Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

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closs
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#21 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 15:46

Pluto hat geschrieben:Und so ist auch mit allen anderen Dingen die "der Fall" sind. Selbst wenn sie existieren würden; wir sehen sie nicht. Sie sind deshalb irrelevant für unsere Existenz.
Das ist logisch falsch - es kann Dinge geben, die wir nicht wahrnehmen, die aber trotzdem relevant für unsere Existenz sind.

Unabhängig davon stört mich dieses kategoriale Ragout. Logisch müsste man "Wahrnehmung" als Teilmenge von "Sein"/"was der Fall ist" definieren. - Beim Konstruktivismus erscheinen "Wahrnehmung" und "Sein" als Synonyme und können aufgrund dieser Konstruktion (!) in EINE Kategorie gepfercht werden - das ist ein hammerharter Irrtum. - Das ist gerade so, als würde man einen Walfisch so lange zuschneiden, bis er in eine Konservendose passt - und dann sagt: "passt doch" :devil: .

Pluto hat geschrieben: vieilleicht sieht der Autor das nur anders als du.
Sicher sogar - weil ihm grundlegende geistige Erkenntnisse fehlen - das scheint zeitgemäß zu sein. - Und WEIL ihm diese Grundlagen fehlen, kann er seine Philosophie aufbauen - die übrigens durchaus brillant aufgebaut sein kann. - Wir reden hier also überhaupt nicht von Dummbackentum, sondern von mangelnden Voraussetzungen, für deren Mangel keiner etwas kann, der sie nicht hat.

Pluto hat geschrieben:Genau das ist laut Konstruktivismus aber der Fall!
qed

Pluto hat geschrieben:Solche Gedankengänge gehen IMO wiederum zu weit. Alles was ist, ist nur Wahrnehmung — Das endet im Solipsismus
Was man sich einbrockt, muss man auch auslöffeln - das ist auch mein Vorwurf, für den ich das Wort "Anthropozentrik" verwende - Solipsismus geht auch. - In diesem Sinne: In Deiner Beschreibung erscheint Kontruktivismus als Solipsismus.

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#22 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 15:51

Andreas hat geschrieben:Schon wieder schreibst du "naturalistisch". Ist das nicht falsch? Müsste es nicht naturwissenschaftlich heißen? Hier gehts doch primär um die Naturwissenschaft und die Frage, ob sie "die Welt" beschreibt also um das Selbstverständnis der Naturwissenschaft.
Schon klar - aber in dem von Dir gemeinten Satz wollte ich mehr "Naturalismus" und "Transzendental-Philosophie" gegenüberstellen.

Wenn es um "Naturwissenschaft" geht, sehe ich eigentlich nur einen ungeklärten (vermutlich sogar "unklärbaren") Punkt: Gibt es Bereiche, die im Dasein wirksam sind, aber nicht naturwissenschaftlich nachweisbar sind? Ich vermute JA.

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Andreas
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#23 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Andreas » Do 12. Jun 2014, 16:02

closs hat geschrieben:Wenn es um "Naturwissenschaft" geht, sehe ich eigentlich nur einen ungeklärten (vermutlich sogar "unklärbaren") Punkt: Gibt es Bereiche, die im Dasein wirksam sind, aber nicht naturwissenschaftlich nachweisbar sind? Ich vermute JA.
Dann versuch das doch mal mit naturwissenschaftlichen Argumenten zu begründen. Ich würde gerne Klarheit darüber bekommen, was Naturwissenschaft beschreibt und warum - und was nicht und warum nicht - aus Sicht der Naturwissenschaft.

Ich hätte gern, dass es in diesem Thread nur um Naturwissenschaft geht. Es gibt ein Philosophieforum für die philosophischen Fragen, einen Naturalismus-Thread an anderer Stelle.
closs hat geschrieben:Unabhängig davon stört mich dieses kategoriale Ragout.
Genau darum sollten wir hier nicht wieder das gleiche Ragout anrichten. In diesem Ragout drehen wir uns nämlich vom ersten Tag des Forums im Kreise - meiner Meinung nach.

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#24 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 16:23

Andreas hat geschrieben:Naturalistisch ist doch kein Fachbegriff der Naturwissenschaft.
Ja - ich weiß, was Du meinst - und Du hast auch recht. - Gleichzeitig entspricht "die Welt aus Sicht des Naturalismus" exakt der "Welt der Naturwissenschaft". - Welchen Begriff verwendet man, wenn man Naturwissenschaft erkenntnis-theoretisch einordnet?

Andreas hat geschrieben:wie die einzelnen Disziplinen ihre Begriffe selbst verwenden
Ok - ein Versuch:

* Naturwissenschaft sagt (wenn sie diszipliniert bleibt): "Ich sehe etwas - ich beschreibe etwas - ich versuche das, was ich sehe, zu objektivieren - ich mache falsifizierbare Aussagen über das, was ich sehe". - Wenn sie undiszipliniert ist, macht sie auch Aussagen über das, was sie NICHT sieht.

* Naturalismus sagt: "Das, was die Naturwissenschaft prinzipiell beschreiben kann, "ist" alles, was der Fall sein kann.

* Konstruktivismus sagt (wusste ich auch nicht - aber so kommt es rüber): "Sein ist das, was für meine Existenz relevant ist".

* Ontologie sagt: "Wahrnehmung koinzidiert im besten Fall mit "dem, was der Fall ist - auch im besten Fall ist Wahrnehmung sowohl qualitativ als auch quantitativ eine Teilmenge "dessen, was der Fall ist".

* Spiritualität sagt: "Materie ist Folge von (spirituellem) Geist - alle Materie kommt aus dem Geist - Geist ist der übergeordnete "Aggregatszustand" (bitte nicht wörtlich nehmen - soll eine Verständnishilfe sein) der Existenz - Wahrnehmung koinzidiert im besten Fall mit "dem, was der Fall ist - auch im besten Fall ist Wahrnehmung sowohl qualitativ als auch quantitativ eine Teilmenge "dessen, was der Fall ist".

Andreas hat geschrieben:"Das, was der Fall ist" geht nicht mit "naturalistisch" zusammen, weil das ein Fachbegriff des Naturalismus ist
Das sehe ich anders: "Das, was (der Fall) ist" verstehe ich wörtlich und somit ontologisch. - Eine Eiche kann "(der Fall) sein" - Gott auch. - OB etwas (der Fall) ist, ist UNABHÄNGIG von unserer Wahrnehmung. - Es "ist" der Fall, egal ob wir es wahrnehmen oder nicht - und wenn es NICHT der Fall ist, ist es ebenfalls UNABHÄNGIG davon NICHT der Fall, ob wir es wahrnehmen zu wähnen oder nicht.

Wir müssen "Wahrnehmung" und "Sein" konsequent trennen - es sei denn, wir reden von Solipsismus. - Trennen wir NICHT, wäre Naturwissenschaft gleichbedeutend mit "Kopfkino" - das sollte man nicht zumuten.

Andreas hat geschrieben:Wir können ja ein paar Seiten später weitermachen, wenn das übliche Ad-Hominem-R.F.-Bashing vorbei ist.
Ne-ne --- wir bleiben da schon dran. - Denn endlich sind wir mal bei den VORAUSSETZUNGEN, um überhaupt zwischen Religion und Materialismus inhaltlich diskutieren zu KÖNNEN.

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#25 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Pluto » Do 12. Jun 2014, 16:31

closs hat geschrieben:Wenn man "Natur" als das definiert, was der Naturalismus darunter versteht, kann man das.
Bisher hat aber Niemand das so definiert.
Natur ist für mich alles das was nicht von Menschen geschaffen wurde.

Andreas hat geschrieben:Ich hätte aber gerne erst geklärt, wie die einzelnen Disziplinen ihre Begriffe selbst verwenden. Erst wenn das mal klar ist, kann man sich Gedanken machen, wie man das unter einen Hut bringen kann. Deswegen heißt der Thread "Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?" und nicht "Wie sieht der Naturalismus die Welt".
In der Naturwissenschaft folgt man der Methode des ontologischen Naturalismus. Dazu muss man natürlich definieren was "ontologisch" ist.
Ontologie wird in der theoretischen Philosophie verwendet um das "Sein" zu beschreiben. Mit dem Begriff lassen sich folgende Fragen beantworten:
• Was existiert? (Was "ist der Fall"?)
• Wie lassen sich existierende Dinge einteilen (kategorisieren)?
• Was ist die Bedeutung von "Sein"?
• Welche Arten des Seins gibt es?

Das sind für mich Fragen, die man ohne Weiteres mit der Naturwissenschaft beantworten kann.

Wir können ja ein paar Seiten später weitermachen, wenn das übliche Ad-Hominem-R.F.-Bashing vorbei ist.
Erfahrungsgemäß kommen die ad hominems immer erst dann, wenn keine Antworten mehr einfallen.
Wenn man so will, sind sie ein Pendant zu Godwins Gesetz.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#26 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 16:34

Andreas hat geschrieben:Ich hätte gern, dass es in diesem Thread nur um Naturwissenschaft geht.
Ok.

Nach meiner Vermutung könnte Naturwissenschaft scheitern bei der Beschreibung physikalischer (!!) Phänomen

a) im Planckraum
b) bei individuellen Wirkungen

Zu a)
Ich halte es für denkbar, dass der "Mikro-mikro-Kosmos" (Planckraum) ähnliche Wirkung auf den (klassischen) Mikrokosmos hat wie der (klassische) Mikrokosmos Einfluss auf den Makrokosmos hat. - Diese physikalischen (!) Wirkmechanismen könnten für die Naturwissenschaft unbeschreibbar oder zumindest nur fragmentarisch beschreibbar bleiben.

Zu b)
Wenn man die Summe der möglichen Verbindungs-Kombinationen von Synapsen anschaut, wird man meines Erachtens nie Testgruppen mit identischen Voraussetzungen bilden können. - Wenn dies aber nötig WÄRE, um Wirkungs-Zusammenhänge zu beschreiben, wären diese Wirkungs-Zusammenhänge nicht objektivierbar. - Einfach ausgedrückt: Es gibt wahrscheinlich Wirkungen in der Einzelperson aufgrund seiner ganz spezifischen physikalischen Konstellation (Gene/Synapsen), die nicht im naturwissenschaftlichen Sinne erwiesen werden kann.

Diese zwei Punkte beziehen sich in Deinem Sinne ausschließlich auf die physikalische Welt, also dem Gebiet der Naturwissenschaft - hier könnte Naturwissenschaft INNERHALB ihres Feldes auf Grenzen stoßen.

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#27 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von closs » Do 12. Jun 2014, 16:36

Pluto hat geschrieben:Das sind für mich Fragen, die man ohne Weiteres mit der Naturwissenschaft beantworten kann.
Ganz offensichtliches NEIN - falls Du damit meinen solltest "hinreichend beantworten".

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#28 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von barbara » Do 12. Jun 2014, 16:55

Andreas hat geschrieben:Quantifizierbarkeit setzt zuerst Wahrnehmung von Etwas voraus

Alles setzt Wahrnehmung voraus, auch im Bereich der Qualia. Wo nichts wahrgenommen wird, kann auch nichts erkannt, unterschieden, beurteilt werden - egal mit welcher Methode.

- und dieses Etwas sollte reproduzierbar wirken (Wechselwirkung) damit Messung möglich ist, wenn ich das richtig verstanden und wiedergegeben habe.

Reproduzierbarkeit ist schön wenn sie geht, aber sowas wie Urknall und Evolution kann man nur sehr bedingt im Labor nachbasteln - gehört aber dennoch zur Wissenschaft und wird in Begriffen von Mengen behandelt - so und so viele Jahre, so viel Masse, so viel Ausdehnung, etc.

Das ist insofern wichtig, weil ja der Mensch selbst Objekt der Naturwissenschaft ist.

Schon, aber nur dessen quanititative Aspekte. Der Naturwissenschaftler kann elektrische Vorgänge im Gehirn messen oder Hormone im Blut nachweisen - Verliebtheit wird er nie finden.

Hat der Mensch Wahrnehmungsmöglichkeiten, die noch nicht naturwissenschaftlich wahrgenommen und gemessen worden sind?

ja schon.

Die Wissenschaft ist noch längst nicht an ihrem Ende angelangt, sondern hat noch ganze Reihen von Rätseln zu lösen.

gruss, barbara

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#29 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Pluto » Do 12. Jun 2014, 16:57

Ontologie ist ein vielseitiges Wort mit unterschiedlichen Bedeutungen in uterschiedlichen akademischen Disziplinen:

1. In der Metaphysik: Die Erforschung des Seins ("Was der Fall ist")
2. In der Philosophie: Eine Theorie der fundamentalen Bausteine (Entitäten) im Universum.
3. In der Logik: Eine Klassifizierung der Entitäen der Welt.
4. In der Informatik: Ein System Modell, dass eine Struktur innerhalb einer nach Beziehungen organiserten Domäne beschreibt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#30 Re: Beschreibt die Naturwissenschaft die Welt?

Beitrag von Andreas » Do 12. Jun 2014, 16:58

closs hat geschrieben: Gleichzeitig entspricht "die Welt aus Sicht des Naturalismus" exakt der "Welt der Naturwissenschaft".
Wieso das denn?

Diese Aussage widerspricht doch der Methodik der Wissenschaft - wunsch-, wert- und ideologisch sinnfrei das zu beschreiben, was sie beschreiben kann und Natur nennt.

Die Naturwissenschaft hat keine Sicht auf die WELT. Sie beschreibt lediglich Einzelphänomene der NATUR. Die NaturwIssenschaftler sind doch jeweils sehr spezialisiert. Der eine forscht an diesem, der andere an jenem, der dritte an was ganz anderem. Es gibt Studien über dieses, jenes und was ganz anderes.

Gibt es in der Naturwissenschaft eine von der Naturwissenschaft berufene Abteilung, welche aus den vielen naturwissenschaftlichen Einzelbeschreibungen DER NATUR eine (?) ERKLÄRUNG (?) DER WELT macht? Kann ich mir nicht vorstellen.

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