Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

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Zeus
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#31 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Zeus » So 11. Aug 2013, 18:56

Pluto hat geschrieben:Ein Axiom hingegen ist ein Grundsatz, eine Annahme die nicht begründbar sein muss.
Magdalena61 hat geschrieben:Mit anderen Worten: Eine (unbewiesene) Behauptung?
LG
Binsenwahrheit wäre wohl die treffendere Beschreibung.
Vielleicht kann man am besten an einem Beispiel erklären, was ein Axiom ist.
Ein bekanntes Axiom ist die "Annahme", dass Äpfel immer vom Apfelbaum nach unten fallen (und dass dieser Vorgang durch einfache von Newton aufgestellte Gleichungen beschrieben werden kann).
Inzwischen hat sich herausgestellt, dass die Bewegungsgleichungen des Newton bei hohen Geschwindigkeiten einer Korrektur bedürfen, welche durch Anwendung der (speziellen) Relativitätstheorie stattfindet.
Der Satz "Äpfel fallen immer nach unten mit der vom Newton postulierten Geschwindigkeit" könnte man als ein Dogma betrachten. Dann wäre aber die Relativitätstheorie eine Lüge.
Der große Unterschied zwischen Axiom und Dogma besteht (wie Pluto schon darlegte) darin, dass die Wissenschaft keine Probleme damit hat, Axiome zu korrigieren, wenn es neue Beobachtungen oder Erkenntnisse erforderlich machen.
Dogmen dagegen sind unumstößliche "Wahrheiten".

Gruß
Zeus

PS.
Obwohl Fallobst im allgemeinen unter den betreffenden Bäumen gefunden wird, glaube ich persönlich nicht an das Axiom, dass Äpfel immer nach unten fallen.
Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass einige auch nach oben gefallen sind. Nur gibt es dafür unglücklicherweise weder Indizien noch Beweise, da diese Früchte auf Nimmerwiedersehen weg sind.
:mrgreen:

Z.
Zuletzt geändert von Zeus am So 11. Aug 2013, 23:36, insgesamt 1-mal geändert.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#32 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pflanzenfreak » So 11. Aug 2013, 19:03

Zeus hat geschrieben:Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass einige auch nach oben gefallen sind. Nur gibt es dafür unglücklicherweise weder Indizien noch Beweise, da diese Früchte auf Nimmerwiedersehen weg sind.
:mrgreen:
... das ist sachlich falsch, weil nach oben fallen sie nicht sondern steigen sie. :lol:

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Zeus
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#33 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Zeus » So 11. Aug 2013, 19:38

Pflanzenfreak hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass einige auch nach oben gefallen sind. Nur gibt es dafür unglücklicherweise weder Indizien noch Beweise, da diese Früchte auf Nimmerwiedersehen weg sind.
:mrgreen:
... das ist sachlich falsch, weil nach oben fallen sie nicht sondern steigen sie. :lol:

Korinthenkackerin! :lol:
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Münek
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#34 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Münek » Mo 12. Aug 2013, 01:12

Zeus hat geschrieben:
Pflanzenfreak hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass einige auch nach oben gefallen sind. Nur gibt es dafür unglücklicherweise weder Indizien noch Beweise, da diese Früchte auf Nimmerwiedersehen weg sind.
:mrgreen:
... das ist sachlich falsch, weil nach oben fallen sie nicht sondern steigen sie. :lol:

Korinthenkackerin! :lol:

Aaaaaah,

jetzt schwant mir auch, weshalb die Obstbauern ihre Süßkirschbäume mit Netzen überspannen.
Damit diese vorwitzigen Früchte daran gehindert werden, sich Richtung Orbit vom Acker machen! :lol:

ThomasM
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#35 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von ThomasM » Mo 12. Aug 2013, 09:19

Zeus hat geschrieben: Binsenwahrheit wäre wohl die treffendere Beschreibung.
Vielleicht kann man am besten an einem Beispiel erklären, was ein Axiom ist.
Ein bekanntes Axiom ist die "Annahme", dass Äpfel immer vom Apfelbaum nach unten fallen (und dass dieser Vorgang durch einfache von Newton aufgestellte Gleichungen beschrieben werden kann).
Also mit Begriffschaos kommen wir hier nun wirklich nicht weiter. Das Beispiel ist keineswegs ein Beispiel zum Thema Axiom.

Ein Axiom ist eine Annahme, die nicht bewiesen werden muss. Eine Voraussetzung, auf der ein Modell, eine Überlegung, Schlussfolgerungen aufgebaut wird. Wichtig ist, dass ein Axiom nicht bewiesen werden muss. Aber es muss widerspruchsfrei sein. An der Formulierung sieht man, dass ein Axiom eine abstrakte Form hat, eine philosophische oder mathematische Form.

"Äpfel fallen vom Apfelbaum" ist das nicht. Das ist eine Beobachtung, wenn man so will ein Experiment.
Es gibt in diesem Zusammenhang ein Axiom. Nämlich die Annahme, dass das, was man beobachtet relevant ist. Dass man nicht träumt, sondern die Wirklichkeit wahrnimmt. Auf Grund dieses Axioms kann man folgern, dass es Dinge wie Apfelbaum oder Äpfel wirklich gibt, dass es also lohnt, diese Dinge als physikalisch zu modellieren.

Man kann auch schließen, dass "fallen" offensichtlich die Veränderung einer Größe (nennen wir es Ort) mit der Zeit darstellt. Und dass diese Ortsveränderung eine interessante physikalische Größe ist, über die wir auf die Idee kommen könnten, etwas zu definieren, was man Kraft nennen könnte. Usw.

Aus Beobachtungen deduziere ich mein Modell. Aber Beobachtungen sind kein Axiom. Denn ich nehme nichts an, sondern beobachte. Die Aussage "Alle Gegenstände fallen in Richtung Erdmittelpunkt" ist auch kein Axiom, sondern eine Vorhersage. Die sich aus dem Modell ergibt. Man kann im Rahmen des Modells auch erkennen, dass der Begriff "unten" nicht relevant ist, der ist Konvention.

Ich denke, in der Diskussion ist es wichtig, diese verschiedenen Begriffsebenen auseinander zu halten. Sonst entsteht am Ende nur noch mehr Verwirrung.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

barbara
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#36 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von barbara » Mo 12. Aug 2013, 09:31

ThomasM hat geschrieben: Ein Axiom ist eine Annahme, die nicht bewiesen werden muss. Eine Voraussetzung, auf der ein Modell, eine Überlegung, Schlussfolgerungen aufgebaut wird. Wichtig ist, dass ein Axiom nicht bewiesen werden muss. Aber es muss widerspruchsfrei sein.

Da würde ich noch anfügen: Axiome müssen darum nicht bewiesen werden, weil sie offensichtlich wahr sind. Das Problem ist: sie KÖNNEN auch nicht bewiesen werden. Es sind unbeweisbare Grundannahmen.

Was auch bedeutet: man versucht, die Zahl der Axiome möglichst gering zu halten, denn schliesslich werden noch viele Dinge als für "offensichtlich wahr" gehalten auf den ersten Blick, wo aber ein zweiter und dritter Blick erhebliche Zweifel wecken kann. Und wenn man sich in den Axiomen irrt, hat man ein Problem, sollte man den Irrtum feststellen und in der Zwischenzeit schon ein riesiges Gedankengebäude darauf gestellt haben, das dann in sich zusammenfällt, wenn ihm die Basis weggenommen wird.

Als sinnvolles Axiom würde ich zum Beispiel nehmen: das Universum funktioniert regelhaft. Es gibt Regeln, und diese Regeln kann man durch Beobachtung und durch kluges Verallgemeinern der Beobachtung aufschreiben, zB als physikalische Formel.

grüsse, barbara

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Lamarck
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#37 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Lamarck » Mo 12. Aug 2013, 14:48

Hi barbara!

barbara hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Ein Axiom ist eine Annahme, die nicht bewiesen werden muss. Eine Voraussetzung, auf der ein Modell, eine Überlegung, Schlussfolgerungen aufgebaut wird. Wichtig ist, dass ein Axiom nicht bewiesen werden muss. Aber es muss widerspruchsfrei sein.
Da würde ich noch anfügen: Axiome müssen darum nicht bewiesen werden, weil sie offensichtlich wahr sind. Das Problem ist: sie KÖNNEN auch nicht bewiesen werden. Es sind unbeweisbare Grundannahmen.

Was auch bedeutet: man versucht, die Zahl der Axiome möglichst gering zu halten, denn schliesslich werden noch viele Dinge als für "offensichtlich wahr" gehalten auf den ersten Blick, wo aber ein zweiter und dritter Blick erhebliche Zweifel wecken kann. Und wenn man sich in den Axiomen irrt, hat man ein Problem, sollte man den Irrtum feststellen und in der Zwischenzeit schon ein riesiges Gedankengebäude darauf gestellt haben, das dann in sich zusammenfällt, wenn ihm die Basis weggenommen wird.

Als sinnvolles Axiom würde ich zum Beispiel nehmen: das Universum funktioniert regelhaft. Es gibt Regeln, und diese Regeln kann man durch Beobachtung und durch kluges Verallgemeinern der Beobachtung aufschreiben, zB als physikalische Formel.

Axiome sind Basissätze als Grundstein für andere Sätze, auf denen Theoriengebäude aufgesetzt werden. Es ist weder nötig, noch möglich, Axiome zu widerlegen. Werden die Aussagen widerlegt, die auf die entsprechenden Axiome aufbauen, werden diese Axiome eben einfach nicht mehr benötigt. Axiomatisierung ist damit der Bestandteil einer Methodik. Wenn Axiomatisierung als wesentlicher Teil der Logik angesehen wird, ist es sogar trivial, warum das Hilbertprogramm aussichtslos gewesen ist ... .

Dogmen sind auch Basissätze. Diese wird man aber nicht mehr los, weil sie eben im Gegensatz zu Axiomen nicht prinzipiell vorraussetzungslos sind, sondern fehlschlüssig auf zirkuläre Logik beruhen.




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

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#38 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Pluto » Mo 12. Aug 2013, 14:53

Zeus hat geschrieben:Ein bekanntes Axiom ist die "Annahme", dass Äpfel immer vom Apfelbaum nach unten fallen (und dass dieser Vorgang durch einfache von Newton aufgestellte Gleichungen beschrieben werden kann).
Macht schliesslich auch sehr viel Sinn, denn hätte es mal Dinge gegeben die nach oben fliegen, wären diese längst weg. :geek:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#39 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Lamarck » Mo 12. Aug 2013, 14:57

Hi ThomasM!

ThomasM hat geschrieben: Ein Axiom ist eine Annahme, die nicht bewiesen werden muss. Eine Voraussetzung, auf der ein Modell, eine Überlegung, Schlussfolgerungen aufgebaut wird. Wichtig ist, dass ein Axiom nicht bewiesen werden muss. Aber es muss widerspruchsfrei sein. An der Formulierung sieht man, dass ein Axiom eine abstrakte Form hat, eine philosophische oder mathematische Form.

Wenn ein Axiom strittig ist, wird daraus ganz automatisch einfach nur eine Hypothese ... .




Cheers,

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#40 Re: Fragen an den (die) Experten: Naturalistisches Axiom

Beitrag von Zeus » Mo 12. Aug 2013, 15:59

Stark vereinfacht:
Axiom = Binsenwahrheit
Dogma = Mindfuck
:mrgreen:
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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