Sind Computer intelligent?

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Pluto
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#181 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von Pluto » Do 6. Nov 2014, 13:30

ThomasM hat geschrieben:Wir haben einen Bekannten, der war seit 50 Jahren hörbehindert. Vor etwa 30 Jahren setzte sein Gehör fast vollständig aus.
Vor etwa 5 Jahren erhielt er eine Operation, bei der sein Gehör durch einen Computer ersetzt wurde. Dieser greift die Schallwellen am Trommelfell ab, verarbeitet sie und setzt Nervenreize ab. Dabei macht er sogar Dinge, die das normale Gehör nicht macht, wie z.B. ab einer bestimmten Lärmschwelle die Lautstärke regeln.
[...]
Das Gehör ist durch Elektronik ersetzt.
Vermutlich handelt es sich um ein Cochleaimplantat (CI). So ein CI hat mein Ältester, der von Geburt an fast gehörlos war, auch bekommen. Er hört jetzt alles (selbst das Ticken der Küchenuhr), und die Sprache ist "kontrollierter" geworden (erspricht mehr so laut), aber sein Verständnis der Sprache ist leider nicht viel besser, und er unterhält sich immer noch am Liebsten mit der Gehörlosen-Zeichensprache.

Die Ärzte sagen, dass sei weil sein Gehörzentrum vom Körper anderweitig bentzt wird.

Meine Frage treibt diese Realität weiter. Was kann man alles durch Elektronik ersetzen?
Erste Versuche haben gezeit, dass man das auch mit der Sehfähigkeit machen kann.

Schwieriger wird es erst, wenn man versucht Regungen wie Scham, Liebe, Lust, Scham Schmerz, Wut oder Hass zu simulieren, die ein menschähnlicher Roboter aber haben müsste. Wie soll z. Bsp. ein Roboter auf eine Belidigung reagieren? Oder, was bedeutet für ihn der Anblick eines schönen Sonnenuntergangs, wie drückt er dies dann aus?
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ThomasM
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#182 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von ThomasM » Do 6. Nov 2014, 13:51

Pluto hat geschrieben: Schwieriger wird es erst, wenn man versucht Regungen wie Scham, Liebe, Lust, Scham Schmerz, Wut oder Hass zu simulieren, die ein menschähnlicher Roboter aber haben müsste. Wie soll z. Bsp. ein Roboter auf eine Belidigung reagieren? Oder, was bedeutet für ihn der Anblick eines schönen Sonnenuntergangs, wie drückt er dies dann aus?
Genau hier liegt ja auch der Knackpunkt.

Bei Gehör, Beim Sehen, beim Wahrnehmen, beim Reagieren usw. hat man es mit "einfachen" Actio-Reactio Mechanismen zu tun.
Ein Impuls kommt von außen und setzt eine neuronale Reaktionskette in Gang. So komplex die auch immer sein mögen, so etwas verstehen wir und damit kann man es nachbauen.
Dasselbe gilt für Erinnerungen.

Aber was ist mit den inneren Dingen? Was ist mit dem Kopf-kino? Was ist mit den Gefühlen?
Hier haben wir die eigentlich problematischen Teile des Ich vor uns.
Wir können feststellen, dass Gefühle mit Hirnaktivitäten verbunden sind, wir können Gebiete im Gehirn identifizieren, die mit bestimmten Denkweisen, mit bestimmten Empfindungen usw. verbunden sind. Vielleicht kann man sogar einmal Reaktionsketten identifizieren.
Aber es gibt keinen Startpunkt, es gibt keinen Auslöser, die Logik stimmt nicht.

Und wie erreicht die Reaktionskette ihre BEDEUTUNG?
Genau an diesem Punkt hat der Materialismus seinen Schwachpunkt.

Gruß
Thomas
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Pluto
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#183 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von Pluto » Do 6. Nov 2014, 14:19

ThomasM hat geschrieben:Aber was ist mit den inneren Dingen? Was ist mit dem Kopf-kino? Was ist mit den Gefühlen?
Hier haben wir die eigentlich problematischen Teile des Ich vor uns.
Wir können feststellen, dass Gefühle mit Hirnaktivitäten verbunden sind, wir können Gebiete im Gehirn identifizieren, die mit bestimmten Denkweisen, mit bestimmten Empfindungen usw. verbunden sind. Vielleicht kann man sogar einmal Reaktionsketten identifizieren.
Aber es gibt keinen Startpunkt, es gibt keinen Auslöser, die Logik stimmt nicht.
Der Neurowissenschaftler Antonio Damasio sieht den Ursprung (Auslöser) aller Gefühle in den Regungen (Emotionen) des Körpers. Dies, so meint Damasio, sei eine Folge der Evolution von "niederen" zu "höheren" Formen.
Jedes Sinnesorgan sowie alle anderen inneren Sensoren des Körpers (Herzfrequenz Zuckerspiegel, usw.) werden in den somatosensorischen Arealen des Gehirns "kartografiert" (abgebildet). Hier kommen die Regungen zusammen, auf die ein niederes Wesen nur körperlich reagiert. Erst bei Lebewesen mit höher entwickeltem Gehirn, lösen diese Signale aus den somatosensorischen "Karten" kommend, alle unsere Gefühle auf, wie bspw. Angst, Freude, Lust oder Schmerz.
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Thaddäus
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#184 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von Thaddäus » Sa 8. Nov 2014, 22:28

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Computer werden in Zukunft noch viel mehr können - aber sie werden kein (Eigen-)Bewusstsein in christlicher Definition haben.
Genau dafür hat Alan Turing in den 50er Jahren seinen Turing-Test entwickelt.
Sollte es einem Computer der Zukunft gelingen diesen Turing-Test zu bestehen, wird er auch nach christlicher Definition nicht von einem Menschen zu unterscheiden sein (sonst würde er den Test ncht bestehen).

Was erwartest du mehr als den Turing-Test?
Vom Turingtest halte ich nur dann etwas, wenn ich ihn selbst mit einem Programm durchführen könnte. Dann würde ich dem Programm Heinrich Bölls Geschichte An der Brücke erzählen. Darin geht es um einen kriegsverletzten ehemaligen WW2-Soldaten, der für ein statistisches Amt an einer Brücke sitzt und nichts anderes zu tun hat, als die Leute zu zählen, die den ganzen Tag über die Brücke laufen. Er verliebt sich in eine junge Frau, die jeden Tag morgens über die Brücke geht und abends wieder zurück. Wenn sie kommt, seine "kleine ungezählte Geliebte", dann zählt er nicht nur sie nicht mit, sondern keinen, der in diesem Augenblick ebenfalls über die Brücke geht. Er tut das, weil er nicht will, dass diese junge Frau, an die er sein Herz verloren hat, die aber nichts davon weiß, in irgendeiner Statistik auftaucht und die anderen auch nicht, die in diesem heiligen Augenblick, wenn sie erscheint, auf der Brücke sind. Sie sollen ungezählt bleiben.
Wenn das Programm mir daraufhin erklären könnte, worum es in dieser Geschichte tatsächlich geht, dann wäre ich bereit, es als menschlich zu betrachten.
Die verschärfte Version dieses Tests bestünde darin, darauf zu warten, dass ein Roboter sich so verhält wie dieser verliebte Kriegsheimkehrer.



"Mit einem Gerät, das an eine Wurstschneidemaschine in einem Feinkostgeschäft erinnert, hat Gerry Rubin vom Howard Hughes Medical Institute das Gehirn einer Taufliege in feine Scheiben geschnitten. Das ist keine einfache Sache, denn das Taufliegenhirn hat nur einen Durchmesser von 300 Mikrometern (1 Mikrometer = 10 hoch -6 m) und ist im Vergleich zum menschlichen Gehirn nur ein kleiner Fleck. Das Gehirn einer Taufliege enthält rund 150 000 Neurone. Jedes ultradünne Schnittpräparat, das nur eine Dicke von 50 Nanometer (1 nm = 10 hoch -9m) hat, wird sorgfältig fotografiert und in einen Computer eingespeist. Dann versucht das Computerprogramm, die Verdrahtung Neuron für Neuron zu rekonstruieren. Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit wird Rubin in rund 20 Jahren jedes einzelne Neuron im Gehirn der Taufliege identifiziert haben. [...]

Die Speicherung der Daten, die das Mikroskop liefert, ist logistisch ebenfalls bemerkenswert. Die größte kommerziell verfügbare Festplatte kann rund 1 Billion Byte (oder 1000 Gigabyte) an Information speichern. Sobald sein Projekt läuft, hofft Rubin, bei einer einzigen Taufliege pro Tag rund 1 Million Gigabyte an Daten einzuscannen; daher erwartet er, große Lagerräume mit Festplatten zu füllen. Da jedes Taufliegenhirn ein wenig anders ist, muss er zudem einige hundert solcher Gehirne scannen, um ein typisches Taufliegenhirn darstellen zu können. Wenn man vom Taufliegenhirn ausgeht, wie lange wird es dann wohl dauern, das menschliche Gehirn zu schneiden und auszuwerten? «In 100 Jahren wüsste ich gern, wie das menschliche Bewusstsein funktioniert. Das 10- bis 20-Jahre-Ziel ist es, das Taufliegen-Gehirn zu verstehen», meint Rubin."


[Michio Kaku, Die Physik des Bewusstseins, 1. Aufl., Hamburg: 2014, S. 375+376]

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#185 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von Pluto » Sa 8. Nov 2014, 23:47

Thaddäus hat geschrieben:Wenn das Programm mir daraufhin erklären könnte, worum es in dieser Geschichte tatsächlich geht, dann wäre ich bereit, es als menschlich zu betrachten.
Die verschärfte Version dieses Tests bestünde darin, darauf zu warten, dass ein Roboter sich so verhält wie dieser verliebte Kriegsheimkehrer.
Das wäre in der Tat bemerkenswert, denn dann würde der Computer die Emotion der Liebe wirklich verstehen. Darin liegt die Schwierigkeit, einen Computer so zu bauen, dass er ohne menschlichen Körper, menschliche Regungen nachvollzeihen kann.

Das spielt allerdings keine Rolle für die KI, die mit "erschreckender" Geschwindigkeit voranschreitet. KI interessiert sich mehr für praktische Anwendungen wie völlig autonome Waffensysteme, oder für die Auswertung der Datenflut des LHC am CERN der 800 billionen Kollisionen die zur Identifikation des Higgs-Teilchen notwendig waren. Dieses Unterfangen erzeugte rund 200 Petabyte ( = 200'000 Terabyte) an Daten.

Solche Leistungen sind kein Problem für die Computersysteme von morgen, aber einen Computer mit der sozialen Kompetenz eines Menschen — die Fähigkeit zu lieben ist nur ein Teil dieser Kompetenz — auszustatten, dürfte ein sehr viel schwierigeres Unterfangen sein, als die Auswertung der Datenflut des LHC.
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#186 Re: Sind Computer intelligent?

Beitrag von Scrypt0n » Fr 14. Nov 2014, 19:06

closs hat geschrieben:Und zwar dann, wenn Du damit einräumst, dass es eine andere Realität neben der naturwissenschaftlich greifbaren geben kann
Ebenso, wie ein Pumuckl existieren kann.
Ist jedoch eher nicht wahrscheinlich und davon auszugehen hat keinen weiteren Wert.

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