Das hat die Hermeneutik im geisteswissenschaftlichen/sozialwissenschaftlichen Kontext schon lange davor getan - allerdings ist der Begriff Hermeneutik so unterschiedlich besetzt, dass ich es einmal (hoffentlich humorvoll) erklären will:Pluto hat geschrieben:Es geht darum, aus der Regress-Falle (Münchhausen Trilemma) herauszukommen.
Das Wort „Hermeneutik“ kommt vom griechischen „hermÄ“neúŠ= auslegen, erklären, übersetzen". Damit charakterisiert dieser Begriff die Art von Wahrnehmung, die immer wieder überprüft und weiterentwickelt wird mit dem einzigen Ziel, sich immer mehr an den URSPRUNG der Wahrnehmung, also der Wahrheit selbst, anzunähern. – Im folgenden eine Erklärung anhand eines konkreten Beispiels: Ein Mann sieht eine für ihn attraktive Frau und beschäftigt sich mit ihr mit dem Ziel, sich ihr anzunähern. - Ausgangspunkt für diese Beschäftigung ist zunächst das eigene Vorwissen über das Phänomen Frau. - Konkret: Man weiß – sei es konkret oder diffus -, dass eine Frau für einen Mann zielwürdig ist. - Der eigentliche Verstehensprozess, also der Hermeneutische Prozess, wird nun dadurch angeworfen, dass man aufgrund seines Vorwissens oder Vorfühlens über das Phänomen „Frau“ weitere Vermutungen über sie gleichsam in die Zukunft vorauswirft. Man zieht also Schlussfolgerungen aus seinem Vorwissen – gleichsam als Arbeitsgrundlage für die weitere Beschäftigung. - Konkret: Diese attraktive Frau lässt sich gerne zum Essen einladen, also – schlussfolgert man – wird sie auch einmal gerne für einen kochen. - Der nächste Schritt führt zu Änderungen und/oder Weiterentwicklungen des ursprünglichen Vorwissens und den darauf gegründeten Schlussfolgerungen. - Konkret: Fall 1: Sie kocht wirklich gerne für mich – die Schlussfolgerung war also richtig. – Fall 2: Sie hat ebenfalls einen Fulltimejob, deshalb gehen wir jeden Abend zum Italiener – die Schlussfolgerung war also falsch. Fall 3: Sie ist nicht Hausfrau, sondern ich bin Hausmann, und deshalb bin ich es jetzt, der gerne kocht - Wobei hier wichtig anzumerken ist, dass dieser Erkennungsprozess an sich keine Bewertung ist, sondern eben ein Erkennungsprozess – seine wertende Interpretation ist Sache der Betroffenen untereinander.
Mit diesem durch Erfahrung modifizierten, also weiterentwickelten Vorwissen kann der Verstehensprozess erneut angestoßen werden und kann im Prinzip endlos – deshalb „Hermeneutischer ZIRKEL“, besser noch wäre “Hermeneutische SPIRALE“ - wiederholt werden. Das heißt: Das Projekt der Ausdeutung einer Beziehung entwickelt sich immer weiter. In der Regel wird dies so aussehen, dass immer mehr wachsendes und sich immer mehr stabilisierendes Wissen zu Schlussfolgerungen führt, die immer realistischer werden. In unserem Bild: Die Rollenverständnisse untereinander werden immer klarer – so oder so, egal wie.
Die Verwandtschaft zu Popper besteht darin, dass auch der hermeneutische Prozess sehr pragmatisch ist - man arbeitet mit dem, was man gegenwärtig an Erkenntnis zur Verfügung hat.
Das soll sie auch beibehalten.Pluto hat geschrieben: Die Naturwissenschaft arbeitet heute sehr gut damit.
Wichtig für kritischen Rationalismus und hermeneutischer Methode ist aber, zu erkennen: Es sind hoch-entwickelte Methoden zur PRAGMATISCHEN Förderung der Wahrnehmung - es sind KEINE Philosophien. - Man kann also NICHT sagen, der Kritische Rationalismus oder die Hermeneutische Methode sagten etwas GRUNDSÄTZLICH über das Sein aus - im Gegenteil: Beide sind heuristisch (= "Heuristik (altgr. εὑÏίσκω heurÃsko „ich finde“; von εὑÏίσκειν heuriskein ‚auffinden‘, ‚entdecken‘) bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen (unvollständigen Informationen) und wenig Zeit zu guten Lösungen zu kommen.[1] Es bezeichnet ein analytisches Vorgehen, bei dem mit begrenztem Wissen über ein System mit Hilfe von mutmaßenden Schlussfolgerungen Aussagen über das System getroffen werden". wik).
Man kann also mit Verweis auf den Kritischen Rationalismus NICHT sagen: "Weil mein Ski gut gewachst ist, gibt es nur Schnee". - Genau das passiert aber ständig, wenn man "das, was der Fall ist" daran misst, ob es mit dem Kritischen Rationalismus fassbar ist. Auf Geröll nutzt halt auch ein gut gewachster Ski nichts.