diese und stellt sich daraus sein ganz persönliches Menü zusammen, eine Ideologie, als Orientierungshilfe für seine Entscheidungen.

Es ist normal, sich mit anderen zu vergleichen, um das Management für das eigene Leben ständig zu optimieren. Wenn das Vergleichen aber dazu führt, dass man andere Menschen, ihr Handeln und ihren "Glauben" heruntermachen und erniedrigen muß, um die eigene Weltanschauung zu rechtfertigen-- oder einfach, um den eigenen "Wert" künstlich zu erhöhen, dann könnte dieses Verhalten auf ein gestörtes, angeschlagenes Selbstwertgefühl inklusive gut entwickelter Minderwertigkeitsgefühle im Verein mit permanenter Unzufriedenheit hinweisen.

Pluto hat geschrieben:Ein Axiom hingegen ist ein Grundsatz, eine Annahme die nicht begründbar sein muss.
Mit anderen Worten: Eine (unbewiesene) Behauptung?
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Pluto
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#22 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pluto » So 11. Aug 2013, 02:27

Magdalena61 hat geschrieben:So lange man den Anderen (den Nächsten) nicht so annimmt, wie er IST, und seine Überzeugung nicht wirklich respektiert, was sich dann in der Argumentation; im Ton und in der Wortwahl niederschlägt, können die "Gemäßigten" Brücken bauen, wie sie wollen und werden doch vergeblich arbeiten bzw. immer wieder herbe Rückschläge hinnehmen und zusehen müssen, dass immer wieder irgendjemand ihre Brücken einreißt.
Danke Magdalena, dass du diesen Themenkreis ansprichst!

Um das gesagte noch zu ergänzen:
Die kritische Meinungsäusserung ist in diesem Forum erlaubt, ja sogar erwünscht, so lange sie massvoll ist, und die Diskussion fördert. Aber sie darf niemals soweit gehen, dass dadurch der Partner erdrückt oder erniedrigt wird, denn dann wird Kritik unermitttelt zum Diskussions-Stopper. Leider erlebe ich das hier allzu oft.

Ich verstehe nicht die Angst vor anderen Weltanschauungen und Lebensarten, die nicht mit der eigenen harmonieren.
Das Stichwort für mich ist Beharrlichkeit, darauf, dass nur die eigene Meinung richtig ist. Diese Beharrlichkeit findet sich immer dort wo es um den absoluten Wahrheitsanspruch geht, den es in der Welt nicht geben kann.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#23 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pluto » So 11. Aug 2013, 02:27

Magdalena61 hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ein Axiom hingegen ist ein Grundsatz, eine Annahme die nicht begründbar sein muss.
Mit anderen Worten: Eine (unbewiesene) Behauptung?
Behauptung klingt zu hart.

Ich würde es lieber weiter als eine Annahme bezeichnen, denn ein Axiom kann jederzeit revidiert werden, sollten neue Erkenntnisse der Wissenschaft diese erfordern.
Das steht im krassen Gegensatz zum Dogma.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#24 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von closs » So 11. Aug 2013, 09:19

Pluto hat geschrieben:Diese Beharrlichkeit findet sich immer dort wo es um den absoluten Wahrheitsanspruch geht, den es in der Welt nicht geben kann.
Diesem Verdacht setzt sich doch aber neben den Religionen gerade der Naturalismus aus, wenn er seine System als das einzig realitäts-relevante System darstellt.

Magdalena61 hat geschrieben:Jeder lebt doch sein Leben, so gut er es eben vermag. Er nimmt Informationen auf, sortiert diese und stellt sich daraus sein ganz persönliches Menü zusammen, eine Ideologie, als Orientierungshilfe für seine Entscheidungen.
Operativ absolut richtig - so mache ich es auch. - Dieser Lebenshilfe-Weg reicht aber nicht, wenn man in den Bereich von Grundsatz-Diskussionen geht. - Denn dann geht es NICHT darum, wie man sich einrichtet, sondern was wahr ist.

Pluto hat geschrieben: Das steht im krassen Gegensatz zum Dogma.

Magdalena61 hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ein Axiom hingegen ist ein Grundsatz, eine Annahme die nicht begründbar sein muss.
Mit anderen Worten: Eine (unbewiesene) Behauptung?
Behauptung klingt zu hart.

Ich würde es lieber weiter als eine Annahme bezeichnen, denn ein Axiom kann jederzeit revidiert werden, sollten neue Erkenntnisse der Wissenschaft diese erfordern.
Das steht im krassen Gegensatz zum Dogma.
De facto nein - oder wurde in den Naturwissenschaften jemals ein Axiom revidiert? - Der Unterschied zwischen Axiom und Dogma liegt vielmehr darin, dass Naturwissenschaft induktiv vorgeht und Religion deduktiv vorgeht - das hat was mit Hermeneutik zu tun.

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Zeus
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#25 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Zeus » So 11. Aug 2013, 10:25

closs hat geschrieben:... Religion deduktiv vorgeht - das hat was mit Hermeneutik zu tun.
Werter Kurt, könntest du das mal näher erläutern?
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#26 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von closs » So 11. Aug 2013, 10:43

Zeus hat geschrieben:Werter Kurt, könntest du das mal näher erläutern?
Nur kurz, weil wir in einer halben Stunde mit unserem Patenkind für eine Woche weg fahren.

Naturwissenschaft geht empirisch vor, baut also ihr System über Beobachtungen auf (induktiv). - Dazu braucht es Axiome/Setzungen/Dogmen - eines davon ist beispielsweise, dass Mathematik auf Naturwissenschaft anwendbar ist. Ein anderes, dass Natur real ist und nicht nur Folge eines "Kopfkinos" (was erkenntnis-theoretisch möglich ist und vom Menschen als Betroffenen nicht entscheidbar ist - also setzt man es).

Geistige Disziplinen gehen deduktiv vor, indem sie ein Erkanntes bzw. Geglaubtes (aus plausiblen, aber nicht beweisbaren Gründen) setzen und es DANACH versuchen, über Schlussfolgerungen zu verfeinern. Mögliche Setzung: "Es gibt DIE Wahrheit".

Pflanzenfreak
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#27 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pflanzenfreak » So 11. Aug 2013, 11:16

Pluto hat geschrieben:Das Stichwort für mich ist Beharrlichkeit, darauf, dass nur die eigene Meinung richtig ist. Diese Beharrlichkeit findet sich immer dort wo es um den absoluten Wahrheitsanspruch geht, den es in der Welt nicht geben kann.
Wenn man die Länge mancher Threads so anguckt, kann man gut erkennen, dass daran (an der Beharrlichkeit) so Mancher leidet.
Ich mag die Leute, die wissen wann´s genug ist besonders gern. Mit Beharrlichkeit kann man vielleicht Jemanden überreden, aber ganz bestimmt nicht überzeugen.

Pluto
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#28 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pluto » So 11. Aug 2013, 12:22

Pflanzenfreak hat geschrieben:Mit Beharrlichkeit kann man vielleicht Jemanden überreden, aber ganz bestimmt nicht überzeugen.
Das ist richtig.
Problematisch wird's mit der Beharrlichkeit, wenn es um Glaubenskonflikt, bis hin zur tätlichen Auseinandersetzung
führt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#29 Re: Frage an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von ThomasM » So 11. Aug 2013, 12:27

Hallo Pluto
Pluto hat geschrieben: Ein Axiom in der Naturwissenschaft ist ein Grundsatz, bzw. eine grundlegende Annahme.
Wenn du willst, ist es eine Hypothese die weder begründet noch abgeleitet wird.

Zu Recht könntest du jetzt fragen, was denn de Unterschied zwischen einem Axiom und einem Dogma sei.
Ein Dogma ist (im Unterschied zum Axiom) ein unabänderlicher Satz, deren Wahrheitsanspruch als unumstösslich gilt, wie bspw. die Konzilsentscheidungen der katholischen Kirche.

Ein Axiom der Wissenschaft hingegen, ist eine widerlegbare Annahme, und hat so den Charakter einer Theorie.
Ein Beispiel eines Axioms ist die Annahme dass das Universum existiert.
Die beiden ersten Absätze kann ich ja unterschreiben. Den letzten aber nicht.

Ein Axiom ist nicht im eigentlichen Sinn widerlegbar, zumindest nicht bei der Naturwissenschaft (in der Mathematik gibt es die schwächere Bedingung der Widerspruchsfreiheit). Im naturwissenschaftlichen Sinn sind die grundlegenden Axiome Definitions-begründend, in dem Sinn, dass keine Naturwissenschaft mehr möglich ist oder nicht mehr sinnvoll betreibbar sind, wenn sie nicht zutreffen.

Dein Beispiel sagt es ja.
Existiert das Universum nicht, dann ist Naturwissenschaft nicht möglich oder sagt nichts mehr aus. Leben wir alle in der Matrix, dann beschreiben wir mit Naturwissenschaft ein Computerprogramm, aber nicht eine Realität.

Das gilt auch für das naturalistische Axiom. Jede Aussage und jede Schlußfolgerung in der Naturwissenschaft muss naturalistisch begründet, hergeleitet und nachgewiesen sein. Das definiert Naturwissenschaft. Nimmt man anderes an (z.B. Gott kann jederzeit wunderhaft dazwischenfunken), dann verlassen wir die Naturwissenschaft.

Insofern ist ein Axiom nicht widerlegbar und auch nicht verzichtbar. Das macht es einem Dogma sehr viel ähnlicher.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#30 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von ThomasM » So 11. Aug 2013, 12:39

Hallo closs
closs hat geschrieben: Naturwissenschaft geht empirisch vor, baut also ihr System über Beobachtungen auf (induktiv). - Dazu braucht es Axiome/Setzungen/Dogmen - eines davon ist beispielsweise, dass Mathematik auf Naturwissenschaft anwendbar ist. Ein anderes, dass Natur real ist und nicht nur Folge eines "Kopfkinos" (was erkenntnis-theoretisch möglich ist und vom Menschen als Betroffenen nicht entscheidbar ist - also setzt man es).

Geistige Disziplinen gehen deduktiv vor, indem sie ein Erkanntes bzw. Geglaubtes (aus plausiblen, aber nicht beweisbaren Gründen) setzen und es DANACH versuchen, über Schlussfolgerungen zu verfeinern. Mögliche Setzung: "Es gibt DIE Wahrheit".
Ich sehe das nicht als wesentlichen Unterschied zwischen Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften.

Denn auch in der Naturwissenschaft gibt es genug deduktive Beispiele. So ist die Evolutionstheorie ein Musterbeispiel einer deduktiven Setzung, nach der man dann so viele korrekte Schlussfolgerungen gezogen hat, dass man das als Nachweis der Setzung ansehen kann. Übrigens war das eine der Hauptvorwürfe, die Wilberforce in der berühmten Oxforder Debatte an die neue Theorie Darwins richtete.(siehe die Serie von Vorträgen aus http://www.st-edmunds.cam.ac.uk/cis/bro ... ture1.html ).

Nein, der Hauptunterschied ist, dass es in der Naturwissenschaft das EXPERIMENT gibt. D.h. bei einer nicht klärbaren Frage wird eine unabhängige, übergreifende Instanz - eben die Natur - zur Entscheidung herangezogen. Das klappt nicht immer, aber sehr oft.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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