Hallo Magdalena
Ich bin zwar neu hier im Forum, aber ich versuche mal, diesen Ausspruch zu erläutern, ohne zu viel schreiben zu müssen.
Magdalena61 hat geschrieben:
Wissenschaft und Glaube widersprechen sich nicht. Sie betrachten die Welt lediglich mit anderen Augen.
Es gab vor rund 100 Jahren einen Streit in der Physik. Man stritt darum, was das Licht nun eigentlich sei, ob Teilchen oder Welle. Zwei Dinge, von denen man dachte, dass sie sich ausschließen. Und irgendwann stellte man fest – wenn ich im Physikunterricht richtig aufgepasst habe – dass das Licht beides ist. Es kommt auf den Betrachter an: Wenn ich’s als Teilchen untersuche, sehe ich den Teilchen-Charakter des Lichts. Wenn ich’s als Welle anschaue, sehe ich den Wellen-Charakter des Lichts.
Vielleicht ist’s ja mit unserer Welt ganz genau so: Wenn ich die Welt mit wissenschaftlichen Augen betrachte, sehe ich z.B. die Naturgesetze ihrer Entstehung. Wenn ich die Welt mit den Augen des Glaubens anschaue, sehe ich sie als Schöpfung Gottes. Das ist kein Gegensatz, obwohl es zunächst so scheint!
Pfarrer Ralph Thormählen
Was er da über das Licht schreibt-- könnte das vielleicht bitte jemand in verständliche Worte fassen?
Vor 300 Jahren begann man, die Phänomene des Lichts zu untersuchen, nachdem man die experimentellen Möglichkeiten (Linse) entwickelt hatte. Man stellte die Phänomene der Brechung und der Reflexion fest.
Um diese Phänomene zu erklären gab es zwei Theorien, das Korpuskel Modell (Newton), das annimmt, dass das Licht aus kleinen Teilchen besteht. Und das Wellen Modell (Kirchhoff), das annimmt, dass Licht so wie Wasserwellen ist, sich also auf einem Medium wellenartig ausbreitet. Beides sind grundverschiedene Objekte. Ein Teilchen hat einen definierten Ort und eine definierte Geschwindigkeit und eine Welle ist ausgeschmiert über den Raum und hat keine eindeutige Geschwindigkeit. Physikalisch also praktisch Gegensätze.
Der Streit wurde damals entschieden, als man entdeckte, dass bei Licht Interferenz auftreten kann, ein Phänomen, das es nur bei Wellen geben kann. Das Korpuskel Modell war damit vom Tisch.
Um 1905 kam dann Einstein und ließ diese Vorstellungen zusammenbrechen. Er untersuchte ein Experiment, bei dem man Licht auf eine Metallfolie scheinen ließ und feststellte, dass bei einer bestimmten Frequenz plötzlich Elektronen austraten, nicht aber, wenn man einfach die Intensität des Lichts höher drehte. Das war nicht verständlich, denn nach der Wellentheorie musste dieser Austritt von der Intensität des Lichts abhängig sein.
Einstein zeigte nun, dass dieses Experiment ganz einfach zu erklären war, wenn man annahm, dass Licht in Korpuskeln (heute sagen wir Photonen) daherkommt, deren Energie von der Frequenz abhängen.
Bei der Physik hat immer das Experiment recht. Das sagt also, dass Licht sowohl Wellencharakter hat (Interferenz) als auch Teilchencharakter (Elektronen Austritt). Zwei völlig gegensätzliche Vorstellungen sind beide richtig. Mittlerweile hat man erkannt, dass das für alle Objekte des Universums zutrifft, also z.B. ein Elektron (normalerweise Teilchen) hat auch Welleneigenschaften (Elektronenmikroskop). Der Welle-Teilchen Dualismus ist also ein sowohl - als auch (bzw. ein weder noch). Von unserer Vorstellung ist das kaum erfassbar, aber man kann es berechnen.
Dein Zitat setzt das als Analogon für Naturwissenschaft und Religion. Zwei Sichtweisen, die Welt zu sehen. Nicht im Gegensatz, sondern zwei Seiten einer Medallie. Die meisten sehen hierin kein Problem.
Es gibt aber Berührungspunkte und bei denen ergibt sich die Diskussion, wer die Erklärungshoheit hat. Ohne eine klare Definition von Naturwissenschaft und worin sie besteht, kann das nicht gelingen. Meine Aussage ist:
Wenn ein Vorgang die Eigenschaften hat, die es einer naturwissenschaftlichen Erklärung zugänglich macht, dann hat die Naturwissenschaft das Primat, wenn dies nicht gegeben ist, dass hat der Glaube (die Religion) das Primat
Gruß
Thomas