Der Geist

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SilverBullet
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#131 Re: Der Geist

Beitrag von SilverBullet » Mo 11. Dez 2017, 22:36

closs hat geschrieben:Fragen, die jenseits des wissenschaftlichen Zugriffs sind, gehen nur "quasi über eine Art Religion".
Wo soll da etwas „jenseits“ sein und was ist „Jenseits“ eigentlich für ein lustiger Zusammenhang?
Wo kommen „Seiten“ vor?
Wo kommt „das Hier“ und „das Dort“ vor?

Du kannst wieder einmal kein einziges Wort benutzen, ohne die Weltzusammenhänge, die du nicht verwenden können möchtest, zu verwenden.

Typisch Philosophie/Religion – ein Schmierentheater ohne Ende :-)

closs hat geschrieben:Die Fragen über die Grundlagen des Seins und des Menschen mögen materialistischer-seits begründbar sein, aber nicht vom Wesen her
Das ist eine sehr „überschaubare religiöse Reaktion“.

Ich stelle dir doch gerade die grundlegenden Fragen und mach dir den Vorwurf, dass du die Zusammenhänge aus dem Nichts auftauchen lassen möchtest.

Dein Hinweis auf „das Wesen“ ist keine Antwort sondern vollständig wertlos.

closs
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#132 Re: Der Geist

Beitrag von closs » Mo 11. Dez 2017, 22:43

SilverBullet hat geschrieben:Ich stelle dir doch gerade die grundlegenden Fragen und mach dir den Vorwurf, dass du die Zusammenhänge aus dem Nichts auftauchen lassen möchtest.
"Aus dem Nichts" ist dasselbe wie "aus dem für Wissenschaft nicht Fassbaren". - Ontisch ist es natürlich NICHT nichts - und natürlich immer die Einschränklung: Das gilt nur, wenn die geistige Hermeneutik dazu die richtige ist.

SilverBullet hat geschrieben:Wo soll da etwas „jenseits“ sein und was ist „Jenseits“ eigentlich für ein lustiger Zusammenhang?
Eben - diese Frage ist in Deinem Denken und Deiner Weltanschauung nicht beantwortbar. - Für Dich ist alles jenseits des Naturalistischen irrelevant - das sei Dir und Deiner Weltanschauung gegönnt. - Aber das heißt nicht, dass es deshalb nicht "ist".

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Andreas
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#133 Re: Der Geist

Beitrag von Andreas » Mo 11. Dez 2017, 23:07

closs hat geschrieben:Wenn ich hoffnungsvoll annehmen darf, dass Du ernsthaft fragst, wie das zu verstehen ist, antworte ich gerne - allerdings erst mal grob:
Diesmal hatte ich dir das Wesentliche gleich extra rot angemalt, und dir dazu aus Wiki und Duden gleich die dazu passenden Artikel herauskopiert. Dennoch scheinst du nicht verstanden zu haben, wonach Thomas "Keine Ahnung, was du meinst." und ich fragen "Auch keine Ahnung, was du meinst." Das bezog sich auf diesen deshalb rot angemalten Satz von dir:
closs hat geschrieben:Meine Denkvoraussetzung ist das, was Descartes sagt (und Augustinus 1000 Jahre vorher gesagt hat) - aber diese Denkvoraussetzung wird nicht akzeoptiert, weil das Ergebnis nicht anthropogen ist.
Diesen Satz verstehe ich nicht. Was willst du mit dem Wort "anthropogen" in diesem Zusammenhang zum Ausdruck bringen?

Diese von mir unten zitierten Sätze sagen Menschen über sich selbst aus. Da ist nichts als diese Menschen und ihre Aussagen. Du unterstellt nun, vermutlich dem 21. Jahrhundert, dass diese Denkvoraussetzungen nicht akzeptiert werden - weil das Ergebnis nicht anthropogen ist - auf deutsch: weil das Ergebnis dieser Denkvoraussetzungen nicht vom Menschen geschaffen ist? Das verstehe ich nicht, weil ja in diesen beiden exemplarischen von Menschen gesagten Sätzen von nichts anderem als dem Menschen über den Menschen die Rede ist = nicht anthropogen???

Deine "Antwort" auf "meine" Frage, scheint mir "meine" Frage verfehlt zu haben.

closs hat geschrieben:Dieses Cogito ist weiterhin Voraussetzung dazu, dass der Mensch über sein Ich hinaus Fragen stellen kann - bis hin zu transzedenten Fragen.
Schön und gut. Allerdings ist Fragen nach etwas anderem als sich selbst stellen zu können, keine Antwort auf irgendetwas.
closs hat geschrieben:Dieses Cogito ist zu verstehen [?] als die Grundlage der menschlichen Existenz - diese Grundlage ist somit geistiger Natur.
Dieses Cogito verstehe ich lediglich als Feststellung der eigenen Existenz, von mir aus auch als Ausgangspunkt von Fragen nach etwas anderem als mir selbst. Grundlagen kann ich da nicht erkennen, weil das Sagen oder Denken dieser Sätze, schon vorher einer Menge anderer Grundlagen bedurfte. Ich wiederhole mich: Sprache, Definitionen der Begriffe "Ich" "denken" "sein", was ohne Mama, Papa, Hund, Katze, Maus usw. nicht möglich wäre. Auch wenn du das dauernd anderen vorwirfst: Du steigst da ziemlich spät ein.
closs hat geschrieben:"Ich weiß, dass ich nichts weiß" bedeutet, dass "Wissen" immer abhängig von Voraus-Setzungen ist, ...
Tja und weil wir die Katze schon im Spiel haben, beißt sich die Katze da in den Schwanz, denn: Das Wissen um den Satz "Ich denke, also bin ich." soll ja angeblich das einzig sichere "Wissen" sein, wie du sagst: die Grundlage (von was eigentlich?). Hier aber ist jetzt plötzlich "Wissen" immer abhängig von Voraus-Setzungen. Das haut so beides einzeln für sich genommen einigermaßen hin, wird aber völlig unplausibel wenn man es nebeneinander stellt.
closs hat geschrieben:die für menschliche Wahrnehmungs-Möglichkeiten nicht falsifizierbar sind (das fängt mit der Existenz der Res extensae an). - "Wissen" ist also immer nur "Wissen unter dem Vorbehalt, dass Voraus-Setzungen erfüllt sind", ist also nie "absolutes/universelles Wissen", sondern immer "vorbehaltliches Wissen".
"Cogito, e(r)go sum" ist demnach also vorbehaltliches Wissen, weil "Ich weiß, dass ich nichts weiß." Ziemlich widersprüchlich erscheint mir das.

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#134 Re: Der Geist

Beitrag von closs » Di 12. Dez 2017, 00:21

Andreas hat geschrieben:"Cogito, e(r)go sum" ist demnach also vorbehaltliches Wissen, weil "Ich weiß, dass ich nichts weiß." Ziemlich widersprüchlich erscheint mir das.
Ich verstehe Deine Argumentation wirklich - und ihr ist auch schwer zu widersprechen, weil wir hier in logische Kreisel reinkommen. - Das würde zur Frage führen: Was ist Sprache, was kann sie und was kann sie nicht?

Andreas hat geschrieben:Diesen Satz verstehe ich nicht. Was willst du mit dem Wort "anthropogen" in diesem Zusammenhang zum Ausdruck bringen?
1) Du hast recht, dass die Aussage, dass etwas nicht anthropogen sei, selbst anthropogen ist. - Das lässt sich nicht vermeiden, weil der Mensch nur seine Position als Mensch hat, also gar nicht Nicht-Anthropogen sagen kann.

Wieso dann trotzdem diese Aussage? - Weil es ein Unterschied ist, ob man den Weltmaßstab als anthropogen versteht oder nicht. - Somit würde der Satz heißen: "Ich stelle anthropogen fest (weil es anders gar nicht geht), dass das Anthropogene welt-maßstäblich/nicht-welt-maßstäblich ist. - Um diese beiden gegensätzlichen Feststellungen geht es, wenn hier von "anthropogen" oder "nicht-anthropogen" gesprochen wird.

Andreas hat geschrieben:Deine "Antwort" auf "meine" Frage, scheint mir "meine" Frage verfehlt zu haben.
War das jetzt besser?

Andreas hat geschrieben:Dieses Cogito verstehe ich lediglich als Feststellung der eigenen Existenz, von mir aus auch als Ausgangspunkt von Fragen nach etwas anderem als mir selbst. Grundlagen kann ich da nicht erkennen, weil das Sagen oder Denken dieser Sätze, schon vorher einer Menge anderer Grundlagen bedurfte.
Welche? - Nach meinem Verständnis meint Descartes damit (in meinen Worten):
"Es etwas gibt, was ich 'Ich' nenne. - Selbst wenn ich daran zweifle, ist es etwas/jemand, das/der daran zweifelt. - Auch wenn es nur eine Illusion ist, ist es eine Illusion von etwas/jemand. - Dieses, von dem dieser Zweifel kommt und von dem diese Illusion kommt und von dem diese Wahrnehmung kommt (also egal, wie ich es interpretiere), nenne ich 'sichere Existenz'. - Das kann 'Ich' sein oder das, was mich 'Ich' denken lässt - aber es 'IST' jemand".

Letztlich gäbe es dann nur zwei Möglichkeiten: "Ich" ist das, welches "Ich" sagt oder das, welches "Ich" sagen lässt. - Ersteres wäre der Mensch, letzteres wäre nach sprachlicher Regelung seiner Zeit "Gott". - Egal, wie man es nennt: Es ist sicher, weil sogar jegliche Illusion ihren Urheber haben muss, also einen ontischen Nukleus haben muss.

Wäre damit Deine Frage nach "Grundlage" geklärt oder willst Du auf was ganz anderes raus?

Andreas hat geschrieben:Das Wissen um den Satz "Ich denke, also bin ich." soll ja angeblich das einzig sichere "Wissen" sein, wie du sagst: die Grundlage (von was eigentlich?). Hier aber ist jetzt plötzlich "Wissen" immer abhängig von Voraus-Setzungen. Das haut so beides einzeln für sich genommen einigermaßen hin, wird aber völlig unplausibel wenn man es nebeneinander stellt.
Das ist jetzt wieder mal ein Sprachproblem, bei dem ich auch nicht weiß, wie man es lösen soll.

Lassen wir diesen Satz "Ich weiß, dass ich nichts weiß" für den Moment weg und versuchen es auf Basis des "Cogito, e(r)go sum":
Egal, wie man es macht: "Ich" resp. "Gott" als Existenz ist sicher, weil selbst jegliche Illusion ihren Urheber haben muss, also einen ontischen Nukleus haben muss. Den haben wir jetzt.

Für alles andere gilt das nicht. - Denn nur dieser Nukleus ist gleichzeitig Beobachter ("Cogito") als auch Beobachtetes ("Gibt es mich als Entität?"). - Wir wissen also um diesen Nukleus, aber nicht um das, wo Subjekt und Objekt nicht identisch sind - logisch: Denn wir können ja nach wie vor an allem zweifeln - und bei allem außer dem, der zweifelt, kann es diese Rückkopplung ("Zweifel an meiner Existenz ist Zweifel am Zweifelnden") nicht geben - also ist alles andere NICHT sicheres Wissen, sondern nur mit Vorbehalt ("Voraus-Setzungen").

Deshalb sagt Descartes an anderer Stelle sinngemäß:
"Dass mein Cogito ontisch existent ist, weiß ich. - Aber ob mein Arm, der fuchtelt, während ich rede, und der Mund, der die Worte bildet, die ich höre, und die Ohren, womit ich höre, nur Illusion/Vorstellung meines Cogito sind oder tatsächlich materiell sind, kann ich nicht wissen. - Denn ich kann prinzipiell in meiner anthropogenen Gebundenheit beides nicht unterscheiden - ein vorgestellter Stein, der mir auf den Kopf fällt, kann genauso schmerzen wie ein materieller Stein".

Descartes könnte weiterfahren: "Damit weiß ich, dass ich nichts weiß, außer dass ich 'Ich' bin. Aber unter Voraus-Setzungen und NUR mit Voraus-Setzungen kann ich auch mehr wissen - allerdings nicht absolut, aber unter Vorbehalt". - Diese Voraus-Setzung ist bei Descartes die Annahme, dass Gott ein "wohlwollender Gott" ist - im Sinne von: "Gott würde uns als wohlwollender Gott keine materielle Welt vorsetzen, wenn sie nur Illusion wäre. - Und da ich einen wohlwollenden Gott voraus-setze, kann ich jetzt auch Naturwissenschaft betreiben, denn dann macht es - unter diesem Vorbehalt - auch Sinn".

Damit meine ich, wäre der sprachliche Widerspruch, den Du ansprichst, gelöst - was meinst Du?

Zum Wort "anthropogen":
Nochmals: Alles, was vom Menschen kommt, ist streng genommen anthropogen. - Aber der Unterschied, den ich meine, bezieht sich auf eine andere Ebene - nämlich:
Es ist ein Unterschied, ob man das Verstehen der Welt aus anthropogener Hand gibt und sagt "Unter Vorbehalt/nur mit Voraus-Setzung, die anthropogen nicht falsifizierbar sind" (= der Maßstab des Verstehens der Welt ist NICHT anthropogen) oder ob man - wie der Materialismus - sagt: "Wieso? Wir können doch mit unseren (anthropogenen) Modellen/Methodiken/Begrifflichkeiten selber nachweisen, was real ist und was Illusion ist" (= der Maßstab des Verstehens der Welt ist anthropogen"). - Das ist der Unterschied zwischen descartscher Früh-Aufklärung und heutiger Spät-Aufklärung - und der Grund, warum Descartes überhaupt auch heute noch interessant ist.

Nun sollten wir keinen Atem darauf verwenden, dass solche Unterschiede in der Alltags-Wissenschaft völlig irrelevant sind. - Aber philosphisch sind sie sehr interessant. - Denn an dieser Geschichte hängt ein ganzer Rattenschwanz an Irrtümern, von denen einer ist, dass "Wissenschaft" setzungsfrei arbeiten würde, während dies Theologie NICHT täte. - Das ist falsch: BEIDE arbeiten mit Setzungen, weil es nicht anders geht.

Wird das Deinen Fragestellungen im Wesentlichen gerecht?

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Andreas
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#135 Re: Der Geist

Beitrag von Andreas » Di 12. Dez 2017, 01:13

closs hat geschrieben:Ich verstehe Deine Argumentation wirklich - und ihr ist auch schwer zu widersprechen, weil wir hier in logische Kreisel reinkommen.
"Ich denke, also bin ich" ist ein Zirkelschluss. Baron Münchhausen würde sagen: "Ich ziehe, also bin ich".

"Ich weiß, dass ich nichts weiß." ist ein Paradoxon.

Was für Schlussfolgerungen kann man aus einem Zirkelschluss und einem Paradoxon ziehen?

closs hat geschrieben:1) Du hast recht, dass die Aussage, dass etwas nicht anthropogen sei, selbst anthropogen ist.
Warum ignorierst du das, was ich dir aus Duden und Wikipedia liebenswürdigerweise herauskopiert habe? Offensichtlich hast du immer noch nicht verstanden, was "anthropogen" bedeutet.

closs hat geschrieben:1) Du hast recht, dass die Aussage, dass etwas nicht anthropogen sei, selbst anthropogen ist.
Das habe ich nie behauptet. Auf deutsch würde deine Unterstellung nach Wiki und Duden so lauten:

Du hast recht, dass die Aussage, dass etwas, das keine menschliche Ursache habe, selbst eine menschliche Ursache ist.

Das ist völliger Nonsens, und wird nicht dadurch besser, wenn man es mit Fremdwörtern sagt, die man trotz Hilfestellung nicht verstanden hat. Ich bin auch nicht willens, jetzt deine persönliche Definition von "anthropogen" zu lernen. Sag mir bitte auf Deutsch, was du zu sagen hast und unterstelle mir nicht so einen Unsinn.

closs hat geschrieben:[d]Wieso dann trotzdem diese Aussage? - Weil es ein Unterschied ist, ob man den Weltmaßstab als anthropogen versteht oder nicht. - Somit würde der Satz heißen: "Ich stelle anthropogen fest (weil es anders gar nicht geht), dass das Anthropogene welt-maßstäblich/nicht-welt-maßstäblich ist. - Um diese beiden gegensätzlichen Feststellungen geht es, wenn hier von "anthropogen" oder "nicht-anthropogen" gesprochen wird.[/d]
Bitte auf deutsch.

closs hat geschrieben:War das jetzt besser?
Leider nein. Lass uns erstmal nur das klären.

Die eigentliche Frage ist aber nach wie vor diese hier:
Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Meine Denkvoraussetzung ist das, was Descartes sagt (und Augustinus 1000 Jahre vorher gesagt hat) - aber diese Denkvoraussetzung wird nicht akzeoptiert, weil das Ergebnis nicht anthropogen ist.
Keine Ahnung, was du damit meinst.

Rembremerding
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#136 Re: Der Geist

Beitrag von Rembremerding » Di 12. Dez 2017, 06:07

Novalis hat geschrieben: Ich bin, also denke ich, ist die richtige Reihenfolge ;)
Ich würde sogar noch weiter gehen und, wie bereits andernorts geschrieben, eine andere Reihenfolge festlegen:
Von der Ich-Erkenntnis (Ich bin) zum Denken (Ich denke, also bin ich) hin zum ich im Füreinander (Ich werde gedacht, darum bin ich).
Allerdings ist dies eine ontische Aussage, die dementsprechend eine Transzendenz und Transzendenzfähigkeit des Menschen beinhaltet, mehr noch: ein Sein erst durch das gegenüber, das Du.

@closs bringt hier sehr gut rüber, was die descart'sche Aussage eigentlich meint: Eine Feststellung des Menschen durch den Menschen. Dies war Voraussetzung, um überhaupt eine empirische und rationale Welt und Forschung zu begründen. So wird es gelehrt, so wird und wurde Descartes verstanden.
Diese Aussage hat aber auch einige Fehler, hier nur ein diffiziler, mit dem man sich lange beschäftigen kann: "Ich denke, also bin ich" würde bedeuten, dass der andere nur ein Ich ist, wenn er denkt, was ich selbst aber nicht wissen, nur vermuten kann. Eigentlich ist der andere dann nur, weil mein Ich denkt. So ist die descart'sche Aussage nicht nur anthropozentrisch, sondern auch egozentrisch, und erklärt nur, dass der Mensch wahrnehmen kann, aber nicht, ob die Wahrnehmung "wahr" ist.
Entweder das Ich, das denkt, bin ich, oder das Ich das denkt, denkt sich sein Ich. Descartes war dahingehend weiter und aufgeklärter, als heute und für das er heute missbraucht wird, dass er seine Aussage gewissermaßend "schwebend" beließ. Er erkannte, dass der Mensch an sich eine "Voraus-Setzung" in allem ist, was der Mensch wahrnimmt, misst und artikuliert. Er ist ein System, dass nur in seinem System erkennen kann und eben das weiß.

Die Naturwissenschaft kann einen Urknall aus dem Nichts als Anfang der Materie nur glauben, weil sie zuvor einzig den Menschen und das Ich als "Urknall" aus dem Nichts als Anfang und absolutem aller Erkenntnis glaubt.

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#137 Re: Der Geist

Beitrag von Helmuth » Di 12. Dez 2017, 06:37

Durch Philisophie werdet ihr den Geist niemals ergründen können. Es ist zwar unsere geistige Fähigkeit Worte zu bilden und sollte vom Vorhandesein eines Geistes zeugen, ist aber noch keine geistliche Erklärung.

Man beachte den Unterschied zwischen "geistig" und geistlich". Alle unsere Worte kommen zwar aus dem Geist, sind also geistig, sie müssen aber noch lange nicht geistliche Worte als von Gott sein und damit einsichtig erklärende Wirkung haben.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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#138 Re: Der Geist

Beitrag von Novas » Di 12. Dez 2017, 07:33

SilverBullet hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Descartes spricht aus der Wahrnehmungs-Ebene des Menschen: "Wenn ich denken kann, muss es mich ja wohl geben - also ist mein Denken Indikator für meine Existenz".
Und woher nimmt der Philosoph das Prinzip von Existenz?

Durch das eigene Selbst, welches durch Selbsterforschung (Atma Vichara) die Frage „Wer bin ich?“ ergründet. Jesus sagte: „ICH BIN ... die Wahrheit.“ die Wahrheit, die sich selbst erkennt, selbst genießt, selbst erforscht und durch sich selbst verifiziert. Die Wahrheit ist wahr durch sich selbst; ebenso existiert die Existenz durch sich selbst. „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“ (Hamlet, Prinz von Dänemark von William Shakespeare, 3. Aufzug, 1. Szene) die Existenz ist ewig, ohne Anfang und Ende, niemand kann sie einfangen, begrenzen. Sie ist grenzenlos, unendlich, das Absolute. Sie existiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wenn ich wirklich bin, wirklich existiere, dann werde ich immer existieren. Das wahrhaft Existierende kann niemals aufhören zu existieren, weil es seine Natur ist.

Selbst wenn das ganze Universum mit seinen Milliarden von Galaxien, Welten und zahllosen Zivilisationen (ich behaupte einfach mal, dass es diese gibt, weil ich das in tiefer Meditation wahrgenommen habe :) ) selbst wenn das alles vergehen würde und nichts davon übrig bliebe, dann blieb immer noch das Eine: die absolute und ewige Existenz, die ich, aus Mangel an besseren Worten, den unendlichen und allumfassenden Schöpfer nenne (hebr. אֲדֹנָי ădonāy „mein Herr“) letztlich ist mein geliebter Schöpfer mein, dein, unser aller Wahres Selbst, der/die/das Eine und Einzige. Alles, was ist, offenbart und verkündet und verherrlicht immer nur Ihn, den absoluten Einen.

Halleluja! Lobet den HERRN in seinem Heiligtum; lobet ihn in der Feste seiner Macht!… Psalm 150:1,2



Ist Dir nun ein Licht aufgegangen oder willst Du weiterhin den Einen und Einzigen, den All-Ein Existierenden, den All-Ein Liebenden, den All-Ein Lebenden, den großen Geliebten in seiner unvergleichlichen Majestät und Herrlichkeit verleugnen? :engel: Wenn der Mensch den Schöpfer verleugnet, ist das in etwa so sinnvoll wie ein Würmlein, welches den Sternenhimmel leugnet und den Kampf mit dem Universum aufnimmt. Der Wurm erhebt sich: "Du existierst nicht" alles klar, Du Wurm, wenn Du das sagst! :D

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#139 Re: Der Geist

Beitrag von Pluto » Di 12. Dez 2017, 08:26

Novalis hat geschrieben:Jesus sagte: „ICH BIN ... die Wahrheit.“ die Wahrheit, die sich selbst erkennt, selbst genießt, selbst erforscht und durch sich selbst verifiziert.
Sagen kann man Vieles. Ob es stimmt, ist eine ganz andere Sache.

Novalis hat geschrieben:Die Wahrheit ist wahr durch sich selbst; ebenso existiert die Existenz durch sich selbst.
Das sind Tautologien.

Was ist Wahrheit? — Diese Frage beschäftigt die Menschen so lange wie sie denken können.
Wahrheit ist vielleicht der schwierigste Begriff den wir kennen. Es wäre vermessen von mir, zu behaupten ich hätte eine Definition parat. Die meisten Philosophen der Geschichte haben irgendwann im Laufe ihres Lebens versucht sie zu ergründen und sind gescheitert.

Wahrheit —
Je länger man darüber nachdenkt, umso schwieriger wird es, ihren wahren Sinn zu verstehen. Warum? Weil wir es am Ende immer wieder mit Zirkelschlüssen zu tun bekommen, so wie Jesus in dem von dir zitierten Satz. Ein Mensch kann existieren, aber er kann nicht Wahrheit sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#140 Re: Der Geist

Beitrag von Andreas » Di 12. Dez 2017, 12:26

Rembremerding hat geschrieben:Ich würde sogar noch weiter gehen und, wie bereits andernorts geschrieben, eine andere Reihenfolge festlegen:
Von der Ich-Erkenntnis (Ich bin) zum Denken (Ich denke, also bin ich) hin zum ich im Füreinander (Ich werde gedacht, darum bin ich).
Allerdings ist dies eine ontische Aussage, die dementsprechend eine Transzendenz und Transzendenzfähigkeit des Menschen beinhaltet, mehr noch: ein Sein erst durch das gegenüber, das Du.
Da ist schon viel Schönes dran - nur den Startpunkt finde ich schlecht gewählt, denn aus persönlicher Sicht, beginnt die erste Runde des hermeneutischen Zirkels eben nicht mit dem Ich sondern mit der Erfahrung des Wir, weil jeder in ein Wir hinein gezeugt und hinein geboren wird. Dann differenzieren sich langsam aus dem Wir-Erleben unterschiedliche Du-Erfahrungen und erst relativ spät fällt der Groschen des Ich-bin-Ich.

Dieser Erkenntnisweg ist vermutlich die denkerisch größte Herausforderung des Menschen. Aus dem Chaos von Gefühlen, unstrukturierten sinnlichen Eindrücken Informationen zu interpretieren, beispielsweise aus allen gehörten Geräuschen Sprache zu destillieren ist eine Glanzleistung menschlichen Denkens. Ohne zu wissen, was Sprache ist, das Sprechen zu lernen ist eine viel größere Denkleistung als beispielsweise als Deutscher Englisch zu lernen, weil man an diesem Punkt ohne ein strukturiertes Vorwissen, von dem man ausgehen könnte starten muss. Das Sprechen lernen kommt aber unbestreitbar vor der Entdeckung des Ich.

Von der persönlichen Erfahrung und den Tatsachen des Lebens her gesehen, scheint mir dies die erste Runde in der Kunst des Verstehens zu sein. Was du sagst, Rem wäre dann schon die zweite Runde auf höherer Ebene. Carl Friedrich von Weizsäcker beschreibt fünf objektive Prinzipien, Plateaus oder Erlebniswelten als Erscheinungsformen des Guten: Das Nützliche - Das Gerechte - Das Wahre - Das Schöne - Das Heilige.

Carl Friedrich von Weizsäcker, Der Garten des Menschlichen, S.120 hat geschrieben:Im Nützlichen überwindet das Ich nur die Triebhaftigkeit des Augenblicks zugunsten der Vorausplanung seiner selbsterhaltenden Zukunft. Nutzen und Macht sind akkumulierte Möglichkeiten zuhanden des Ich; sie sind Information. Und doch stirbt etwas vom Ich mit der Entdeckung des Nutzens, eine Kindlichkeit, die mehr liebenswert als glücklich war.

Im Sittlich-Gerechten findet das Ich eine Möglichkeit, und, ist sie entdeckt, eine Forderung, sich selbst radikal zu überschreiten.

Im Wahren zeigt sich dem Menschen ein von allem menschlichen Willen, Wohl und Wehe Unabhängiges, gleichwohl dem Menschen Zugängliches; eine erlösende Ernüchterung.

Das Schöne ist eine Wirklichkeit jenseits der Selbstverteidigung, eine Seligkeit.

Im Herantreten an das Heilige stößt das Ich an seine unüberwindbare Grenze; ein Schritt durch das Tor, und nie ist eine Grenze gewesen.

Es ist mir wichtig, sich an der Reihenfolge der Tatsachen zu orientieren. Den gleichen Fehler, vom Ich auszugehen, sehe ich auch in der Maslowschen Bedürfnishierarchie. Sicher stirbt "der Mensch als Mangelwesen" am schnellsten, wenn seine Physiologischen- und Sicherheitsbedürfnisse nicht gedeckt werden, aber ebenso sind seine Individual- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse zwingend nur in den Infrastrukturen von Gemeinschaft zu verwirklichen - weshalb ich die Sozialen "Bedürfnisse" als die unverhandelbare Grundlage von allem anderen ansehe. Ohne ein soziales Umfeld kann "der Mensch von der Wiege bis zur Bahre" keines seiner Bedürfnisse befriedigen. Als Einzelner hat er in der Umwelt/Natur Null Überlebenschancen.

Vom Ich auszugehen, ignoriert zu große Teile menschlicher Wirklichkeit. Ohne Mama, Papa, Familie und Hund, Katze, Maus kein zur Liebe fähiges Ich. Ohne die Dus, die mich bedingungslos woll(t)en, keine Liebe und ohne Liebe ist eh alles nichts - dann ist der Mensch unmenschlich.

Ich bin ein Mensch, aber Mensch ist nicht Ich - sondern Wir.

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