Detlef hat geschrieben:Was wäre der Grund für "die Wissenschaft", um das zu fürchten, wo droht denn Missbrauch?
Wissenschaft beobachtet und beschreibt - sie tut dies im Rahmen dessen, was kritisch-rational möglich ist. - Das heißt umgekehrt: Da, wo es kritisch-rational NICHT möglich ist, tut sie es nicht. - Dafür verwendet Popper sinngemäß den Satz: "Was nicht falsifizierbar ist, ist für meine Methodik irrelevant".
Das ist alles ok, klar formuliert, gut durchdacht - bravo. - Weltanschauler jedoch neigen gelegentlich dazu, diesen Satz vom Sinn her zu verdrehen, indem sie daraus machen: "Was nicht falsifizierbar ist, ist für die Philosophie nicht irrelevant". - Auch das darf man - dann ist man halt eine materialistische Philosophie-Strömung.
Kriminell wird es jedoch, wenn man mit Verweis auf die Naturwissenschaft daraus macht: "Da Wissenschaft sich mit allem Relevanten beschäftigt, ist jegliche Philosophie außerhalb des kritisch-rationalen Geheges irrelevant". - Das führt dazu, dass man bspw. Theologie und transzendente Philosophie als unfortschrittliche, irrelevante Phänomene versteht, die noch nicht begriffen haben, dass aufklärungs-mäßig doch alles Relevante per materialistischer Philosophie abgedeckt sei. - Mit anderen Worten: Fragen nach dem geistigen Ursprung des Menschen, der geistigen Entität des Menschen und nach Gott sind dadurch "irrelevant" und "unaufgeklärt".
Die Wissenschaft sollte fürchten, dass sie damit in Misskredit gerät ("mitgegangen - mitgefangen"), wenn sie sich nicht deutlich gegen solche Vereinnahmungen wehrt.
Detlef hat geschrieben:"Oberflächlich" ist der falsche Ausdruck. Ich würde eher von einem "Teilbeitrag" reden.
Einverstanden.
Detlef hat geschrieben:"Geist und Bewusstsein sind nicht vom Himmel gefallen, sondern haben sich in der Evolution der Nervensysteme allmählich herausgebildet.
So neutral formuliert kann man es sagen. - Aber es muss dabei bewusst bleiben (oder werden), dass es dabei zweiu Möglichkeiten gibt:
1) Geist und Bewusstsein sind genuine Produkte der Materie - mit dem Absterben der Materie ("Gehirn") sind Geist und Bewusstsein irreversibel weg.
2) Geist und Bewusstsein sind genuine Produkte dessen, was man "Gott" nennt (also eine geistige Größe), und werden von der Materie ("Gehirn") lediglich in die materielle Welt transferiert - mit dem Absterben der Materie sind Geist un Bewusstsein nach wie vor als Entität existent.
Das Problem:
Neurowissenschaftler werden prinzipiell beide Fälle nicht unterscheiden können, weil sie in beiden Fällen immer dasselbe beobachten würden - materiell ändert sich nichts, ob 1) oder 2) zutrifft.
"Oberflächlich" war deshalb in der Bedeutung gemeint: Man kann neuronal in die tiefsten Tiefen gehen, wird aber nie das Wesen des Geistes selbst ermitteln, eben weil der Geist keine genuin materielle Größe ist, wenn 2) zutrifft - genauso wenig, wie Du als super-versierter Fernseh-Techniker nicht das Wesen des ZDF ermitteln kannst.
In anderen Worten:
Es ist nicht naturwissenschaftlich falsifizierbar, ob 1) oder 2) zutreffend ist - was aber materialistische Weltanschauler gerne postulieren ("Die WIssenschaft weist nach, dass ..."). - Natürlich weist die Wissenschaft viel nach, aber eben nicht "das".
Detlef hat geschrieben:Eine pauschale und undifferenzierte Behauptung bzgl. "Kultur und Zivilisation".
Richtig - es geht hier erstmal darum, den Korridor aufzuzeigen, um den es hier geht. - Geht man tiefer, wird es ganz sicher ziemlich kompliziert - und für uns schwer beantwortbar.