Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Alle Themen aus Naturwissenschaft & Technik die nicht in die Hauptthemen passen.
Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#1 Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Halman » Mo 12. Sep 2016, 21:46

:wave:

ich hoffe, dass dieses Thema hier herpasst. Zuerst wollte ich es im "Blickpunkt" eröffenen, doch da ich mich auf einen Vortrag des Physikers Prof. Lesch beziehe und es insbesondere um die Verantwortung der Naturwissenschaftler geht, eröffne ich es hier.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass der Mensch der Gegenwart mehr Material bewegt als die Natur. Unsere Umgebung ist großteils künstlich, selbst der deutsche Wald ist eine Kulturleistung, wie Lesch im Vortrag bemerkt.


Prof. Dr. Harald Lesch von der LMU München sprach am 4. Juli 2016 im Rahmen des Physikalischen Kolloquiums der Studierenden an der Universität Bayreuth zum Thema "Das Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert".

In seinem Vortrag im Audimax der Universität Bayreuth geht er auf die einschneidenden Veränderungen unseres Planeten ein, die durch den Menschen herbeigeführt werden. Dabei setzt er sich insbesondere mit der Rolle der Naturwissenschaften und der sich daraus für die Wissenschaftler ergebenden Verantwortung auseinander. Doch auch jeder Einzelne ist zu sorgfältigem Umgang mit unserer wichtigsten Ressource, der Erde, aufgerufen und sollte sich immer wieder fragen, ob sich aus einem "Können" schon ein "Sollen" ergibt.

Es ist eine Bayreuther Besonderheit, dass einmal im Semester die Studierenden der Physik Gastgeber bei dieser traditionellen Vortragsreihe sind.
Der Mensch handelt, so mein Eindruck, oftmals so, als wären die Ressourcen unbegrenzt und die Naturwissenschaftler entwickeln über Dekaden Erkenntnisse, welche sie den Menschen der Welt einfach anvertraut und heraus kommen computergesteuerte Waffen udgl.
Wie sieht Ihr diese komplexe Thematik? Wie beurteilt ihr die Veranwortung insbesondere der Naturwissenschaftler? Was machen sie und wir falsch und was sollten wir in Zukunft anders machen?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

R.F.
Beiträge: 6664
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:20

#2 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von R.F. » Mi 14. Sep 2016, 11:20

Halman hat geschrieben: - - -
Der Mensch handelt, so mein Eindruck, oftmals so, als wären die Ressourcen unbegrenzt und die Naturwissenschaftler entwickeln über Dekaden Erkenntnisse, welche sie den Menschen der Welt einfach anvertraut und heraus kommen computergesteuerte Waffen udgl.
Wie sieht Ihr diese komplexe Thematik? Wie beurteilt ihr die Veranwortung insbesondere der Naturwissenschaftler? Was machen sie und wir falsch und was sollten wir in Zukunft anders machen?
Na ja, vielleicht ahnen die Verantwortlichen, dass Öl, Gas und Kohle eh nicht mehr lange gebraucht werden. Zum Beispiel einer von Ronald Reagens Minister - ein Bibel-orientierter Christ - schien davon ausgegangen zu sein. Sind erst mal - wie vorhergesagt - die Faltengebirge weg, sinkt der Energiebedarf rapide.

Zunächst aber müssen die Mächte, insbesondere Europa, für den künftigen Treibstoffbedarf der Militärmaschinerie sorgen. Diese braucht in nächster Zeit dringend Treibstoff in großen Mengen für Panzer, Kampfflugzeuge, Drohnen, Kriegsschiffe und nicht zuletzt für die nötigen Versorgungseinheiten.

Alles in weiter Ferne? Dazu einfach mal die Nachrichten verfolgen, und das nicht nur in info@german-foreign-policy.com oder Ria Nowosti...

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#3 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von ThomasM » Mi 14. Sep 2016, 13:42

Halman hat geschrieben: Wie beurteilt ihr die Veranwortung insbesondere der Naturwissenschaftler? Was machen sie und wir falsch und was sollten wir in Zukunft anders machen?
Das Problem ist einfach:
Verantwortung ist ein politisches Thema, kein naturwissenschaftliches.

Sobald ein Naturwissenschaftler Verantwortung übernimmt (oder auch nicht übernimmt), handelt er politisch und wandelt sich vom Naturwissenschaftler zum Politiker.

Er ändert damit seine Rolle. Und die Erfahrung zeigt, dass gute Naturwissenschaftler meistens schlechte Politiker sind. Ihnen hapert es an öffentlicher Emphatie, an der Fähigkeit zur Kommunikation und oftmals auch am Machtinstinkt. Sachlichkeit reicht hier bei weitem nicht.

Beispiele wären Einsteins Aussagen zur Atombombe. Er hat Wirkungen erzeugt, die er nicht beabsichtigt hat.
Oder aber der Gang der Diskussion zur Klimaerwärmung. Die Sachebene hier ist schon seit ein paar Jahren verlassen, was man auch an den öffentlichen Reaktionen sieht.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#4 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Pluto » Mi 14. Sep 2016, 16:26

Halman hat geschrieben:ich hoffe, dass dieses Thema hier herpasst. Zuerst wollte ich es im "Blickpunkt" eröffenen, doch da ich mich auf einen Vortrag des Physikers Prof. Lesch beziehe und es insbesondere um die Verantwortung der Naturwissenschaftler geht, eröffne ich es hier.
Wie Thomas es völlig richtig sagt, ist das nicht die Verantwortung der Naturwissenschaft, sondern von uns allen, insbesondere der Politik.
Letztlich geht es alles auf Genesis 1,28 zurück. Auf die Rezeption dieser Bielstelle beim Volk kommt es an (und nicht auf die Gegenargumente einzelner Exegeten).

Halman hat geschrieben:Unsere Umgebung ist großteils künstlich, selbst der deutsche Wald ist eine Kulturleistung, wie Lesch im Vortrag bemerkt.
Ja, da hat er ganz Recht. Wir sind heute in der Lage (fast) alles auf der Welt zu verändern. Selbst vor den Möglichkeiten der Genmanipulation machen wir nicht Halt, sodass wir direkt in die Evolution eingreifen und unsere eigene Zukunft beeinflussen-- PID ist da nur der Anfang.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#5 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Halman » Mi 14. Sep 2016, 17:15

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:ich hoffe, dass dieses Thema hier herpasst. Zuerst wollte ich es im "Blickpunkt" eröffenen, doch da ich mich auf einen Vortrag des Physikers Prof. Lesch beziehe und es insbesondere um die Verantwortung der Naturwissenschaftler geht, eröffne ich es hier.
Wie Thomas es völlig richtig sagt, ist das nicht die Verantwortung derNaturwissenschaft, sondern von uns allen, insbesondere der Politik.
Letztlich geht es alles auf Genesis 1,28 zurück. Die Rezeption dieser Bielstelle beim Volk ist wichtig (und nicht die Gegenargumente einzelner Exegeten).
Dann wird es höchste Zeit diese Rezeption zu korrigieren.

Wie Prof. Lesch sinngemäß ausführte, geben die Naturwissenschaftler den Menschen technische Möglichkeiten in die Hand und damit enorme Macht und Verantwortung. Ist der Mensch überhaupt reif genug, um mit diesen Möglichkeiten verantwortlich umgehen zu können? Da denke ich an die Nutzung der stärksten aller physikalischen Kräfte, der starken Kernkraft, aber auch an Nano- und Gentechnik.

Wenn es darum geht, Waffen zu entwickeln, ist der Mensch erfinderisch. 2007 testeten die Russen den Vater aller Bomben, die einen Wirkunskreis von 300 Metern hat.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Unsere Umgebung ist großteils künstlich, selbst der deutsche Wald ist eine Kulturleistung, wie Lesch im Vortrag bemerkt.
Ja, da hat er ganz Recht. Wir sind heute in der Lage (fast) alles auf der Welt zu verändern. Selbst vor den Möglichkeiten der Genmanipulation machen wir nicht Halt, sodass wir direkt in die Evolution eingreifen und unsere eigene Zukunft beeinflussen-- PID ist da nur der Anfang.
Was bedeutet PID?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#6 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Pluto » Mi 14. Sep 2016, 17:59

Halman hat geschrieben:Dann wird es höchste Zeit diese Rezeption zu korrigieren.
Wie gedenkst du das zu machen?

Halman hat geschrieben:Wenn es darum geht, Waffen zu entwickeln, ist der Mensch erfinderisch. 2007 testeten die Russen den Vater aller Bomben, die einen Wirkungskreis von 300 Metern hat.
Der Mensch ist nicht erst seit dem letzten Jahrhundert von Fernlenkwaffen fasziniert. Diese Faszination reicht bis in vorgeschichtliche Zeiten zurück, als der erste Mensch das Speer erfand.

Halman hat geschrieben:Was bedeutet PID?
Prä-Implantations-Diagnostik... Ein brisantes Thema der Ethik Debatte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#7 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Halman » Mi 14. Sep 2016, 18:33

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dann wird es höchste Zeit diese Rezeption zu korrigieren.
Wie gedenkst du das zu machen?
Indem ich hier Aufklärung betreibe.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Wenn es darum geht, Waffen zu entwickeln, ist der Mensch erfinderisch. 2007 testeten die Russen den Vater aller Bomben, die einen Wirkungskreis von 300 Metern hat.
Der Mensch ist nicht erst seit dem letzten Jahrhundert von Fernlenkwaffen fasziniert. Diese Faszination reicht bis in vorgeschichtliche Zeiten zurück, als der erste Mensch das Speer erfand.
Ein Speer verbrennt aber nicht im Umkreis von 300 Metern jedes Lebewesen bei 1000° C.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was bedeutet PID?
Prä-Implantations-Diagnostik... Ein brisantes Thema der Ethik Debatte.
Danke für die Antwort.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#8 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von ThomasM » Mi 14. Sep 2016, 20:49

Halman hat geschrieben: Indem ich hier Aufklärung betreibe.
Aufklärung ist wenig wirkungsvoll und unzureichend.
Aufklärung setzt auf den Verstand, auf Rationalität. Damit kennen sich Naturwissenschaftler aus.

Aber Aufklärung erreicht gar nichts, wenn man nicht auch eine emotionale Botschaft hat, etwas, was die Menschen mitreißt, was sie begeistert, was sie verführt. Schau dir einfach mal die Werbung z.B. für Autos an oder die Werbung im Wahlkampf.
Sachargumente null, Emotion ist alles.

Und jetzt kommt die Schwierigkeit: Die Zerstörung geschieht ja aus Bequemlichkeit, weil die Menschen es sich gut gehen lassen, weil sie Nahziele haben und morgen kein Thema ist. Das sind extrem wirksame Motive.
Wenn du dagegen etwas setzen willst, hast du echte Probleme. Die Grünen haben das teilweise geschafft, aber nur in Deutschland. Wir willst du solche Emotionen weltweit erzeugen? Die Energiewende in Deutschland verzögert die Klimakatastrophe gerade mal um 6 Stunden.
Was soll's also?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#9 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von JackSparrow » Mi 14. Sep 2016, 20:55

Halman hat geschrieben:Wie beurteilt ihr die Veranwortung insbesondere der Naturwissenschaftler? Was machen sie und wir falsch und was sollten wir in Zukunft anders machen?
Plastik-Partikel lassen sich mittlerweile nicht mehr nur in den Weltmeeren und in Fischen nachweisen, sondern interessanterweise auch schon in unserer eigenen Blutbahn und sogar in unserem Bier (http://www.n-tv.de/ratgeber/Bier-und-Sp ... 45301.html).

Wir haben mit unserem Plastikmüll also einen neuen Selektionsfaktor erschaffen, dem die Evolution jetzt irgendwie beikommen muss. Da Mikroplastik auch viele Schadstoffe und hormonell wirksame Substanzen bindet, kann diese wissenschaftliche Errungenschaft wohl als noch gefährlicher und irreversibler eingestuft werden als zum Beispiel radioaktive Verschmutzung.

Früher oder später werden wir dem Aussterben der Menschheit nur noch durch Gentechnik entgegensteuern können. Also zumindest für diejenigen Genotypen, die sich eine genetische Optimierung finanziell leisten können.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#10 Re: Anthropozän - Wie der Mensch die Welt verändert

Beitrag von Pluto » Mi 14. Sep 2016, 23:42

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dann wird es höchste Zeit diese Rezeption zu korrigieren.
Wie gedenkst du das zu machen?
Indem ich hier Aufklärung betreibe.
Wie Thomas schon sagte, bringt das zu wenig.

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Mensch ist nicht erst seit dem letzten Jahrhundert von Fernlenkwaffen fasziniert. Diese Faszination reicht bis in vorgeschichtliche Zeiten zurück, als der erste Mensch das Speer erfand.
Ein Speer verbrennt aber nicht im Umkreis von 300 Metern jedes Lebewesen bei 1000° C.
So was nennt sich Entwicklung. 8-)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten