(Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

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closs
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#131 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Do 20. Aug 2015, 13:03

Savonlinna hat geschrieben:Und das ist eben Deine Setzung: dass es Wahrheit geben kann oder nicht geben kann und dass sie jenseits von "Wahrnehmung" existieren kann.
Was wäre weniger "Setzung" als das? - Wenn DAS bereits "Setzung" ist (eigentlich ist es als Gegenmodell zu "Setzung" gemeint): Was könnte Deiner Meinung nach NICHT Setzung sein? - Was bliebe denn dann noch, was offener ist als meine Aussage?

Savonlinna hat geschrieben:Deine "Ontologie" taugt nicht für eine Metatheorie, weil sie selber ideologisch ist - das versuche ich bewusst zu machen.
Dazu wäre Dein Vorschlag hilfreich, was aus Deiner Sicht NICHT ideologisch ist.

Savonlinna hat geschrieben:Du weigerst Dich, eine Sache zu Ende zu denken, weil Du Angst davor hast, dass es keine Ordnung mehr gibt.
Ich wüsste nicht, wie man Deinen Ansatz zu Ende denken könnte, ohne zwangsläufig in Schweigen zu verfallen - als Ausdruck dafür, dass man un-ideologisch nichts sagen kann.

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Savonlinna
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#132 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna » Do 20. Aug 2015, 13:39

closs hat geschrieben:Was könnte Deiner Meinung nach NICHT Setzung sein? - Was bliebe denn dann noch, was offener ist als meine Aussage?
Man muss, um andere Ideologien in ihrer Wirkungskraft zu beurteilen - und das ist hier ja das Threadthema - ja nicht selber eine Metatheorie entwickeln.
Ich muss über Deine Frage noch länger nachdenken, aber es war das, was mich an Deinem Einwurf in diesem Thread gestört hat. Dass Du mit einer Metatheorie gekommen bist - der Ontologie -, die andere Ideologien bewerten soll.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Deine "Ontologie" taugt nicht für eine Metatheorie, weil sie selber ideologisch ist - das versuche ich bewusst zu machen.
Dazu wäre Dein Vorschlag hilfreich, was aus Deiner Sicht NICHT ideologisch ist.
Vielleicht der Verzicht auf eine Weltformel oder eine Überethik.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du weigerst Dich, eine Sache zu Ende zu denken, weil Du Angst davor hast, dass es keine Ordnung mehr gibt.
Ich wüsste nicht, wie man Deinen Ansatz zu Ende denken könnte, ohne zwangsläufig in Schweigen zu verfallen - als Ausdruck dafür, dass man un-ideologisch nichts sagen kann.
Man muss nicht schweigen, wenn man andere Ideologien als Ideologien aufdeckt. Auf ein Übersystem zu verzichten ist darum kein Schweigen.
Mir fiel in diesem Zusammenhang andauernd der Name Adorno ein, und ich hab mal ein bisschen gegoogelt ->

Adorno selbst beschreibt negative Dialektik wie folgt: „Es handelt sich um den Entwurf einer Philosophie, die nicht den Begriff der Identität von Sein und Denken voraussetzt und auch nicht in ihm terminiert, sondern die gerade das Gegenteil, also das Auseinanderweisen von Begriff und Sache, von Subjekt und Objekt, und ihre Unversöhntheit, artikulieren will.“[2]
https://de.wikipedia.org/wiki/Negative_Dialektik

Es ist aber noch nicht genau das, was ich meinte. Er spricht irgendwo von einer permanenten Kritik.
Hier steht das vielleicht:

Auch Adorno wusste, dass Kritik in einer "abgestandenen Sprache" nicht möglich sei. Kritik bedeutete für Adorno deshalb auch eine permanente Kritik der Sprache.
https://books.google.de/books?id=QGYuyl ... ik&f=false

Es lohnt sich, bei diesem eben verlinkten Buch auch mal ein bisschen nach oben und nach unten zu lesen.
Gefühlsmäßig würde ich sagen, dass Du damit eine Menge anfangen kannst.

Systemkritik muss also nicht ein neues System entwickeln.

closs
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#133 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Do 20. Aug 2015, 13:50

Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht der Verzicht auf eine Weltformel oder eine Überethik.
Nix dagegen. - Mein Hauptanliegen ist, dass menschliche Wahrnehmung und das, was "ist", zwei Paar Stiefel sind. - Das ist weder (über-)ethisch noch weltformelhaft - oder doch?

Savonlinna hat geschrieben:Man muss nicht schweigen, wenn man andere Ideologien als Ideologien aufdeckt.
Schon richtig. - Aber folgt man Dir, könnte man andere Ideologien nur vom Standpunkt eigener Ideologie aus aufdecken.

Savonlinna hat geschrieben:Er spricht irgendwo von einer permanenten Kritik.
"Kritik" (im heutigen Sinne) ist inzwischen für mich negativ besetzt. - Denn es läuft oft raus auf "Verstehen muss man nichts, Hauptsache man kritisiert.

Savonlinna hat geschrieben: negative Dialektik
Habe ich bisher interpretiert als Ausdruck der Sprach- und Sinn-Krise des 21. Jahrhunderts. - Weißt Du, ob Adorno das deskriptiv oder normativ gemeint hat?

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Savonlinna
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#134 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna » Do 20. Aug 2015, 14:17

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Vielleicht der Verzicht auf eine Weltformel oder eine Überethik.
Nix dagegen. - Mein Hauptanliegen ist, dass menschliche Wahrnehmung und das, was "ist", zwei Paar Stiefel sind. - Das ist weder (über-)ethisch noch weltformelhaft - oder doch?
Durch die Formulierung "menschliche" Wahrnehmung bringst Du das ideologische Moment hinein; und auch eins, das Du versteckst.
Was ist das Gegenteil zu "menschliche" Wahrnehmung? Tierische Wahrnehmung? Oder doch "gottliche" Wahrnehmung?
Damit wird etwas in die Aussage getragen, das verheimlicht wird. Und genau das macht Ideologie aus. Dass man etwas versteckt hineinbringen will.

Außerdem gibt es ja nun heute vermehrt die Ansicht, dass das was "ist", Resultat der Wahrnehmung ist.
Insofern ist Deine Ansicht dem entgegen und kann also keine Metatheorie sein.

Savonlinna hat geschrieben:Man muss nicht schweigen, wenn man andere Ideologien als Ideologien aufdeckt.
Schon richtig. - Aber folgt man Dir, könnte man andere Ideologien nur vom Standpunkt eigener Ideologie aus aufdecken.
Wieso folgt das für Dich?
Wenn ich aufdecke, dass Dein "menschliche Wahrnehmung" unausgesprochen enthält, dass dagegen göttliche Wahrnehmung ausgespielt wird, ist das keine ideologische Aussage, sondern es wird formuliert, was mit Sprache verheimlicht werden soll.

Savonlinna hat geschrieben:Er spricht irgendwo von einer permanenten Kritik.
"Kritik" (im heutigen Sinne) ist inzwischen für mich negativ besetzt. - Denn es läuft oft raus auf "Verstehen muss man nichts, Hauptsache man kritisiert.
Du gehst auf das Argument nicht ein.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: negative Dialektik
Habe ich bisher interpretiert als Ausdruck der Sprach- und Sinn-Krise des 21. Jahrhunderts. - Weißt Du, ob Adorno das deskriptiv oder normativ gemeint hat?
Was Adorno "setzt", steht in dem Zitat, das ich brachte.
Ich weiß nicht, ob Kritik normativ oder deskriptiv ist.
Wenn ich aufdecke, dass jemand gelogen hat - ist das deskriptiv oder normativ?

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#135 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto » Do 20. Aug 2015, 14:43

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Genau das bemängele ich schon seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten an der Theologie.
Man sollte es halt mal doch mit der HKM versuchen... :angel:
Man kann alles Mögliche bemängeln
Natürlich kann man Vieles bemängeln. Aber du weichst aus.
Ich bemängele NUR, dass die kanonische Theologie scheinbar die HKM als ideologisch unterwandert beklagt, und sich deshalb weigert die aufgedeckten Fakten anzuerkennen.

Savonlinna hat geschrieben:Womit Du dann man eben locker allen heutigen Wissenschaften unterstellst, dass sie nur Strohmann-Argumente haben.
Das halte ich für eine ungerechtfertigte Unterstellung.
Es gibt empirische Wissenschaften, z. Bsp. Chemie, ein Großteil der Physik, Mikrobiologie, pharmazeutische Forschung u.v.m.

Der Punkt ist, man sollte nicht historische Wissenschaften wie die HKM oder die Astrophysik bloß deshalb verwerfen, weil sie historisch sind und es keine Zeitmaschinen gibt.

Savonlinna hat geschrieben:Was ich blau gefärbt habe, steht heute mehr denn je im wissenschaftstheoretischen Disput. "Das erkenntnisleitende Interesse" (Habermas), von dem jeder Deutende geprägt wird, führt zu der Frage, aus welcher Perspektive und welchem (geistigem) Standort die Vergangenheit jeweils betrachtet und gedeutet wird.
Das ist ein pauschalisierendes Scheinargument was ich absurd finde. Es verurteilt von vornherein den Großteil der historisch arbeitenden Wissenschaftler.
Damit verschließt man sich der Möglichkeit von vornherein, dass die die Mehrzahl der Wissenschaftler von intellektueller Integrität geleitet werden.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#136 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto » Do 20. Aug 2015, 14:47

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und das ist eben Deine Setzung: dass es Wahrheit geben kann oder nicht geben kann und dass sie jenseits von "Wahrnehmung" existieren kann.
Was wäre weniger "Setzung" als das?
Ganz einfach...
Man verhält sich so wie es Edmund Husserl schon vor 100 Jahre empfahl, und hält beim Unbekannten inne (setzt gar nicht!!), anstatt sich von spekulativen Vorstellungen (ver)leiten zu lassen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#137 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Do 20. Aug 2015, 14:48

Savonlinna hat geschrieben:Außerdem gibt es ja nun heute vermehrt die Ansicht, dass das was "ist", Resultat der Wahrnehmung ist.
OK - dann kommen wir wahrscheinlich nicht um die Frage rum, ob es etwas gibt, was NICHT ideologisch ist.

Diese Diskussion hatten wir bereits vor einem Jahr, als es darum ging, ob es Systeme gibt, die ohne "Setzung" auskommen. - Ich habe damals die Meinung vertreten, dass es KEINE Systeme gibt, die ohne Setzung auskommen. - Wäre die Feststellung, dass es keine Systeme gibt, die ohne Setzung auskommen, selbst schon wieder ideologisch?

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich aufdecke, dass Dein "menschliche Wahrnehmung" unausgesprochen enthält, dass dagegen göttliche Wahrnehmung ausgespielt wird
Das MEINE ich zwar - aber sagen tue ich lediglich, dass Wahrnehmung und Sein zwei Paar Stiefel sind. Mehr braucht's nicht.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn ich aufdecke, dass jemand gelogen hat - ist das deskriptiv oder normativ?
Deskriptiv.

Savonlinna hat geschrieben:Was Adorno "setzt", steht in dem Zitat, das ich brachte.
Das klingt aber nach Chaos-Verwaltung. - Deshalb ja meine Frage, ob es deskriptiv oder normativ zu verstehen ist. - Da weichst DU aus.

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#138 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von closs » Do 20. Aug 2015, 14:50

Pluto hat geschrieben:Man verhält sich so wie es Edmund Husserl schon vor 100 Jahre empfahl, und hält beim Unbekannten inne
Das wäre der kindliche Ansatz (durchaus positiv gemeint) - aber dann sind Interpretationen grundsätzlich tabu. - Man guckt und macht - trial and error.

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#139 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Pluto » Do 20. Aug 2015, 14:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Man verhält sich so wie es Edmund Husserl schon vor 100 Jahre empfahl, und hält beim Unbekannten inne
Das wäre der kindliche Ansatz (durchaus positiv gemeint) - aber dann sind Interpretationen grundsätzlich tabu. - Man guckt und macht - trial and error.
Würdest du die Empfehlungen des Herrn Husserl anerkennen, würdest du staunen, was man alles mit "trial and error" erreichen kann —

Banales Beispiel:
Kennst du die Einkaufskörbe, die selbst Rolltreppen und -bänder überwinden können. Ich stelle mir immer vor, wie oft die armen Forscher Blessuren davontrugen, bevor sie die optimale Lösung entwickelt hatten.

Ein Großteil des Fortschritts unserer Zivilisation basiert auf "trial and error".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#140 Re: (Historische) Betrachtung verschied. Ideologien

Beitrag von Savonlinna » Do 20. Aug 2015, 14:58

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Außerdem gibt es ja nun heute vermehrt die Ansicht, dass das was "ist", Resultat der Wahrnehmung ist.
OK - dann kommen wir wahrscheinlich nicht um die Frage rum, ob es etwas gibt, was NICHT ideologisch ist.
Das hatten wir doch längst geklärt, hier im Thread.
Ideologisch ist, wenn man seine Weltanschauung als allgemein wahr behauptet.

Warum willslt Du jetzt eine Grundsatzdebatte beginnen, wo es einfch nur darum geht, dass Du Deine Welanschauung nicht als Weltanschauung hinterfragen willst?
Ich mache da nicht mehr mit.
Ich habe gesagt, ich respektiere, wenn Menschen betriebsblind bleiben wollen, weil ich die Gründe dafür nicht durchschaue.
Dass Du jetzt danach suchst, ob alle Menschen dieser Erde so sind wie Du und ihre Setzung nicht erkennen - das ist für mich beantwortet. Nein, es sind nicht alle so, dass sie ihre Setzungen nicht erkennen können.

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