(Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

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Savonlinna
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#31 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna » So 16. Aug 2015, 22:50

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn, dann zu dem Streit oder der Widersprüchlichkeit zwischen Plato und Aristoteles. Denn Plato hat ja nicht mit sich selber gestritten.
OK - zu jeder These gibt es natürlich eine Anti-These.

Wenn Du schon drauf kommst: Es wäre interessant zu wissen, was die Synthese aus "Nominalismus" und "Realismus" wäre. :!:
Jau. Das wollte ich auch noch schreiben, aber war dann zu faul, das heute noch anständig zu durchdenken.

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Naqual
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#32 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 04:43

Salome23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Hab's gefunden. Es heißt "voll beschissen".
Ich garantiere dir, dass dies nicht stimmt...
"ur zach" bedeutet in etwa: langwierig, sich ausdehnend, anstrengend ,fad
Es gibt eben gewisse wienerische Ausdrücke, die man schwer übersetzen kann.

Dej Wianer manen imma sie san der Mittelpunkt der Welt! "Zach" ist bajowarisch! Hamse wieda obkupfart, dej Bazies! ;)
"Zach" heißt einfach "zäh". So wie wenn man an ner Schuhsohle kaut.

Wobei "voll" richtig übersetz voi heisst
Im Oberbayerischen "fui". :devil:

Savonlinna hat geschrieben:Uar zach oida = Voll beschissen Alter
"fui zach d'oide" hieße "voll zäh die Alte" (ist nicht kulinarisch gemeint, sondern z.B. die betagte Damen rennt mit Korb voller Holz noch bei 30 Grad im Schatten auf 2000 Höhenmeter.

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Naqual
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#33 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 04:52

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Denn das Threadthema gehört in den Bereich der Ideologiekritik, und da kommt man um den Positivismusstreit nicht herum.
Er ist eine Art veränderte Neuauflage des Universalienstreites im Mittelalter, und beide "Streite" laufen wie ein roter Faden durch die gesamte Philosophiegeschichte und damit auch durch die Wissenschaftsgeschichte.
Das bringt es exakt auf den Punkt - man könnte sogar noch weiter bis zur Ideenlehre Platons gehen.
Wenn, dann zu dem Streit oder der Widersprüchlichkeit zwischen Plato und Aristoteles.
Denn Plato hat ja nicht mit sich selber gestritten. :)

Oje, lang ist her, wo ich das schon mal gehört habe. ;)
Aber wären die beiden aufeinander gestoßen, die hätten ganz schön miteinander gezankt!

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#34 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 04:58

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn, dann zu dem Streit oder der Widersprüchlichkeit zwischen Plato und Aristoteles. Denn Plato hat ja nicht mit sich selber gestritten.
OK - zu jeder These gibt es natürlich eine Anti-These.

Wenn Du schon drauf kommst: Es wäre interessant zu wissen, was die Synthese aus "Nominalismus" und "Realismus" wäre. :!:

Könnte sogar gehen. Nur nicht auf einer Ebene. Da Du unterscheidest zwischen Sein und Dasein, hättest Du einen fließenden Prozess, bei dem sich die bloße Idee im Sein im Dasein real manifestiert. :mrgreen: (Womit zumindest im Ergebnis die Katholiken ganz gut leben könnten, so rein ideologisch gesehen...)
(Habe aber den Universalienstreit nie wirklich kapiert, ist mir zu hoch.... schätze ich kriege jetzt gleich ne Riesenkorrektur verpasst....)

Wir sind aber schon wieder ab von den konkreten Ideologien!

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#35 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 05:06

Fragmentarische Stichworte:

Marxismus: Die Machtverhältnisse von Menschen über Menschen muss überwunden werden. Perspektive: Gesamtgesellschaftlich
Christentum: Das Böse im Menschen muss mit Liebe zum Nächsten überwunden werden. Perspektive: Individuell.

In der Theorie könnte man wohl beides mühelos unterschreiben.
Der real existierende Sozialismus scheitert an einer gewissen Naivität über die Beschaffenheit des Menschen. (ausgehend vom Guten im Menschen)
Das Christentum ist naiv in Bezug auf Macht im gesellschaftlichen Raum (siehe Symbiose von Staat und Kirche)

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Savonlinna
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#36 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna » Mo 17. Aug 2015, 10:55

Naqual hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Das bringt es exakt auf den Punkt - man könnte sogar noch weiter bis zur Ideenlehre Platons gehen.
Wenn, dann zu dem Streit oder der Widersprüchlichkeit zwischen Plato und Aristoteles.
Denn Plato hat ja nicht mit sich selber gestritten. :)

Oje, lang ist her, wo ich das schon mal gehört habe. ;)
Aber wären die beiden aufeinander gestoßen, die hätten ganz schön miteinander gezankt!
Gezankt haben sie dann im Mittelalter - wer von beiden Recht hat. Das führte ja gerade zum Universlienstreit.
Wobei, meiner damaligen Meinung nach, als ich das im Studium noch stdierte, zur Verwässerung sowohl Platos als auch des Aristoteles führte.
Insofern fand ich den Universalienstreit höchst albern. Verwässerte Suppe - i gitt!

Im Grunde lief das auf die Frage hinaus: Wer erfasst die Wahrheit, der Rationalismus oder der Empirismus.
Hat Kant dann erledigt, aber heute wird das erneut gefragt, unter freundlicher Umgehung von Kant. Der stört da nur.

Naqual hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn, dann zu dem Streit oder der Widersprüchlichkeit zwischen Plato und Aristoteles. Denn Plato hat ja nicht mit sich selber gestritten.
OK - zu jeder These gibt es natürlich eine Anti-These.

Wenn Du schon drauf kommst: Es wäre interessant zu wissen, was die Synthese aus "Nominalismus" und "Realismus" wäre. :!:

Könnte sogar gehen. Nur nicht auf einer Ebene. Da Du unterscheidest zwischen Sein und Dasein, hättest Du einen fließenden Prozess, bei dem sich die bloße Idee im Sein im Dasein real manifestiert. :mrgreen: (Womit zumindest im Ergebnis die Katholiken ganz gut leben könnten, so rein ideologisch gesehen...)
(Habe aber den Universalienstreit nie wirklich kapiert, ist mir zu hoch.... schätze ich kriege jetzt gleich ne Riesenkorrektur verpasst....)
Also von Begriffs-Türmerei halte ich sowieso nichts. Ist für mich überflüssig wie ein Kropf, raubt nur kostbare Zeit und blockiert das Gehirn. :D

Naqual hat geschrieben:Wir sind aber schon wieder ab von den konkreten Ideologien!

Die konkreten Ideologien beziehen sich aber auf dieses alte Dilemma. ->

Der DDR-Kommunismus unterschied Materialismus und Idealismus. Er selber vertrat den Materialismus und lästerte ohne Ende über den angeblichen "Idealismus", der angeblich noch in "Westdeutschland" herrsche.
Der Dialektische Materialismus allerdings brachte eine neue Spielart hinein, die von Hegel stammte und die sich dann im "Historischen Materialismus" auswirkte.

Das heute wieder neu entstandene "eher fundamentalistische" Christentum unterscheidet wieder zwischen "Welt" und "Geist", und auch das sind die alten Fragen.

Für mich sind das alles Scheingefechte. Denn in realen Entscheidungsprozessen spielt immer alles gleichzeitig mit hinein.

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#37 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Mo 17. Aug 2015, 14:50

Naqual hat geschrieben:Habe aber den Universalienstreit nie wirklich kapiert
Beide Kontrahenten sind Ideologen, da beide Seiten Anspruch auf Wahrheit erheben, ohne für abweichende Lehrmeinungen offen zu sein (= wiki-Definition).

Sehr verkürzt sind die "Nominalisten" Empiriker: Wir beobachten und stellen fest, dass verschiedene Phänomene sich in x ähneln und nennen dies "lkjh". - Die "Realisten" sehen dagegen im Einzel-Phänomen die Ableitung einer ontologischen Existenz. - Man zählt also nicht (induktiv) Beobachtungen zusammen, sondern wertet Beobachtungen als Ableitung eines Seins. - Beispiel:

Der "Nominalist"/Naturwissenschaftler wird sagen: "Geist ist das, was wir wissenschaftlich feststellen können". - Der "Realist" sagt: "Geist ist unabhängig von unserer Wahrnehmung eine 'Realie', die wir teil-wahrnehmen. - Der "Realist" findet als etwas von dem, was als Realie "ist" ("con-scientia"). - Herauszufinden, WAS die Realie nun jenseits wissenschaftlicher Wahrnehmungs-Möglichkeit wirklich ist, ist eine geistige Aufgabe - was wiederum der Wissenschaftler als "willkürlich" bezeichnen würde.

Und so dreht sich das Karusell seit Jahrtausenden: Der "Nominalist" sagt: "Du, 'Realist', bist willkürlich, da deduktiv denkend". - Der "Realist" sagt: "Du, 'Nominalist', bis anthropozentrisch, weil Du Deine wissenschaftliche Wahrnehmungs-Möglichkeit zum Maßstab dessen machst, was der Fall ist".

Dieser Streit geht mindestens auf Platon contra Aristoteles zurück. - Heute haben die Nominalisten aufgrund der Dominanz wissenschaftlichen Denkens die Oberhand - irgendwann wird es wieder umgekehrt sein.

Das passt sehr wohl zum Thread-Thema: Denn beides sind Ideologien ("Setzungen"). - Der "Realist" sagt: "Wir setzen den 'Geist an sich' über unsere jämmerliche Wahrnehmung - alles andere ist Schrott". - Der 'Nominalist" sagt: "Alles, was wissenschaftlich nicht fassbar ist, ist Schrott".

Insofern - notabene - ist auch der Kritische Rationalismus eine Ideologie, WENN sie sich als Philosophie und nicht (wie es sich gehören würde) lediglich als Methodik versteht.

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#38 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Mo 17. Aug 2015, 14:54

Savonlinna hat geschrieben:Hat Kant dann erledigt
Meinst Du das wirklich?

Savonlinna hat geschrieben:Für mich sind das alles Scheingefechte. Denn in realen Entscheidungsprozessen spielt immer alles gleichzeitig mit hinein.
Das ist wie in der Theologie: Fundamental-theologisch sind es KEINE Scheingefechte - in der der Pastorale spielt immer alles gleichzeitg mit hinein.

Wenn wir Probleme grundlegend lösen wollen, kommen wir um fundamentale Gedanken nicht rum - wenn wir uns auf Alltags-Situationen beschränken ("Was würden wir tun, wenn ..."), reicht Instinkt und Charisma. - Wobei "reicht" untertrieben ist, weil es ja eigentlich genau darauf ankommt.

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#39 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 17:42

Savonlinna hat geschrieben:Wobei, meiner damaligen Meinung nach, als ich das im Studium noch stdierte, zur Verwässerung sowohl Platos als auch des Aristoteles führte. Insofern fand ich den Universalienstreit höchst albern. Verwässerte Suppe - i gitt!
Kann ich mir gut vorstellen, beim Unversalienstreit wie beim Positivismusstreit kann ich beide Seiten mit ihren Argumenten gut verstehen. Deswegen verliert man da irgendwann bei denen auch die Lust.... ;)

Im Grunde lief das auf die Frage hinaus: Wer erfasst die Wahrheit, der Rationalismus oder der Empirismus.
Auch hier gehts mir so: eigentlich beide. :mrgreen: Denke, dass man je nach Anwendungsgebiet einmal mit dem einen Ansatz, ein andermal mit dem anderen Ansatz schneller oder zu besseren Ergebnissen kommt.


Der DDR-Kommunismus unterschied Materialismus und Idealismus. Er selber vertrat den Materialismus und lästerte ohne Ende über den angeblichen "Idealismus", der angeblich noch in "Westdeutschland" herrsche.
Der Dialektische Materialismus allerdings brachte eine neue Spielart hinein, die von Hegel stammte und die sich dann im "Historischen Materialismus" auswirkte.

Das heute wieder neu entstandene "eher fundamentalistische" Christentum unterscheidet wieder zwischen "Welt" und "Geist", und auch das sind die alten Fragen.

Für mich sind das alles Scheingefechte. Denn in realen Entscheidungsprozessen spielt immer alles gleichzeitig mit hinein.
Idealtypisch ist das für mich das "Gefecht" zwischen Hegel und Marx. Bestimmt das Sein das Bewusstsein oder das Bewusstsein das Sein?
Da sehe ich es so wie Du. Beides. Marx rechne ich hier allenfalls an, dass er verbohrt einseitig auf das gesellschaftliche Sein zielte und im Bereich des individual- wie gruppenpsychologischen "Bewusstseins" geradezu naiv war im Auslassen (z.B. ist der Parteifunktionär weniger egoistisch wie der Kapitalist?).

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#40 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Naqual » Mo 17. Aug 2015, 17:52

closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:Habe aber den Universalienstreit nie wirklich kapiert
Beide Kontrahenten sind Ideologen, da beide Seiten Anspruch auf Wahrheit erheben, ohne für abweichende Lehrmeinungen offen zu sein (= wiki-Definition).

Sehr verkürzt sind die "Nominalisten" Empiriker: Wir beobachten und stellen fest, dass verschiedene Phänomene sich in x ähneln und nennen dies "lkjh". - Die "Realisten" sehen dagegen im Einzel-Phänomen die Ableitung einer ontologischen Existenz. - Man zählt also nicht (induktiv) Beobachtungen zusammen, sondern wertet Beobachtungen als Ableitung eines Seins. - Beispiel:

Der "Nominalist"/Naturwissenschaftler wird sagen: "Geist ist das, was wir wissenschaftlich feststellen können". - Der "Realist" sagt: "Geist ist unabhängig von unserer Wahrnehmung eine 'Realie', die wir teil-wahrnehmen. - Der "Realist" findet als etwas von dem, was als Realie "ist" ("con-scientia"). - Herauszufinden, WAS die Realie nun jenseits wissenschaftlicher Wahrnehmungs-Möglichkeit wirklich ist, ist eine geistige Aufgabe - was wiederum der Wissenschaftler als "willkürlich" bezeichnen würde.

Und so dreht sich das Karusell seit Jahrtausenden: Der "Nominalist" sagt: "Du, 'Realist', bist willkürlich, da deduktiv denkend". - Der "Realist" sagt: "Du, 'Nominalist', bis anthropozentrisch, weil Du Deine wissenschaftliche Wahrnehmungs-Möglichkeit zum Maßstab dessen machst, was der Fall ist".

Dieser Streit geht mindestens auf Platon contra Aristoteles zurück. - Heute haben die Nominalisten aufgrund der Dominanz wissenschaftlichen Denkens die Oberhand - irgendwann wird es wieder umgekehrt sein.
Danke für die vereinfachte Darstellung.

Das passt sehr wohl zum Thread-Thema: Denn beides sind Ideologien ("Setzungen"). - Der "Realist" sagt: "Wir setzen den 'Geist an sich' über unsere jämmerliche Wahrnehmung - alles andere ist Schrott". - Der 'Nominalist" sagt: "Alles, was wissenschaftlich nicht fassbar ist, ist Schrott".
Für mich spielt da eine weitere Komponente rein: der Nominalist ist nur auf die Beweisführung aus und je mehr Sicherheit er will, desto weniger kann er wissenschaftlich von sich geben. Der Realist ist hier "weiter" und "spielt mehr durch". Da aber auch der Realist ein Interesse an sauberen Beweisen für seine Theorien hat, bräuchte es den Streit nicht wirklich geben.

Insofern - notabene - ist auch der Kritische Rationalismus eine Ideologie, WENN sie sich als Philosophie und nicht (wie es sich gehören würde) lediglich als Methodik versteht.
Stimmt. Wenn die alleine das anerkannt hätten, dasss jeder (auch jeder Wissenschaftler) eine Ideologie hat, hätte es des Streits gar nicht bedurft.
Immer dann wenn eine normative Setzung im Widerspruch zu anderen Setzungen steht, liegt bereits eine Immunisierung vor, die typisch für Ideologien ist.

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