Das Gehirn und unser Bewusstsein.

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Thaddäus
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#451 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Thaddäus » Mo 7. Dez 2015, 08:42

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Zum Thema ein etwa 17-minütiger Beitrag des analytischen dt. Philosophen Ansgar Beckermann, der, obwohl Naturalist, nichtsdestotrotz die volle Handlungsfähigkeit und Verantwortungsfähigkeit erwachsener, gesunder Personen vertritt und begründet.
Leider kriege ich Deinen Link nicht auf (der "Laden-Kringel" dreht sich zwar - aber auch noch nach 5 min).
Es dauert eine Weile, aber irgendwann kommt der Clip ...

closs hat geschrieben: Selbstverständlich ist es gerade für die Rechtssprechung unerlässlich, wissenschaftliche Kriterien für Delikt-Fähigkeit zu haben.
Soweit ich weiß, gibt es keine "wissenschaftlichen Kriterien für Delikt-Fähigkeit" vor Gericht. Wie sollten die auch aussehen? Die Strafmündigkeit richtet sich natürlich nach dem Alter und ob psychische Erkrankungen vorliegen, Entwicklungsverzögerungen oder jemand zum Zeitpunkt des Delikts unter Drogen stand, zurechnungsfähig war o.ä. Ansonsten bleibt es völlig dem Richter überlassen, die psychische Reife z.B. junger Straftäter einzuschätzen, was sich auf das Strafmaß auwirken kann. So ist es meines Wissens nach hier in Deutschland, aber auch in Argentinien oder UK.

closs hat geschrieben: Wäre es nicht fairer, Begriffe wie "Verantwortung" und "Delikt-Fähigkeit" als rein definitorische Größen zur Aufrechterhaltung eine Gesellschafts-Ordnung zu begreifen?
Ich glaube, genau das ist heute der Fall.

closs
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#452 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 7. Dez 2015, 09:57

Thaddäus hat geschrieben:Soweit ich weiß, gibt es keine "wissenschaftlichen Kriterien für Delikt-Fähigkeit" vor Gericht.
Ich glaube schon. - Denn Gutachter bemessen ihr diesbezügliches Urteil nach wissenschaftlichen Modellen - oder nicht? - Meines Wissens stützt ein Richter sein diesbezügliches Urteil auf gutachterliche Expertisen - es sei denn, ein Fall ist so klar, dass auch der Staatsanwalt von vorneherein auf verminderte Delikt-Fähigkeit plädiert.

Thaddäus hat geschrieben:Ich glaube, genau das ist heute der Fall.
Ja - es wird aber medial anders verkauft. - Statt zu sagen "Formal, also verbindlich ist es so", zieht man die moralische oder Empörungs-Keule, sobald der Weg dafür durch das Urteil "Delikt-Fähigkeit JA" frei ist. Heisst das Urteil "Delikt-Fähigkeit NEIN" schwenkt man von Empörung in irgendeine Betroffenheit - also ob das eine wie das andere irgend etwas mit dem zu tun hätte, was WIRKLICH ist.

Kann ein Serien-Kindermörder delikt-fähig sein? Aus meiner Sicht nein, weil man in solchen Fällen schwer krank sein muss, um überhaupt solchen Verbrechen begehen zu können. - Lässt man ihn deshalb laufen? Natürlich nicht, weil die Gesellschaft geschützt werden muss. - Warum besteht eigentlich der Staat auf eine persönliche Schuld, wenn seine Aufgabe der Schutz der Gesellschaft (bis hin zur Generalprävention) ist?

ThomasM
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#453 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von ThomasM » Mo 7. Dez 2015, 14:55

closs hat geschrieben: Kann ein Serien-Kindermörder delikt-fähig sein? Aus meiner Sicht nein, weil man in solchen Fällen schwer krank sein muss, um überhaupt solchen Verbrechen begehen zu können. - Lässt man ihn deshalb laufen? Natürlich nicht, weil die Gesellschaft geschützt werden muss. - Warum besteht eigentlich der Staat auf eine persönliche Schuld, wenn seine Aufgabe der Schutz der Gesellschaft (bis hin zur Generalprävention) ist?
Du bist zu pauschal, closs.
Vor Gericht wird - auch bei einem Serienmörder - versucht, die Deliktfähigkeit festzustellen. Weiß der Mörder um die Schwere des Verbrechens und begeht sie aus niederen Motiven trotzdem, dann wird eine besondere Schwere der Schuld festgestellt und der Schuldige bleibt auch nach dem Abbüßen in Haft.

Ist der Täter schuldunfähig, z.B. wegen einer psychatrischen Erkrankung, dann wird er auch weggesperrt, kann aber als geheilt entlassen werden (bei aller Unsicherheit, die eine solche Diagnose unterliegt). Dahinter steckt die Überlegung, dass wenn er gesundet, er eine solche Tat nicht nur bereut, sondern auch nicht wieder begeht.

Gerichte gehen in solchen Fällen automatisch auf die Einzelfallebene. In diesem Zusammenhang gibt es den Begriff der Schuldfähigkeit und nach dem bemisst sich auch die Strafe.
Eine generelle Abschaffung des Begriffs Schuldfähigkeit wäre ein Rückschritt, genauso wie die pauschale Einordnung eines Schuldigen als "krank", nur weil seine Tat besonders grausam erschien.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#454 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 7. Dez 2015, 19:27

ThomasM hat geschrieben:Vor Gericht wird - auch bei einem Serienmörder - versucht, die Deliktfähigkeit festzustellen.
Natürlich - - das Gericht zieht Sachverständige heran, die diese Frage nach eingeübten Kriterien beantworten.

ThomasM hat geschrieben:Weiß der Mörder um die Schwere des Verbrechens und begeht sie aus niederen Motiven trotzdem, dann wird eine besondere Schwere der Schuld festgestellt
Auch klar.

ThomasM hat geschrieben:Ist der Täter schuldunfähig, z.B. wegen einer psychatrischen Erkrankung, dann wird er auch weggesperrt, kann aber als geheilt entlassen werden
In der Tat ist dies ein Fortschritt gegenüber andere Rechtsordnungen, die einfach nur die Tat beurteilen ohne Würdigung der Person und deren Umstände.

ThomasM hat geschrieben:Eine generelle Abschaffung des Begriffs Schuldfähigkeit wäre ein Rückschritt
Für mich stellt sich jedoch die Frage, ob ein seelisch kranker Mensch schuldfähig sein kann. - Wer eine Bank ausraubt, ist sicherlich NICHT schuldunfähig - dann wären ja auch die Verantwortlichen der Finanzkrise 2008 schuldunfähig.

Selbst-Bereicherung ist ein - salopp gesagt - "gesundes" Verbrechen - man setzt auf regelwidrige Weise seine Überlebenstrieb ein. - Aber Verbrechen mit Kindern sind in diesem Sinne "kranke" Verbrechen. - Man tut etwas, was gegen jegliche Natur ist. - Was steckt hinter den Taten eines Dutroux (Du erinnerst Dich?)? - Wie kann ein Arzt (geschehen in Frankreich) nach Dienstschluss über 20 Lustmorde begehen?

Natürlich ist der Täter bei der Tat im Bewusstsein und plant diese Taten auch ("Heute nachmittag habe ich dienstfrei - da könnte ich wieder mal einen Mord begehen") - insofern ist er nach entsprechenden Kriterien "delikt-fähig". - Aber ist er es wirklich?

Persönlich buche ich solche Taten unter "Besessenheit" - "Besessenheit" muss ja nicht nur heißen, dass jemand sich auf dem Boden krümmt und unverständliche Laute von sich gibt. - Ein Stärkeres bemächtigt sich des Menschen - siehe auch Judas. - Dass solche Überlegungen nicht Grundlage der Rechtssprechung (= Instrument zur Wahrung der Gesellschafts-Ordnung) sein können, ist mir schon klar. - Aber meinst Du wirklich, man könne die WIRKLICHE Schuld eines Menschen an gutachterlich-säkularen Modellen messen?

ThomasM
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#455 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von ThomasM » Mo 7. Dez 2015, 21:35

closs hat geschrieben: Persönlich buche ich solche Taten unter "Besessenheit" - "Besessenheit" muss ja nicht nur heißen, dass jemand sich auf dem Boden krümmt und unverständliche Laute von sich gibt. - Ein Stärkeres bemächtigt sich des Menschen - siehe auch Judas. - Dass solche Überlegungen nicht Grundlage der Rechtssprechung (= Instrument zur Wahrung der Gesellschafts-Ordnung) sein können, ist mir schon klar. - Aber meinst Du wirklich, man könne die WIRKLICHE Schuld eines Menschen an gutachterlich-säkularen Modellen messen?
Der Begriff der Besessenheit hat einen schweren Nachteil: Er tut so, als wäre das "nicht ich", sondern eben "der draußen, der mich besitzt, eben der Dämon"
Besessenheit führt dazu, Schuld abzuwehren, sich selbst als der Gute zu fühlen, der ja nicht anders konnte, weil jemand anderes mich besessen hat. Besessenheit ist ein Weg der Selbstrechtfertigung.

Richtig ist, in den Spiegel zu schauen und zu sagen: Der Böse, das bist du. Deine Begierden, deine Lieblosigkeit, deine Verachtung des Nächsten, dein Hass, dein Wunsch nach Rache, dein ... all das führt dich dazu, der Böse zu sein.

Insofern gibt es drei Ebenen.

Das, was du als die WIRKLICHE Schuld bezeichnest, als wüsstest du, wovon du redest. Diese Ebene ist allein Gott vorbehalten. Es mag sie geben, aber weder ich noch du können sie erkennen.

Die Selbsterkenntnis der Schuld. Solange du dich als toller und vor Gott reiner Typ fühlst, wie Hemul oder Kingdom, solange ist diese Ebene leer. Aber wenn du vor dem Spiegel stehst und erschreckst, wenn du anfängst, dich vor dir und dem, was in dir ist, zu fürchten, dann ist der erste Schritt zum echten Glauben getan und der Weg zur Unterwerfung unter Gottes Gnade ist frei.

Und dann ist da die Ebene der menschlichen Regeln und Gesetze. Diese müssen über Richter und Gutachter gesteuert werden. Das ist nicht perfekt, aber das Beste, was geht, wenn die Justiz gut bezahlt und unabhängig ist.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#456 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 7. Dez 2015, 22:39

ThomasM hat geschrieben:Der Begriff der Besessenheit hat einen schweren Nachteil: Er tut so, als wäre das "nicht ich", sondern eben "der draußen, der mich besitzt, eben der Dämon"
Ja - das verstehe ich tatsächlich so.

ThomasM hat geschrieben:Besessenheit führt dazu, Schuld abzuwehren, sich selbst als der Gute zu fühlen, der ja nicht anders konnte, weil jemand anderes mich besessen hat.
Wo steht eigentlich geschrieben, dass "gut" und "böse" etwas mit Delikt-Fähigkeit zu tun hätten?

Ich weiss - das ist en vogue. - Aber ist es wirklich so?

ThomasM hat geschrieben:Das, was du als die WIRKLICHE Schuld bezeichnest, als wüsstest du, wovon du redest. Diese Ebene ist allein Gott vorbehalten. Es mag sie geben, aber weder ich noch du können sie erkennen.
Genau das meine ich damit: Es gibt eine WIRKLICHE Schuld - was das ist, ist nur zwischen Gott und dem jeweiligen Menschen zu regeln. - Genau davon rede ich.

ThomasM hat geschrieben:Die Selbsterkenntnis der Schuld. S
Wodurch wird sie ermöglicht? Durch den eigenen "Willen"? - Oder vielleicht dadurch, dass es einfach "dran" ist? - Letzteres glaube ich. - Insofern würde ich unter Begnadung verstehen, dass man das Bedürfnis, den Antrieb hat, "in den Spiegel zu schauen". - "Böse" im heutigen Sinne des Wortes würde ich mich dabei NICHT finden - "böse" im grundlegenden Sinn des Worte würde ich mich sehr wohl finden. - Weil es gar nicht anders sein kann.

ThomasM hat geschrieben:Und dann ist da die Ebene der menschlichen Regeln und Gesetze. Diese müssen über Richter und Gutachter gesteuert werden. Das ist nicht perfekt, aber das Beste, was geht, wenn die Justiz gut bezahlt und unabhängig ist.
Auch einverstanden. - Dann darf diese Ebene 3 aber nicht "garniert" werden mit Ingredienzien aus den Ebenen 2 und 1.

Konkret: Ein säkularer Richter hat nicht im fundamentalen Sinn des Wortes zu "richten", sondern seinen Job auf Ebene 3 zu tun. Dass es auf dieser Ebene die von Dir vorgetragenen Differenzierungs-Möglichkeiten gibt, ist um so erfreulicher (gibt es auch nicht in jedem Land), tut aber der Notwendigkeit einer prinzipiellen Trennung der Ebene 3 von den Ebenen 1 und 2 keinen Abbruch.

Pluto
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#457 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Pluto » Mo 7. Dez 2015, 23:17

closs hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Besessenheit führt dazu, Schuld abzuwehren, sich selbst als der Gute zu fühlen, der ja nicht anders konnte, weil jemand anderes mich besessen hat.
Wo steht eigentlich geschrieben, dass "gut" und "böse" etwas mit Delikt-Fähigkeit zu tun hätten?

Ich weiss - das ist en vogue. - Aber ist es wirklich so?
Nach der christlichen Definition ist ein Delikt fähiger Straftäter böse. Muss er sogar sein.

closs hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Die Selbsterkenntnis der Schuld. S
Wodurch wird sie ermöglicht? Durch den eigenen "Willen"? - Oder vielleicht dadurch, dass es einfach "dran" ist? - Letzteres glaube ich. - Insofern würde ich unter Begnadung verstehen, dass man das Bedürfnis, den Antrieb hat, "in den Spiegel zu schauen". - "Böse" im heutigen Sinne des Wortes würde ich mich dabei NICHT finden - "böse" im grundlegenden Sinn des Worte würde ich mich sehr wohl finden. - Weil es gar nicht anders sein kann.
Warum kann es nicht anders sein?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#458 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Mo 7. Dez 2015, 23:29

Pluto hat geschrieben:Nach der christlichen Definition ist ein Delikt fähiger Straftäter böse.
"Delikt-Fähigkeit" ist aus meiner Sicht eine nachträgliche Interpretation. - Nicht dass das Gegenteil zutreffender wäre. - Aus meiner Sicht ist der Frage "Deliktfähigkeit: ja oder nein" sschlicht und ergreifend nicht relevant zur Definition von "böse".

Die ließe sich mit etwas Aufwand auch textlich belegen. - Es scheint mir ein Grundübel der abendländischen Interpretation zu sein, Aussagen wertend statt phänomenologisch zu verstehen.

Pluto hat geschrieben:Warum kann es nicht anders sein?
Reine Definitions-Sache, die ausdrücklich anders wäre als Deine Interpretation von "gut" und "böse". - Nach Deiner Definition (die allgemein geläufig ist) muss man Begriffe wie "Deikt-Fähigkeit", "Selbst-Verantwortung" und "Wille" obligatorisch mit "gut" und "böse" verknüpfen - dies ist eine Folge der sog. "Aufklärung". - Ich meine, dass man damit dem Christentum NICHT gerecht werden kann.

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#459 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von Pluto » Mo 7. Dez 2015, 23:53

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nach der christlichen Definition ist ein Delikt fähiger Straftäter böse.
"Delikt-Fähigkeit" ist aus meiner Sicht eine nachträgliche Interpretation. - Nicht dass das Gegenteil zutreffender wäre. - Aus meiner Sicht ist der Frage "Deliktfähigkeit: ja oder nein" sschlicht und ergreifend nicht relevant zur Definition von "böse".
Mag sein. Aber es ändert nichts an meiner Aussage.
Jemand der deliktfähig ist, und eines Verbrechens überführt wurde, ist im christlichen Sinn doch böse, denn er hat das Gesetz gebrochen.

closs hat geschrieben:Nach Deiner Definition (die allgemein geläufig ist) muss man Begriffe wie "Deikt-Fähigkeit", "Selbst-Verantwortung" und "Wille" obligatorisch mit "gut" und "böse" verknüpfen - dies ist eine Folge der sog. "Aufklärung".
Wieso das ist das Folge der Aufklärung? Ich komme ganz ganz gut ohne einen Absolutismus von gut und böse oder Freien Willen aus.
Der Punkt ist, die Aufklärung hat die Begriffe "gut" und "böse" relativiert, wo sie zuvor aus christlicher Sicht absolut waren.

Meiner Meinung nach ist "Deliktfähigkeit" ist der Versuch den Begriff der Schuldfähigkeit durch die Hintertür wieder "einzuschmuggeln".
Wenn Jemand pädophil ist hat die Gesellschaft das Recht ihn zu "entfernen". Dazu muss man nicht wissen ob er deliktfähig ist oder nicht.
Die Deliktfähigkeit bestimmt dabei nur, ob er hinter Gittern wandert oder in eine psychiatrische Klinik kommt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#460 Re: Das Gehirn und unser Bewusstsein.

Beitrag von closs » Di 8. Dez 2015, 00:33

Pluto hat geschrieben:Jemand der deliktfähig ist, und eines Verbrechens überführt wurde, ist im christlichen Sinn doch böse, denn er hat das Gesetz gebrochen.
Ja - das ist diese unselige Paulus-Stelle, die schon viel Schaden angerichtet hat. Ich halte diese Stelle für unchristlich und ziehe das "Gebt Gott, was Gottes, und dem Kaiser, was des Kaisers ist", vor.

Das heisst nicht, dass es "gut" wäre, das (säkulare) Gesetz zu brechen - dieses Motiv ist einfach irrelevant für das, was man "persönliche Schuld" nennen würde (so wie es Thomas als Ebene 1 dargestellt hat).

Pluto hat geschrieben:Der Punkt ist, die Aufklärung hat die Begriffe "gut" und "böse" relativiert
Möglich - ich wollte auf etwas anderes hinaus:
Wenn man das Ich in den Mittelpunkt des Seins stellt, muss man auch alles daran festmachen. - Dann darf man die "Entscheidungs-Freiheit" des Ichs auch in mancher Theologie übergehen, wenn es um "das Heil" geht.

Und diesbezüglich hat es eine raffinierte Staffelstab-Übergabe von RKK zur Aufklärung gegeben:
Die RKK hat den "Willen" des Menschen relativ stark betont, um dem Menschen sagen zu können: "Selber schuld - Du hättest Dich ja anders entscheiden können". - Aus ganz anderen Gründen tut das die Aufklärung auch - eine bemerkenswerte Kontinuität. - Diesbezüglich war Luther wirklich barmherziger und - wie ich glaube - Jesus näher.

Pluto hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist "Deliktfähigkeit" ist der Versuch den Begriff der Schuldfähigkeit durch die Hintertür wieder "einzuschmuggeln".
Finde ich genauso - nur: Ist das nicht ein General-Bedürfnis einer Gesellschaft, die meint, der Einzelne sei per "Eigen-Verantwortung" in der Lage zu entscheiden, ob er Verbrechen begeht oder nicht?

Pluto hat geschrieben:Wenn Jemand pädophil ist hat die Gesellschaft das Recht ihn zu "entfernen". Dazu muss man nicht wissen ob er deliktfähig ist oder nicht.
Bingo.

Pluto hat geschrieben:Die Deliktfähigkeit bestimmt dabei nur, ob er hinter Gittern wandert oder in eine psychiatrische Klinik kommt.
Das ist die Praxis, und die ist ja nicht einmal die schlechteste.

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