Anton B. hat geschrieben: Begründet hast Du das noch nie, unterstellst das aber immer wieder.
Doch - das wurde immer wieder per Descartes begründet - scheint aber nicht mehr in die heutige Wahrnehmungs-Weise zu passen.
Vorweg: Es geht hier um erkenntnis-theoretische Fragen und nicht um pragmatischen Streit - mir anderen Worten: Es ist nicht mein Ziel, Dir weiszumachen, es gäbe keine "Realität" (im Sinne der Naturwissenschaft). - Es geht allein darum, klarzustellen, dass es dazu einer Setzung bedarf.
Im Grunde ist es ganz einfach: Du stellst fest, dass Du bist - das Du, welches feststellt, ist das beobachtende Subjekt - das Du, welches als seiend festgestellt wird, ist das beobachtete Objekt. - Da aber beide Dein Du sind, sind Subjekt und Objekt identisch - selbst wenn Dein Du besoffen wäre oder sich in allem irren würde: Im Cogito ergo sum würde es sich nicht täuschen, eben weil Objekt und Subjekt identisch sind. - Und eben dies hat Augustinus in einer ganz ähnlichen Situation 1000 Jahre zuvor gemeint, als er sagte: "Si enim fallor, sum" ("Selbst wenn ich mich irre, bin ich").
Diese 100%ge Koinzidenz von Subjekt und Objekt gibt es NUR im Fall "Cogito ergo sum" - es gilt bereits NICHT, wenn man sagte: "Ich habe zwei Beine", da die Beine bereits außerhalb des Res Cogitans ("Subjekt") sind, also nicht Beobachtendes, sondern Beobachtetes sind - die 100%e Koinzidenz ist bereits hier futsch - weshalb Descartes folgerichtig bereits Körperteile zu den "Res Extensa" zählt - wie Sonne, Mond und die Nachbarin auch.
Für die eigenen Beine, Sonne, Mond und Nachbarin muss das Res Cogitans also setzen, dass es sich bei seiner Sinnes-Wahrnehmung derselben nicht irrt. - Da aber die Naturwissenschaft auf die physischen Sinne des Menschen setzt (auch das Ablesen einer Messreihe ist ein sinnlicher Vorgang), muss die Naturwissenschaft ebenso setzen, dass die Sinnes-Wahrnehmung nicht irrt. - Da weiterhin das Res Cogitans prinzipiell nicht unterscheiden kann, ob es per zutreffender Wahrnehmung oder per "Illusion" meint, den Mond oder die Nachbarin

korrekt zu vermessen, ist diese Setzung ein Dogma, da nicht falsifizierbar.
Da wir diese Setzung alle machen, spielt das keine praktische Rolle - und auch Popper hat (meines Wissens) schlauerweiße KEINE erkenntnis-theoretischen Ausführungen im descartschen Sinne gemacht, sondern einfach gesagt: Wir legen das zugrunde, was man so im allgemeinen unter Realität versteht - denn nur darauf will ich meine Methodik anwenden. - So weit so gut.
Die Selbstverständlichkeit jedoch, mit der man diese Setzung macht, darf nicht in Vergessenheit geraten lassen, dass es eine Setzung ist. - Und damit geraten wir wieder in die Auseinandersetzung zwischen Materialisten und Christen, bei der seitens der Materialisten in Anspruch genommen wird, sie fuße im Gegensatz zu Christen NICHT auf einem Dogma - was aus meiner Sicht nachweislich falsch ist (siehe augustinische/descartsche Argumentation). - Dies führt weiterhin zur Schlussfolgerung bei den Materialisten, sie beobachte die "Realität", während das Christentum außerhalb der "Realität" sei - da auf dem Dogma gründend: Es gibt Gott.
Ein zweiter, logisch daraus folgender Irrtum des Materialismus ist, man könne objektivieren, dass man dogma-frei begründet sei - und legt dann ellenlange Messreihen vor (die im übrigen inhaltlich nicht in Zweifel gezogen werden). - Verkannt wird dabei, dass diese Begründungen system-immanenter Natur sind - also keine Begründung dafür sind, man habe kein Dogma - denn die Frage "Dogma ja oder nein" ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine erkenntnis-theoretische bzw. ontologische.
Das nächste Problem besteht darin, dass man "Ontologie" im nächsten Schritt ins eigene System integriert, sie demgemäß gestaltet, und ihr damit ihre Instanzlichkeit als Meta-Ebene über der naturwissenschaftlichen Disziplin nimmt. - Und plötzlich hat man auch "ontologisch" recht - man hat der Ontologie ja ihre Zähne gezogen.
Die führt zusammen mit dem Kritischen Rationalismus (der dafür überhaupt nichts kann - er ist ja eigentlich nur system-interne Methodik) dazu, dass alles, was im eigenen System nicht objektiv belegbar ist (was ja bei geistigen Dingen nicht gehen KANN) irrelevant sei. - Folge: Man kann nicht an Gott als geistige Realität glauben, sondern allenfalls als irgendeinen Demiurgen oder viel eher als psychologisches Phänomen INNERHALB der Vorstellung des Menschen. - Und somit hat man sich eine perfekte satanische Falle gestellt, aus der man nicht mehr rauskommt.
Und um aufs Thread-Thema zu kommen: Dann kann man natürlich auch nur meinen, dass Geist Folge von Materie sei - und es somit eine Frage der Wissenschaft sei, bis ein Computer wesensmäßig sei wie ein Mensch. - Und somit wären wir beim Babel-Motiv. - "Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen" (Gen. 11,4)